Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung, - Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit bei fortlaufender
Zahlung des Arbeitsentgelts
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten zuletzt allein darüber, ob der Kläger während seiner Freistellung von der Arbeit in der Zeit vom
11.9.2004 bis zum 30.6.2005 in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig war.
Der 1951 geborene Kläger war seit Juli 1980 bei der als Arbeitgeberin beigeladenen und als Einzugsstelle beklagten Krankenkasse
versicherungspflichtig beschäftigt. Vor dem Arbeitsgericht schloss er mit der beigeladenen Arbeitgeberin am 8.9.2004 einen
Vergleich. Dieser regelte ua, dass das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen mit Ablauf des 30.6.2005 aufgehoben
und der Kläger ab sofort unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen unwiderruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung bis
zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses freigestellt werde. Entsprechend der im Vergleich übernommenen Verpflichtung, die
arbeitsvertragliche bzw tarifvertragliche Vergütung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen, zahlte die beigeladene
Arbeitgeberin das Arbeitsentgelt auch für den Zeitraum vom 11.9.2004 bis zum 30.6.2005, während der der Kläger keine Arbeit
leistete.
Mit Bescheid vom 19.10.2004 stellte die beklagte Krankenkasse fest, dass die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wegen
der unwiderruflichen Freistellung zum 10.9.2004 geendet habe und damit Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
sowie in der Arbeitslosenversicherung mit Ablauf des 10.9.2004 nicht mehr bestehe. Der Widerspruch des Klägers war erfolglos
(Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 28.2.2005). Seine Anfechtungs- und Feststellungsklage hat das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 14.11.2006 abgewiesen. Die Arbeitsvertragsparteien hätten das Arbeitsverhältnis nicht mehr fortsetzen wollen,
deshalb habe die abhängige Beschäftigung bereits mit Beginn der einvernehmlichen Freistellung und damit mit Ablauf des 10.9.2004
geendet. Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 21.6.2007 das Urteil des SG sowie den Bescheid vom 19.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.2.2005 aufgehoben und ua festgestellt,
dass der Kläger in der Zeit vom 11.9.2004 bis zum 30.6.2005 in der Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig
gewesen sei. Die Merkmale der Beschäftigung im beitragsrechtlichen Sinne orientierten sich regelmäßig an denen des Arbeitsverhältnisses.
Unterbrechungen der tatsächlichen Arbeitsleistung ließen den Fortbestand der Beschäftigung grundsätzlich unberührt.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des §
7 Abs
1 SGB IV. Diese Vorschrift setze für eine Beschäftigung grundsätzlich eine tatsächliche Arbeitsleistung voraus. Arbeitsvertragliche
Beziehungen reichten in der Regel nicht aus, weil das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses die Beendigung einer Beschäftigung
nicht ausschließe. Werde unwiderruflich die Freistellung vereinbart und damit auf die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung
verzichtet, sei der Fortbestand der Beschäftigung von den Arbeitsvertragsparteien nicht gewollt. Mit dem Tag des Beginns der
vereinbarten Freistellung ende die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers und damit die versicherungspflichtige Beschäftigung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21.6.2007 aufzuheben, soweit es die Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung betrifft, und insofern die Berufung des Klägers gegen das Urteil des
Sozialgerichts Speyer vom 14.11.2006 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die beigeladene Pflegekasse, Beigeladene zu 1., und die beigeladene Arbeitgeberin, Beigeladene zu 4., schließen sich dem Antrag
der Beklagten an.
Die beigeladene Bundesagentur für Arbeit, Beigeladene zu 2., und der beigeladene Rentenversicherungsträger, Beigeladener zu
3., stellen keine Anträge. Letzterer hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und des angefochtenen
Bescheides vom 19.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.2.2005 zu Recht die Versicherungspflicht des Klägers
in der gesetzlichen Renten- und in der Arbeitslosenversicherung in der Zeit vom 11.9.2004 bis zum 30.6.2005 festgestellt.
Die Versicherungspflicht des Klägers im Rahmen der Beschäftigtenversicherung endete nicht bereits mit seiner Freistellung
von der Arbeit, sondern bestand über den 10.9.2004 hinaus bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 30.6.2005 fort.
