Anspruch auf Übernahme der Fahrkosten zum Rehabilitationssport durch die gesetzliche Krankenversicherung
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten für Fahrten zum Rehabilitationssport.
Der 1936 geborene querschnittsgelähmte Kläger (Schwerbehinderter mit GdB 100 und Merkzeichen "aG") ist bei der beklagten Krankenkasse
(KK) versichert. Er nahm zweimal wöchentlich an Rehabilitationssport-Gruppenveranstaltungen teil, die von der Beklagten bezuschusst
wurden. Dazu fuhr er mit seinem behinderungsgerecht eingerichteten privaten Kraftfahrzeug von seiner Wohnung in S. nach K.
und zurück.
Am 26.7.2004 beantragte der Kläger die Kostenübernahme für die im 1. Halbjahr 2004 durchgeführten Fahrten zum Rehabilitationssport
(50 Fahrten zu jeweils insgesamt 100 km, pro km 0,22 Euro). Die Beklagte lehnte dies ab (Bescheid vom 17.8.2004; Widerspruchsbescheid
vom 11.1.2005), weil es seit dem 1.1.2004 eine Rechtsgrundlage für die Erstattung von Fahrkosten zum Rehabilitationssport
nicht mehr gebe.
Das Sozialgericht hat die auf Zahlung von 1.100 Euro gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 11.1.2007). Das Landessozialgericht
(LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen: Die Voraussetzungen für eine Gewährung von Fahrkosten nach §
60 SGB V und nach den in Betracht kommenden Regelungen des
SGB IX seien nicht erfüllt. Der Rehabilitationssport gehöre zu den "ergänzenden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation". Seit
dem 1.1.2004 seien dabei anfallende Fahrkosten nicht mehr erstattungsfähig. Die zwischen Rehabilitationsträgern und Behindertenverbänden
geschlossene "Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining" begründe keine weitergehenden Ansprüche
(Urteil vom 17.1.2008).
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von §
60 Abs
1 Satz 3
SGB V iVm §
8 der Richtlinien über die Verordnung von Krankenfahrten (Krankentransport-RL), von §
60 Abs
5 SGB V iVm §
53 SGB IX, des §
44 Abs
1 Nr
3 SGB IX sowie von Nr 17.3 "Rahmenvereinbarung", welche auch ab 1.1.2004 für den Inhalt der Leistungsansprüche behinderter Menschen
bedeutsam sei. Sämtliche Regelungen stützten sein Begehren. Spezieller Rehabilitationssport müsse nach seiner Zielrichtung
entgegen der Auffassung der Beklagten und der Vorinstanzen ähnlich wie Heilgymnastik und physikalische Therapie als "ambulante
Krankenbehandlung" gewertet werden; aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) lasse sich Gegenteiliges nicht herleiten.
§
60 Abs
5 SGB V iVm §
53 Abs
1 bis
3 SGB IX seien am 1.1.2004 unverändert geblieben und bewirkten daher keine Leistungsbegrenzungen für Behinderte. Eine Zusammenschau
des §
44 Abs
1 Nr
3 SGB IX mit §
4 Abs
2 SGB IX belege zudem, dass Leistungen (auch für Fahrkosten) anderer Rehabilitationsträger möglichst vermieden werden sollten.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17.1.2008 und des Sozialgerichts Koblenz vom 11.1.2007 zu ändern,
den Bescheid der Beklagten vom 17.8.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.1.2005 aufzuheben und die Beklagte
zu verurteilen, ihm 1.100 Euro zu zahlen.
Die Beklagte hält das angegriffene Urteil für zutreffend und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach §
165, §
153 Abs
1, §
124 Abs
2 SGG einverstanden erklärt.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die angefochtenen Bescheide
der Beklagten nicht zu beanstanden sind, weil der Kläger keinen krankenversicherungsrechtlichen Anspruch auf Erstattung der
im 1. Halbjahr 2004 angefallenen Kosten für Fahrten zum Rehabilitationssport hat. Die gegen das Begehren auf nachträgliche
Kostenerstattung bestehenden rechtlichen Bedenken (dazu 1.) können dahinstehen, weil sich hinsichtlich der Fahrkosten ein
Leistungsanspruch weder aus §
60 SGB V (dazu unter 2.) noch aus §
44 Abs
1 Nr
5 SGB IX (dazu unter 3.) ergibt. Dieser ist auch nicht aus der Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining
vom 1.10.2003 herzuleiten (dazu unter 4.).
