Rechtswegszuständigkeit im sozialgerichtlichen Verfahren bei der Klage eines Maßnahmeträgers gegen eine Zertifizierungsstelle
auf Zulassung einer Maßnahme
Gründe:
I
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Sozialgerichten.
Die Klägerin ist zugelassene Trägerin von beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen. Die Beklagte ist eine anerkannte Zertifizierungsstelle
iS der Verordnung über das Verfahren zur Anerkennung von fachkundigen Stellen sowie zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen
der beruflichen Weiterbildung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch vom 16.6.2004 (Anerkennungs- und Zulassungsverordnung
- Weiterbildung - AZWV, BGBl I 1100) und nimmt (ua) Aufgaben einer fachkundigen Stelle gemäß §
85 Abs
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III) wahr. In dieser Funktion hat sie Anträge der Klägerin auf Zulassung von Weiterbildungsmaßnahmen mit Schreiben vom 3.6.2009
abgelehnt und daran auch nach einem "Widerspruch" der Klägerin mit einem am 17.8.2009 eingegangenen Schreiben ohne Datum festgehalten.
Darauf hat die Klägerin, die in der Ablehnung ihrer Anträge einen rechtswidrigen Verwaltungsakt (VA) sieht, vor dem Sozialgericht
Mannheim (SG) Klage erhoben und die Aufhebung der angegriffenen Entscheidung sowie die Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Bescheidung
der Zulassungsanträge begehrt.
Mit Urteil vom 9.2.2010 hat das SG die auch von ihm als VA qualifizierte Entscheidung der Beklagten aufgehoben. Anstelle der Beklagten hat es jedoch die beigeladene
Bundesagentur für Arbeit (BA) dazu verpflichtet, über die Zulassungsanträge neu zu entscheiden. Es hat ausgeführt, die Klage
sei zulässig. Denn der Rechtsweg zu den Sozialgerichten sei eröffnet und nicht - wie die Beklagte in ihrer Klageerwiderung
eingewendet hatte - der Rechtsweg zu den Zivilgerichten. Die Klage sei auch im Sinne der Neubescheidung durch die Beigeladene
begründet. Denn die Regelungen der AZWV über die Anerkennung von Zertifizierungsstellen seien in Ermangelung einer verfassungskonformen
Ermächtigungsgrundlage unwirksam.
Gegen dieses Urteil haben die Beklagte und die BA Berufung und die Klägerin Anschlussberufung eingelegt. Die Beklagte hat
mit ihrer Berufung ua den Einwand wiederholt, dass der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet sei, und die Verletzung
des §
17a Abs
3 Satz 2
Gerichtsverfassungsgesetz (
GVG) durch die Verfahrensweise des SG gerügt. Deswegen hat sich das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) veranlasst gesehen, eine Vorabentscheidung über
die Zulässigkeit des Rechtswegs nachzuholen.
Mit dem angegriffenen Beschluss vom 10.6.2010 hat das LSG den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für gegeben
erklärt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Eine nach §
17a Abs
5 GVG bindende Rechtswegentscheidung sei zwar bisher nicht getroffen, weil das SG die Zulässigkeit des Rechtswegs unter Verstoß gegen §
17a Abs
3 Satz 2
GVG erst in der Entscheidung über die Hauptsache bejaht habe. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten sei aber gegeben, weil es
sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der sonstigen Aufgaben
der BA (§
51 Abs
1 Nr
4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) handele. Zum Arbeitsförderungsrecht zähle eine Streitigkeit, wenn die Möglichkeit gegeben sei, dass die vom Kläger
hergeleitete Rechtsfolge ihre Grundlage im
SGB III finde. Insbesondere aus dem Wortlaut der AZWV und den Regelungen zur Entziehung der Zulassung einer Maßnahme sei zu schließen,
dass die Zertifizierungsstellen bei der Entscheidung über die Zulassung einer Maßnahme als beliehene Unternehmer Verwaltungsakte
erließen.
