Grundsicherung für Arbeitsuchende; Nachweis der Hilfebedürftigkeit; Geltung der Mitwirkungspflichten gem §§ 60ff SGB I; Pflicht zur Vorlage von Kontoauszügen für 3 Monate; Schwärzung personenbezogener Daten – Sozialdatenschutz; verfassungskonforme
Auslegung; informationelle Selbstbestimmung
Gründe:
I. Der Kläger wehrt sich dagegen, dass die Beklagte Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für
Arbeitsuchende (SGB II) versagt hat, weil er sich weigert, seine Lohnsteuerkarte, eine Kontenübersicht und die Kontoauszüge
der letzten drei Monate vorzulegen.
Der im Jahre 1965 geborene Kläger bezog im Jahre 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von der
Beklagten. Zuletzt waren ihm Leistungen bis zum 31. Januar 2006 bewilligt worden. Am 10. Januar 2006 beantragte der Kläger
die Weiterbewilligung von Leistungen ab dem 1. Februar 2006. Die Beklagte wies den Kläger durch Schreiben vom 11. Januar 2006
auf seine Mitwirkungspflichten im Leistungsverfahren hin und bat ihn bis zum 28. Januar 2006 eine Kontenübersicht, Kontoauszüge
der letzten drei Monate und die Steuerkarte für das Jahr 2006 vorzulegen. Die Mitwirkung sei erforderlich, weil ohne die erbetenen
Unterlagen bzw Nachweise nicht festgestellt werden könne, ob und inwieweit ein Leistungsanspruch unverändert fortbestehe.
Sollte der Kläger bis zum 28. Januar 2006 nicht antworten bzw die angeforderten Unterlagen nicht einreichen, werde die Geldleistung
bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz versagt. In der Anlage zu dem Schreiben waren §§
60 und
66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil (
SGB I) abgedruckt. Der Kläger legte die geforderten Unterlagen nicht vor und machte in zahlreichen e-mails an die Beklagte deutlich,
dass er die Vorlagepflichten als Verstoß gegen Grundsätze des Datenschutzes betrachte. Daraufhin versagte die Beklagte mit
Bescheid vom 24. Februar 2006 die Leistungen ab 1. Februar 2006 "vollständig". Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Kläger
mit e-mail vom 26. Januar 2006 erklärt habe, dass er nicht zur Vorlage der Kontoauszüge der letzten drei Monate verpflichtet
sei, sondern lediglich Guthaben sowie Kontostände sowie die Information, ob anderweitige Einnahmen erzielt worden seien, von
Relevanz wären. Es sei dem Kläger nach Erläuterung der Rechtsposition der Beklagten in einem Gespräch am 20. Februar 2006
nochmals Gelegenheit eingeräumt worden, bis 22. Februar 2006 seinen Standpunkt zu überdenken. Nachdem die Unterlagen trotz
dieser zweiten Fristverlängerung nicht vollständig vorgelegt und auch keine weitere Fristverlängerung beantragt worden sei,
werde der Antrag wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt (§
66 SGB I). Weiterhin wird ausgeführt: "In Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der sparsamen
und wirtschaftlichen Verwendung der Haushaltsmittel sowie des Gleichheitsgrundsatzes war der Antrag - da keine ausreichenden
Unterlagen von Ihnen bis zum genannten Termin vorgelegt wurden und die Bedürftigkeit daher nicht glaubhaft gemacht wurde -
abzulehnen, da Ihr Interesse an einer ungeprüften Gewährung von Leistungen nach dem SGB II geringer zu bewerten ist als das
Interesse der Allgemeinheit an der Rechtmäßigkeit der Hilfegewährung". Der Widerspruch und die Klage blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid
der Beklagten vom 29. Mai 2006, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts [SG] München vom 30. Mai 2007).
Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers durch Urteil vom 10. August 2007 zurückgewiesen und
zur Begründung ausgeführt, gegen die Versagung einer Sozialleistung sei grundsätzlich nur die reine Anfechtungsklage gegeben,
weshalb die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage unzulässig gewesen sei. Die Berufung sei jedoch
nicht begründet, weil die Beklagte berechtigt gewesen sei, das Arbeitslosengeld II (Alg II) zu versagen. Rechtsgrundlage hierfür