1. Es kann offen bleiben, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, dass hier sämtliche Fahrkosten bereits angefallen waren,
als am 26.7.2004 deren Erstattung bei der Beklagten beantragt wurde. Der Kläger hat nämlich nicht zunächst gemäß §
60 Abs
1 Satz 3
SGB V (hier anzuwenden in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung von Art 1 Nr 37 des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 [GMG], BGBl I 2190) eine "vorherige
Genehmigung" der Beklagten eingeholt und vor dem Entstehen seiner Aufwendungen nicht die Entscheidung der Beklagten abgewartet.
Außerdem ist nicht weiter zu vertiefen, dass auch Leistungen nach §
60 SGB V grundsätzlich Naturalleistungen sind und insoweit für den Anspruch auf Kostenerstattung bei bereits durchgeführten Fahrten
die Voraussetzungen des §
13 Abs
3 SGB V erfüllt sein müssen (vgl BSG, Urteile vom 2.11.2007 - B 1 KR 11/07 R -, SozR 4-2500 § 60 Nr 3 RdNr 10, und - B 1 KR 4/07 R -, SozR 4-2500 § 60 Nr 2 RdNr 10, sowie Urteil vom 28.2.2008 - B 1 KR 15/07 R - SozR 4-2500 § 13 Nr 16 RdNr 12). Ein Kostenerstattungsanspruch würde bereits ausscheiden, weil er nicht weiter als ein
entsprechender Naturalleistungsanspruch reichen kann. Die ohne Einschaltung der KK selbst beschaffte Leistung muss zu den
Leistungen gehören, die von den KKn allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen sind (BSG SozR 4-2500 § 60 Nr 3 RdNr
12 und § 13 Nr 16 RdNr 19). Das ist bei Fahrkosten, die im Zusammenhang mit der Teilnahme eines Versicherten der gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV) am Rehabilitationssport entstanden sind, nicht der Fall (so bereits Urteil des 1. Senats des BSG
vom 22.4.2008 - B 1 KR 22/07 R -, SozR 4-2500 § 60 Nr 4).
2. Die Regelungen des §
60 SGB V (in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung des GMG) begründen keinen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Fahrkosten zum Rehabilitationssport.
a) Gemäß §
60 Abs
1 SGB V übernimmt die KK nach Abs
2 und
3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach §
133 SGB V (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der KK aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind (Satz
1). Die KK übernimmt dabei Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung nur nach vorheriger Genehmigung in besonderen Ausnahmefällen,
die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
12 SGB V festgelegt hat (Satz 3). Das ist in den am 1.1.2004 in Kraft getretenen Krankentransport-RL (idF vom 22.1.2004, BAnz Nr 18
S 1342; zuletzt geändert am 21.12.2004, BAnz 2005 Nr 41 S 2937) geschehen.
Gemäß §
60 Abs
2 SGB V übernimmt die KK die Fahrkosten nur in folgenden Fällen
1. bei Leistungen, die stationär erbracht werden (...),
2. bei Rettungsfahrten zum Krankenhaus (...),
3. bei anderen Fahrten von Versicherten, die während der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen
eines Krankenkraftwagens bedürfen oder bei denen dies aufgrund ihres Zustandes zu erwarten ist (Krankentransport),
4. bei Fahrten von Versicherten zu einer ambulanten Krankenbehandlung sowie zu einer Behandlung nach §
115a oder §
115b SGB V, wenn dadurch eine an sich gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung (§
39 SGB V) vermieden oder verkürzt wird oder diese nicht ausführbar ist, wie bei einer stationären Krankenhausbehandlung.
Nach §
60 Abs
5 SGB V werden von den KKn Fahr- und andere Reisekosten nach §
53 Abs
1 bis
3 SGB IX "im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" übernommen. Hierzu gehören neben den mit der Ausführung
einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation erforderlichen Fahrkosten ua auch die Kosten für besondere Beförderungsmittel,
deren Inanspruchnahme wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich ist (§
53 Abs
1 Halbsatz 1 und 2
SGB IX). Nach §
53 Abs
3 SGB IX werden Reisekosten nach Abs
2 auch im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation übernommen, wenn die Leistungen länger als acht Wochen
erbracht werden.
