Beitragspflicht von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an Hinterbliebene in der gesetzlichen Krankenversicherung;
Lebensversicherungsvertrag in Form einer Direktversicherung
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob und ggf in welchem Umfang die Klägerin auf Leistungen aus einer Lebensversicherung Beiträge
zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu zahlen hat.
Die 1938 geborene Klägerin ist seit 1.1.2004 bei der beklagten Krankenkasse als Rentnerin pflichtversichert. Der Arbeitgeber
ihres 1941 geborenen, im Juni 2006 verstorbenen - in der privaten Krankenversicherung (PKV) versichert gewesenen - Ehemannes
schloss 1989 einen Lebensversicherungsvertrag im Rahmen betrieblicher Altersversorgung in Form einer Direktversicherung zu
Gunsten des Ehemannes als versicherte Person ab; als (reguläres) Ablaufdatum war der 1.1.2007 bestimmt worden. Im Versicherungsantrag
heißt es auszugsweise:
"...
4.1 Bezugsberechtigung
Der Versicherte ist sowohl für den Todes- als auch für den Erlebensfall sowie für eine evtl. Berufsunfähigkeitsbarrente unwiderruflich
bezugsberechtigt. Die Abtretung oder Beleihung des unwiderruflichen Bezugsrechts wird ausgeschlossen. Sofern nichts anderes
bestimmt wird, ist beim Tode des Versicherten die Versicherungsleistung zu zahlen an 1. den überlebenden Ehegatten, mit dem
der Versicherte im Zeitpunkt seines Ablebens verheiratet war, 2. die ehelichen und die ihnen gesetzlich gleichgestellten Kinder
zu gleichen Teilen, 3. die Eltern, 4. die Erben (in der Reihenfolge der Ziffern unter Ausschluß der jeweils nachfolgenden
Berechtigten). Die vorgenannten für den Todesfall begünstigten Hinterbliebenen haben einen widerruflichen Anspruch auf die
Versicherungsleistung für den Fall des Todes des Versicherten."
In einem Nachtrag vom 14.12.1989 heißt es nochmals auszugsweise:
"Versicherter H. C." ... "Der Versicherte ist sowohl für den Todes- als auch für den Erlebensfall unwiderruflich bezugsberechtigt."
Nachdem der Klägerin aus dieser Lebensversicherung eine Kapitalleistung in Höhe von 38 493 Euro ausgezahlt worden war, setzte
die Beklagte aufgrund dieser als "Versorgungsbezug" iS von §
229 SGB V angesehenen Leistung den von der Klägerin ab 1.7.2006 zu zahlenden Beitrag zur GKV auf 47,15 Euro monatlich fest (Bescheide
vom 26.9.2006 und 27.3.2007). Das SG hat die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 25.4.2007) erhobene Klage mit Urteil vom 26.9.2008
abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das erstinstanzliche Urteil und die Bescheide der Beklagten aufgehoben
(Urteil vom 22.9.2010): Der Versorgungsbezug stehe nicht in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis der Klägerin als Versicherte
der Beklagten. Da ihr Ehemann seinerzeit privat krankenversichert gewesen sei, fielen seine Versorgungsbezüge, auch soweit
sie zur Hinterbliebenenversorgung erzielt worden seien, nicht unter §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V; die beitragspflichtigen Einnahmen pflichtversicherter Rentner dürften nicht auf Leistungen erstreckt werden, die für nicht
zum Kreis der Versicherten des
SGB V gehörende bezugsberechtigte Personen bestimmt gewesen seien. Zudem sei die Leistung hier in den Nachlass des Verstorbenen
gefallen, sodass es sich nur um im Erbschaftswege angefallenes und daher bei der Klägerin nicht in der GKV beitragspflichtiges
Vermögen handele.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V. Der Wortlaut der Regelung ergebe keine Anhaltspunkte dafür, dass derjenige, von dem - hier zu bejahende - Versorgungsbezüge
abgeleitet würden, selbst versicherungspflichtiges Mitglied in der GKV gewesen sein müsse. Die versicherungs- und beitragspflichtige
Klägerin sei im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung von Anfang an mit einem Unterbezugsrecht mit auf sie bezogenem
Versorgungscharakter bedacht worden. Die getroffenen versicherungsvertraglichen Vereinbarungen stellten dagegen keine bloße
technische Anweisung an das Versicherungsunternehmen dar, die Leistungen an die Klägerin als erbberechtigte Zahlungsempfängerin
auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 26. September 2008 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Insbesondere sei nach den versicherungsvertraglichen Vereinbarungen nur ihr verstorbener
Ehemann bezugsberechtigt, sie hingegen bloße Zahlungsempfängerin gewesen. Der Anspruch auf die Leistungen aus der Lebensversicherung
sei daher in den Nachlass gefallen, sodass es sich bei der ausgezahlten Summe um nicht beitragspflichtiges, ererbtes Vermögen
handele.
