Rente wegen Erwerbsminderung
Divergenz als das Entwickeln anderer rechtlicher Maßstäbe
Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall
Kausalität
1. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
2. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die
Zulassung der Revision wegen Abweichung.
3. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht.
Gründe:
I
Der Kläger begehrt die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Nach erfolglosem Rentenantragsverfahren hat das Sozialgericht
die Beklagte zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung verurteilt (Urteil vom 12.8.2013). Das Landessozialgericht
(LSG) hat diese Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil der Kläger als Angelernter im oberen Bereich zumutbar
auf die Tätigkeit eines Pförtners in Verwaltungsgebäuden verweisbar sei und diese Tätigkeit mindestens sechs Stunden arbeitstäglich
ausführen könne (Urteil vom 9.12.2014). Die Revision hat das LSG nicht zugelassen.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger Divergenz sowie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
Das Urteil des LSG weiche von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ab und es stehe eine höchstrichterliche Entscheidung aus zu der Frage, "in welchem Umfang bei einem Arbeitnehmer im Rahmen
des Mehrstufenschemas neben den tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten die Anforderungen an die theoretischen Kenntnisse und Fähigkeiten
an das jeweilige Alter des zu beurteilenden Arbeitnehmers an vergleichbare Facharbeiter des gleichen Alters zu stellen sind".
II
Die Beschwerde ist unzulässig. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) sind nicht in der nach §
160a Abs
2 S 3
SGG gebotenen Weise bezeichnet bzw dargelegt worden.
1. Um eine Divergenz iS des §
160 Abs
2 Nr
2 SGG in einer den Anforderungen des §
160a Abs
2 S 3
SGG genügenden Weise zu bezeichnen, muss die Beschwerdebegründung einen Widerspruch tragender abstrakter Rechtssätze in der Entscheidung
des LSG einerseits und einer Entscheidung des BSG bzw des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts andererseits aufzeigen
(BSG SozR 1500 § 160a Nr 67). Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die
das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die
Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene
Urteil auf der Abweichung beruht.
Diesen grundlegenden Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung vom 18.2.2015 nicht gerecht. Der Kläger benennt
bereits keine konkrete Entscheidung des BSG, von der das LSG abgewichen sein soll. Soweit er das Urteil des BSG vom 7.10.1987 (4a RJ 91/86 - SozR 2200 § 1246 Nr 149) zitiert, stellt er vielmehr fest, dass das LSG auf diese Entscheidung hinsichtlich der Anwendbarkeit des Mehrstufenschemas
Bezug genommen habe. Er zeigt mithin keine abstrakten, divergierenden tragenden Rechtssätze des BSG und des LSG auf. Zudem äußert er sich nicht zum Beruhen des Berufungsurteils auf der behaupteten Abweichung.
2. Auch die Voraussetzungen der Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage
aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch
das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung
der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind,
weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte
Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung
mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit)
sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl nur
BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht.
Der Senat lässt dahinstehen, ob der Kläger eine aus sich heraus verständliche Rechtsfrage allgemeiner Art zur Bedeutung der
theoretischen Kenntnisse eines Angelernten bei Anwendung des Mehrstufenschemas aufgestellt hat. Jedenfalls setzt er sich nicht
mit der zahlreichen, auch vom LSG umfangreich zitierten Rechtsprechung des BSG zur Verweisbarkeit eines Angelernten im oberen Bereich auseinander. Damit versäumt er es, die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage
aufzuzeigen.
Überdies äußert sich der Kläger nicht dazu, ob die Rechtsfrage im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblich - und damit
klärungsfähig - wäre.
3. Dass der Kläger die Entscheidung des LSG in der Sache möglicherweise für fehlerhaft hält, führt nicht zur Revisionszulassung
(BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 67).
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
5. Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des §
193 SGG.