Keiner dieser Tatbestände ist im vorliegenden Fall erfüllt.
b) Ein Anspruch nach §
60 Abs
2 Nr
3 SGB V scheidet aus. Der Kläger bedarf während der Fahrten zum Rehabilitationssport keiner fachlichen Betreuung oder der besonderen
Einrichtungen eines Krankenkraftwagens. Er benutzt sein Privatfahrzeug. Der Kläger hat sich auf §
60 Abs
2 Nr
3 SGB V im Revisionsverfahren auch nicht mehr berufen.
c) Die Voraussetzungen nach §
60 Abs
1 Satz 3
SGB V iVm den seit 1.1.2004 geltenden Krankentransport-RL sind ebenfalls nicht erfüllt. Um Kosten für Fahrten "zu einer ambulanten
Behandlung" geht es bei den Fahrten zum Rehabilitationssport weder nach dem Gesetz noch bei ergänzender Heranziehung der "besonderen
Ausnahmefälle", die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Krankentransport-RL geregelt hat.
aa) In Übereinstimmung mit §
60 Abs
1 Satz 3
SGB V ("Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung") fordert der ihn konkretisierende §
8 Abs 3 Satz 1 Krankentransport-RL für die Übernahme von Fahrkosten, dass die Fahrten zum Rehabilitationssport als "Fahrten
zu einer ambulanten ärztlichen Behandlung" zu qualifizieren sind. Diese Voraussetzung ist im Falle des Klägers zu verneinen.
Der Begriff der ambulanten (ärztlichen) Behandlung ergibt sich für das Leistungsrecht der GKV aus §
28 Abs
1 Satz 1 und §
15 Abs
1 SGB V. Danach umfasst ärztliche Behandlung nur die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten
nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Ärztliche Behandlung wird von Ärzten erbracht ...; sind
Hilfeleistungen anderer Personen erforderlich, dürfen sie nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt (bzw Psychotherapeuten oder
Zahnarzt) angeordnet und von ihm verantwortet werden (§ 15 Abs 1 Satz 2, § 27 Abs 1 Satz 2 Nr
1, §
28 Abs
1 Satz 2 und Abs
2 Satz 10
SGB V). Eine solche Behandlung hat das LSG im Falle des Klägers - für den Senat bindend (§
163 SGG) - nicht festgestellt; Revisionsrügen sind dagegen nicht erhoben worden.
Zur Krankenbehandlung iS von §§
27 Abs
1,
28 Abs
1 Satz 1
SGB V gehören regelmäßig nur Maßnahmen mit Behandlungs- und Therapiecharakter, die einen eindeutigen Krankheitsbezug aufweisen
(BSGE 85, 132, 138 = SozR 3-2500 § 27 Nr 12 S 65 - medizinische Fußpflege). Bloße allgemeine Maßnahmen der Erhaltung und Förderung der
Gesundheit genügen diesen Anforderungen demgegenüber nicht, selbst wenn sie von qualifizierten Fachkräften unter ärztlicher
Betreuung und Überwachung (§
44 Abs
1 Nr
3 SGB IX) durchgeführt werden. Darum geht es aber beim Rehabilitationssport als Maßnahme, die über die spezifische Zielrichtung von
§
1 Satz 1 und §
2 SGB V hinausgeht und der Aufgabenstellung des §
1 SGB IX entspricht, die Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe von Behinderten am Leben in der Gesellschaft zu fördern.
Anders als Krankengymnastik oder physikalische Therapie fällt Sport, der in der beschriebenen allgemeinen Weise den körperlichen
und psychischen Zustand positiv beeinflussen soll und bei dem der medizinische Zweck nicht überwiegt, nicht unter den krankenversicherungsrechtlichen
Behandlungsbegriff (vgl BSG, Urteil vom 22.4.2008 - B 1 KR 22/07 R - SozR 4-2500 § 60 Nr 4 RdNr 24 mwN). Unabhängig von der Art der Behinderung weisen behinderte oder chronisch kranke Menschen
nämlich eine ausgeprägte körperliche Inaktivität mit einer Vielzahl negativer Folgen auf, die mit dem Behindertensport angegangen
werden sollen (vgl Schmid/Huber/Marschner/Zimmer, Medizinische Aspekte im Behindertensport, DÄBl 2004, A-2177). Dementsprechend
dient ärztlich verordneter Behindertensport in Gruppen nicht unmittelbar der Therapie einer Krankheit, sondern soll wesentlich
dazu beitragen, die körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern, Restfunktionen zu mobilisieren, die Ausdauer und Belastungsfähigkeit
zu erhöhen und den Betroffenen bei der psychischen Bewältigung ihrer Krankheit und Behinderung sowie den Folgewirkungen zu
helfen (so Bericht der Bundesregierung über die Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe, BT-Drucks 15/4575
S 59 unter 3.27).
