Vergütung vertragsärztlicher Leistungen; Zulässigkeit der Beschlüsse des erweiterten Bewertungsausschusses für die vertragsärztliche
Versorgung zur Verhinderung ungewollter Honorarverluste für besonders förderungswürdige Leistungen
Gründe:
I
Der klagende Spitzenverband Bund der Krankenkassen wendet sich gegen zwei vom erweiterten Bewertungsausschuss für die vertragsärztliche
Versorgung (eBewA) im Jahr 2009 gefasste Beschlüsse zur "Verhinderung ungewollter Honorarverluste für besonders förderungswürdige
Leistungen".
Mit Einführung des neuen Vergütungssystems für vertragsärztliche Leistungen durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) zum 1.1.2009 (vgl §
87a Abs
1, §
87b Abs
1 SGB V aF) - insbesondere verbunden mit einer einheitlichen Gebührenordnung in Euro auf der Grundlage bundeseinheitlicher Orientierungspunktwerte
- erließ der beklagte eBewA eine Reihe von Beschlüssen, die ua die hier streitgegenständlichen Regelungen enthielten. Bereits
mit Beschluss vom 27./28.8.2008 (Teil H Nr 5, DÄ 2008, 473, 483) hatte der eBewA den Partnern der Gesamtverträge "empfohlen,
die Höhe der nach der Neubewertung dieser Leistungen zu zahlenden Vergütung auch unter Berücksichtigung der bisherigen gesamtvertraglichen
Regelungen zu überprüfen und festzustellen, ob zur Sicherung einer angemessenen Vergütung ergänzende Regelungen erforderlich
sind. Hierfür können leistungsbezogene Zuschläge zum Orientierungswert vereinbart werden".
Mit Beschluss vom 17.3.2009 ("Beschluss zur Verhinderung ungewollter Honorarverluste für besonders förderungswürdige Leistungen
mit Wirkung vom 01. April 2009" - DÄ 2009, A 726) wurden die Partner der Gesamtverträge verpflichtet, durch leistungsbezogene
Zuschläge zum Punktwert sicherzustellen, dass die Vergütung der belegärztlichen Leistungen sowie der Leistungen des ambulanten
Operierens mindestens die Vergütung des Jahres 2008 erreicht. Teil H Nr 5 des Beschlusses vom 27./28.8.2008 wurde wie folgt
neu gefasst:
"Die Partner der Gesamtverträge überprüfen zur Sicherstellung einer ausreichenden und bedarfsgerechten Versorgung der Versicherten
der GKV je Gebührenordnungsposition die Höhe der für die besonders förderungswürdigen Leistungen nach Beschluss Teil A 2.4
und Beschluss Teil B 1.3 zu zahlenden Vergütung unter Berücksichtigung der gesamtvertraglichen Regelungen im Jahr 2008. Unterschreitet
die für das Jahr 2009 ermittelte zu zahlende Vergütung je Gebührenordnungsposition für belegärztliche (kurativ-stationäre)
Leistungen (Leistungen des Kapitels 36, die Gebührenordnungspositionen 13311, 17370 und Geburtshilfe), Leistungen des Kapitels
31.2 und 31.5, die Gebührenordnungspositionen 13421 bis 13431, 04514, 04515, 04518 und 04520, die gemäß den gesamtvertraglichen
Regelungen im Jahr 2008 hierfür zu zahlende Vergütung, vereinbaren die Partner der Gesamtverträge zum Ausgleich der festgestellten
Unterschreitungen für die betroffenen Gebührenordnungspositionen leistungsbezogene Zuschläge zum Regelfallpunktwert der Euro-Gebührenordnung.
[...]
Die Vergütung der nach Satz 2 vereinbarten Zuschläge erfolgt aus den Rückstellungen zur Verhinderung überproportionaler Honorarverluste
nach Beschluss Teil G 1. Die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung und diese Rückstellungen sind durch die betroffenen Krankenkassen
hierzu zweckgebunden fortlaufend um das Vergütungsvolumen für die je abgerechneter Gebührenordnungsposition für besonders
förderungswürdige Leistungen nach Satz 2 zum Ansatz kommende Zuschläge nach Satz 2 zusätzlich zu erhöhen."
Gegen diesen Beschluss hat der Spitzenverband Bund der Krankenkassen am 15.4.2009 Klage erhoben (L 7 KA 62/09 KL). Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ließ diesen Beschluss unbeanstandet, erteilte jedoch die Auflage, die regionalen leistungsbezogenen Zuschläge als Übergangsregelung
bis zum 31.12.2009 zu befristen und zu überprüfen. Am 2.9.2009 fasste der Beklagte einen weiteren Beschluss "zur Weiterentwicklung
der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2010", in dessen Teil C mit Wirkung ab 1.1.2010 "Indikatoren zur Messung der regionalen
Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur" für das Jahr 2010 festgelegt wurden (DÄ 2009, 467, 472 f). Dieser
Beschluss enthält in Ziff 3.1 Satz 2, 5 und 6 unter der Überschrift "Leistungsbezogene Indikatoren für regionale Besonderheiten
der Versorgungsstrukturen" Regelungen, die - soweit hier relevant - denen des vorangegangenen Beschlusses vom 17.3.2009 entsprechen.
Gegen diesen Beschluss hat der Kläger ebenfalls Klage erhoben (L 7 KA 135/09 KL). Das LSG hat beide Verfahren verbunden und mit Urteil vom 15.12.2010 den Klagen stattgegeben. Es hat den Beschluss des
Beklagten vom 17.3.2009 (idF des Beschlusses vom 20.5.2009) hinsichtlich der Sätze 2, 5 und 6 sowie den Beschluss des Beklagten
vom 2.9.2009, Teil C, Ziff 3.1, Sätze 2 und 6 sowie Satz 5, soweit dieser die Vergütung nach Satz 2 betrifft, aufgehoben.
Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, der Beklagte habe die dort normierten Vergütungsbestimmungen nicht beschließen dürfen,
weil er hierzu nicht gesetzlich ermächtigt gewesen sei und die genannten Bestimmungen darüber hinaus im Widerspruch zu höherrangigem
Recht stünden. Die angefochtenen Beschlüsse könnten insbesondere nicht auf §
87b Abs
4 Satz 2 iVm Abs
2 Satz 7 und Abs
3 Satz 5
SGB V aF gestützt werden. Schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmungen sei der Beklagte nicht zum Erlass von Regelungen über leistungsbezogene
Zuschläge ermächtigt. Darüber hinaus überschreite er mit der Bestimmung der außerbudgetären Vergütung konkreter vertragsarztrechtlicher
Gebührenordnungspositionen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) seine Berechtigung aus §
87b Abs
4 Satz 2
SGB V aF, hierzu Vorgaben zu beschließen; die vom Beklagten getroffenen Entscheidungen bedürften keiner Umsetzung durch die Partner
der Gesamtverträge mehr, weil sie schon abschließend alle Regelungen selbst enthielten. Dasselbe gelte für die Anordnung einer
zweckbestimmten Nachschusspflicht der Krankenkassen zur morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. Bei der Bestimmung von Grundsätzen
zur Bildung von Rückstellungen sei der eBewA darauf beschränkt, einen allgemeinen Rahmen für die Bildung von Rückstellungen
vorzugeben; ins Einzelne gehende Bestimmungen über die Summe der Rückstellungen sowie eine zusätzlich zu der vereinbarten
Gesamtvergütung zu entrichtende Nachzahlung der Krankenkassen zur Auffüllung der Rückstellungen gingen darüber hinaus.
Die angefochtenen Beschlüsse stünden auch im Widerspruch zu höherrangigem Recht. Das Recht, die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung
zu vereinbaren, stehe den Gesamtvertragsparteien auf Landesebene zu. Dies schließe es aus, dass der Beklagte die Gesamtvergütung
ganz oder auch nur teilweise an Stelle der Gesamtvertragspartner festsetze. Zudem sei die "befreiende Wirkung" iS des §
85 Abs
1 SGB V ein zentrales und unverzichtbares Element des gegenwärtigen vertragsärztlichen Vergütungssystems; Nachschusspflichten für
länger zurückliegende Zeiträume seien in diesem System Fremdkörper.
Die angefochtenen Beschlüsse verstießen auch gegen die den Vertragspartnern der Gesamtverträge eingeräumte Berechtigung, die
außerhalb der Regelleistungsvolumina (RLV) zu vergütenden Leistungen selbst zu bestimmen; es gebe keine Möglichkeit eines Gesamtvertragspartners, eine solche Regelung
- ggf durch eine Schiedsamtsentscheidung - zu erzwingen. Das Gleiche gelte für die Entscheidung der Gesamtvertragspartner
nach §
87b Abs
3 Satz 5
SGB V aF, ob und in welcher Höhe sie Rückstellungen zB zum Ausgleich überproportionaler Honorarverluste bilden wollten, sowie,
ob sie einen Zuschlag auf die Orientierungswerte nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V vereinbarten, um regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen. Bei der Vereinbarung
von Zuschlägen seien die Gesamtvertragspartner im Übrigen durch §
87a Abs
2 Satz 3
SGB V aF zwingend an die Vorgaben des Bewertungsausschusses (BewA) nach §
87 Abs
2f SGB V aF gebunden; der Beklagte habe jedoch in seinen Beschlüssen vom 27./28.8.2008 bzw 2.9.2009 entschieden, dass keine Indikatoren
zu regionalen Besonderheiten in der Versorgungsstruktur sowie in der Kostenstruktur definiert werden könnten; für das Jahr
2009 seien die in §
87c Abs
2 SGB V aF angeführten Indikatoren nicht anzuwenden. Damit habe er den Gesamtvertragspartnern die Möglichkeit genommen, Zuschläge
zu vereinbaren und stattdessen selbst eine Entscheidung über Zuschläge zu den Orientierungswerten getroffen.