1. Die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist zulässig. Insbesondere war das gemäß §
78 Abs
1 Satz 1
SGG für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 19.10.2004 erforderliche Vorverfahren durchgeführt worden.
Durchgeführt ist ein Vorverfahren dann, wenn im Anschluss an eine Nachprüfung der mit dem Widerspruch angefochtenen Entscheidung
ein auf diese bezogener Widerspruchsbescheid ergeht (vgl Urteil des Senats vom 25.4.2007, B 12 AL 2/06 R, Die Beiträge Beilage 2007, 240). Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Widerspruchsbescheid vom 28.2.2005 auch
den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19.10.2004 umfasste. Dies ergibt die auf Feststellung des objektiven Erklärungsinhaltes
zielende Auslegung des Widerspruchsbescheides am Maßstab der Auslegungsregel des §
133 des Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB), zu der das Revisionsgericht befugt ist (vgl Urteil des Senats vom 25.4.2007, B 12 AL 2/06 R, Die Beiträge Beilage 2007, 240). Abzustellen ist auf die im Bescheid abgegebene Erklärung und den aus dem Inhalt ersichtlichen
Erklärungswillen, wie er für den Adressaten erkennbar geworden ist (vgl BSG, Urteil vom 14.9.1990, 7 RAr 128/89, BSGE 67, 221 = SozR 3-4100 § 117 Nr 3). Aus der Sicht des mit der Sachlage vertrauten Adressaten ist dem Widerspruchsbescheid zu entnehmen,
dass er alle zwischen den Beteiligten offenen Streitpunkte erfassen und sich nicht etwa auf den ursprünglich ebenfalls streitigen
Umfang der freiwilligen Krankenversicherung des Klägers beschränken wollte.
2. Der Bescheid der Beklagten vom 19.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.2.2005 ist rechtswidrig. Der
Kläger war auch in der Zeit vom 11.9.2004 bis zum 30.6.2005 in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung
versicherungspflichtig. Bei Fortzahlung des Entgelts und einvernehmlicher Freistellung von der Arbeitsleistung bestand eine
Beschäftigung im Sinne des Deckungsverhältnisses der Sozialversicherung bis zum Ende der arbeitsvertraglichen Beziehungen
fort.
a. Versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung ist ua, wer gegen Entgelt beschäftigt ist (§
1 Satz 1 Nr 1 Halbsatz 1
SGB VI). Ebenso besteht Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung für gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte (§
25 Abs
1 Satz 1
SGB III). Beide Versicherungspflichttatbestände setzen damit eine Beschäftigung iS von §
7 Abs
1 SGB IV voraus. Beschäftigung ist nach §
7 Abs
1 Satz 1
SGB IV die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Sie erfordert damit stets den Vollzug eines entsprechenden
Rechtsverhältnisses, wie etwa des im Gesetz exemplarisch genannten Arbeitsverhältnisses. Der für die Annahme einer Beschäftigung
iS von §
7 Abs
1 Satz 1
SGB IV und deren Fortbestand erforderliche "Vollzug" besteht zwar nach dem Wortlaut des Gesetzes ("...Arbeit in...") idealtypisch
in der realen Erbringung der "versprochenen Dienste" iS von §
611 BGB. Indessen kann die tatsächliche Arbeitsleistung insbesondere, wenn das Arbeitsverhältnis - wie hier - bereits in der Vergangenheit
tatsächlich vollzogen worden war, durch andere Umstände ersetzt werden. Dies ergibt sich im Licht des Schutzzwecks der Sozialversicherung
bereits aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats und wird durch die neuere Rechtsentwicklung bestätigt.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), das insofern die Auffassung bereits des Reichsversicherungsamtes