bb) Dass ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation - unbeschadet der Frage, ob solche hier vorliegen - bezüglich
der Übernahme von Fahrkosten nicht umfassend der "ambulanten (ärztlichen) Behandlung" gleichzustellen sind, ergibt sich zudem
aus rechtssystematischen Gesichtspunkten. So wäre §
60 Abs
5 SGB V, der Fahrkosten im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation speziell anspricht, nicht erforderlich gewesen,
wenn Rehabilitationsleistungen im Sinne der Regelungen über die Gewährung von Fahrkosten ohnehin den Behandlungsleistungen
zuzuordnen wären (zum Charakter als Spezialvorschrift zB: Höfler, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, §
60 SGB V RdNr 24a; Hasfeld in: jurisPK-
SGB V, Stand 1.8.2007, §
60 RdNr 108). Demgegenüber differenziert bereits §
11 SGB V bei den Leistungsarten der GKV zwischen "Leistungen zur Behandlung einer Krankheit" (Abs 1 Nr 4) einerseits und "Leistungen
zur medizinischen Rehabilitation" (Abs 2) andererseits. Schon durch diese durch das Gesetz zur Reform der GKV ab dem Jahr
2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626) vorgenommene Differenzierung sollte allgemein klargestellt
werden, dass es sich bei den Rehabilitationsleistungen um gegenüber der Krankenbehandlung eigenständige Leistungen und nicht
nur einen Unterfall der Krankenbehandlung handelt (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN, BTDrucks
14/1245 S 61 zu Nr 6; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 14/1977 S 160 zu Art 1 Nr 6 Buchst b; vgl auch Höfler, aaO, §
11 SGB V RdNr 13).
cc) Dass die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilnahme am Arbeitsleben ergänzt werden durch ärztlich verordneten
Rehabilitationssport in Gruppen "unter ärztlicher Betreuung und Überwachung durch ärztliche Eingangs- und Kontrolluntersuchungen",
macht diese Sportmaßnahmen ebenfalls nicht schwerpunktmäßig zu Krankenbehandlungen. Vielmehr lässt §
44 Abs
1 Nr
3 SGB IX die grundsätzliche Zuordnung des ärztlich verordneten Rehabilitationssports zum Bereich der Rehabilitation unberührt. Durch
diese Untersuchungen wird lediglich die für die Durchführung des Rehabilitationssports erforderliche Eignung und Belastbarkeit
des in seiner Gesundheit in besonderer Weise beeinträchtigten, behinderten Versicherten festgestellt; dadurch ändert sich
aber nicht zugleich der Charakter derjenigen Maßnahme, für deren Zweck die Untersuchungen stattfinden. Denn gerade bei der
Auswahl einer Sportart für behinderte Menschen müssen die Funktionseinschränkungen unter körperlicher Belastung und das Belastungsprofil
der jeweiligen Sportart berücksichtigt werden (Schmid/Huber/Marschner/Zimmer, DÄBl 2004, A-2177).
dd) §
60 Abs
1 SGB V ist auch keiner erweiterten Auslegung im Sinne einer entsprechenden Heranziehung der Fahrkostenregelung für den Rehabilitationssport
aufgrund ranghöheren Rechts zugänglich; er benennt vielmehr abschließend die Hauptleistungen, für die eine Beförderung des
Versicherten aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sein muss (BSG SozR 4-2500 § 60 Nr 2 RdNr 13). Die Regelung sollte
die Möglichkeit für KKn ausschließen, Fahrkosten zur ambulanten Behandlung generell in Härtefällen zu übernehmen; dies ist
von Gesetzes und von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, weil die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines
allgemeinen Leistungskatalogs unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes zur Verfügung stellt (BSG SozR 4-2500 § 60 Nr
1 RdNr 12 ff; vgl auch BVerfGE 115, 25, 45 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 26).
Dafür, dass speziell der Bereich der Rehabilitationsleistungen für behinderte Menschen von den vom Gesetzgeber beabsichtigten
Einsparungen bei den Fahrkosten ausgenommen werden sollte, wie der Kläger geltend macht, fehlen hinreichende Anhaltspunkte.