Mit ihrer Revision rügt die beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) die Verletzung von Bundesrecht. Es liege
ein absoluter Revisionsgrund nach §
202 SGG iVm §
547 Nr 6
ZPO vor, da der eBewA seinen Beschluss für das Jahr 2010 auf der Grundlage des §
87 Abs
2f SGB V gefasst habe, diese Rechtsgrundlage in den Entscheidungsgründen des LSG-Urteils aber nicht berücksichtigt werde. Das LSG
habe zudem die Vorgaben in §
87b Abs
4 Satz 2
SGB V aF nicht gesetzeskonform ausgelegt. Dem eBewA stehe ein weiter Regelungsspielraum zu, da er als Schiedsorgan die Interessen
der Beteiligten zu berücksichtigen und Kompromisse zu schließen habe; er habe sich bei den streitgegenständlichen Beschlüssen
im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums gehalten. Der eBewA könne detaillierte inhaltliche Festlegungen dazu treffen, wie die
Partner der Gesamtverträge mit besonders förderungswürdigen Leistungen umzugehen hätten. Der Begriff "Vorgaben" enthalte keine
Einschränkung hinsichtlich der Reichweite und des Umfangs der zu beschließenden Regelungen. Es bleibe den Partnern der Gesamtverträge
unbenommen, weitere Leistungen außerhalb der RLV zu vergüten, so dass deren Regelungsspielraum nicht eingeschränkt worden sei.
Der eBewA sei auch berechtigt gewesen, Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen nach §
87b Abs
4 Satz 2
SGB V iVm §
87b Abs
3 Satz 5
SGB V aF zu bestimmen. Um sicherzustellen, dass Zuschläge aus Rückstellungen zur Verhinderung überproportionaler Honorarverluste
zu finanzieren seien, habe er darüber hinaus geregelt, dass die morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen um den Betrag für diese
Zuschläge insgesamt zu erhöhen seien. Damit habe der eBewA nicht den Rahmen der "Grundsätze" überschritten und sich im Rahmen
seines Gestaltungsspielraums gehalten. Eine Erhöhung der Rückstellungen ohne damit einhergehende Erhöhung der morbiditätsbedingten
Gesamtvergütung führe unweigerlich zu einer Reduzierung der Vergütung der anderen Vertragsärzte. Der mit den RLV ausgewiesene Bedarf dürfe durch die leistungsbezogenen Zuschläge nicht gekürzt werden. Es sei daher notwendig gewesen, auch
Regelungen darüber zu treffen, auf welche Weise eingetretene Honorarverluste ausgeglichen werden könnten, ohne dass sich weitere
Honorarverwerfungen für andere Ärzte ergäben. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass das vertragsärztliche Vergütungssystem
durch die Vorgaben des GKV-WSG vollständig neu geregelt worden sei und sich damit in einer Erprobungsphase befunden habe. In einer solchen Phase müsse der
BewA berechtigt sein, auf eingetretene, nicht gewollte Folgen seiner Beschlüsse reagieren zu können und ein möglichst stabiles
und rechtssicheres System für die Vergütung der Vertragsärzte zu schaffen.
Der Beklagte sei mit den Beschlüssen zur Verhinderung ungewollter Honorarverluste für besonders förderungswürdige Leistungen
seiner Beobachtungs- und Reaktionspflicht nachgekommen. Er habe bei der Prüfung der Folgen seiner Beschlüsse vom 27./28.8.2008
und vom 23.10.2008 festgestellt, dass es gerade bei ambulanten Operationen und bestimmten belegärztlichen Leistungen zu ungewollten
Honorarverlusten gekommen sei. Daher sei er selbst verpflichtet gewesen, dem entgegenzuwirken, und habe sich nicht auf die
Vereinbarungen der Gesamtvertragspartner verlassen dürfen, zumal die entsprechenden Vereinbarungen zu §
87b Abs
3 Satz 7
SGB V aF mangels Schiedsfähigkeit nicht durchsetzbar seien. Schließlich sei der eBewA berechtigt gewesen, für das Jahr 2010 auf
der Grundlage von §
87 Abs
2f SGB V aF Zuschläge in der beschriebenen Weise festzulegen. Im Bescheid des BMG vom 13.5.2009 werde darauf hingewiesen, dass eine unbefristete Regelung zu regionalen Zuschlägen auf der Grundlage von §
87 Abs
2f SGB V aF getroffen werden könne und dass dem BewA auch die Befugnis zustehe, die für bestimmte Gebührenpositionen gemäß den gesamtvertraglichen
Regelungen im Jahr 2008 zu zahlende Vergütung als Indikatoren zur Messung regionaler Besonderheiten bei der Versorgungsstruktur
festzulegen. An dieser Rechtsauffassung des BMG habe sich der eBewA orientiert.
Die Beschlüsse stünden auch nicht im Widerspruch zu höherrangigem Recht. Der eBewA habe nicht gegen §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V verstoßen, denn die Partner der Gesamtverträge hätten weiterhin die Möglichkeit, Zuschläge nach dieser Norm zu vereinbaren;
die Wahrnehmung dieser Ermächtigung habe keinen Beschluss des BewA nach §
87 Abs
2f SGB V aF zur Voraussetzung. Der Beklagte habe auch nicht gegen die gesetzlichen Vorgaben zur Vereinbarung und Zahlung der Gesamtvergütungen
verstoßen. Durch die Einführung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung mit dem Übergang des Morbiditätsrisikos auf die Krankenkassen
habe sich die Bedeutung des Grundsatzes, dass die Gesamtvergütung mit befreiender Wirkung gezahlt werde, relativiert. Die
Krankenkassen müssten nunmehr aufgrund der geänderten Rechtslage selbst entsprechende Rücklagen für Nachvergütungen vorhalten.
Das BSG habe zudem bereits anerkannt, dass der Grundsatz der befreienden Wirkung nicht ausnahmslos gelte und die Notwendigkeit einer
nachträglichen Anpassung der Gesamtvergütungen bestehen könne, wenn die Krankenkassen in Ausnahmefällen über ihre Spitzenverbände
unmittelbaren Einfluss auf Vergütungsentscheidungen genommen hätten oder wenn das Vergütungsniveau einer Gruppe von Leistungserbringern
maßgeblich durch für die einzelne Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) verbindliche Vorgaben des BewA beeinflusst werde. Eine
solche Situation habe auch hier vorgelegen. Es sei eine Gruppe von Vertragsärzten betroffen, die Leistungen des ambulanten
Operierens und belegärztliche Leistungen erbrächten. Diesen Vertragsärzten sei - unter Mitwirkung des Klägers - durch die
Beschlüsse des eBewA vom 27./28.8.2008 ein erheblicher Anteil der Vergütung für diese Leistungen entzogen worden. Damit seien
die für diese Leistungen zur Verfügung gestellten Gesamtvergütungsanteile zu niedrig veranschlagt worden mit der Folge, dass
diese auch nachträglich anzupassen seien.
Der Beklagte schließt sich den Ausführungen der Beigeladenen an.
Die Beigeladene und der Beklagte beantragen übereinstimmend, das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 15.12.2010
aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Entscheidung des LSG leide nicht unter einem Begründungsmangel. §
202 SGG iVm §
547 Nr 6
ZPO sei nicht einschlägig, wenn das Gericht - wie vorliegend - in den Urteilsgründen einen Anspruch erörtert und lediglich davon
abgesehen habe, eine von mehreren Anspruchsgrundlagen zu behandeln, die im Ergebnis nicht durchgriffen. §
87 Abs
2f SGB V aF komme als Rechtsgrundlage offensichtlich nicht in Betracht, da die Norm dem BewA lediglich die Aufgabe übertrage, Indikatoren
zur Messung regionaler Besonderheiten festzulegen. Die streitgegenständlichen Beschlüsse enthielten schon begrifflich keine
Indikatoren im Sinne dieser Norm und träfen im Übrigen weit über die Festlegung eines Indikators hinausgehende Vorgaben. An
der Festlegung von Indikatoren fehle es schon deshalb, weil die Vergütung für die erfassten Leistungen konkret und abschließend
festgelegt worden sei. Zudem sei die Höhe der regionalen Vergütung auch inhaltlich kein Indikator für regionale Besonderheiten
bei der Kosten- und Versorgungsstruktur. Es laufe dem gesetzlichen Ziel zuwider, nicht gerechtfertigte regionale Preisunterschiede
abzubauen, wenn das regionale Preisniveau aus dem Jahr 2008 pauschal als Indikator für regionale Besonderheiten anzusehen
sei, denn auf diese Weise würden die ungerechtfertigten regionalen Unterschiede nicht abgebaut, sondern perpetuiert.