Die vom LSG zugelassene Beschwerde ist (nur) von der beigeladenen BA eingelegt worden. Sie meint, der Rechtsweg zu den Zivilgerichten
sei eröffnet, weil es sich nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handele. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen
geltend, nach der Entstehungsgeschichte und dem Inhalt der AZWV sei nicht anzunehmen, dass die Zertifizierungsstellen bei
der Wahrnehmung ihrer Aufgaben aufgrund einer Beleihung tätig seien und mit ihren Zertifizierungsentscheidungen Verwaltungsakte
erließen. Bei zusammenfassender Betrachtung seien die Zertifizierungsstellen vielmehr als "Verifikateure" im Rahmen eines
privatrechtlichen Sachverständigen-Vollzugsmodells anzusehen.
Die Beigeladene beantragt,
den Beschluss des LSG vom 10.6.2010 über die Feststellung des Rechtswegs zur Sozialgerichtsbarkeit aufzuheben und festzustellen,
dass der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet ist.
Die Klägerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Die Beklagte, die keinen Antrag stellt, hat mitgeteilt, dass sie die Auffassung der BA teile.
II
Die Beschwerde der Beigeladenen ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Die Beschwerde gegen die Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Sozialgerichten, über die der Senat
ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter entscheidet (vgl zB Senatsbeschluss vom 12.5.1998 - B 11 SF 1/97 R - SozR 3-1500 § 51 Nr 24; BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3), ist statthaft, weil das LSG sie gemäß §
17a Abs
4 Satz 4
GVG zugelassen hat und weil nach §
17a Abs
4 Satz 6
GVG das Bundessozialgericht (BSG) an die Zulassung gebunden ist. Die BA hat die Beschwerde auch form- und fristgerecht eingelegt.
Insbesondere ist es für die Wahrung der in entsprechender Anwendung des §
173 Satz 1
SGG maßgebenden Monatsfrist unschädlich, dass die Beigeladene die Beschwerde nicht beim LSG, sondern unmittelbar beim BSG eingelegt
hat (vgl Senatsbeschluss vom 12.5.1998, aaO; BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3).
Die beigeladene BA ist nach §
69 Nr
3 SGG Beteiligte des Verfahrens und kann gemäß §
75 Abs
4 SGG selbstständig Rechtsmittel einlegen. Auch die für das Rechtsmittel eines Beigeladenen erforderliche materielle Beschwer ist
in ihrem Fall gegeben. Eine solche Beschwer setzt voraus, dass die Beigeladene durch die angegriffene Entscheidung in eigenen
Rechten betroffen ist (vgl ua Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl 2008, RdNr 3 vor § 172). Ihre materielle Beschwer folgt daraus, dass sie im Urteil des SG anstelle der Beklagten zur Neubescheidung der Anträge der Klägerin verurteilt worden ist. Im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits
über die Zulassung einer Maßnahme nach §
85 SGB III ist vorrangig zu klären, ob es sich bei dem Begehren auf Zulassung um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten
der Arbeitsförderung handelt und demzufolge der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gemäß §
51 Abs
1 Nr
4 SGG eröffnet ist. Dies hat das LSG - insoweit mit der Entscheidung des SG übereinstimmend - in seiner Beschwerdeentscheidung bejaht. Zwar greift die Beschwerdeentscheidung nicht unmittelbar in die
Rechtssphäre der Beigeladenen ein. Das ändert aber nichts daran, dass eine Bejahung der Rechtsprechungszuständigkeit der Gerichte
der Sozialgerichtsbarkeit auch die berechtigten Interessen der - nach §
75 Abs
1 SGG - beigeladenen BA berührt. Denn die Rechtswegzuständigkeit hat auch Auswirkungen auf ihr eigenes Prozessrechtsverhältnis
zur Klägerin und die erstrebte Korrektur ihrer Verurteilung durch das SG.