übernommen und fortentwickelt hat, setzt eine versicherungspflichtige Beschäftigung nicht zwingend eine tatsächliche Arbeitsleistung
voraus. Deren Erbringung ist für die Annahme eines "Vollzuges" zwar stets hinreichend, keinesfalls aber immer notwendig. Im
Sinne der ausreichenden Gewährleistung öffentlichrechtlichen Versicherungsschutzes liegt vielmehr ein ausreichender Vollzug
auf die Erbringung abhängiger Arbeit gerichteter Rechtsverhältnisse ua auch dann vor, wenn der Dienstverpflichtete bei Fortbestand
des rechtlichen Bandes aufgrund gesetzlicher Anordnung oder durch eine besondere vertragliche Abrede von seiner - damit jeweils
als grundsätzlich weiter bestehend vorausgesetzten - Leistungspflicht befreit wird. Soweit die Versicherungspflicht darüber
hinaus Entgeltlichkeit erfordert, kann dieser Voraussetzung folgerichtig auch dadurch genügt werden, dass sich ein Anspruch
auf Arbeitsentgelt aus einer entsprechenden vertraglichen Regelung oder entgegen den allgemeinen schuldrechtlichen Bestimmungen
der §§
275 Abs
4,
326 Abs
1 Halbsatz 1
BGB aufgrund spezialgesetzlicher Anordnung (etwa §
3 Abs
1 Satz 1
Entgeltfortzahlungsgesetz, §§ 1, 11 Bundesurlaubsgesetz [BUrlG], §§
615,
616 BGB) ergibt. §
7 Abs
1a SGB IV, der im Sinne einer übergreifenden Regelung Zweifel am (Fort-)Bestehen einer entgeltlichen Beschäftigung im Zusammenhang
mit Maßnahmen zur Flexibilisierung der Arbeitszeit beseitigen soll (vgl BT-Drucks 13/9741 S 9 und 13/9818 S 10), bestätigt
dies heute exemplarisch für die dort spezialgesetzlich erfasste Fallgruppe der Freistellung von der Arbeitspflicht bei durchgehender
Entgeltzahlung auf der Grundlage gerade von Wertguthaben. Im Übrigen wurde auch im Gesetzgebungsverfahren davon ausgegangen,
dass es einer Regelung für weitere Fälle fehlender Arbeitserbringung wie etwa bei Erholungsurlaub, Krankheit oder einer Freistellung
für Bildungsmaßnahmen unter Entgeltfortzahlung nicht bedürfe und insofern von der Fortgeltung einer "gefestigten Rechtsprechung"
auszugehen sei, in die nicht eingegriffen werden solle (vgl BT-Drucks 13/9741 S 9).
bb) So ist innerhalb des in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnisses seit langem unbestritten, dass (gegen Arbeitsentgelt) "beschäftigt"
iS von §
7 Abs
1 Satz 1
SGB IV auch derjenige bleibt, der etwa nach §
275 Abs
1 BGB, §§ 1 ff BUrlG von der Verpflichtung zur Arbeit frei wird (vgl die Nachweise bei BSG, Urteil vom 15.12.1971, 3 RK 87/68, BSGE 33, 254 = SozR Nr 67 zu § 165
Reichsversicherungsordnung [RVO], speziell zum Fortbestehen der versicherungspflichtigen Beschäftigung bei Erholungsurlaub BSG, Urteil vom 26.3.1980,
3 RK 9/79, USK 8062 und bei Annahmeverzug des Arbeitgebers die Nachweise bei BSG, Urteil vom 26.11.1985, 12 RK 51/83, BSGE 59, 183 = SozR 4100 § 168 Nr 19). Ebenso besteht eine Beschäftigung fort, wenn die Arbeitsvertragsparteien einverständlich am Arbeitsverhältnis
festhalten, um es nach einer Zeit der Freistellung von der Arbeitsleistung fortzusetzen (vgl zur Freistellung zur Durchführung
eines Studiums BSG, Urteil vom 12.11.1975, 3/12 RK 13/74, BSGE 41, 24 = SozR 2200 § 165 Nr 8; zur Fortführung während einer Wehrübung BSG, Urteil vom 14.9.1989, 4 RA 56/88, BSGE 65, 266 = SozR 2400 § 2 Nr 28; zur Aufrechterhaltung trotz Inhaftierung des Arbeitnehmers BSG, Urteil vom 18.4.1991, 7 RAr 106/90, BSGE 68, 236 = SozR 3-4100 § 104 Nr 6). Auch derartige Sachverhalte gewährleisten hiernach in einem für die Annahme einer Beschäftigung
ausreichenden Maß gleichermaßen eine gemeinsame Bestätigung des vertraglichen Bandes wie insbesondere ein hinreichendes Substitut
für die Arbeitspflicht.