Auch §
87b Abs
4 Satz 2
SGB V aF sei als Rechtsgrundlage ungeeignet. §
87b Abs
2 Satz 7
SGB V aF erlaube zwar, bestimmte Leistungen von der Geltung der RLV auszunehmen mit der Folge, dass sie nicht der Steuerungsfunktion der RLV unterlägen und die vorgesehene Abstaffelung keine Anwendung finde, doch seien die Leistungen gemäß §
87b Abs
1 Satz 1
SGB V aF auf der Grundlage der regionalen Euro-Gebührenordnung zu vergüten. Die in §
87b Abs
4 Satz 2
SGB V aF festgelegte Kompetenz des BewA, Vorgaben zu §
87b Abs
2 Satz 7
SGB V aF zu beschließen, solle es ihm nach der Gesetzesbegründung ermöglichen, festzulegen, für welche Leistungen eine solche Ausnahme
sinnvoll sei. Die angefochtenen Beschlüsse beschränkten sich jedoch nicht darauf, Vorgaben zu einer Vergütung von Leistungen
außerhalb der RLV zu treffen, sondern sähen vielmehr leistungsbezogene regionale Punktwertzuschläge vor. Die streitgegenständlichen Beschlüsse
seien auch nicht aus Sicherstellungsgründen erforderlich gewesen, sondern zur Vermeidung überproportionaler Honorarverluste.
§
87b Abs
3 Satz 5
SGB V aF gelte nur für Rückstellungen, die bei den KÄVen aus den mit befreiender Wirkung gezahlten Gesamtvergütungen gebildet würden.
Die für die betroffenen Leistungen zur Verfügung gestellten Gesamtvergütungsanteile seien nicht zu niedrig veranschlagt worden,
da diese Leistungen nach den Beschlüssen vom 27./28.8.2008 bzw 2.9.2009 ohnehin extrabudgetär, dh außerhalb der morbiditätsbedingten
Gesamtvergütung, zu vergüten gewesen seien. Die Möglichkeit, Zu- und Abschläge auf den Orientierungswert zu vereinbaren, stelle
eine Kann-Bestimmung dar und sei daher nicht schiedsfähig. Den Gesamtvertragspartnern werde durch die angefochtenen Beschlüsse
die Freiheit genommen, von der Vereinbarung von Zuschlägen abzusehen. Ein rechtlicher Hinweis des BMG stelle keine Weisung dar und könne auch kein schützenswertes Vertrauen begründen. Die nur auf einzelne Leistungen bezogenen
Zuschläge zum Orientierungswert verstießen gegen §
87a Abs
2 Satz 2 bis
4 SGB V, da danach auf einzelne Leistungen bezogene Zuschläge nicht zulässig seien. Zudem verschiebe die Vereinbarung regionaler
leistungsbezogener Zuschläge entgegen §
87 Abs
2 Satz 1
SGB V das wertmäßige Verhältnis der mit Zuschlägen versehenen Leistungen zu den übrigen Leistungen.
II
Die Revision der Beigeladenen ist nicht begründet. Das - nach §
29 Abs
4 Nr
1 SGG erstinstanzlich zuständige - LSG hat die Beschlüsse des Beklagten, soweit sie im Streit stehen, zu Recht aufgehoben. Der
Beklagte war mangels einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung nicht berechtigt, diese Beschlüsse zu fassen.
1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.
a. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen ist als eine der den BewA tragenden Organisationen befugt, Klage gegen dessen
Beschlüsse zu erheben, da diese - ungeachtet der darin liegenden Normsetzung durch Vertrag (vgl BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 65) - gegenüber den an der Normsetzung beteiligten Institutionen als Verwaltungsakte ergehen
(BSGE 90, 61, 63 = SozR 3-2500 § 87 Nr 35 S 202). Dies gilt nicht allein für Beschlüsse des eBewA, die Regelungen zum einheitlichen Bewertungsmaßstab
beinhalten, sondern für alle Entscheidungen des eBewA im Bereich der Normsetzung. Da die in §
87 Abs
4 SGB V vorgesehene Erweiterung des BewA um unparteiische Mitglieder und einen unparteiischen Vorsitzenden ein in den Normsetzungsvorgang
inkorporiertes Schiedsverfahren darstellt, können die beteiligten Körperschaften - ebenso wie die an einem Schiedsverfahren
nach §
89 SGB V Beteiligten Entscheidungen der Schiedsämter - die schiedsamtsähnlichen Entscheidungen des eBewA im Klagewege angreifen (BSG aaO).
Sachgerechte Klageart ist die Anfechtungsklage nach §
54 Abs
1 SGG. Die Klage ist gegen den eBewA zu richten (BSGE 90, 61, 63 = SozR 3-2500 § 87 Nr 35 S 202). Dieser ist berechtigt, seine Beschlüsse im gerichtlichen Verfahren zu verteidigen und
ist - als gemeinsames Entscheidungsgremium von Leistungserbringern und Krankenkassen - nach §
70 Nr 4
SGG beteiligtenfähig (BSGE 90, 61, 63 = SozR 3-2500 §
87 Nr 35 S 203; vgl auch BGHZ 150, 172, 179). Eines Vorverfahrens bedarf es wegen der mit einem Schiedsamt vergleichbaren Stellung des eBewA nicht.
b. Die Rüge der Beigeladenen, das Berufungsurteil leide an dem formellen Fehler unzureichender Entscheidungsgründe (§
202 SGG iVm §
547 Nr 6
ZPO), greift nicht durch. Zwar trifft der Vorhalt der Beigeladenen zu, dass das LSG als Rechtsgrundlage ausdrücklich nur §
87b Abs
4 Satz 2
SGB V aF und nicht §
87 Abs
2f SGB V aF geprüft hat. Ein Urteil ist jedoch nicht als fehlerhaft aufzuheben, solange ungeachtet dessen noch eine Auseinandersetzung
mit dem Kern des Vorbringens erkennbar sowie die Argumentation noch nachvollziehbar und verständlich ist (BSG MedR 2007, 614 = USK 2007-26). Dies ist vorliegend der Fall.
Das LSG hat - wie schon das Wort "insbesondere" verdeutlicht - in §
87b Abs
4 Satz 2
SGB V aF zwar die vorrangig in Frage kommende, jedoch nicht die alleinige Rechtsgrundlage gesehen. Auch hat es am Ende der Urteilsgründe
Ausführungen zu §
87 Abs
2f SGB V aF gemacht, indem es dargelegt hat, dass der BewA bzw der eBewA den Gesamtvertragspartnern die Möglichkeit genommen habe,
selbst Zuschläge auf den Orientierungswert zu vereinbaren, indem er gerade keine Indikatoren bestimmt habe; diese Ausführungen
hat es mit dem Satz beschlossen, der eBewA habe ohne eine entsprechende Kompetenz "nach dem
SGB V" selbst eine Entscheidung über Zuschläge getroffen. Damit hat es hinreichend deutlich gemacht, dass es diese Norm zwar gesehen,
jedoch nicht ansatzweise als Rechtsgrundlage für geeignet angesehen hat.
2. In materieller Hinsicht hat das LSG zu Recht entschieden, dass die vom eBewA im Teil H Nr 5 Sätze 2, 5 und 6 seines Beschlusses
vom 17.3.2009 (DÄ 2009, A 726) für das Jahr 2009 sowie im Teil C Nr 3.1 - Sätze 2 und 6 sowie Satz 5, soweit er die Vergütung
nach Satz 2 aaO betrifft - seines Beschlusses vom 2.9.2009 (DÄ 2009, 467, 473) für das Jahr 2010 beschlossenen Regelungen
rechtswidrig und als Rechtsnormen daher nichtig sind.
Die Beschlüsse beinhalten inhaltlich gleichlautend
- eine Verpflichtung der Partner der Gesamtverträge, die Höhe der für besonders förderungswürdige Leistungen (belegärztliche
Leistungen und ambulante Operationen) zu zahlenden Vergütung zu überprüfen und Zuschläge zum Regelfallpunktwert der Euro Gebührenordnung
zu beschließen, wenn die für 2009 zu zahlende Vergütung die für 2008 zu zahlende Vergütung unterschreitet,
- die Vorgabe, dass die Vergütung der so vereinbarten Zuschläge aus den Rückstellungen zur Verhinderung überproportionaler
Honorarverluste erfolgt,
- die Verpflichtung "der betroffenen Krankenkassen", die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung und diese Rückstellungen zweckgebunden
fortlaufend um das Vergütungsvolumen der vereinbarten Zuschläge zusätzlich zu erhöhen.
Zum Erlass dieser Regelungen war der eBewA jedoch nicht befugt, da es insoweit an einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung
fehlt.
a. Die generelle Befugnis des BewA (bzw des eBewA) zum Erlass des Bewertungsmaßstabs (§
87 Abs
1 Satz 1 iVm Abs
2 Satz 1
SGB V) scheidet als Ermächtigungsgrundlage von vornherein aus. Die strittigen Regelungen - insbesondere die Vorgabe einer Nachschusspflicht
der Krankenkassen - bewegen sich so weit außerhalb der nach der gesetzlichen Systematik dem BewA in Abgrenzung zu den Kompetenzen
der Gesamtvertragspartner zugewiesenen Aufgaben, dass er hierfür einer ausdrücklichen gesonderten gesetzlichen Ermächtigung
bedarf.
Das Gesetz hat dem BewA durch §
87 SGB V bestimmte originäre Aufgaben übertragen und sie damit der - ansonsten nach §
82 SGB V bestehenden - Zuständigkeit der Bundesmantelvertragspartner entzogen; ihm kommt mithin ein spezieller Aufgabenbereich zu
(BSG Beschluss vom 10.12.2008 - B 6 KA 37/08 B - juris RdNr 11). Schon dieser "spezielle" Aufgabenbereich des BewA lässt es nicht zu, in §
87 SGB V eine Art Generalermächtigung zur Regelung vertragsärztlicher Vergütungstatbestände auf Bundesebene zu sehen. Im Übrigen ließe
selbst bei Vorliegen einer Generalermächtigung - wie dies das BSG dem §
92 Abs
1 Satz 1
SGB V für den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) angenommen hat - die Verteilung der Normsetzungskompetenzen im Vertragsarztrecht
nicht zu, dass ein Normgeber Regelungen zu Gegenständen der vertragsärztlichen Versorgung trifft, die gesetzlich anderen Normgebern
zugewiesen sind (vgl BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 37 - zum GBA).