Auch wenn das zum 1.1.2004 in Kraft getretene GMG zu keinen unmittelbaren Änderungen im Gesetzestext der zum 1.7.2001 durch
das
SGB IX eingeführten Regelungen geführt hat, bieten die Gesetzesmaterialien dennoch keine Hinweise darauf, dass behinderte Versicherte
von den getroffenen Regelungen ausgeklammert bleiben sollten. Der Gesetzgeber hatte bei Schaffung des GMG vielmehr die Absicht,
eine von ihm befürchtete Finanzierungslücke in der GKV durch ein Bündel von Maßnahmen zu schließen, um auch in Zukunft ein
hohes Versorgungsniveau bei angemessenen Beitragssätzen zu gewährleisten. Dies sollte ua durch ausgewogene Sparbeiträge aller
Beteiligten im Gesundheitswesen - unter Einschluss der Versicherten und Patienten - geschehen, auch durch eine Neuordnung
der Finanzierung, die sozialen Belangen Rechnung trug (so: Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
zum Entwurf des GMG, BT-Drucks 15/1525 S 1, 76 f). In diesem Rahmen wurden bestimmte Leistungen in die Eigenverantwortung
der Versicherten übertragen und Fahrkosten in der ambulanten Versorgung - auch in Härtefällen - grundsätzlich nicht mehr erstattet;
davon sind nun nur ganz besondere Ausnahmen nach vorheriger Genehmigung durch die KKn möglich (so Gesetzentwurf, aaO, S 77
unter 8. und S 94 zu Nr 37 zu Buchst a Doppelbuchst aa und bb und S 95 zu Buchst b Doppelbuchst cc).
d) Ein Anspruch auf Fahrkostenübernahme ergibt sich hier auch nicht aus §
60 Abs
5 SGB V. Danach werden von den KKn "im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Fahr- und andere Reisekosten
nach §
53 Abs
1 bis
3 SGB IX" übernommen. Wie das LSG zu Recht entschieden hat, folgt aus der Gesetzessystematik, dass Rehabilitationssport im Rechtssinne
nicht als solche Leistung zur medizinischen Rehabilitation iS von §
60 Abs
5 SGB V zu qualifizieren ist, sondern nur als "ergänzende Leistung". Für die Inanspruchnahme ergänzender Rehabilitationsleistungen
sieht das Gesetz die Gewährung von Fahr- und anderen Reisekosten indessen nicht vor.
Im Krankenversicherungsrecht unterscheidet schon §
11 Abs
2 Satz 1
SGB V einerseits zwischen dem Anspruch Versicherter in der GKV auf "Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" sowie andererseits
auf "andere ergänzende Leistungen", die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen,
zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Diese Differenzierung nehmen die
Detailregelungen des Leistungsrechts wieder auf: §
40 SGB V enthält die von einer KK zu erbringenden "Leistungen zur medizinischen Rehabilitation", während §
43 SGB V in näher umschriebener Weise "ergänzende Leistungen zur Rehabilitation" regelt. Als solche ergänzende Leistungen bezeichnet
§
43 Abs
1 SGB V dann neben den Leistungen, "die nach §
44 Abs
1 Nr
2 bis 6
SGB IX sowie nach §§
53,
54 SGB IX als ergänzende Leistungen zu erbringen sind", ua solche (fakultativ erbringbare Leistungen), die unter Berücksichtigung von
Art und Schwere der Behinderung erforderlich sind, um das Ziel der Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern (vgl §
43 Abs
1 Nr
1 SGB V). Da der Rehabilitationssport gesetzlich in §
43 Abs
1 SGB V iVm §
44 Abs
1 Nr
3 SGB IX verankert ist, gehört er krankenversicherungsrechtlich nicht zu den medizinischen Rehabilitationsleistungen iS von §
40 SGB V, sondern zu den ergänzenden Leistungen des §
43 SGB V. Nach der Rechtsprechung des BSG ist allein auf diese Regelungen des
SGB V mit ihren Verweisungen auf das
SGB IX abzustellen (vgl BSG, Urteil vom 26.6.2007 - B 1 KR 36/06 R -, BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 §
40 Nr
4, jeweils RdNr
18 mwN; siehe auch §
11 Abs
2 Satz 3
SGB V).