Auch verfahrensrechtliche Bedenken gegen die angegriffene Entscheidung des LSG bestehen nicht. Das LSG ist zutreffend davon
ausgegangen, dass das SG keine bindende Rechtswegentscheidung getroffen hat, weil es die Rechtswegrüge der Beklagten vorab hätte bescheiden müssen
(§
17a Abs
3 Satz 2
GVG). Hat das in erster Instanz angerufene Gericht über die Zulässigkeit des Rechtswegs verfahrensfehlerhaft erst im Urteil entschieden,
ist §
17a Abs
5 GVG im Berufungsverfahren nicht anwendbar (vgl ua BSG SozR 3-1500 §
51 Nr 23; BGHZ 121, 367 ff mwN). Vielmehr hat das Berufungsgericht eine bisher unter Verstoß gegen §
17a Abs
2 Satz 1
GVG (dazu BSG aaO) oder gegen §
17a Abs
3 Satz 2
GVG (dazu BGH aaO) versäumte Rechtswegentscheidung grundsätzlich durch einen Beschluss gemäß §
17a Abs
4 Satz 1
GVG nachzuholen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl 2008, §
51 RdNr 62 f mwN).
2. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist.
Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden nach §
51 Abs
1 Nr
4 SGG über öffentlichrechtliche Streitigkeiten (ua) in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben
der BA. Nach §
13 GVG (idF durch das FGG-Reformgesetz vom 17.12.2008, BGBl I 2586, mWv 1.9.2009) gehören vor die ordentlichen Gerichte die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten,
die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht
entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder aufgrund von Vorschriften
des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.
a) Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, bestimmt sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung
des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (vgl ua GmSOGB
in BGHZ 108, 284 = SozR 1500 § 51 Nr 53; BSGE 65, 133 = SozR 2100 § 76 Nr 2; BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3; BGHZ 121, 367; BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 5). Bei der Prüfung der Natur des verfolgten Anspruchs kommt es nicht auf die Rechtsansicht des
Klägers zur Anspruchsgrundlage an, sondern entscheidend sind regelmäßig der von ihm zur Begründung des Rechtsschutzziels vorgetragene
Sachverhalt und die daran anknüpfende objektive Würdigung des Streitgegenstands (vgl ua GmSOGB in BGHZ 108, 284 = SozR 1500 § 51 Nr 53; BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 5).
b) Für die Rechtswegprüfung ist nicht erforderlich, dass sich die Streitigkeit als ausschließlich bürgerlich-rechtlich oder
als ausschließlich öffentlich-rechtlich charakterisieren lässt. Für die Bejahung der Zulässigkeit des vom Kläger beschrittenen
Rechtswegs reicht es vielmehr aus, wenn das Klagebegehren in einem Sachverhalt wurzelt, der jedenfalls kraft solcher Rechtsgrundlagen
zu beurteilen ist, die in die (originäre) Rechtswegzuständigkeit des angerufenen Gerichts fallen.
Trifft das zu, berührt es die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht, dass das Klagebegehren auch unter Berücksichtigung
von Anspruchsgrundlagen, die zu einem anderen Rechtsgebiet gehören, zu prüfen ist, (vgl §
17 Abs
2 Satz 1
GVG idF durch das Vierte Gesetz zur Änderung der
Verwaltungsgerichtsordnung vom 17.12.1990 - 4.
VwGO-ÄndG -, BGBl I 2803; hierzu ua BSG SozR 3-1500 §
51 Nr 15; BVerwG NVwZ 1993, 358; BGHZ 121, 367; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl 2008, §
51 RdNr 40).
c) Dafür, dass der vorliegende Rechtsstreit eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit iS des §
51 Abs
1 SGG betrifft, spricht bereits, dass der von der Klägerin begehrte Rechtsfolgenausspruch maßgebend von Rechtssätzen des Sozialrechts
geprägt wird und deshalb die Entscheidungskompetenz der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit unter dem Gesichtspunkt ihrer besonderen
Sachkunde und Sachnähe nahelegt. Der verfolgte Anspruch verweist hinsichtlich Voraussetzungen und Rechtsfolge auf das Recht
der Förderung der beruflichen Weiterbildung (§§
77 ff
SGB III) und dessen Regelungen zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen für die Förderung (§§