Eine Normsetzungskompetenz des eBewA kann auch nicht ("originär") aus dem ihm grundsätzlich zustehenden weiten Gestaltungsspielraum
(vgl hierzu BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26 ua) hergeleitet werden. Zwar ist dem BewA - wie auch dem eBewA - bei der Konkretisierung
des Inhalts gesetzlicher Regelungen Gestaltungsfreiheit eingeräumt, wie dies der Senat für die Konkretisierungen nach §
85 Abs
4a Satz 1 letzter Teilsatz
SGB V aF entschieden hat (zuletzt BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 27). Diese Gestaltungsfreiheit ist jedoch durch den Umfang der dem BewA gesetzlich eingeräumten Kompetenzen begrenzt,
da ein Gestaltungsspielraum untergesetzlicher Normgeber nur innerhalb der ihnen erteilten Normsetzungsermächtigung besteht
(BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 30).
b. Der eBewA kann sich bezüglich der strittigen Regelungen auch nicht auf spezielle gesetzliche Ermächtigungen berufen; die
Regelungen sind weder durch §
87b Abs
4 Satz 2
SGB V aF (s hierzu aa) noch - für das Jahr 2010 - durch §
87 Abs
2f SGB V aF (s hierzu bb) gedeckt.
aa. §
87b Abs
4 Satz 2
SGB V (in der bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung) kommt als Rechtsgrundlage für die strittigen Regelungen nicht in Betracht.
§
87b Abs
4 Satz 2
SGB V aF gehört systematisch zu den Regelungen über die Vergütung der Ärzte durch arzt- und praxisbezogene RLV, und dort zu den in Abs 4 aaO aF geregelten Aufgaben des BewA. Nach §
87b Abs
4 Satz 2 Halbsatz 1
SGB V aF hatte der BewA zum einen Vorgaben zur Umsetzung von §
87b Abs
2 Satz 3, 6 und 7
SGB V aF zu bestimmen (§
87b Abs
4 Satz 2 Halbsatz 1
SGB V aF), dh einerseits zur Abstaffelung der Preise bei einer das RLV überschreitenden Leistungsmenge (Abs 2 Satz 3 aaO), andererseits zu den außerhalb der RLV zu vergütenden Leistungen, zu denen obligatorisch die psychotherapeutischen Leistungen (Abs 2 Satz 6 aaO) sowie fakultativ
weitere Leistungen gehören (Abs 2 Satz 7 aaO). Zum anderen hatte er gemäß §
87b Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGB V aF Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen nach §
87b Abs
3 Satz 5
SGB V aF zu bestimmen.
Diese Vorschriften ermächtigen den eBewA weder dazu, die Partner der Gesamtverträge zu verpflichten, Zuschläge auf die Orientierungswerte
gemäß §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V aF für bestimmte besonders förderungswürdige Leistungen zu vereinbaren (dazu [(1)]), noch dazu, die Finanzierung der Zuschläge
aus Rückstellungen vorzugeben (dazu [(2)]). Erst recht berechtigen sie ihn nicht dazu, die "betroffenen Krankenkassen" zu
verpflichten, die Gesamtvergütungen zum Zwecke der Auffüllung der Rückstellungen und damit zur Finanzierung der Zuschläge
zu erhöhen (hierzu [(3)]).
(1) Der eBewA war nicht berechtigt, den regionalen Vertragspartnern die Vereinbarung von Zuschlägen auf die Orientierungswerte
für besonders förderungswürdige Leistungen verpflichtend vorzugeben. Die Verpflichtung zur Vereinbarung von Zuschlägen stellt
keine zulässige "Vorgabe" zur Umsetzung von §
87b Abs
2 Satz 7
SGB V aF dar (s [(a)]). Der eBewA ist - auch in seiner Eigenschaft als "Schiedsorgan" - nicht berechtigt, die regionalen Vertragspartner
zum Abschluss einer (fakultativen) Vereinbarung zu verpflichten (dazu [(b)]).
Nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V aF können die KÄV und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen bei der Festlegung der Punktwerte einen
Zuschlag auf die oder einen Abschlag von den Orientierungswerten gemäß §
87 Abs
2e Satz 1 Nr
1 bis
3 SGB V aF (nF: von dem Orientierungswert nach §
87 Abs
2e SGB V) vereinbaren, um insbesondere regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen. Die Vertragspartner
hatten dabei gemäß dem hier maßgeblichen, bis zum 31.12.2011 geltenden Recht (§
87a Abs
2 Satz 3
SGB V aF) zwingend die Vorgaben des BewA gemäß §
87 Abs
2f SGB V aF anzuwenden, um eine bundeseinheitliche Anwendung dieser Regelung sicherzustellen (FraktE GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 129). Sowohl §
87 Abs
2f SGB V aF als auch §
87a Abs
2 Satz 3
SGB V aF sind durch das GKV-Versorgungstrukturgesetz aufgehoben worden. Die Aufhebung des §
87 Abs
2f SGB V aF dient der Stärkung der regionalen Kompetenzen bei den Vereinbarungen (RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 61 zu §
87 Abs
2f SGB V aF); die Aufhebung des §
87a Abs
2 Satz 3
SGB V aF ist eine Folgeänderung zur Aufhebung des §
87 Abs
2f SGB V aF (RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 62 zu § 87a Buchst b Doppelbuchst cc).
(a) Bereits nach dem Wortlaut des §
87a Abs
2 Satz 3
SGB V aF haben die regionalen Vertragspartner bei der Vereinbarung von Zuschlägen (nur) die Vorgaben des BewA "gemäß §
87 Abs
2f SGB V" (aF) - also die Indikatoren zur Messung regionaler Besonderheiten - anzuwenden. Wäre der Gesetzgeber davon ausgegangen,
dass für die Vereinbarung von Zuschlägen auch die Vorgaben nach §
87b Abs
4 Satz 2
SGB V aF relevant werden könnten, hätte es nahegelegen, auch diese Norm mit aufzuführen.
Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung, denn selbst wenn man davon ausgeht, dass die regionalen Vertragspartner
alle (wirksamen) Vorgaben des (e)BewA zu beachten haben, handelt es sich bei der Verpflichtung zur Vereinbarung von Zuschlägen
für besonders förderungswürdige Leistungen nicht um "Vorgaben zur Umsetzung von §
87b Abs
2 S 7
SGB V" (aF). Der Begriff "Vorgaben" (Duden: "Richtlinie") ist prinzipiell sehr weit und ermöglicht insbesondere auch Detailregelungen
(Engelhard in Hauck/Noftz, Stand Mai 2012,
SGB V, K §
87b RdNr
67). Allerdings kann daraus, dass das Gesetz in §
87b Abs
4 Satz 2
SGB V aF den Begriff "Vorgaben", an anderer Stelle (§
84 Abs
7 Satz 1
SGB V) hingegen den Begriff "Rahmenvorgaben" verwendet, nicht generell abgeleitet werden, dass der dem (e)BewA durch §
87b Abs
4 Satz 2
SGB V aF eingeräumte Gestaltungsspielraum besonders weit ist. Denn welches Maß an Gestaltungsfreiheit dem BewA zukommt, ist nach
der Wesensart der Ermächtigungsvorschrift und der ihr zugrunde liegenden Zielsetzung zu bestimmen (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 28 unter Hinweis auf BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 21).
Im Rahmen einer "Vorgabe" ist der (e)BewA berechtigt, insoweit konkrete Regelungen zu treffen, als er einzelne Leistungen
bezeichnet, die er als in jedem Fall förderungswürdig ansieht (in diesem Sinne Sproll in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung
Pflegeversicherung, Stand März 2012, §
87b SGB V RdNr 11). Insoweit wird der Rahmen der "Vorgaben" jedenfalls dann noch nicht verlassen, sofern damit lediglich festgelegt
wird, welche Leistungen für eine entsprechende vertragliche Vereinbarung in Frage kommen, aber keine Verpflichtung der Vertragspartner
verbunden ist, eine solche Vereinbarung abzuschließen. Ob eine verbindliche Vorgabe mit §
87b Abs
2 Satz 7
SGB V kompatibel wäre, welcher die Entscheidung darüber, ob überhaupt und welche Leistungen außerhalb der RLV vergütet werden sollen, in das Ermessen ("können") der Gesamtvertragspartner stellt, kann hier offenbleiben. Zu beachten
ist allerdings, dass die regionalen Vertragspartner bei ihrer - mit einer Vergütung der Leistungen außerhalb der RLV in engem Zusammenhang stehenden - Entscheidung, ob und für welche Leistungen sie eine Vergütung außerhalb der Gesamtvergütungen
vereinbaren wollen (§
87a Abs
3 Satz 5 Halbsatz 2
SGB V), an keinerlei Vorgaben des BewA gebunden sind. Wenn die regionalen Vertragspartner keine Vereinbarung über die extrabudgetäre
Vergütung einer bestimmten Leistung treffen, geht eine Vorgabe des BewA, diese Leistung außerhalb der RLV zu vergüten, weitgehend ins Leere.