cc) Das BSG hat darüber hinaus eine Sozialversicherungspflicht begründende Beschäftigung dann angenommen, wenn bei einer einseitigen
Freistellung von der Pflicht zur Erbringung abhängiger Arbeit eine anschließende Fortsetzung der Beziehungen im Blick auf
eine bereits konkretisierte Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr beabsichtigt war. So hat der Senat bereits in seiner
Entscheidung vom 18.9.1973 (12 RK 15/72, BSGE 36, 161 = SozR Nr 73 zu § 165
RVO) eine (entgeltliche) Beschäftigung für den Fall bejaht, dass dem Arbeitgeber schon vor der erstmaligen Aufnahme der Arbeit
gekündigt und das vereinbarte Arbeitsentgelt bei gleichzeitiger Freistellung von der Arbeitspflicht bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses
bezahlt worden war. Dieses Ergebnis ist ebenso für den Fall bestätigt worden, dass der Konkursverwalter das Arbeitsverhältnis
nach Konkurseröffnung fristgemäß gekündigt und den Arbeitnehmer "mit sofortiger Wirkung" von der Arbeit freigestellt hat (BSG,
Urteil vom 26.11.1985, 12 RK 51/83, BSGE 59, 183 = SozR 4100 § 168 Nr 19).
dd) Ebenso ist die Rechtsprechung schließlich von einer begrenzten Fortsetzung bzw Beendigung der Beschäftigung in Übereinstimmung
mit dem Arbeitsverhältnis ausgegangen, wo über den Bestand des letzteren im Rahmen arbeitsgerichtlicher Verfahren gestritten
wurde. Wird daher um die Rechtmäßigkeit der Kündigung in einem arbeitsgerichtlichen Prozess gestritten, als dessen Ergebnis
(durch Vergleich oder Urteil) sich bei Annahmeverzug des Arbeitgebers ein nach der Einstellung der Arbeit liegendes Ende des
Arbeitsverhältnisses ergibt, ist dieser Zeitpunkt auch für die Sozialversicherung maßgeblich (BSG, Urteil vom 25.9.1981, 12 RK 58/80, BSGE 52, 152 = SozR 2200 § 405 Nr 10). Diese Rechtsprechung wurde mit Urteil vom 25.10.1990 (12 RK 40/89, HV-INFO 1991, 789) ausdrücklich auch auf Fälle der hier vorliegenden Art erstreckt. Legen folglich die Parteien im arbeitsgerichtlichen
Vergleich bei entgeltlicher Freistellung des Arbeitnehmers von jeglicher Arbeitsleistung bis dahin einen zeitlich nach dem
Vergleichsschluss liegenden künftigen Zeitpunkt für das Ende des Arbeitsverhältnisses fest, ist hierdurch - und nicht bereits
mit dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses - gleichzeitig das Ende der Beschäftigung bestimmt. Dabei wurde jeweils hingenommen,
dass eine Wiederaufnahme der tatsächlichen Arbeitsleistung nicht mehr vorgesehen war und andererseits in Rechnung gestellt,
dass es einer Vereinbarung über die Freistellung gerade nicht bedurft hätte, hätten sich die Beteiligten bereits zum Zeitpunkt
ihres Abschlusses endgültig und insgesamt von ihren vertraglichen Bindungen lösen wollen.
ee) Auch diese Wertung der oberstgerichtlichen Rechtsprechung wird durch mittlerweile zum 1.1.1998 erfolgte Anpassungen der
Gesetzeslage, hier die Regelungen über das Ende der Mitgliedschaft bei einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung in
§
190 Abs
2 SGB V und das Ende des Versicherungspflichtverhältnisses nach dem Recht der Arbeitsförderung in §
24 Abs
4 SGB III, bestätigt. Die Versicherungspflicht Beschäftigter und folglich auch die sie begründende entgeltliche Beschäftigung enden
hiernach grundsätzlich mit dem Ende des "Beschäftigungsverhältnisses". Die Bewertung vollzieht sich damit wesentlich nach
dem Bestand des Rechtsverhältnisses, im Arbeitsrecht also des Arbeitsverhältnisses (vgl zur grundsätzlichen Deckungsgleichheit
von Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis etwa BSG, Urteil vom 28.9.1993, 11 RAr 69/92, BSGE 73, 126 = SozR 3-4100 § 101 Nr 5 mwN). Maßgeblich ist daher auch für das Ende der Beschäftigung grundsätzlich nicht bereits die Einstellung
der tatsächlichen Arbeitsleistung, sondern das kumulative Entfallen sowohl des arbeitsvertraglichen Bandes wie auch sonstiger
Umstände, die im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung dessen Vollzug im vorstehend beschriebenen Sinne begründen.