seien §
66 Abs
1 Satz 1
SGB I iVm §§
60 bis
62,
65 SGB I. Gemäß §
60 Abs
1 Satz 1 SGB II sei der Kläger gehalten gewesen, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen.
Bei den Kontoauszügen habe es sich um Beweisurkunden im Sinne dieser Vorschrift gehandelt. Die Vorlage von Kontoauszügen sei
auch geeignet, die Hilfebedürftigkeit des jeweiligen Klägers festzustellen, weil aus den Kontoauszügen die zurückliegenden
Kontenbewegungen ersichtlich würden. Nur so könne überprüft werden, ob der Kläger Zuwendungen Dritter erhalten oder größere
Beträge transferiert habe. Nur bei Vorlage der Kontoauszüge habe der Leistungsträger die Möglichkeit zu überprüfen, ob die
Voraussetzungen des § 31 Abs 4 Nr 1 SGB II vorlägen, dh ob der Hilfebedürftige sein Einkommen oder Vermögen in der Absicht
gemindert habe, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Alg II herbeizuführen. Die Verpflichtung zur Vorlage
sei auch nicht durch §
65 SGB I ausgeschlossen, weil das Verlangen der Beklagten nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung
stehe. Schließlich sei auch das Sozialgeheimnis und das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung nicht tangiert.
Der Schutz der Sozialdaten stehe dem Verlangen der Beklagten nicht entgegen, weil es sich bei den angeforderten Kontoauszügen
um leistungserhebliche Tatsachen handele, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben der Sozialverwaltung erforderlich
seien iS des § 67a Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren (SGB X).
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner - vom LSG zugelassenen - Revision. Er rügt eine Verletzung der §§
35,
60,
66 SGB I sowie der §§ 67 ff SGB X. Zunächst finde sich für das Vorlageverlangen keine Rechtsgrundlage im SGB II. Für Leistungsempfänger des Alg II seien spezielle
Mitwirkungspflichten in §§ 56, 58 Abs 2,
59 SGB II geregelt. Eine ergänzende Anwendung der allgemeinen Mitwirkungspflichten nach den §§
60 bis
67 SGB I sei nicht ausdrücklich vorgesehen. Doch selbst, wenn man von einer ergänzenden Anwendung der Normen des
SGB I im SGB II ausgehe, scheide §
60 Abs
1 Nr
3 SGB I als Rechtsgrundlage für das Vorlageverlangen der Beklagten aus. Auf Grund der Feststellungen des LSG könne zunächst nicht
entschieden werden, ob es sich bei den Kontoauszügen um eine Beweisurkunde iS dieser Norm gehandelt habe. Da er - der Kläger
- bereits über 13 Monate Leistungen nach dem SGB II erhalten und hinsichtlich seines Fortzahlungsantrags angegeben habe, in
den Vermögens- und Einkommensverhältnissen habe sich keine Änderung ergeben, sei mit der Vorlageforderung jedenfalls die Grenze
der Mitwirkungspflichten gemäß §
65 SGB I überschritten worden, weil sie unangemessen und im Hinblick auf das Ziel unverhältnismäßig gewesen sei. Bestünden keinerlei
konkreten Anhaltspunkte dafür, dass zwischenzeitlich Einnahmen erzielt oder Vermögen angesammelt worden sei, so sei die Forderung
nach der Vorlage von Kontoauszügen unverhältnismäßig im Hinblick auf die bereits vorhandenen Möglichkeiten der Beklagten,
mit geringerem Aufwand zu Erkenntnissen zu gelangen. Auch werde gegen den Schutz der Sozialdaten gemäß §
35 SGB I, §§ 67 ff SGB X verstoßen und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Grundsätzlich sei bei einer verfassungsrechtlichen
Prüfung die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs zu beachten. Lägen keine konkreten Anhaltspunkte oder Verdachtsmomente gegen
den Leistungsempfänger vor, so bestünde auch keine Verpflichtung zur Vorlage von Kontoauszügen (Hinweis auf Hessisches LSG,
Beschluss vom 22. August 2005 - L 7 AS 32/05 ER). Bei der Entscheidung der Beklagten, Alg II ab 1. Februar 2006 zu versagen, handele es sich zudem um eine Ermessensentscheidung
gemäß §
66 Abs
1 Satz 1
SGB I. Die Beklagte habe ihr Ermessen lediglich durch Verwendung von Leerformeln ausgeübt und sei sich ihres Ermessensspielraums
überhaupt nicht bewusst gewesen. Die Beklagte habe damit das ihr zustehende Ermessen zumindest unterschritten. Sie habe seinem
Hinweis auf den Sozialdatenschutz und die Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts in ihren Ermessenserwägungen
Rechnung tragen müssen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. August 2007, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 30.
Mai 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Mai 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend. Ergänzend macht sie geltend, dass zur Feststellung der Hilfebedürftigkeit
die Einsichtnahme in die Kontoauszüge der letzten Monate unerlässlich sei. Dies gelte sowohl bei der Erstantragstellung als
auch bei der Weiterbewilligung, weil durch eine Offenlegung des Kontostands und der Kontenbewegungen auch sichtbar werde,
ob sich an der Einkommens- und Vermögenssituation des Leistungsempfängers zwischenzeitlich etwas geändert habe. Ein konkreter
Verdacht sei für das Vorlageverlangen nicht erforderlich.