Inhaltlich stehen die Vorgaben des eBewA jedenfalls nicht mit der Ermächtigungsvorschrift in Einklang. §
87b Abs
2 Satz 7
SGB V aF bestimmt, dass weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der RLV vergütet werden können, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder soweit dies medizinisch oder aufgrund von Besonderheiten
bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist. Nach dem Sachzusammenhang liegt es nahe, dass sich
die Vorgaben des BewA nach §
87b Abs
4 Satz 2
SGB V aF auf die Kriterien beziehen, anhand derer sich bestimmen lässt, welche Leistungen außerhalb der RLV vergütet werden sollen, etwa auf die Anforderungen an eine besondere Förderungswürdigkeit einer Leistung oder auf die Erforderlichkeit
einer extrabudgetären Vergütung; dies schließt - wie dargelegt - auch das Recht ein, konkrete Leistungen zu benennen. Derartige
Regelungen enthält der Beschluss des eBewA jedoch nicht. Dieser hat weder derartige Kriterien benannt noch bestimmt, dass
die in Rede stehenden Leistungen außerhalb der RLV zu vergüten sind, sondern dass ihre Vergütung exakt dem Niveau des Jahres 2008 zu entsprechen hat, ganz unabhängig davon,
wie sich die Vergütung der einzelnen Arztgruppen nach der Neuausrichtung des Vergütungssystems zum 1.1.2009 darstellt.
Verbindliche Festlegungen zur Höhe der für diese Leistungen gezahlten Vergütung sind - selbst wenn der BewA berechtigt wäre,
die außerhalb der RLV zu vergütenden Leistungen verbindlich vorzugeben - keine "Vorgaben" an die Vertragspartner zur Vergütung von Leistungen außerhalb
der RLV. Dass zu diesen Vorgaben auch die Festsetzung der für diese Leistungen zu zahlenden Vergütung gehört, ist schon deswegen
eher fernliegend, weil das Gesetz selbst hierzu Regelungen enthält. Denn jedenfalls dann, wenn die besonders zu fördernden
Leistungen zugleich außerhalb der Gesamtvergütungen vergütet werden, sind diese Leistungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung
zu vergüten (vgl §
87a Abs
3 Satz 5 Halbsatz 2
SGB V). Insbesondere aber gilt, dass selbst dann, wenn der (e)BewA verbindliche Vorgaben zur Höhe der Vergütung für die außerhalb
der RLV vergüteten Leistungen machen dürfte, dies lediglich die Ebene des §
87b SGB V aF und damit die Ebene der Honorarverteilung betreffen könnte. Demgegenüber handelt es sich bei der Frage, ob Zuschläge auf
den Orientierungswert gezahlt werden, um eine Regelung, die die Ebene der (Gesamt-)Vergütung nach §
87a SGB V betrifft. Zu diesem Regelungsbereich darf der (e)BewA jedoch - unabhängig von der Auslegung des §
87b Abs
4 Satz 2
SGB V aF - keinerlei Vorgaben machen, da das Gesetz solche für eine Vergütung von Leistungen außerhalb der Gesamtvergütung gerade
nicht vorsieht.
(b) Darüber hinaus ist der eBewA nicht berechtigt, den Inhalt der Vereinbarung festzusetzen, wenn die regionalen Vertragspartner
über die Vereinbarung von Zuschlägen keine Einigung erzielt haben. Eine entsprechende Kompetenz steht ihm - auch in seiner
Eigenschaft als "Schiedsorgan" - nicht zu.
(aa) Dass die Berechtigung des eBewA, Vorgaben zu bestimmten Regelungen zu machen, nicht auch das Recht umfasst, die Vereinbarung
von Zuschlägen verpflichtend vorzugeben, ergibt sich bereits daraus, dass der eBewA andernfalls in die gesetzlich bestimmten
Kompetenzen der Partner der Gesamtverträge bzw der Landesschiedsämter nach §
89 SGB V eingreifen würde. §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V ermächtigt die regionalen Vertragspartner zur Vereinbarung von Zuschlägen, gibt deren Vereinbarung aber nicht verpflichtend
vor. Nach der Rechtsprechung des Senats hat eine Vertragspartei zwar auch bei fakultativen Vergütungsregelungen grundsätzlich
die rechtliche Möglichkeit, das Schiedsamt anzurufen (BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 21/11 R - RdNr 27, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen); dies gilt auch für Vereinbarungen nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V. Die Festsetzung solcher Zuschläge wäre jedoch Aufgabe der jeweiligen Schiedsämter auf Landesebene, nicht des allein auf
Bundesebene tätigen eBewA.
(bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der besonderen Funktion des eBewA als Schiedsorgan.
Nach der Rechtsprechung des BSG handelt es sich sowohl beim "einfachen" wie auch beim eBewA um ein "Vertragsorgan" (stRspr des BSG: BSGE 73, 131, 133 = SozR 3-2500 § 85 Nr 4 S 20; BSGE 90, 61, 64 = SozR 3-2500 § 87 Nr 35 S 203; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 65; BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 26); das Handeln der Bewertungsausschüsse wird den Partnern der Bundesmantelverträge als eigenes
zugerechnet (BSGE 89, 259, 263 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 191; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2 RdNr 65). Dass der Bewertungsmaßstab bzw die sonstigen vom Bewertungsausschuss zu treffenden Entscheidungen
ggf in einem schiedsamtsähnlichen Verfahren durch den eBewA festgesetzt wird, ändert nichts daran, dass es sich dabei um vertragliche
Vereinbarungen zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der KÄBV handelt (vgl BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 §
72 Nr
2, RdNr
66). Die in §
87 Abs
4 SGB V vorgesehene Erweiterung des BewA um unparteiische Mitglieder und einen unparteiischen Vorsitzenden stellt ein in den Normsetzungsvorgang
inkorporiertes Schiedsverfahren dar (BSGE 90, 61, 63 = SozR 3-2500 § 87 Nr 35 S 202; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 66, 75). Der eBewA tritt dabei an die Stelle des ansonsten bei Nichtzustandekommen von Verträgen
über die vertragsärztliche Versorgung auf Bundesebene zuständigen Schiedsamtes nach §
89 Abs
4 SGB V, dessen Funktionen er insoweit wahrnimmt (BSGE 90, 61, 63 = SozR 3-2500 § 87 Nr 35 S 202 f; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 66, 75).
Weder aus seinem Charakter als Vertragsorgan noch aus der schiedsamtsähnlichen Funktion des eBewA kann jedoch dessen Berechtigung
abgeleitet werden, den regionalen Vertragspartnern den Abschluss von solchen Vereinbarungen vorzuschreiben, die nach der gesetzlichen
Verteilung der Normsetzungskompetenzen allein in deren Zuständigkeit fallen. Der Regelungsspielraum des eBewA ist auf die
Materie beschränkt, die auch der BewA einvernehmlich regeln könnte. Das Gesetz hat dem BewA bestimmte originäre Aufgaben übertragen;
er hat einen "speziellen Aufgabenbereich" (vgl BSG Beschluss vom 10.12.2008 - B 6 KA 37/08 B - juris RdNr 11). Darüber hinausgehende Gestaltungsmacht steht ihm nicht zu. Aus seinem Charakter als "Vertragsorgan" ergibt
sich nichts anderes. Diese Bezeichnung umschreibt lediglich die Funktion des BewA innerhalb der ihm übertragenen Aufgaben.
Selbst dann, wenn man - unter Umgehung der Kompetenzen des Bundesschiedsamtes - dem eBewA dieselbe Gestaltungsmacht wie den
ihn tragenden Organisationen - also den Bundesmantelvertragspartnern KÄBV und Spitzenverband Bund der Krankenkassen - einräumen
würde, er also (grundsätzlich) das regeln könnte, was auch diese Vertragspartner regeln dürften, besäße er ebenso wenig wie
diese die Kompetenz, Materien zu regeln, die nach der gesetzlich vorgegebenen Aufgabenverteilung ausschließlich den regionalen
Vertragspartnern zugewiesen worden sind.
(2) Mangels entsprechender gesetzlicher Ermächtigung durfte der eBewA auch nicht vorgeben, dass die Zuschläge für besonders
förderungswürdige Leistungen aus den nach §
87b Abs
3 Satz 5
SGB V aF gebildeten Rückstellungen zu finanzieren sind. Die in §
87b Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGB V aF enthaltene Ermächtigung des BewA, Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen zu bestimmen, trägt dies nicht.
(a) Gemäß §
87b Abs
3 Satz 5
SGB V aF können Anteile der Vergütungssumme nach §
87b Abs
3 Satz 2 Nr
1 SGB V aF - dh der nach §
87a Abs
3 SGB V insgesamt vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen - für die Bildung von Rückstellungen verwendet werden. Die
Norm richtet sich allein an die KÄVen, von denen die Rückstellungen zu bilden sind. Der Annahme, dass auch die Krankenkassen
zur Bildung von Rückstellungen verpflichtet werden sollten, steht schon entgegen, dass die Rückstellungen - wie sich eindeutig
aus dem Gesetz ergibt - aus Anteilen der von ihnen zu zahlenden Gesamtvergütungen zu bilden sind.