Dies entspricht seinerseits spiegelbildlich den gesetzlichen Regelungen für den Beginn der Mitgliedschaft (§
186 Abs
1 SGB V, §
24 Abs
2 Regelung 1
SGB III), deren Wortlaut - bestätigt durch die sog Materialien (zu §
186 Abs
1 SGB V BT-Drucks 13/9741 S 12) - ebenfalls hinreichend deutlich verlautbart, dass es auch insofern einer tatsächlichen Erbringung
von Arbeit ua dann nicht bedarf, wenn der Arbeitnehmer zu dem im Arbeitsvertrag festgelegten Zeitpunkt arbeitsunfähig erkrankt
oder zunächst von der Arbeitsverpflichtung freigestellt ist (vgl in diesem Sinne auch Kasseler Komm-Peters, Stand: Juni 2007,
§
186 SGB V RdNr 10).
ff) Der Beschluss des Senats vom 21.8.1997 (12 BK 63/97, juris) steht diesem Ergebnis schon deshalb nicht entgegen, weil mit der (Nicht-)Zulassung der Revision nicht zugleich eine
in diesem Zusammenhang aufgeworfene Rechtsfrage entschieden wird (vgl entsprechend zu den Wirkungen eines die Berufung zulassenden
Beschlusses in der
Verwaltungsgerichtsordnung, Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.8.1998, 2 B 70/98, NVwZ 1999, 406). Anders als vorliegend war zudem der diesem Beschluss zugrunde liegende Sachverhalt dadurch gekennzeichnet, dass die Arbeitsvertragsparteien
einen Verzicht auf die Arbeitsleistung für die außergewöhnlich lange Dauer des weiteren Erwerbslebens von zehn Jahren vereinbart
hatten.
gg) Entgegen der Auffassung der Revision sind keine durchgreifenden Gründe für die Auffassung erkennbar, dass bei einem einvernehmlichen
und unwiderruflichen Verzicht auf die Arbeitsleistung entgegen der vorstehend dargestellten Rechtslage eine Beschäftigung
bereits mit dem Ende der tatsächlichen Arbeitsleistung entfallen könnte. Auch in diesem Falle besteht der Arbeitsvertrag fort
und soll nach dem Willen der Parteien mit den jeweiligen Pflichten - jedenfalls zeitlich begrenzt - grundsätzlich fortbestehen.
Die aufgeführte Rechtsprechung ist daher durchgehend davon ausgegangen, dass das sozialversicherungsrechtliche Schutzbedürfnis
in Fällen der vorliegenden Art wie in allen sonstigen Zeiten, für die gesetzliche oder vertragliche Regelungen Rechtsfolgen
gerade hinsichtlich einer als bestehend vorausgesetzten Arbeitspflicht begründen und Entgelt auf besonderer Grundlage gezahlt
wird, nicht geringer ist als bei tatsächlicher Erfüllung der arbeitsrechtlichen Hauptpflicht des Arbeitgebers und dem rechtlich
unmittelbar hierdurch begründeten Erwerb von Entgeltansprüchen. Ebenso finden die Verfügungsmacht des Arbeitgebers über die
Arbeitskraft des Arbeitnehmers und dessen Eingliederung in einen ihm vorgegebenen Arbeitsablauf auch in einer derartigen Lage
noch hinreichend Ausdruck und sind hier nicht etwa stärker reduziert als in sonstigen Fällen der fortbestehenden Beschäftigung
bei unterbrochener Arbeitsleistung. Entgegen der Auffassung der Revision, die sich insoweit auf das Ergebnis der Besprechung
der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 5./6.7.2005 beruft, kann eine unterschiedliche sozialversicherungsrechtliche
Bewertung der Arbeitsfreistellungen bei Entgeltfortzahlung je nach der rechtlichen Grundlage der fehlenden Arbeitsleistung
und ihrer zeitlichen Lage nicht begründet werden. Entsprechende Erwägungen liegen erkennbar auch den gesetzlichen Regelungen
des §
7 Abs
1a SGB IV sowie der §
186 Abs
1, §
190 Abs
2 SGB V, §
24 Abs
2 Regelung 1, Abs
4 Regelung 1
SGB III zugrunde. Mit der Gefahr eines Missbrauchs der Sozialversicherung oder gar eines "Erschleichens" von Sozialversicherungsschutz
kann schließlich die von der Revision vertretene Auffassung ebenfalls nicht begründet werden. Diese ist bei einem bereits
bestehenden und in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnis generell gering. Ihr wäre im Übrigen in erster Linie durch ausdrückliche
gesetzliche Ausschlussklauseln zu begegnen, die indessen gerade fehlen (vgl hierzu Schlegel, NZA 2005, 972 ff, 976).