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das LSG auf die Berufung der Klägerin das klageabweisende
Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben.
Die Bescheide vom 26.9.2006 und 27.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.4.2007 sind rechtmäßig und verletzen
die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte darf - ohne dass es darauf ankommt, ob der verstorbene Ehemann der Klägerin
in der GKV versichert war (dazu unter 1) - der Bemessung der Beiträge der als Rentnerin in der GKV pflichtversicherten Klägerin
auch die an sie ausgezahlte Versicherungssumme der vom Arbeitgeber ihres verstorbenen Ehemanns als Direktversicherung abgeschlossenen
Lebensversicherung mit dem Zahlbetrag zugrunde legen (dazu unter 2). Rechtsgrundlage dafür ist §
237 S 1 Nr
2 und S 2
SGB V iVm §
229 Abs
1 S 1 Nr
5, S 3
SGB V.
1. Die Klägerin ist als Rentnerin in der GKV pflichtversichert (§
5 Abs
1 Nr
11 SGB V). Deshalb sind ihre Versorgungsbezüge beitragspflichtig, ohne dass es darauf ankommt, ob ihr verstorbener Ehemann in der
GKV versichert war. Nach §
237 S 1
SGB V, der seit dem Inkrafttreten des
SGB V am 1.1.1989 unverändert geblieben ist, werden bei versicherungspflichtigen Rentnern der Beitragsbemessung in der GKV neben
dem Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung (Nr 1) und dem Arbeitseinkommen (Nr 3) der Zahlbetrag der der
Rente vergleichbaren Einnahmen (Nr
2) zugrunde gelegt. §
226 Abs
2 SGB V und die §§
228,
229,
231 SGB V gelten insofern nach §
237 S 2
SGB V entsprechend. Zu den der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) iS des §
237 S 1 Nr 2
SGB V gehören auch "Renten der betrieblichen Altersversorgung", soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder
zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden (§
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V). Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor
Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt nach §
229 Abs
1 S 3
SGB V in der ab dem 1.1.2004 anzuwendenden Fassung durch Art 1 Nr 143 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz [GMG]) vom 14.11.2003
(BGBl I 2190, vgl Art 37 Abs 1 GMG) ein Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge,
längstens jedoch für 120 Monate. Entgegen der Ansicht des LSG ist es unerheblich, ob der Arbeitnehmer, zu dessen Gunsten die
betriebliche Altersversorgung begründet worden ist, während des Anspruchserwerbs in der GKV versichert war. Maßgeblich ist
- wie der Senat bereits entschieden hat (BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr 12, RdNr 15) - allein seine oder seiner Hinterbliebenen Versicherung in der GKV im Auszahlungszeitpunkt.
Dies entspricht dem Wortlaut des §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V sowie dessen Regelungszusammenhang (dazu unter a) und wird auch durch die Gesetzgebungsgeschichte bestätigt (dazu unter b).
a) §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V (iVm §
237 S 1 Nr
2, S 2
SGB V) knüpft bereits seinem Wortlaut nach die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen allein daran, dass eine Rente der betrieblichen
Altersversorgung vorliegt. Ein Zusammenhang mit einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit eines in der GKV Versicherten
fordert der Gesetzeswortlaut nicht, sondern stellt nur darauf ab, dass der Rentner - hier die Klägerin -, von dem die Beiträge
erhoben werden sollen, versicherungspflichtig (in der GKV) ist; dass dies "nur" der Hinterbliebene ist, steht der Beitragspflicht
nicht entgegen, da §
229 Abs
1 S 1
SGB V im ersten Satzteil ausdrücklich auch Versorgungsbezüge erfasst, die zur Hinterbliebenenversorgung erzielt werden. Dass es
für die Beitragspflicht von Renten der betrieblichen Altersversorgung nach §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V auch nicht darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer, zu dessen Gunsten die Versorgungszusage bestand, während des Anspruchserwerbs
in der GKV versichert war, folgt aus dem Regelungszusammenhang: So werden nach §
229 Abs
1 S 1 Nr
1 SGB V auch Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf
Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften und Grundsätzen zur Beitragsbemessung herangezogen, obwohl diese Personen
zum Zeitpunkt des Anspruchserwerbs nach §
6 Abs
1 Nr
2 SGB V in der GKV versicherungsfrei waren. Gründe für eine abweichende gesetzliche Wertung im Rahmen des §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V sind nicht erkennbar.