In die sich aus §
87b Abs
3 Satz 5
SGB V aF ergebenden Kompetenzen der KÄVen greift der eBewA - ohne hierzu ermächtigt zu sein - ein, wenn er vorgibt, dass die Zuschläge
für besonders förderungswürdige Leistungen aus den Rückstellungen zu finanzieren sind. Zum einen steht es den KÄVen (grundsätzlich)
frei, ob sie überhaupt Rückstellungen bilden, wie sich schon daraus ergibt, dass nach §
87b Abs
3 Satz 5
SGB V aF Anteile der Gesamtvergütungen zur Bildung von Rückstellungen verwendet werden "können". Das Gesetz enthält also keine
zwingende Verpflichtung zur Bildung von Rückstellungen, sondern räumt dem Normunterworfenen ein (Handlungs-)Ermessen ein.
Die Entscheidung hierüber kann nicht von einem Dritten - dem eBewA - vorgegeben werden. Zum anderen entscheiden auch über
die Verwendung der Rücklagen grundsätzlich allein die KÄVen (in diesem Sinne auch Rompf in Liebold-Zalewski, Kassenarztrecht,
Stand Mai 2012, §
87b SGB V RdNr C 87b-16), da dies Teil ihrer Honorarverteilungsautonomie ist. Ob insoweit nach dem bis zum 31.12.2011 geltenden Recht
ein Mitentscheidungsrecht der in die Regelung der Honorarverteilung eingebundenen Krankenkassen bestand, bedarf hier keiner
Entscheidung.
(b) Eine rechtliche Grundlage für die Verpflichtung, die Zuschläge aus den Rückstellungen zu finanzieren, ergibt sich auch
nicht daraus, dass der (e)BewA gemäß §
87b Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGB V aF Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen zu bestimmen hat.
(aa) Dem steht schon entgegen, dass dem eBewA insoweit - abweichend von den übrigen Regelungen ("Vorgaben") - lediglich die
Bestimmung von "Grundsätzen" übertragen worden ist. Auch in der Gesetzesbegründung (Ausschussbericht zum GKV-WSG, BT-Drucks 16/4247 S 43 zu § 87b Abs 4) wird ausdrücklich betont, dass "die Vorgaben" des BewA insoweit "auf Grundsätze beschränkt" bleiben. Damit obliegt es ihm
allein, einen allgemeinen rechtlichen Rahmen für die Bildung von Rückstellungen vorzugeben. Der BewA kann zur Bildung angemessener
Rückstellungen anregen und Hinweise für eine sachgerechte Ausrichtung eines Rückstellungsfonds geben; er darf aber weder den
Umfang der zu bildenden Rückstellungen noch deren Verwendung im Einzelnen vorgeben. Dieser Rahmen wird durch die strittige
Regelung überschritten.
(bb) Auch inhaltlich hat der eBewA den Rahmen von "Grundsätzen zu Rückstellungen" verlassen, wenn er vorgibt, gerade die Zuschläge
für besonders förderungswürdige Leistungen aus den Rückstellungen zu finanzieren. Zum einen hat der eBewA im Ergebnis überhaupt
keine Regelung zur Bildung bzw zur Verwendung der Rückstellungen getroffen, weil er zugleich vorgeschrieben hat, dass die
Gesamtvergütungen zur Auffüllung der Rückstellungen und damit zur (endgültigen) Finanzierung der Zuschläge entsprechend zu
erhöhen sind. Für den Rückstellungsfond bilden die Zuschläge damit lediglich einen "durchlaufenden Posten"; die Finanzierung
der Zuschläge über die Rückstellungen erweist sich als ein Umweg zur Erreichung des Ziels höherer Zahlungen der Krankenkassen
für bestimmte belegärztliche und operative Leistungen.
Zum anderen betrifft §
87b Abs
3 Satz 5
SGB V aF die Bildung von Rückstellungen aus "Anteile(n) der Vergütungssumme nach Satz 2 Nr 1", also aus Anteilen an den vereinbarten
Gesamtvergütungen. Es wäre kaum nachvollziehbar, Zuschläge für besonders förderungswürdige Leistungen aus den Gesamtvergütungen
bzw aus daraus gebildeten Rückstellungen zu finanzieren, weil die Vergütung dieser Leistungen gerade außerhalb der Gesamtvergütungen
erfolgt. Es würden also Mittel zur Finanzierung der Zuschläge herangezogen, die überhaupt nicht zur Vergütung der hiervon
betroffenen Leistungen gezahlt worden sind.
Der eBewA hat nicht nur bestimmt, dass belegärztliche Leistungen sowie Leistungen des ambulanten Operierens außerhalb der
RLV vergütet werden (vgl Teil F Nr 2.2 iVm Teil B Nr 1.3 Nr 1 iVm Teil A Nr 1.2 Nr 3 und 4 des Beschlusses vom 27./28.8.2008,
DÄ 2008, 473, 474, 477), sondern zugleich geregelt, dass ua belegärztliche Leistungen sowie Leistungen des ambulanten Operierens
bei der Ermittlung des für die Bestimmung des Orientierungswertes maßgeblichen Finanzvolumens unberücksichtigt bleiben (Teil
A Nr 1.2 Nr 3 und 4 aaO). Damit hat er berücksichtigt, dass die betroffenen Leistungen zugleich auch außerhalb der Gesamtvergütungen
vergütet werden. Auch wenn das bis zum 31.12.2008 geltende Recht keine §
87a Abs
3 Satz 5 Halbsatz 2
SGB V in der ab 2009 geltenden Fassung entsprechende Regelung enthielt, entsprach es auch zuvor gerade für die vorliegend in Rede
stehenden Leistungen gängiger Praxis, dass die regionalen Vertragspartner für Leistungen, die besonders gefördert werden sollen,
eine Vergütung außerhalb der Gesamtvergütungen vereinbart hatten.
Bezüglich der belegärztlichen Leistungen gab es hierzu eine "Bundesempfehlung gemäß §
86 SGB V der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Finanzierung der Einführung eines Kapitels
für belegärztliche Leistungen (Kapitel 36) in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM)", die mit Wirkung vom 1.4.2007 getroffen
wurde (bekanntgemacht als CD-Beilage [Datei 2] zu DÄ 2007 Heft 12, vgl DÄ 2007, A 806). Diese sah unter Ziff 2 Satz 1 vor,
dass eine Finanzierung der belegärztlichen Leistungen außerhalb der budgetierten Gesamtvergütung auf der Grundlage fester,
angemessener Punktwerte erfolgt.
Dass der eBewA davon ausgeht, dass die in Rede stehenden Leistungen nicht allein außerhalb der RLV, sondern auch außerhalb der Gesamtvergütungen vergütet werden, ergibt sich auch aus Teil C Ziff 3.1 Satz 5 seines Beschlusses
vom 2.9.2009 (DÄ 2009, 473), in dem er - insoweit abweichend von seinem vorangegangenen Beschluss - ausdrücklich bestimmt
hat, dass die Vergütung der nach Satz 2 bis 4 vereinbarten Zuschläge "für außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung
finanzierten Leistungen" aus den Rückstellungen erfolgt. Auch der Senat ist in seinem Urteil vom 21.3.2012 (B 6 KA 21/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) davon ausgegangen, dass der eBewA mit seinen Vorgaben zur Ermittlung des Finanzvolumens
und der Leistungsmenge zugleich auch - wenn auch nicht abschließend - die Leistungen benannt hat, die außerhalb der morbiditätsbedingten
Gesamtvergütung vergütet werden (aaO RdNr 25, 26).
(3) Schließlich fehlt dem eBewA eine gesetzliche Grundlage dafür, die Krankenkassen zu verpflichten, zur Finanzierung der
Zuschläge für besonders förderungswürdige Leistungen die morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen zu erhöhen, indem die Rückstellungen
aufgefüllt werden.
(a) Soweit der eBewA die Krankenkassen damit (auch) zur Erhöhung "dieser Rückstellungen" - dh zum Ausgleich der für die Finanzierung
der Zuschläge entnommenen Teile der Rückstellungen - verpflichtet hat, ist dies schon deshalb nicht gesetzeskonform, weil
die Bildung der Rückstellungen nach §
87b Abs
3 Satz 5
SGB V aF (wie auch deren Auffüllung) nicht in den Aufgabenbereich der Krankenkassen fällt, sondern allein den KÄVen obliegt.
(b) Der Verpflichtung, zur Finanzierung der Zuschläge die Gesamtvergütungen zu erhöhen, steht entgegen, dass die in Rede stehenden
Leistungen gerade nicht aus den Gesamtvergütungen vergütet werden. Das Gesetz selbst enthält keine Bestimmungen dazu, wie
die nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V vereinbarten Zuschläge zu finanzieren sind. Dies legt nahe, dass ihre Finanzierung sich nach denjenigen Regelungen richtet,
die für die Leistungen gelten, für die die Zuschläge gezahlt werden; mithin erfolgt die Finanzierung im Regelfall aus den
Gesamtvergütungen, bei extrabudgetär vergüteten Leistungen aus den dazu vereinbarten Beträgen. Wenn der Gesetzgeber gewollt
hätte, dass die Finanzierung der Zuschläge nicht aus den Mitteln erfolgen sollte, die gemäß den gesetzlichen Bestimmungen
von den Krankenkassen zur Vergütung der betreffenden Leistungen zu zahlen sind, hätte er dies ausdrücklich regeln können und
müssen. Da die in Rede stehenden Leistungen - wie dargestellt (s unter RdNr [2.b.aa.(2)(a)(bb)]) - aus den hierfür außerhalb
der Gesamtvergütungen entrichteten Zahlungen der Krankenkassen vergütet werden, folgt daraus, dass auch etwaige Zuschläge
für diese Leistungen aus den extrabudgetären Zahlungen zu finanzieren sind. Daher geht auch das Argument fehl, dass eine "Nachschusspflicht"
der Krankenkassen zur Finanzierung der Zuschläge schon deswegen erforderlich sei, um weitere Honorarverwerfungen zu Lasten
der übrigen Vertragsärzte zu vermeiden.