II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG entschieden, dass die Beklagte berechtigt war, die Leistungen
des Klägers nach dem SGB II mit Wirkung ab 1. Februar 2006 gemäß §§
60 Abs
1 Nr
3,
66 SGB I zu versagen.
1. Der Kläger war im Rahmen der im SGB II ebenfalls geltenden Mitwirkungsobliegenheiten gemäß §§
60 ff
SGB I gehalten, eine Kontenübersicht, die Kontoauszüge und die Lohnsteuerkarte vorzulegen (hierzu unter 2.). Mit diesen Vorlageverlangen
hielt sich die Beklagte auch im Rahmen der datenschutzrechtlichen Vorschriften gemäß §
35 SGB I und §§ 67 ff SGB X, wenngleich § 67 Abs 12 SGB X hinsichtlich der dort genannten besonderen personenbezogenen Daten weitere Schutzvorkehrungen zu Gunsten des betroffenen
Bürgers gebietet (hierzu unter 3.). Schließlich war der Versagungsbescheid gemäß §
66 SGB I auch in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden (hierzu unter 4.).
Soweit das LSG im Tenor fälschlicher Weise die Berufung "der Beklagten" gegen den Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen hat - Berufung hatte der Kläger eingelegt -, handelt es sich unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe
des Urteils um ein so offensichtliches Versehen, dass eine Berichtigung des Tenors gemäß §
138 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) durch das LSG selbst nicht erforderlich war.
Die beklagte Arbeitsgemeinschaft gemäß § 44b SGB II ist weiterhin beteiligtenfähig nach §
70 Nr 2
SGG (BSG SozR 4-4200 §
22 Nr 1 RdNr 30). Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 20. Dezember 2007 (2 BvR 2433/04 und 2 BvR 2434/04 = DVBl 2008, 173 ff = NZS 2008, 198 ff) ist § 44b SGB II bis zum 31. Dezember 2010 weiterhin anwendbar.
Das LSG hat auch zu Recht entschieden, dass es sich bei der Klage gegen einen Bescheid, in dem eine Sozialleistung wegen fehlender
Mitwirkung versagt wird, um eine reine Anfechtungsklage gemäß §
54 Abs
1 SGG handelt (BSG SozR 4-1200 §
66 Nr
1). Der Senat hatte mithin nur darüber zu befinden, ob die Entscheidung, die Leistung wegen fehlender Mitwirkung vollständig
zu versagen, zutreffend war. Über den Leistungsanspruch des Klägers ab 1. Februar 2006 ist damit keine Aussage getroffen.
2. a) Den Kläger traf eine Mitwirkungsobliegenheit zur Vorlage der geforderten Unterlagen gemäß §
60 SGB I. Nach §
60 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, Beweismittel
zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Die Mitwirkungsobliegenheiten des
SGB I gelten auch im Rahmen des SGB II. Das Verhältnis der allgemeinen Mitwirkungsvorschriften des
SGB I zu den besonderen Mitwirkungsvorschriften in den übrigen Büchern des SGB bestimmt sich grundsätzlich nach §
37 Satz 1
SGB I. Danach gelten die Vorschriften des
SGB I (ergänzend), soweit sich aus den übrigen Büchern des SGB nichts Abweichendes ergibt. Das
SGB I normiert mithin die allgemeinen Mitwirkungsobliegenheiten hinsichtlich ihrer Tatbestände, Grenzen und Rechtsfolgen (§§
60 bis
67 SGB I; vgl hierzu Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, vor §§
56 bis
62 RdNr 5 ff). §
37 SGB I begründet eine Vermutung dahingehend, dass die Regelungen des
SGB I für alle Sozialleistungsbereiche des SGB gelten sollen (so auch Fastabend in Hauck/Noftz,
SGB I, K §
37 RdNr 9 mwN, Stand Oktober 2003). Die in den §§
60 bis
67 SGB I niedergelegten Mitwirkungsobliegenheiten bleiben mithin ergänzend anwendbar, solange und soweit das Normprogramm der besonderen
Mitwirkungsobliegenheiten des SGB II dies nicht ausschließt, also den Lebenssachverhalt nicht ausdrücklich oder stillschweigend
abweichend und/oder abschließend regelt.