hh) Die Rechtsprechung des BSG zur Beschäftigungslosigkeit im leistungsrechtlichen Sinne vermag die Auffassung der Revision
ebenfalls nicht zu stützen. Die Auslegung des Begriffs der "Beschäftigung" in der Sozialversicherung hat nach der Rechtsprechung
sowohl der für die Leistungen als auch für das Beitragsrecht zuständigen Senate des BSG funktionsdifferent zu erfolgen. Die
Beschäftigungslosigkeit und damit der Begriff der Beschäftigung im leistungsrechtlichen Sinne in der Arbeitslosenversicherung
unterscheidet sich von dem Begriff der Beschäftigung im beitragsrechtlichen Sinne (vgl zum leistungsrechtlichen Begriff der
Beschäftigung exemplarisch BSG, Urteil vom 28.9.1993, 11 RAr 69/92, BSGE 73, 126 = SozR 3-4100 § 101 Nr 5 mwN, und die Nachweise im angefochtenen Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 21.6.2007, L 5 KR 231/06, Breithaupt 2008, 61). Die Beschäftigung im leistungsrechtlichen Sinne ist unabhängig vom (Fort-)bestehen eines Arbeitsverhältnisses
im Sinne des Arbeitsrechts durch die tatsächliche Nichtbeschäftigung des Versicherten, das heißt die fehlende Arbeitsleistung
gekennzeichnet (vgl BSG, Urteile vom 26.11.1985, 12 RK 51/83, BSGE 59, 183 = SozR 4100 § 168 Nr 19; vom 25.4.2002, B 11 AL 65/01 R, BSGE 89, 243 = SozR 3-4300 § 144 Nr 8; vom 17.10.2002, B 7 AL 92/01 R, info also 2003, 77, und vom 18.12.2003, B 11 AL 35/03 R, BSGE 92, 74 = SozR 4-4300 § 144 Nr 6). Selbst wenn Beschäftigungslosigkeit im leistungsrechtlichen Sinne gegeben ist, schließt dies das
Vorliegen einer Beschäftigung im beitragsrechtlichen Sinne nicht aus.
b. Nach den Feststellungen des LSG bestand zwischen dem Kläger und seiner ehemaligen Arbeitgeberin, der Beigeladenen zu 4.,
im streitigen Zeitraum auch während der Freistellung von der Arbeitsleistung das Arbeitsverhältnis bis zum im arbeitsgerichtlichen
Vergleich vereinbarten Zeitpunkt fort. Wie auch in der Vergangenheit erhielt der Kläger die arbeitsvertraglich vereinbarte
Vergütung in Vollzug des Arbeitsverhältnisses, lediglich die in der Vergangenheit vereinbarungsgemäß zu erbringende und vom
Kläger auch erbrachte Arbeitsleistung entfiel ab dem 11.9.2004. Damit endete die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
nicht zum 11.9.2004, sondern dauerte über diesen Zeitpunkt hinaus bis zum 30.6.2005 an. Während dieser Zeit bestand weiterhin
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.