(c) Zudem widerspricht die Verpflichtung "der Krankenkassen", (nachträglich) höhere Gesamtvergütungen zu leisten, den für
die Vereinbarung und Entrichtung der Gesamtvergütungen maßgeblichen Grundsätzen.
§
87a Abs
3 Satz 1
SGB V verpflichtet die regionalen Vertragspartner, die von den Krankenkassen mit befreiender Wirkung an die KÄV zu zahlenden (morbiditätsbedingten)
Gesamtvergütungen für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der KÄV zu vereinbaren.
Damit werden insoweit die klassischen Elemente des bisherigen Vergütungsrechts übernommen, nämlich die Vereinbarung einer
die Gesamtheit der vertragsärztlichen Leistungen abgeltenden Vergütung, die befreiende Wirkung der Zahlung sowie die Geltung
des Wohnortprinzips (Engelhard in Hauck/Noftz, Stand Mai 2012,
SGB V, K §
87a RdNr
24). Die Regelung entspricht inhaltlich weitgehend §
85 Abs
1 Satz 1, Abs
2 Satz 1 Halbsatz 1
SGB V. Mit diesen gesetzlichen Vorgaben ist eine Verpflichtung der Krankenkassen zu einer nachträglichen Erhöhung der Gesamtvergütungen
nicht vereinbar (s unter [aa]); erst recht gilt dies für entsprechende Vorgaben durch die Normgeber auf Bundesebene (s unter
[bb]).
(aa) Eine nachträgliche Erhöhung der Gesamtvergütungen sieht das Gesetz - grundsätzlich - nicht vor; die Ausnahmen von diesem
Grundsatz sind nicht einschlägig.
Die Gesamtvergütung ist nach der gesetzlichen Definition des §
85 Abs
2 Satz 2
SGB V das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen. Sie ist als die Summe der Vergütungen
zu verstehen, die eine Krankenkasse für sämtliche zur vertragsärztlichen Versorgung gehörenden Leistungen zu entrichten hat,
die in einem Kalendervierteljahr von den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden zugelassenen Ärzten (einschließlich
der Psychotherapeuten) und zugelassenen medizinischen Versorgungszentren, ermächtigten Ärzten und ermächtigten Einrichtungen
und in Notfällen auch von sonst nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen
im Geltungsbereich des
SGB V erbracht wurden. Der Begriff "Gesamtvergütung" stellt klar, dass die Krankenkassen mit dieser Vergütung die Gesamtheit der
von den KÄVen gemäß §
75 Abs
1 SGB V sicherzustellenden vertragsärztlichen Versorgung abgelten (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 40 S 323; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 9 RdNr 25). Eine Vergütung von Leistungen außerhalb der Gesamtvergütung ist nur zulässig, soweit dies das Gesetz ausdrücklich
vorsieht (Engelhard in Hauck/Noftz, Stand Mai 2012,
SGB V, K §
87a RdNr 25).
Ungeachtet dessen, dass bereits der Begriff "Gesamtvergütung" diese Konsequenz nahelegt, ist im Gesetz zudem ausdrücklich
bestimmt, dass die Zahlung der Gesamtvergütung "mit befreiender Wirkung" erfolgt (vgl §
85 Abs
1 SGB V, §
87a Abs
3 Satz 1
SGB V). Damit ist klargestellt, dass mit der Zahlung der Gesamtvergütung (grundsätzlich) alle Vergütungsansprüche aus den im Rahmen
der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen für den jeweiligen Vergütungszeitraum abgegolten sind und die Krankenkasse
von ihren finanziellen Lasten für die vertragsärztliche Versorgung befreit wird (s schon BSGE 19, 270, 272 = SozR Nr 2 zu § 368 d
RVO, S Aa4). Daraus folgt, dass Nachforderungen der KÄVen, etwa im Hinblick auf einen Anstieg der Leistungsmenge oder der zugelassenen
Ärzte, regelmäßig ausgeschlossen sind (stRspr des BSG, vgl BSGE 80, 48, 53 = SozR 3-2500 § 85 Nr 19 S 123; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 120; BSGE 95, 141 RdNr 15 = SozR 4-2500 § 83 Nr 2, RdNr 23), weil die Krankenkassen ihrerseits von den Versicherten nachträglich keine höheren
Beiträge einziehen können (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 30 S 228/229) und daher Nachforderungen von einem anders zusammengesetzten Versichertenkollektiv zu finanzieren wären (BSGE 95, 86 = SozR 4-2500 § 85 Nr 21, RdNr 17). Diese Befreiungswirkung ist ein zentrales und unverzichtbares Element des (gegenwärtigen)
vertragsärztlichen Vergütungssystems (BSGE 95, 86 = SozR 4-2500 § 85 Nr 21, RdNr 17).
Daran hat sich - soweit vorliegend relevant - auch unter der Geltung des neuen Vergütungssystems nichts geändert. Zwar sieht
§
87a Abs
3a Satz 4
SGB V die nachträgliche Berücksichtigung von Veränderungen bei der Zahl der Versicherten vor; zudem führt der Übergang des Morbiditätsrisikos
auf die Krankenkassen dazu, dass Leistungen nachträglich zu vergüten sind, die über den vereinbarten Behandlungsbedarf hinausgehen,
sofern sie sich aus einem unvorhersehbaren Anstieg des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs ergeben. Auch der letztgenannte
Gesichtspunkt ist jedoch nicht geeignet, die vom eBewA vorgegebene nachträgliche Erhöhung der Gesamtvergütungen zu rechtfertigen.
Dies würde - neben der Frage der Vorhersehbarkeit - zunächst voraussetzen, dass überhaupt ein (medizinisch begründeter) Anstieg
des Behandlungsbedarfs gegeben war. Schon hieran fehlt es. Ein derartiger Anstieg lag weder vor noch war ein solcher Veranlassung
für die (strittige) Beschlussfassung des eBewA; diesem ging es vielmehr allein darum, die Vergütung der ohnehin erbrachten
Leistungen zu erhöhen. Eine Aufrechterhaltung des bisherigen Vergütungsniveaus der Vertragsärzte sieht das Gesetz als Grund
für nachträgliche Erhöhungen jedoch nicht vor.
Schließlich liegt auch keine Ausnahme vor, wie sie der Senat in seinem Urteil vom 28.1.2004 (B 6 KA 52/03 R - BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, RdNr 35) für bestimmte psychotherapeutische Leistungen angenommen hat. Dort hat er ausgeführt, dass
"in der hier bestehenden besonderen Konstellation, dass nämlich das Vergütungsniveau einer Gruppe von Leistungserbringern
maßgeblich durch für die einzelne KÄV verbindliche Vorgaben des Bewertungsausschusses beeinflusst" werde, auch die Notwendigkeit
einer Anpassung der Gesamtvergütungen bestehen könne. Die Partner der Gesamtverträge müssten berücksichtigen, dass die auf
der Grundlage eines nunmehr als rechtswidrig erkannten Beschlusses des BewA zur Verfügung gestellten Gesamtvergütungsanteile
zu niedrig veranschlagt worden seien. Auf der Basis einer geänderten Rechtsgrundlage, wie sie vom BewA zu schaffen sei, könne
sich die Notwendigkeit ergeben, auch die Höhe der Gesamtvergütung zu modifizieren.
Es ist nicht ansatzweise erkennbar, dass bezüglich des Beschlusses des eBewA vom 27./28.8.2008 eine vergleichbare Situation
vorliegt. Nachschusspflichten der Krankenkassen - außerhalb der im Gesetz ausdrücklich geregelten Fälle - müssen auf besondere
Ausnahmesituationen beschränkt bleiben (vgl BSGE 95, 86 = SozR 4-2500 § 85 Nr 21, RdNr 17: "Nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen ..."). Die vom BSG für eine ausnahmsweise Abweichung aufgezeigten Voraussetzungen liegen nicht vor, weil der Beschluss des eBewA weder die vom
BSG beschriebenen Folgen hatte noch überhaupt rechtswidrig war.
Dass aufgrund des Beschlusses des eBewA vom 27./28.8.2008, dessen Folgen nach dem Vortrag der Beigeladenen korrigiert werden
sollten, die zur Verfügung gestellten "Gesamtvergütungsanteile" zu niedrig veranschlagt worden sind, trifft schon deswegen
nicht zu, weil die belegärztlichen Leistungen und die Leistungen des ambulanten Operierens außerhalb der Gesamtvergütungen
vergütet werden und deshalb bei der Ermittlung des für die Bestimmung des Orientierungswerts maßgeblichen Finanzvolumens außer
Betracht gelassen wurden (vgl Teil A Nr 1.2 des Beschlusses des eBewA vom 27./28.8.2008, DÄ 2008, 473). Soweit es ab dem Jahr
2009 in bestimmten KÄV-Bezirken zu geringeren Zahlungen der Krankenkassen für die betreffenden Leistungen gekommen sein sollte,
wäre dies darauf zurückzuführen, dass die Preise der Euro-Gebührenordnung niedriger sind als die sich im Jahr 2008 aus den
Punktzahlen des EBM-Ä und dem vertraglich vereinbarten Punktwert ergebende Vergütung. Dies ist aber keine Folge des Beschlusses
des eBewA, sondern der gesetzlichen Vorgabe, dass auch die Vergütung der extrabudgetären Leistungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung
zu erfolgen hat (§
87a Abs
3 Satz 5 Halbsatz 2
SGB V). Darüber hinaus war der Beschluss des eBewA vom 27./28.8.2008 - in Bezug auf die Vergütung besonders förderungswürdiger
Leistungen - nicht rechtswidrig, sondern entsprach sowohl inhaltlich den gesetzlichen Vorgaben als auch in seiner Wirkung
der vom Gesetzgeber angestrebten und vorgegebenen (grundsätzlichen) Nivellierung von Vergütungsunterschieden zwischen den
KÄV-Bezirken.