84 bis
85 SGB III in der [inzwischen mehrfach geänderten] Fassung durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002,
BGBl I 4607, sowie §
87 SGB III idF durch das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4621, iVm §§ 7 ff AZWV).
Insbesondere sind alle Voraussetzungen, bei deren Vorliegen eine Zertifizierungsstelle die Zulassung erteilen muss (§ 10 Abs 1 Satz 3 AZWV), öffentlich-rechtlich geregelt (§§
84,
85,
87 SGB III, §§
8,
9 AZWV).
Im Hinblick auf die enge und wesentliche Verzahnung der maßnahmebezogenen Förderungsvoraussetzungen (§§
84 ff
SGB III) mit dem Zertifizierungsverfahren (vgl §§
7 ff AZWV) und speziell den Prüfungs- und Entscheidungsvoraussetzungen einer Zertifizierungsstelle (vgl § 10 Abs 1 Satz 3 AZWV)
ist es folgerichtig, jedenfalls deren Tätigkeitsergebnis als hoheitlich zu qualifizieren (vgl Eicher in Eicher/Schlegel,
SGB III, RdNr 14, 14a vor §§
84-
87, Stand Einzelkommentierung Oktober 2006/Juni 2010; aaO, § 87 RdNr 26 ff, Stand Einzelkommentierung Juni 2008).
Die das streitige Rechtsverhältnis danach prägenden Rechtsnormen dienen - auch wenn sich die Beteiligten in einem Gleichordnungsverhältnis
gegenüber stehen sollten - spezifisch sozialrechtlichen Zwecken und vor allem den Interessen der Allgemeinheit (vgl zum öffentlich-rechtlichen
Gleichordnungsverhältnis GmSOGB in BGHZ 108, 284 ff = SozR 1500 § 51 Nr 53; BSGE 65, 133, 135 = SozR 2100 § 76 Nr 2 S 7). Denn bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung handelt es sich um ein Instrument der
vorrangigen aktiven Arbeitsförderung (§§
3 Abs
4,
5 SGB III), und zu den Kernzielen der Arbeitsförderung gehört es, dem Entstehen von Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken, die Dauer der
Arbeitslosigkeit zu verkürzen, den Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu unterstützen
und insbesondere durch die Verbesserung der individuellen Beschäftigungsfähigkeit Langzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden (§
1 Abs
1 Satz 1 und
2 SGB III idF durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008, BGBl I 2917). Die Arbeitsförderung
soll dazu beitragen, dass ein hoher Beschäftigungsstand erreicht und die Beschäftigungsstruktur ständig verbessert wird, und
sie ist so auszurichten, dass sie der beschäftigungspolitischen Zielsetzung der Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik der
Bundesregierung entspricht (§
1 Abs
1 Satz 4 und 5
SGB III idF durch das genannte Gesetz).
Im Einklang mit den allgemeinen Zielen der Arbeitsförderung hat die Förderung beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der
Weiterbildungskosten nach §
77 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB III (idF durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848) ua zur Voraussetzung,
dass die Weiterbildung notwendig ist, um Arbeitnehmer bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit
abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist. Dementsprechend
können nach §
85 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB III ua nur solche Maßnahmen für die Förderung zugelassen sein, die nach Gestaltung der Inhalte der jeweiligen Maßnahme sowie
der Methoden und Materialien ihrer Vermittlung eine erfolgreiche berufliche Bildung erwarten lassen und nach Lage und Entwicklung
des Arbeitsmarktes zweckmäßig sind. Mit diesen Anforderungen, die im Vorgängerrecht (§
86 Abs
1 Nr
4 und 8
SGB III in der bis 31.12.2002 geltenden Fassung) geregelte Voraussetzungen für die Anerkennung von Maßnahmen für die Weiterbildungsförderung
aufgreifen, wollte der Gesetzgeber des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ungeachtet der angestrebten
Flexibilisierung bei den beruflichen Bildungsmaßnahmen "wesentliche und unverzichtbare Grundsätze" ua zu den generellen Zielen
der Weiterbildungsförderung erhalten (BT-Drucks 15/25 S 30 [zu § 85]).