b) Dieses Ergebnis wird gestützt durch die Gesetzgebungsgeschichte. So wurde in §
229 Abs
1 S 1
SGB V die bereits in § 180 Abs 8 S 2
RVO enthaltene Aufzählung der beitragspflichtigen Versorgungsbezüge übernommen (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP zum Gesundheits-Reformgesetz [GRG], BT-Drucks 11/2237 S 223 zu § 238 Abs 1 des Entwurfs). Bereits im Zusammenhang
mit der Einführung dieser Regelung durch Art 2 Nr 2 Buchst c des Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung
im Jahr 1982 (vom 1.12.1981, BGBl I 1205) hatte der Bundesrat kritisiert, dass auch Versorgungsbezüge in die Beitragspflicht
einbezogen wurden, die nicht - wie die gesetzliche Rente - aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung stammten und bei
Hinterbliebenen keine Lohnersatzfunktion hätten, sondern der Sicherung des Unterhalts dienten (Stellungnahme des Bundesrates
zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 1982,
BT-Drucks 9/458, Anlage 2, S 49 zu 1.; vgl auch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung,
BT-Drucks 9/884, S 57 unter A. III.3.). Dem widersprach die Bundesregierung mit dem Hinweis auf den Grundsatz, die Alterseinkommen
der Rentner gleichmäßig zur Beitragsleistung heranzuziehen (Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates,
BT-Drucks 9/458, Anlage 3, S 55 zu 1.). Die bis dahin im Beitragsrecht der Sozialversicherung respektierte Schranke, Pflichtbeiträge
nur von solchen Einnahmen zu erheben, die zugleich Versicherungspflicht begründen, ist damit bewusst übersprungen worden (so
schon BSGE 58, 1, 7 = SozR 2200 § 180 Nr 23 S 82 f; s auch Peters in Kasseler Komm, Stand der Einzelkommentierung 10/2010, §
226 SGB V RdNr
5). Diese Ausgestaltung verstößt insbesondere nicht gegen Art
3 Abs
1 GG (BVerfGE 79, 223, 236 ff = SozR 2200 § 180 Nr 46 S 198 ff).
c) Dementsprechend sind nach §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V auch solche Renten der betrieblichen Altersversorgung beitragspflichtig, die nicht aus einer Versicherungspflicht in der
GKV begründenden Tätigkeit oder Beschäftigung herrühren; einer vom LSG angenommenen (unzulässigen) Analogie bedarf es dazu
nicht (zu deren Voraussetzungen allgemein vgl zB Sprau in Palandt,
BGB, 71. Aufl 2012, Einleitung RdNr 48).
2. Bei der an die Klägerin ausgezahlten Versicherungssumme handelt es sich (a) um eine der Rente vergleichbare Einmalzahlung
aus einer betrieblichen Altersversorgung, die ihr (b) aufgrund eines eigenen Bezugsrechts zugeflossen und die (c) mit ihrem
Zahlbetrag - unabhängig von etwaigen Pflichtteilsergänzungsansprüchen - der Bemessung ihrer Beiträge in der GKV zugrunde zu
legen ist.
a) Die der Klägerin ausgezahlte Leistung der Lebensversicherung ist eine der Rente vergleichbare Einmalzahlung aus einer betrieblichen
Altersversorgung iS von §
237 S 1 Nr
2, S 2
SGB V iVm §
229 Abs
1 S 1 Nr
5, S 3
SGB V.