Das SGB II ist für eine ergänzende Anwendung der §§
60 ff
SGB I grundsätzlich offen (ebenso Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K §
56 RdNr 3, Stand November 2004; Reinhardt in Krahmer, Hrsg, LPK-
SGB I vor §§
60 bis
67, RdNr
2). Dies verdeutlicht auch die Bußgeldvorschrift des § 63 Abs 1 Nr
6 SGB II, die Verstöße gegen §
60 Abs
1 Satz 1 Nr
2 SGB I - Pflicht zur Mitteilung von wesentlichen Änderungen der Verhältnisse - als Ordnungswidrigkeit sanktioniert. Zwar sind verschiedene
Mitwirkungsobliegenheiten der Antragsteller bzw Leistungsempfänger im SGB II auch ausdrücklich und explizit normiert (vgl
§§ 56, 58 Abs 2 und
59 SGB II). Sie stellen jedoch eine bereichsspezifische Ausgestaltung der allgemeinen Mitwirkungsvorschriften des
SGB I dar. Ergänzend ist dabei aber jeweils auf die in §§
60 ff
SGB I normierten Pflichten abzustellen. Dies gilt auch für die Norm des §
66 SGB I, die die Rechtsfolgen unterbliebener Mitwirkung im allgemeinen normiert (Versagung oder Entziehung der Leistung). Auch diese
Sanktionen statuierende Norm des
SGB I kann im Rahmen des SGB II ergänzend herangezogen werden. Da im SGB II insgesamt die Verletzung von Mitwirkungsobliegenheiten
nur sehr rudimentär geregelt ist, stellt §
66 SGB I wegen des generellen Vorbehalts des §
37 Satz 1
SGB I eine Grundnorm dar, die insofern auch im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende anwendbar bleibt. Offen bleiben kann
in diesem Zusammenhang, inwieweit das SGB II etwa in dem Grundsatz des Forderns gemäß §
2 SGB II noch über das
SGB I hinausgehende Mitwirkungsobliegenheiten des Leistungsempfängers statuiert (hierzu Spellbrink in Eicher/Spellbrink, §
2 RdNr 1).
b) Mangels einer spezifischen Mitwirkungs-Norm im SGB II konnte die Beklagte daher auf §
60 SGB I als Rechtsgrundlage für ihr Mitwirkungsbegehren abstellen. Soweit die Beklagte eine Aufstellung über sämtliche Konten forderte
bzw (wie dem Gesamtzusammenhang der Akten zu entnehmen ist) eine Erklärung, dass keine weiteren Konten als die bereits bekannten
vorhanden sind, handelte es sich um eine "Angabe von Tatsachen" gemäß §
60 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB I. Hinsichtlich der Vorlage der Lohnsteuerkarte und der - zwischen den Beteiligten im Vordergrund des Streits stehenden Kontoauszüge
- handelt es sich um Beweismittel bzw Beweisurkunden iS des §
60 Abs
1 Satz 1 Nr
3 SGB I. Die in den Kontoauszügen enthaltenen Daten geben Aufschluss über die Höhe der Ein- und Ausgänge, das Buchungsdatum, den
Empfänger bzw Absender der Buchung und im Regelfall auch über den Grund des Ein- bzw Ausgangs der Zahlung. Ein Kontoauszug
ist damit eine Beweisurkunde (vgl Blüggel, aaO, RdNr 32 unter Hinweis auf BGH, 21. Oktober 2004 - IX ZR 59/04 = BGHZ 161, 1, 2 und 4; vgl auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 3. Januar 2008 - L 8 AS 5486/07 ER B mit Anm Klaus juris-PR - SozR 4/2008 Anm 2), jedenfalls aber ein Beweismittel iS des §
60 Abs
1 Satz 1 Nr
3 SGB I. Hierfür sprechen auch die Motive des Gesetzgebers des
SGB I (BT-Drucks 7/868 zu §
60), der davon ausgeht, dass alle Beweismittel (im untechnischen Sinne) vorzulegen sind, die für den Anspruch relevant sind.
Insofern bestehen auch keine Bedenken, dass es sich bei der geforderten Lohnsteuerkarte um eine Beweisurkunde iS des §
60 Abs
1 Satz 1 Nr
3 SGB I handelt.
c) Die von der Beklagten geforderte Vorlagepflicht einer Kontenaufstellung und der Kontoauszüge der letzten drei Monate sowie
der Lohnsteuerkarte war auch nicht durch §
65 SGB I begrenzt. Nach §
65 SGB I bestehen die Mitwirkungspflichten nach den §§
60 bis
64 SGB I nicht, soweit 1. ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder
ihrer Erstattung steht oder 2. ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder 3.