d) Wegen der schon daraus abzuleitenden sozialrechtlichen Prägung des streitigen Rechtsverhältnisses kann dahingestellt bleiben,
ob das LSG die ablehnende Entscheidung einer Zertifizierungsstelle über die Zulassung einer Maßnahme (§ 10 Abs 1 Satz 4, Alt
2 AZWV) zu Recht oder zu Unrecht als anfechtbaren VA qualifiziert hat (vgl zur Verwaltungsqualität der Anerkennungsentscheidung
nach §
86 SGB III aF Senatsurteil vom 5.6.2003 - B 11 AL 59/02 R - SozR 4-4300 § 86 Nr 1). Entscheidend ist, ob Normen des öffentlichen Rechts für das Klagebegehren derart maßgebend sind,
dass auf die hoheitliche Natur des Rechtsverhältnisses geschlossen werden muss (vgl ua BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 24; SozR 4-1720
§ 17a Nr 3 RdNr 9).
Das ist hier der Fall. Die umfangreichen Ausführungen in der Beschwerdebegründung zeigen, dass auch aus Sicht der BA die zu
treffende rechtliche Einordnung keineswegs eindeutig ist. Gegenteiliges ergibt sich insbesondere auch nicht aus der von ihr
herangezogenen Begründung zur AZWV (abgedruckt ua in Eicher/Schlegel,
SGB III, Anlage zu §
87), wonach die Zulassung der Bildungsträger durch einen Zertifizierer ihrer Wahl und im Rahmen eines privatrechtlichen (Zertifizierungs-)Vertrags
erfolgen soll. Denn diese Begründung hat im Wortlaut der Verordnung und auch in der Verordnungsermächtigung in §
87 SGB III keinen Ausdruck gefunden (vgl dazu im Einzelnen Eicher in Eicher/Schlegel,
SGB III, vor §§
84-
87 RdNr 15, Stand Einzelkommentierung Juni 2010, und Urmersbach, aaO, § 85 RdNr 38, Stand Einzelkommentierung Oktober 2008;
Hänlein, SGb 2011, 333, 335 f).
Soweit sich die Beigeladene (Beschwerdebegründung S 7/8) für ihre zusammenfassende Einschätzung, dass die Zertifizierungsstellen
nur als "Verifikateure" im Rahmen eines privatrechtlichen Sachverständigen-Vollzugsmodells anzusehen seien, auf eine Dissertation
bezieht (Roos, Die Akkreditierung fachkundiger Stellen und Zertifizierung für Träger von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung
im System der Qualitätssicherung nach den §§
77 ff
SGB III, 2008, Teil 4 Ziffer V, S 317 ff) ist zu beachten, dass die dortigen Ausführungen gerade nicht die Rechtsauffassung der Beigeladenen
stützen. Im Gegenteil kommt die Arbeit von Roos zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Entscheidungen der Zertifizierungsstellen
über die Erteilung bzw den Widerruf/die Rücknahme der Zulassung um Verwaltungsakte handelt, die durch die Zertifizierungsstellen
als Beliehene erteilt werden (aaO S 299). Nach der Roos'schen These sind die Zertifizierungsstellen nach dem AZWV "keine Verifikateure"
(aaO S 372). Es wird deshalb auch für Streitigkeiten zwischen den "Antragstellern" und den Zertifizierungsstellen über die