Eine Übernahme von Fahrkosten im Zusammenhang mit der Ausführung einer derartigen "ergänzenden Leistung", die nicht selbst
Leistung zur medizinischen Rehabilitation ist, sieht §
60 Abs
5 SGB V nicht vor. Den dargestellten Regelungen ist vielmehr zu entnehmen, dass es sich bei den "medizinischen Leistungen zur Rehabilitation"
einerseits und den "ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation" andererseits um gesetzessystematisch voneinander zu unterscheidende
rechtliche Kategorien handelt und dass die ergänzenden Leistungen nicht etwa nur ein Unterfall der medizinischen Rehabilitationsleistungen
sind. Die akzessorische "ergänzende" Leistung der Fahrkosten setzt ihrerseits eine überhaupt "ergänzbare Hauptleistung" voraus
(zur Notwendigkeit einer bestimmten Hauptleistung: vgl BSG, Urteil vom 2.11.2007 - B 1 KR 4/07 R -, SozR 4-2500 §
60 Nr 2 RdNr 12; ähnlich zB Schütze in: Hauck/Noftz,
SGB IX, Stand Februar 2008, §
44 RdNr 6 und §
53 RdNr 7; W. Schellhorn/Stähler in: Lachwitz/Schellhorn/Welti, HK-
SGB IX, 2. Aufl 2006, §
44 RdNr 1). An einer solchen ergänzbaren Hauptleistung fehlt es hier, weil die Fahrkosten - selbst nur "ergänzende" Leistung
(§
44 Abs
1 Nr
5, §
53 SGB IX) - auf eine andere ergänzende Leistung bezogen wären, nämlich den Rehabilitationssport iS von §
43 SGB V (§
44 Abs
1 Nr
3 SGB IX). Diesen sieht §
60 Abs
5 SGB V nicht als ausreichende Hauptleistung an.
3. Ein Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Fahrkosten ergibt sich des Weiteren nicht aus §
44 Abs
1 Nr
5 SGB IX. Denn die abschließende Regelung des §
60 SGB V (vgl BSG SozR 4-2500 §
60 Nr 2 RdNr 12) verweist nicht auf diese Norm.
4. Schließlich ergibt sich ein Anspruch auf Erstattung von Fahrkosten zum Rehabilitationssport auch nicht aus Nr 17.3 der
Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining vom 1.10.2003, die zum 1.1.2007 - auch hinsichtlich
der Kostenregelungen - überarbeitet und geändert worden ist (Synopse der alten und neuen Fassung im Internet unter www.kbv.de/themen/2610.html).
Dieses im Wesentlichen zwischen Leistungsträgern und Behindertenverbänden vereinbarte Regelwerk dient schon nach seiner Präambel
nur der Sicherstellung, dass Rehabilitationssport und Funktionstraining als ergänzende Leistungen nach §
44 Abs
1 Nr
3 SGB IX "im Rahmen der für die einzelnen Rehabilitationsträger geltenden Vorschriften" nach einheitlichen Grundsätzen erbracht bzw
gefördert werden. In gleicher Weise heißt es in Nr 17.3 der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung, "Fahrkosten und etwaige
weitere im Zusammenhang mit der Durchführung des Rehabilitationssports ... stehende Leistungen werden nach den geltenden gesetzlichen
Bestimmungen erbracht." Die Rahmenvereinbarung konkretisiert damit nur den Anspruch aus §
44 Abs
1 Nr
3 SGB IX, ist aber nicht geeignet, originär Ansprüche von Versicherten gegen einen Leistungsträger über die spezialgesetzlichen Regelungen
hinaus zu schaffen. Dies steht in Einklang damit, dass sich schon nach §
7 Satz 2
SGB IX die Voraussetzungen für die Leistungen der Teilhabe "nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen"
richten. Das BSG hat dementsprechend wiederholt ausgeführt, dass der Anspruch der Versicherten der GKV durch die Regelungen
des
SGB IX nicht erweitert wird (vgl BSGE 91, 60 RdNr 11 ff = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 12 ff; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, jeweils RdNr 13; BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, jeweils RdNr 18). Ein Anspruch auf Gewährung von Fahrkosten über die seit 1.1.2004 für die GKV maßgebenden
gesetzlichen Detailregelungen hinaus besteht damit auch unter dem Blickwinkel der Rahmenvereinbarung nicht.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.