der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen
Kenntnisse selbst beschaffen kann. Anspruchsvoraussetzung für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff
SGB II ist gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II iVm § 9 SGB II die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers. Nach § 9 Abs 1 SGB
II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer
Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem
zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Nach § 11 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen
in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl Urteile vom
30. Juli 2008 ua B 14 AS 26/07 R; B 14 AS 43/07 R und B 14/7b AS 12/07 R) ist Einkommen alles, was dem Grundsicherungsempfänger im Leistungszeitraum in Geldeswert zufließt. Nach § 31 Abs 4 Nr
1 SGB II kann das Alg II abgesenkt werden, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sein Einkommen oder Vermögen in der Absicht
vermindert hat, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Alg II herbeizuführen. Von daher liegt es auf der
Hand, dass es im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems, das strikt an die Hilfebedürftigkeit der Leistungsempfänger
als Anspruchsvoraussetzung anknüpft, keine unzumutbare und unangemessene Anforderung darstellt, Auskunft über den Bestand
an Konten und die Kontenbewegungen (durch die Vorlage von Kontoauszügen) zu geben, jedenfalls soweit die Einnahmeseite betroffen
ist (zur Notwendigkeit, den Leistungsempfängern auf der Ausgabenseite "Schwärzungen" zu erlauben vgl unter 3.). Dies gilt
auch für den Fall, dass der Betroffene schon Leistungen bezogen hat und Grundsicherungsleistungen für Folgezeiträume geltend
macht. Angesichts der Vielfalt jederzeit möglicher Änderungen gibt es für eine differenzierende Beurteilung der Vorlagepflicht
keinen Grund.
Dies gilt auch in zeitlicher Hinsicht, jedenfalls soweit - wie hier - Kontoauszüge für die letzten drei Monate angefordert
worden sind. Der Senat hat nicht darüber zu befinden, inwieweit die Vorlagepflicht von Kontoauszügen für die letzten zwölf
Monate noch im Rahmen des §
65 SGB I hinnehmbar wäre (anders LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 12. Juli 2007 - L 6 AS 378/07 ER). Gegen die Aufforderung, die Kontoauszüge für die letzten drei Monate vorzulegen, bestehen aber keine grundsätzlichen
Bedenken (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Juli 2006 - L 9 B 48/06 AS ER).
Aus §
65 SGB I ergeben sich schließlich keine Bedenken gegen die Pflicht, die Lohnsteuerkarte vorzulegen. Die Vorlage einer Lohnsteuerkarte
kann im Rahmen des SGB II beispielsweise auch zur Kontrolle dienen, inwieweit diese doch bei einem Arbeitgeber vorgelegt wurde
und damit Einnahmen iS des § 11 SGB II erzielt werden könnten.
d) Ebenso wenig kann mit der Revision gefordert werden, aus dem Rechtsgedanken des §
65 SGB I sei abzuleiten, dass zunächst ein konkreter Verdacht auf einen Leistungsmissbrauch vorliegen müsse, damit ein entsprechendes
Mitwirkungsbegehren des Grundsicherungsträgers rechtmäßig sein kann. Der Senat tritt insofern nicht dem Hessischen LSG (Beschluss
vom 22. August 2005 - L 7 AS 32/05 ER) bei, das entschieden hat, dass dem Arbeitsuchenden nur dann die Vorlage von Kontoauszügen obliege, wenn ein konkreter
Verdacht bestehe, der Arbeitsuchende habe falsche Angaben gemacht bzw verschweige Einnahmen. Diese Voraussetzung kann dem
Wortlaut des §
60 Abs
1 Satz 1 Nr
3 SGB I nicht entnommen werden. Auch aus §
65 SGB I kann keine Einschränkung der Mitwirkungsobliegenheit dahingehend abgeleitet werden, dass nur bei einem konkretem Verdacht
jeweils die Vorlage von bestimmten Beweisurkunden vom Sozialleistungsempfänger gefordert werden könnte. Die Mitwirkungsobliegenheiten
der §§
60 ff
SGB I bestehen dann auch grundsätzlich unabhängig vom Vorliegen von Verdachtsmomenten gegen den Leistungsempfänger. Die vom Kläger
geforderten Unterlagen sind von ihm schließlich auch nicht unverhältnismäßig schwer beizubringen.