Erteilung bzw Aufrechterhaltung der Zulassung nach §
10 AZWV die Zuständigkeit der Sozialgerichte nach §
51 Abs
1 Nr
4 SGG bejaht (aaO S 395).
Dass die Zertifizierungsstellen als Beliehene hoheitlich handeln und entscheiden, wird auch in der Rechtsprechung der Instanzgerichte
und in der Literatur vielfach bejaht oder jedenfalls in Betracht gezogen (vgl LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.8.2010,
L 18 AL 185/10 B ER; LSG Hamburg, Beschluss vom 30.1.2009, L 5 B 3/09 ER AL; SG Berlin, Urteil vom 24.7.2006, S 77 AL 1354/03, EzB
SGB III §§
84,
85 Nr 1; Eicher in Eicher/Schlegel, RdNr 13 ff vor §§ 84 bis 87, Stand Einzelkommentierung Oktober 2006/Juni 2010, und aaO,
§ 87 RdNr 23, Stand Einzelkommentierung Februar 2009; Urmersbach, aaO, § 85 RdNr 38, Stand Einzelkommentierung Oktober 2008;
Niewald in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, §
4 RdNr 409m ff; derselbe in Gagel, SGB II/SGB III, §
84 SGB III aF RdNr 28 ff; Stratmann in Niesel/Brand,
SGB III, 5. Aufl 2010, §
84 RdNr 2; Olk in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe,
SGB III, 3. Aufl 2008, §
84 RdNr 8 bis 12 und 18; Hengelhaupt in Hauck/Noftz,
SGB III, K §
87 RdNr 31; Kruse in Lehr- und PraxisKomm -
SGB III, 2008, §
84 RdNr 3 f). Dabei wird - auch zur Beurteilung der jetzigen Rechtslage - häufig angeknüpft an die Entscheidung des Senats vom
5.6.2003 (B 11 AL 59/02 R - SozR 4-4300 § 86 Nr 1), wonach die BA über den Antrag eines Trägers auf Anerkennung einer Maßnahme für die Weiterbildungsförderung
nach §
86 SGB III aF durch VA zu entscheiden hatte.
f) Soweit schließlich die Beigeladene auf die Begründung zu §
178 Abs
2 SGB III im Gesetzentwurf der Bundesregierung zu dem geplanten Gesetz zur Leistungssteigerung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente
(Bearbeitungsstand: 6.4.2011) verweist, wonach die fachkundigen Stellen "wie bisher in den Formen des Privatrechts als unabhängige
Sachverständige" handeln und mit der Anerkennung als fachkundige Stelle "keine Übertragung von hoheitlichen Aufgaben (Beleihung)
verbunden" sei, ist dies kein durchschlagendes Argument für die Rechtswegzuständigkeit der Zivilgerichte im vorliegenden Fall
(vgl zur diagnostischen Unklarheit des Zertifizierungsmodells - Hänlein, SGb 2011, 333, 335 f). Denn diese Gesetzesbegründung, die im Übrigen auch im jetzigen Regierungsentwurf vom 17.5.2011 (BR-Drucks 313/11
S 215 f zu §
177 Abs
2 SGB III) enthalten ist, findet im Gesetzestext selbst keinen Ausdruck. Davon abgesehen könnte ihr - jedenfalls bezogen auf die streitigen
Anträge aus dem Jahre 2009 - selbst bei Verabschiedung durch den Gesetzgeber keine Wirkung im Sinne einer (rückwirkenden)
gesetzgeberischen Klarstellung zukommen. Der Gesetzentwurf sieht zu Art 51 (Inkrafttreten) keine Rückwirkung der in Art 2 geregelten Änderungen des
SGB III zum 1.4.2012 vor.
3. Die Kostenentscheidung (zu deren Notwendigkeit vgl ua BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 15, SozR 4-1500 § 51 Nr 4 und Nr 6, SozR
4-1720 § 17a Nr 3) beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
154 Abs
2 und
3 Verwaltungsgerichtsordnung (vgl BSG SozR 4-1300 §
193 Nr
3).
Für die Festsetzung eines Streitwerts nach § 63 Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) bestand keine Veranlassung, weil sich die Gerichtsgebühr nicht nach einem Streitwert richtet; für Beschwerden der vorliegenden
Art wird nach Nr 7504 der Anlage 1 zum GKG vielmehr eine Festgebühr von 50 Euro erhoben, wenn die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird (vgl BSG Beschluss vom
26.10.2010 - B 8 AY 1/09 R - SozR 4-1780 § 40 Nr 1, RdNr 13).