Die Zahlung erfolgte nach den Feststellungen des LSG - was insoweit zwischen den Beteiligten nicht streitig ist - aus einem
vom Arbeitgeber des verstorbenen Ehemanns der Klägerin zu Gunsten des Ehemannes abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag
in Form einer sog Direktversicherung. Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, gehören zu den Renten der
betrieblichen Altersversorgung iS von §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V auch Renten, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung iS von §
1b Abs
2 BetrAVG gezahlt werden (vgl zB BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr 12, RdNr 17; BSG SozR 4-2500 § 229 Nr 7 RdNr 14 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Urteil des Senats vom 12.12.2007 - B 12 KR 6/06 R - USK 2007-98 - auf Verfassungsbeschwerde bestätigt durch BVerfG SozR 4-2500 § 229 Nr 10). Um eine solche Direktversicherung
handelt es sich, wenn für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch
den Arbeitgeber abgeschlossen wird und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistung des Versicherers
ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind. Diese Leistung ist dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie
die Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezweckt, also der Sicherung
des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen soll. Dieser Versorgungszweck kann
sich auch aus der vereinbarten Laufzeit ergeben. Solange der Versorgungszweck gewahrt bleibt, ist auch unerheblich, ob die
Auszahlung an einen Hinterbliebenen aufgrund eines eigenen Bezugsrechts oder aufgrund einer anderen vertraglichen Gestaltung
erfolgt. Denn §
229 Abs
1 S 1
SGB V knüpft entscheidend an den Versorgungszweck einer Leistung an, ohne dass es von Bedeutung ist, wie dieser Zweck im Einzelnen
erreicht wird (BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr 12, RdNr 15).
b) Vorliegend ist der Versorgungszweck bereits deshalb gewahrt, weil die Lebensversicherung auch der Hinterbliebenenversorgung
diente, indem sie nach dem Tode des Versicherten dessen Witwe, also der Klägerin, zugutekam. Dabei erfolgte die Auszahlung
- entgegen der Ansicht der Klägerin - aufgrund eines eigenen, bis zum Eintritt des Versicherungsfalls widerruflichen Bezugsrechts
der Klägerin und damit nicht im Wege der Erbfolge, wie sich durch Auslegung der konkreten versicherungsvertraglichen Vereinbarungen
ergibt (zur Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen in der Revisionsinstanz vgl zB allgemein BSG Urteil vom 11.12.2008 - B 9 S 1/08 R - juris RdNr 66 ff, in BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1 insoweit nicht abgedruckt; vgl auch BAGE 134, 372, 378 f = AP Nr 31 zu §
1 BetrAVG Lebensversicherung, RdNr 25; BGH Urteil vom 24.5.1962 - II ZR 199/60 - NJW 1962, 1436, 1437).
Wird Hinterbliebenen im Lebensversicherungsvertrag ein eigenes Bezugsrecht eingeräumt, haben sie gegen den Versicherer einen
eigenen, vom Erbgang unabhängigen und damit nicht zum Nachlass gehörenden Anspruch auf die Auszahlung der Versicherungssumme
(stRspr des BGH, zB BGHZ 13, 226, 232; 32, 44, 48; 130, 377, 380 f; Benkel/Hirschberg, ALB- und BUZKommentar, 2. Aufl 2011, § 13 ALB 2008 RdNr 114 mit umfangreichen Rspr-Nachweisen; Reiff/Schneider in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl 2010, ALB 86 § 13 RdNr 12; Teslau in van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht, 3. Aufl 2007, § 14 RdNr 506; Weidlich in Palandt, aaO, Einl v
§ 1922 RdNr 5 und § 1922 RdNr 39; Grüneberg, ebenda, Einf v § 328 RdNr 6). Wenn das LSG dennoch ein eigenes Bezugsrecht der
Klägerin aufgrund des Versicherungsvertrags verneint, wird dieses Ergebnis von dessen tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen
Erwägungen nicht getragen. Nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen
des LSG (§
163 SGG) wurde die Bezugsberechtigung im Versicherungsantrag unter Ziff 4.1 und im Nachtrag vom 14.12.1989 geregelt. Danach war Bezugsberechtigter
sowohl für den Todes- als auch für den Erlebensfall der Versicherte. Beim Tode des Versicherten war die Versicherungsleistung
unter Ausschluss der jeweils nachfolgenden Berechtigten an den überlebenden Ehegatten, die Kinder, die Eltern bzw die Erben
zu zahlen. Vergleichbare Klauseln werden in der Rechtsprechung des BAG zum Recht der betrieblichen Altersversorgung als eigenes
Bezugsrecht auch des überlebenden Ehegatten für den Fall des Todes der versicherten Person angesehen (BAG AP Nr 12 zu §
1 BetrAVG Lebensversicherung; vgl auch BAGE 65, 215 = AP Nr 11 zu §
1 BetrAVG Lebensversicherung; BAGE 65, 208 = AP Nr 10 zu §
1 BetrAVG Lebensversicherung). Soweit in jüngeren Entscheidungen des BAG die Vereinbarkeit der Einräumung eines Bezugsrechts auch der
Eltern und Erben mit dem Betriebsrentenrecht problematisiert wird (BAGE 105, 240 = AP Nr 108 zu §