e) Es ist auch nicht erkennbar, dass sich der Grundsicherungsträger die vom Kläger gewünschten Informationen auf leichtere
Weise beschaffen könnte. Dies würde gemäß §
65 Abs
1 Nr
3 SGB I Grenzen der Mitwirkungspflicht des Klägers aufzeigen. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass §
93 Abs
8 Abgabenordnung (
AO) es der Beklagten ermöglichte, bei der damaligen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht die Kontenstammdaten von
Leistungsempfängern abzurufen. Diese Norm hatte das BVerfG jedoch durch Urteil vom 13. Juni 2007 (BVerfGE 118, 168) wegen mangelnder Bestimmtheit der Eingriffsgrundlage für verfassungswidrig erklärt. §
93 Abs
8 AO in der ab 18. August 2007 geltenden Fassung [nF] (BGBl I 1912) ermöglicht den Grundsicherungsträgern nunmehr in wohl rechtsstaatskonformer
Weise über das Bundeszentralamt für Steuern einen Zugriff auf die so genannten Kontostammdaten. Allerdings ist nach §
93 Abs
8 Satz 1 am Ende
AO hierfür erforderlich, dass ein vorheriges Auskunftsersuchen an den Betroffenen nicht zum Ziel geführt hat. Das Vorliegen
dieser Voraussetzung kann jedoch dahinstehen, weil zum hier streitigen Zeitpunkt im Jahre 2006 §
93 Abs
8 AO nF ohnehin noch nicht galt und mithin schon aus diesem Grund eine einfachere Möglichkeit für den Grundsicherungsträger nicht
bestand, Anzahl und Art der Konten des jeweiligen Leistungsempfängers in Erfahrung zu bringen.
3.) Die Vorlagepflichten des Klägers im Rahmen seiner generellen Obliegenheitspflichten gemäß §
60 SGB I werden auch durch die Regelungen des Sozialdatenschutzes nicht grundsätzlich eingeschränkt. Allerdings gebietet es der Rechtsgedanke
des § 67 Abs 12 SGB X, dass der Grundsicherungsempfänger die von ihm getätigten Ausgaben nicht in vollem Umfang offen legen muss.
a) Eine Einschränkung der Mitwirkungspflichten des Klägers ist zunächst nicht den §§ 50 ff SGB II zu entnehmen. §§ 50 ff SGB
II enthalten bereichsspezifische Datenschutznormen für die Grundsicherung für Arbeitsuchende. Solche Regelungen des bereichsspezifischen
Datenschutzes gehen den allgemeinen Vorschriften des Sozialdatenschutzes der §§ 67 ff SGB X vor (vgl nur Oppermann in Eicher/Spellbrink, § 50 RdNr 3; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl 2008 vor § 67 RdNr 1, 15 ff). § 50 SGB II ermächtigt die Grundsicherungsträger zur Datenübermittlung. § 51b SGB II stellt eine Spezialvorschrift über
die Datenerhebung und -verarbeitung durch die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende dar. Ausweislich der Gesetzesmaterialien
erfüllt § 51b SGB II auch die Funktion, dass weitere Daten mit Rücksicht auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
der Leistungsempfänger nicht erhoben werden dürfen (vgl BT-Drucks 15/2997 zu Art 1 Nr 25a, S 25; vgl insbesondere Oppermann
in Eicher/Spellbrink § 51b RdNr 3). Allerdings ermächtigt § 51b Abs 1 Satz 1 Nr 1 iVm § 51b Abs 2 Nr 3 SGB II die Grundsicherungsträger,
Angaben über Art und Höhe der angerechneten Einkommen, übergegangenen Ansprüche und das Vermögen für alle Leistungsempfänger
zu erheben und zu ermitteln. Hierzu zählen sachnotwendig auch Daten über das Einnahme- und ggf auch Ausgabeverhalten des Leistungsempfängers,
weshalb auch § 51b SGB II einer Anforderung von Kontoauszügen und der Vorlage einer Kontenübersicht nicht entgegensteht.
b) Die vom Kläger geforderten Mitwirkungshandlungen stehen auch - mit den nachfolgend aufgezeigten Einschränkungen - mit dem
Sozialdatenschutz des §
35 SGB I in Einklang. Nach §
35 Abs
1 Satz 1
SGB I hat jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet
oder genutzt werden (Sozialgeheimnis). Nach § 67a Abs 1 Satz 1 SGB X ist das Erheben von Sozialdaten iS des §
35 SGB I zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist. Dies
ist hier der Fall, soweit die Einnahmeseite betroffen ist. Wie oben bereits zu §
65 SGB I ausgeführt (vgl 2c) ist die Vorlage der Kontoauszüge ebenso wie die Kenntnis sämtlicher Konten erforderlich, um die Anspruchsvoraussetzung
der Hilfebedürftigkeit gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm §§ 9, 11, 12 SGB II auf Seiten des Grundsicherungsempfängers zu ermitteln
und zu überprüfen. Allerdings gilt dies nicht in vollem Umfang für die Ausgabenseite, dh die Frage, wofür der Grundsicherungsempfänger
seine begrenzten Mittel verwendet.
