Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Anwaltlich vertretener Beteiligter
Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit
Gründe:
Mit Urteil vom 11.4.2018 hat das Thüringer LSG die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Gotha vom 3.8.2016 zurückgewiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt.
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des §
160a Abs
2 S 3
SGG dargetan. Die Darlegungserfordernisse dieser Norm können auch nicht durch eine pauschale Bezugnahme auf vorinstanzliches
Vorbringen - wie in der Beschwerdebegründung geschehen - ersetzt werden. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 S 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus
aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen
der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung
erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte)
Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende
Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 §
160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte,
SGG, 2. Aufl 2014, §
160a RdNr 32 ff).
Diesen Anforderungen wird der Kläger mit dem Hinweis darauf, das LSG habe "die grundsätzliche Bedeutung dieses ganzen Sachverhalts"
nicht erkannt, nicht ansatzweise gerecht.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 1
SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist
die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem
Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Verfahrensfehler in diesem Sinn hat der Kläger nicht schlüssig aufgezeigt.
Soweit er es in der Beschwerdebegründung für möglich hält, dass das LSG bei der Entscheidungsfindung aus Sorge um die ökonomischen
Folgen eines positiven Bescheides befangen gewesen sein könnte, ist darauf hinzuweisen, dass ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis
der Befangenheit grundsätzlich nur bis zur Beendigung der Instanz zulässig ist, und zwar auch dann, wenn der Beteiligte erst
nach Verkündung des Urteils Kenntnis von dem Befangenheitsgrund erhalten hat (vgl BSG Beschluss vom 6.6.2007 - B 8 KN 8/07 B - Juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 9.10.2007 - B 5a/4 R 21/07 B - Juris RdNr 8), und zudem bei dem Gericht anzubringen ist, dem der abgelehnte Richter angehört (§
60 Abs
1 SGG iVm §
44 Abs
1 ZPO).
Mit dem Vorbringen, das LSG habe über seinen Antrag auf Einbeziehung der Jahresendprämien in die Rentenberechnungsgrundlage
formal nicht entschieden, rügt der Kläger sinngemäß eine Verletzung des §
123 SGG, nach dem das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche entscheidet.
Ein Verfahrensfehler ist jedoch auch insoweit nicht schlüssig dargetan.
In der angefochtenen Entscheidung ist ausgeführt, dass die Anerkennung der Anwendbarkeit des AAÜG zu Unrecht erfolgt sei, weil der Kläger nicht die persönliche Voraussetzung für die Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem
der technischen Intelligenz erfülle und die Beklagte ermächtigt sei, die Rechtswidrigkeit festzustellen sowie von einer weiteren
Erhöhung des bindend rechtswidrig festgestellten Arbeitsentgelts nach dem AAÜG abzusehen, weil ein bereits rechtswidrig begünstigendes Entgelt nicht noch erhöht werden könne. Warum diese Ausführungen
keine Entscheidung über die vom Kläger geltend gemachte Feststellung eines höheren Arbeitsentgelts unter Einbeziehung von
Jahresendprämien enthalten, legt die Beschwerdebegründung nicht dar.
Ebenso wenig ist ein Verfahrensfehler des LSG mit dem Hinweis auf das Verhalten der ehrenamtlichen Richter bei dem SG Gotha
dargetan. Verfahrensmängel iS des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG sind grundsätzlich nur Verstöße des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorausgehenden Rechtszug
(Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
160 RdNr 16a mwN).
Mit seinem übrigen Vorbringen macht der Kläger die Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils in der Sache geltend. Hierauf kann
indes ausweislich der in §
160 Abs
2 Nr
1 bis
3 SGG abschließend aufgeführten Revisionszulassungsgründe eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.
Die Bitte des Klägers in der Beschwerdebegründung um einen Hinweis, falls das Gericht weiteren Vortrag wünsche, führt nicht
dazu, dass eine Entscheidung über die unzureichend begründete Beschwerde zurückzustellen wäre. Der Senat ist nicht verpflichtet,
einen anwaltlich vertretenen Kläger vor einer Entscheidung auf Mängel der Beschwerdebegründung hinzuweisen. Die Bestimmung
des §
106 Abs
1 SGG gilt insoweit nicht. Das Gesetz unterstellt, dass ein Rechtsanwalt auch ohne Hilfe des Gerichts in der Lage ist, eine Nichtzulassungsbeschwerde
formgerecht zu begründen (ua Senatsbeschluss vom 10.8.2011 - B 5 RS 40/11 B - sowie BSG Beschlüsse vom 31.5.2011 - B 13 R 103/11 B - und vom 21.7.2010 - B 7 AL 60/10 B - Juris RdNr
7). Gerade dies ist ein Grund für den Vertretungszwang des §
73 Abs
4 SGG (BSG Beschluss vom 16.11.2011 - B 13 R 317/11 B).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 und 4
SGG.