7 BetrAVG mit Anm Höfer; BAGE 133, 83, 87 = AP Nr 40 zu §
17 BetrAVG, RdNr 24; BAG AP Nr 61 zu §
1 BetrAVG; vgl auch Höfer,
BetrAVG, Bd I, Stand Juni 2011, ART RdNr 92 ff; Rolfs in Blomeyer/ Rolfs/Otto,
BetrAVG, 5. Aufl 2010, §
1 RdNr 18), steht dies der Annahme eines Bezugsrechts der Klägerin - als Witwe iS des §
46 SGB VI - nicht entgegen (vgl allgemein Reinecke, BB 2012, 1025, 1029).
Dieser Rechtsprechung des BAG schließt sich der Senat an. Bei den vorliegend vom Versicherer gestellten Vertragsinhalten handelt
es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB; §
305 Abs
1 S 1
BGB, der hier nach Art 229 § 5 S 2
EGBGB Anwendung findet; zur Eigenschaft eines Versicherungsvertrags als Dauerschuldverhältnis vgl BGHZ 162, 67, 75 f; BGH Urteil vom 31.1.1990 - IV ZR 115/88 - VersR 1990, 416). AGB sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen
Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden, wobei in dem genannten
objektiven Rahmen die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders der AGB zugrunde zu
legen sind. Bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen einer Lebensversicherung, die der Arbeitgeber zur betrieblichen
Altersversorgung des Arbeitnehmers als Direktversicherung abschließt, sind entsprechend dem Zweck dieser Versicherung auch
die Interessen der versicherten Beschäftigten zu berücksichtigen (BAGE 134, 372, 378 f mwN = AP Nr 31 zu §
1 BetrAVG Lebensversicherung, RdNr 25, 27; siehe auch Prölss in Prölss/Martin, aaO, Vorbem III RdNr 2 f mwN; Benkel/Hirschberg, aaO,
Einl F RdNr 20 ff mwN).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist der Klägerin im Versicherungsvertrag für den Todesfall des Versicherten - ihres
Ehemannes - ein eigenes Bezugsrecht eingeräumt worden. Allein die Formulierung "unter Ausschluss der jeweils nachfolgenden
Berechtigten" musste aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers so verstanden werden, dass die in Ziff 4.1
vereinbarte Regelung für den Fall des Todes des Versicherten vorrangig dem überlebenden Ehegatten einen Rechtsanspruch gegen
den Versicherer auf die Versicherungsleistung unter Ausschluss der erst an vierter Stelle berechtigten Erben, also ein Bezugsrecht,
geben sollte. Dies wird durch den letzten Satz der Ziff 4.1 ausdrücklich klargestellt, wonach den Hinterbliebenen für den
Todesfall ein widerruflicher Anspruch auf die Versicherungsleistung eingeräumt wird. Für die Auslegung dieser Klausel als
Bezugsrecht zugunsten der Hinterbliebenen spricht zudem die einheitlich für die Gesamtregelung verwendete Überschrift "Bezugsberechtigung",
die nicht im Sinne des Vortrags der Klägerin zwischen einem Bezugsrecht des Versicherten und "Zahlungsbestimmungen für den
Todesfall" unterscheidet. Demzufolge wird entgegen der Ansicht der Klägerin mit den Vereinbarungen für den Todesfall keine
bloße Auszahlungsbestimmung getroffen, um die Vertragsabwicklung im Interesse des Versicherers zu erleichtern. Dies würde
auch nicht dem Zweck der vorliegend im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Direktversicherung entsprechen.
Für eine bloße Zahlungsbestimmung bestand aus Sicht des Versicherers schon kein Bedürfnis, da er nach § 11 Abs 1 S 1 der dem
Vertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung (ALB 86, VerBAV 1986, 209 ff) mit befreiender Wirkung an den Inhaber des Versicherungsscheins leisten kann (BGH Urteil vom 24.2.1999 - IV ZR 122/98 - VersR 1999, 700; BGH Urteil vom 22.3.2000 - IV ZR 23/99 - VersR 2000, 709; Reiff/Schneider in Prölss/Martin aaO, ALB 86 § 11 RdNr 1). Daneben hätte der Versicherer - zB bei Zweifeln an der Leistungsberechtigung
- auch die Möglichkeit der Hinterlegung nach §§
372 ff
BGB gehabt (vgl Fuchs, JuS 1989, 179, 181). Vielmehr ist aus dem Umstand, dass die Versicherungssumme auch im Todesfall fällig sein sollte, zu schließen, dass
mit dem Abschluss des Lebensversicherungsvertrages als betriebliche Altersversorgung in Form einer Direktversicherung nicht
nur die Altersversorgung des Arbeitnehmers, sondern auch die Hinterbliebenenversorgung iS von §
1 Abs
1 S 1
BetrAVG bezweckt war. Dieser Zweck, insbesondere die damit der Versicherungsleistung zugedachte unterhaltssichernde Funktion, ist
jedoch nur durch eine Auslegung der Bestimmungen des Versicherungsvertrags für den Todesfall im Sinne eines eigenen Bezugsrechts
zu gewährleisten, durch das den Hinterbliebenen - also in erster Linie Witwe/Witwer und ggf Waisen - unabhängig vom Erbgang
und von Ansprüchen möglicher Miterben ein Anspruch auf die volle Versicherungsleistung eingeräumt wird.