Eine Einschränkung ergibt sich hier insbesondere aus § 67 Abs 12 SGB X iVm § 67a Abs 1 Satz 2 SGB X. Nach § 67a Abs 1 Satz 2 SGB X ist für besondere Arten personenbezogener Daten gesondert zu prüfen, ob deren Kenntnis zur Erfüllung der Aufgabe der erhebenden
Stelle erforderlich ist. § 67 Abs 12 SGB X nennt als besondere Arten personenbezogener Daten Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen,
religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben. Für die Erfüllung der
gesetzlichen Aufgaben des Grundsicherungsträgers - Sicherung des Lebensunterhalts und Eingliederung in Arbeit, vgl § 1 Abs
2 SGB II - ist es nicht erforderlich, dass dieser Kenntnis über das Ausgabeverhalten der Grundsicherungsempfänger in den in
§ 67 Abs 12 SGB X genannten Bereichen erlangt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Adressaten/Empfänger der Zahlungen. Geht etwa aus den
Empfängerangaben hervor, dass der Grundsicherungsempfänger Beiträge an eine politische Partei, Gewerkschaft oder Religionsgemeinschaft
überweist, so ist die Kenntnis der jeweils begünstigten Partei, Religionsgemeinschaft etc für die Aufgaben des Grundsicherungsträgers
grundsätzlich irrelevant. Allerdings muss im Hinblick auf die Regelungen in § 31 Abs 4 Nr 1 und Nr 2 SGB II, die Sanktionen
bei unwirtschaftlichem Verhalten des Hilfebedürftigen vorsehen, gewährleistet bleiben, dass die vom jeweiligen Grundsicherungsempfänger
überwiesenen Beträge der Höhe nach erkennbar bleiben. Geschützt ist mithin nur die Geheimhaltung des Verwendungszwecks bzw
des Empfängers der Überweisung, nicht deren Höhe. Würde sich aus den insoweit geschwärzten Kontoauszügen eines Leistungsempfängers
ergeben, dass in auffälliger Häufung oder Höhe Beträge überwiesen werden, so ist im Nachfolgenden jeweils im Einzelfall zu
entscheiden, inwieweit ausnahmsweise nicht doch eine Offenlegung auch des bislang geschwärzten Adressaten gefordert werden
kann. Nach den Feststellungen des LSG liegt kein Anhalt dafür vor, dass für die Weigerung des Klägers, seine Kontoauszüge
vorzulegen, ein derart geheimhaltungsbedürftiger Umstand ursächlich gewesen ist.
c) Unter Berücksichtigung der soeben dargestellten Einschränkung - keine Verpflichtung zur Angabe der Empfänger von Zahlungen,
wenn besonders schützenswerte persönliche Belange betroffen sind - ist nach Überzeugung des Senats gewährleistet, dass die
vom Kläger angegriffenen Mitwirkungspflichten nicht gegen dessen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verstoßen.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Art
2 Abs
1 Grundgesetz (
GG) schützt in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor Gefährdungen und Verletzungen der Persönlichkeit
Rechnung, die sich für den Einzelnen aus informationsbezogenen Maßnahmen, insbesondere unter den Bedingungen moderner Datenverarbeitung
ergeben (vgl BVerfGE 65, 1, 42; 113, 29, 46; zuletzt 118, 168). Dieses Grundrecht gibt dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst über die Preisgabe
und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen (vgl hierzu O'Sullivan in Estelmann, SGB II, § 50 RdNr 5, Stand
Mai 2007). Zwar ist der Schutzbereich dieses Grundrechts insoweit berührt, als die Grundsicherungsempfänger durch die Mitwirkungspflichten
des §
60 SGB I gehalten werden, ihre Konten gegenüber dem Sozialleistungsträger offen zu legen. Da dieser - wie die Beklagte in der mündlichen
Verhandlung zu erkennen gegeben hat - die Kontounterlagen bzw Fotokopien regelmäßig zu den Akten nimmt, liegt insofern auch
ein "Erheben" von Daten vor. Allerdings ist dieser Eingriff nach Überzeugung des Senats verhältnismäßig. Hierbei sind insbesondere
die Intensität des Eingriffs und das mit dem Eingriff vom Gesetzgeber bezweckte Ziel abzuwägen (vgl insbesondere BVerfGE 118,
168, 195 ff).