Dem Ergebnis eines eigenen widerruflichen Bezugsrechts der Klägerin steht nicht entgegen, dass nach dem Wortlaut der Vereinbarungen
zum Bezugsrecht der Versicherte - der verstorbene Ehemann der Klägerin - auch im Todesfall unwiderruflich bezugsberechtigt
war. Der Inhalt der Bezugsrechtsklausel ist als Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts des Versicherten bei gleichzeitiger
Einräumung eines widerruflichen (Mit- oder Unter-)Bezugsrechts der Hinterbliebenen anzusehen. Mit der Einräumung des unwiderruflichen
Bezugsrechts, wie es seit dem 1.7.2002 für den auch hier vorliegenden Fall einer Direktversicherung mit Entgeltumwandlung
nach §
1b Abs
5 S 2
BetrAVG (eingefügt durch Art 3 Nr 2 Buchst b DBuchst bb des Gesetzes vom 21.6.2002, BGBl I 2167) zwingend vorgesehen ist, erhält der Arbeitnehmer sofort ein
unentziehbares Recht gegen den Versicherer auf die Leistung, das - anders als ein widerrufliches Bezugsrecht (BAG AP Nr 15
zu §
1 BetrAVG Lebensversicherung) - auch in der Insolvenz des Arbeitgebers nicht mehr dem Zugriff der Gläubiger des Arbeitgebers (Versicherungsnehmer)
unterliegt (BAGE 65, 208 = AP Nr 10 zu §
1 BetrAVG Lebensversicherung; BAG AP Nr 12 zu §
1 BetrAVG Lebensversicherung; Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto, aaO, Vor §
7 RdNr 38; vgl auch BGHZ 45, 162, 165 f). Demgegenüber besteht ein praktisches Bedürfnis dafür, die Person des im Todesfall Begünstigten ggf geänderten Familienverhältnissen
anpassen zu können (vgl Brilling, DB 1969, Beil Nr 12, S 6, 8; Gediga, DB 1968, Beil Nr 14, S 7, 8; Finger, VersR 1992, 535 ff). Die in diesem Zusammenhang für die Hinterbliebenenversorgung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung relevanten
Zwecke - Sicherung auch der Hinterbliebenenversorgung in der Insolvenz des Arbeitgebers, Ausschluss des Auszahlungsanspruchs
des Hinterbliebenen vom Erbgang und Flexibilität bezüglich der im Todesfall berechtigten Person(en) - werden vorliegend erreicht.
c) Gegen die Berechnung der Beitragshöhe werden von der Klägerin im Revisionsverfahren Einwendungen nicht erhoben und sind
auch sonst Bedenken nicht gegeben; insbesondere hat die Beklagte hierbei zutreffend berücksichtigt, dass der für die Beitragsentrichtung
bei Versorgungsbezügen maßgebende Grenzbetrag der monatlichen Versorgungsbezüge gemäß §
226 Abs
2 SGB V iVm §
237 S 2
SGB V überschritten worden ist. Die von der Klägerin im Berufungsverfahren angeführten möglichen steuerlichen oder erbrechtlichen
Nachteile der gewählten vertraglichen Gestaltung schließen die vollständige Beitragspflicht der an sie ausgezahlten Versicherungsleistung
in der GKV nicht aus; denn - wie der Senat bereits entschieden hat - ist Bemessungsgrundlage für die Beiträge aus Versorgungsbezügen
auch dann der Zahlbetrag der Bezüge, wenn dieser dem Versorgungsempfänger aufgrund anderweitiger Ansprüche nicht in voller
Höhe zur Verfügung steht (vgl BSG SozR 3-2500 § 237 Nr 7 S 19 f).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.