Die Mitwirkungspflicht des Grundleistungsempfängers dient Gemeinwohlbelangen von erheblicher Bedeutung. Der Grundsicherungsempfänger
beantragt staatliche Fürsorgeleistungen, die ihm ohne jede Gegenleistung (etwa in Form von vorher gezahlten Beiträgen etc)
nur auf Grund seiner Hilfebedürftigkeit gewährt werden. Dem Staat - bzw der Gemeinschaft der Steuerzahler - muss es daher
erlaubt sein, sich davor zu schützen, dass diese Grundsicherungsleistungen an Nichtbedürftige gewährt werden, die über weitere
finanzielle Mittel verfügen, diese jedoch gegenüber dem Grundsicherungsträger verschweigen bzw nicht offenlegen. Diesem Schutzzweck
auf Seiten der Allgemeinheit steht ein vergleichsweise geringer Eingriff gegenüber. Der Leistungsempfänger nach dem SGB II
ist gemäß § 37 SGB II im Rahmen der Antragstellung ohnehin gehalten, weitgehende Angaben über sein Vermögen und auch Privatleben
zu machen. Die Vorlagepflicht von Kontounterlagen - insbesondere unter Berücksichtigung der hier geforderten Einschränkungen
bzw Schwärzungen auf der Ausgabenseite - stellt keinen zusätzlichen oder weitergehenden belastenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht
bzw das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Anders etwa als bei einer Strafverfolgung oder den Maßnahmen im Rahmen
des §
93 AO steht hier nicht repressives staatliches Handeln im Vordergrund, sondern der Betroffene befindet sich in einer Situation,
in der er vom Staat bzw der Allgemeinheit eine Leistung einfordert. In diesem leistungsrechtlichen Kontext stellt es keine
unverhältnismäßigen Eingriffe in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar, die hier streitigen Mitwirkungshandlungen
von ihm zu fordern. Im Übrigen hat das BVerfG §
93 Abs
8 AO hinsichtlich der Übermittlung von Kontostammdaten an Sozialleistungsträger lediglich unter dem Aspekt der Unbestimmtheit
der Norm für verfassungswidrig erklärt hat. In seiner Entscheidung vom 13. Juni 2007 (BVerfGE 118, 168 ff) lässt das BVerfG hingegen keinen Zweifel daran, dass gerade bei Empfängern von Sozialleistungen Eingriffe in das Recht
auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art
2 Abs
1 GG hinzunehmen sind.
4. Der angefochtene Versagungsbescheid vom 24. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Mai 2006 ist
auch gemäß §
66 SGB I formell rechtmäßig. Nach §
66 Abs
3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf
diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen
Frist nachgekommen ist. Dies war hier der Fall. Die Beklagte hat dem Kläger am 11. Januar 2006 eine Frist zur Vorlage der
Unterlagen bis zum 28. Januar 2006 gesetzt und diese Frist sodann nochmals bis zum 20. Februar 2006 bzw 22. Februar 2006 verlängert.
Der Grundsicherungsträger hat aber - von seiner Rechtsansicht her auch konsequent - das Mitwirkungsbegehren an den Kläger
zunächst uneingeschränkt gestellt. Grundsicherungsträger werden allerdings in Zukunft auf die Sonderregelungen des § 67 Abs 12 SGB X iVm § 67a Abs 1 Satz 2 SGB X hinsichtlich der Möglichkeiten der Schwärzung der Adressaten auf der Ausgabenseite der Kontoauszüge bereits bei ihrem Mitwirkungsbegehren
gesondert hinweisen müssen.
Es kann hier dahinstehen, ob ein solcher fehlender Hinweis die Aufforderung zur Mitwirkung als solche bereits rechtswidrig
macht. Zum einen hat sich der Kläger von vornherein grundsätzlich geweigert und dies auch in zahlreichen e-mails und Gesprächen
deutlich gemacht, irgend welche Unterlagen vorzulegen; es ging ihm jedenfalls nicht um den Schutz konkreter Adressaten. Des
Weiteren hat die Beklagte - ausweislich des vom LSG insgesamt in Bezug genommenen Akteninhalts - den Kläger in einem weiteren
Aufklärungsschreiben im April 2006 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er in den Kontoauszügen seine Ausgaben selbstverständlich
schwärzen könne. Dass der Kläger hierauf überhaupt nicht reagiert hat, zeigt, dass es ihm allein darum ging, im Grundsätzlichen
die datenschutzrechtliche Problematik der Vorlage von Kontoauszügen im Rahmen des SGB II klären zu lassen. Gerade unter Berücksichtigung
dieses Gesichtspunkts, dass der Kläger von vornherein nicht bereit war mitzuwirken, bestehen auch keine Bedenken gegen die
Ermessenserwägungen der Beklagten. Dass die Beklagte - wie die Revision vorträgt - grundsätzlich verkannt haben sollte, dass
die Entscheidung in ihrem Ermessen liegt (Ermessensunterschreitung), kann dem Versagungsbescheid hingegen nicht entnommen
werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.