(bb) Im Übrigen resultierte selbst dann, wenn in der Sache eine ausnahmsweise Verpflichtung der Krankenkassen zur nachträglichen
Erhöhung der Gesamtvergütungen bestünde, hieraus nicht das Recht des eBewA, "den Krankenkassen" eine entsprechende Erhöhung
vorzugeben. Die Vorgabe des eBewA stellt zum einen einen Eingriff in die Kompetenz und die Autonomie der regionalen Gesamtvertragspartner
dar, denn nach den gesetzlichen Vorgaben steht allein ihnen - nicht den Vertragspartner bzw Normgebern auf Bundesebene - das
Recht zu, die Höhe der Gesamtvergütungen zu vereinbaren. Daran hat sich im Kern auch dadurch nichts geändert, dass die Höhe
der Gesamtvergütungen nicht mehr - unter Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität - "frei" ausgehandelt werden
kann, sondern sich (weitgehend) aus den Vorgaben des Gesetzes und - jedenfalls in der Zeit zwischen 2009 bis Ende 2011 - des
BewA (vgl §
87a Abs
5 SGB V aF) ergibt, denn ungeachtet dessen sieht das Gesetz weiterhin eine "Vereinbarung" der Gesamtvergütung vor (vgl §
87a Abs
3 Satz 1
SGB V).
Zum anderen gilt (weiterhin) die gesetzliche Vorgabe, dass die "Vergütungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden
Ärzte und Einrichtungen" durch Gesamtverträge geregelt werden (§
82 Abs
2 Satz 1
SGB V) und die Gesamtvergütungen "nach Maßgabe der Gesamtverträge" entrichtet werden (§
85 Abs
1 SGB V). Auch für den vertragsärztlichen Bereich hat sich durch §
87a Abs
3 Satz 1
SGB V hieran nichts geändert. Die vertragliche Vereinbarung in der normativen Form einer gesamtvertraglichen Regelung ist Rechtsgrundlage
für die Zahlung der Gesamtvergütung. Bestünde - materiell-rechtlich - eine Nachschusspflicht der Krankenkassen, hätte die
KÄV Anspruch auf eine Änderung der Gesamtvergütungsvereinbarung und könnte dies ggf über das Schiedsamt oder gerichtlich durchsetzen.
bb. Eine rechtliche Grundlage für die strittigen Vorgaben in den Beschlüssen des eBewA vom 17.3. und 2.9.2009 ergibt sich
auch nicht aus §
87 Abs
2f SGB V aF.
§
87 Abs
2f Satz 1
SGB V aF verpflichtete den BewA, jährlich Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur
nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V festzulegen, auf deren Grundlage in den regionalen Punktwertvereinbarungen von den Orientierungswerten nach §
87 Abs
2e Satz 1
SGB V aF abgewichen werden konnte. Diese Bestimmung korrespondierte mit der Regelung des §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V, welche die Vertragspartner auf regionaler Ebene ermächtigt, bei der Festlegung der Punktwerte einen Zuschlag auf oder einen
Abschlag von den Orientierungswerten gemäß §
87 Abs
2e Satz 1 Nr
1 bis
3 SGB V aF (nF: von dem Orientierungswert nach §
87 Abs
2e SGB V) zu vereinbaren, um insbesondere regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen. Die
regionalen Vertragspartner hatten dabei gemäß §
87a Abs
2 S 3
SGB V aF zwingend die Vorgaben des BewA nach §
87 Abs
2f SGB V aF anzuwenden. Dies sollte sicherstellen, dass bei der Vereinbarung von Zu- und Abschlägen bundeseinheitliche Vorgaben angewandt
werden, und zugleich, dass regionale Preisunterschiede, welche sachlich nicht gerechtfertigt sind, abgebaut werden (FraktE
GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 119 zu § 85a Abs 2). Als herausgehobene Beispiele ("insbesondere") von Indikatoren für das Vorliegen regionaler Besonderheiten nennt das Gesetz
hinsichtlich der Versorgungsstruktur Indikatoren, die Abweichungen der regionalen Fallzahlentwicklung von der bundesdurchschnittlichen
Fallzahlentwicklung messen, hinsichtlich der Kostenstruktur solche, die Abweichungen der für die Arztpraxen maßgeblichen regionalen
Investitions- und Betriebskosten von den entsprechenden bundesdurchschnittlichen Kosten messen (§
87 Abs
2f Satz 3 und
4 SGB V aF).
Für das Jahr 2009 kann aus dieser Vorschrift schon deswegen nichts hergeleitet werden, weil der (e)BewA solche Indikatoren
nicht festgelegt hat. Aber auch für das Jahr 2010 ermächtigte §
87 Abs
2f SGB V aF den Beklagten nicht dazu, die strittigen Regelungen zu erlassen, auch wenn er in seinem Beschluss vom 2.9.2009 (Teil C
unter 2. und 3.2) diese als "Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Versorgungsstruktur" bezeichnet
hat. Dem steht schon entgegen, dass nach dem Wortlaut des §
87 Abs
2f Satz 1
SGB V aF "auf der Grundlage" dieser Indikatoren "in den regionalen Punktwertvereinbarungen" von den Orientierungswerten abgewichen
werden kann. Damit wird zum einen verdeutlicht, dass die Entscheidung über eine Abweichung vom Orientierungswert Gegenstand
der regionalen Vereinbarungen und damit Aufgabe der regionalen Vertragspartner ist, und dies nicht auf Bundesebene vorgegeben
wird. Zum anderen wird damit klargestellt, dass die Indikatoren lediglich die "Grundlage" für die Vereinbarung von Zuschlägen
auf regionaler Ebene darstellen. Daraus folgt, dass die Indikatoren zwar Vorgaben für regionale Vereinbarungen enthalten können,
diese aber nicht in der Art ersetzen bzw vorwegnehmen dürfen, dass den Gesamtvertragspartnern keine Handlungsspielräume mehr
verbleiben. Dies ist jedoch vorliegend der Fall, weil der eBewA den regionalen Vertragspartnern die Vereinbarung von Zuschlägen
für die in Rede stehenden Leistungen sowohl dem Grunde nach vorgeschrieben als auch deren Höhe verbindlich vorgegeben hat.
Zudem hat der eBewA mit den streitigen Teilen seines Beschlusses keine Indikatoren bestimmt. Der Begriff "Indikator" bezeichnet
im allgemeinen Sprachgebrauch "ein Merkmal, das etwas anzeigt" (Duden); dem entspricht, dass der BewA Indikatoren "zur Messung"
regionaler Besonderheiten zu bestimmen hat. Derartige Angaben enthält der Beschluss des eBewA jedoch nicht. Er zeigt nichts
an, was von den Vertragsparteien beachtet und umgesetzt werden kann, sondern er verpflichtet unmittelbar. Darüber hinaus bestehen
schon Zweifel, ob die vom eBewA für die in Rede stehenden Leistungen angestrebte einheitliche Absicherung des Vergütungsniveaus
des Jahres 2008 in allen Regionen unter den Begriff der "Versorgungsstruktur" im Sinne von §
87 Abs
2f Satz 1
SGB V aF subsumiert werden kann. Schon nach dem Gesetzeswortlaut geht es dabei ausschließlich um Indikatoren zur Kosten- und Versorgungsstruktur
und nicht um die regionale Honorarhöhe. Der Begriff "Versorgungsstruktur" bezeichnet die strukturellen Gegebenheiten der ambulanten
ärztlichen Versorgung der Patienten und damit das Leistungsangebot sowie dessen Inanspruchnahme, wie das gesetzliche Beispiel
der "Fallzahlentwicklung" belegt.
c. Schließlich rechtfertigen sich die strittigen Beschlussteile auch nicht aus sonstigen Erwägungen.
aa. Ein Recht des eBewA, die strittigen Regelungen zu erlassen, ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt einer Beobachtungs-
und Nachbesserungspflicht. Zwar trifft den eBewA als Normgeber grundsätzlich eine entsprechende Verpflichtung, wenn sich im
Vollzug von ursprünglich gerechtfertigten Regelungen herausstellt, dass die die Norm legitimierenden Gründe weggefallen oder
die Auswirkungen für einzelne Normadressaten unzumutbar geworden sind (stRspr des BSG, vgl zB BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 15 S 60/61; BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 42). Diese Pflicht erweitert jedoch nicht die Kompetenzen des Normgebers; vielmehr ist dieser
allein verpflichtet (wie auch berechtigt), Korrekturen innerhalb dem ihm zustehenden Kompetenzen vorzunehmen.
bb. Die strittigen Regelungen rechtfertigen sich schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung,
weil eine Regelung, die schon von ihrer Richtung oder Struktur prinzipiell systemfremd ist oder nicht mit höherrangigen Vorgaben
übereinstimmt, auch unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung nicht hingenommen werden kann (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 16 S 107; BSGE 88, 126, 137 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 157; BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 31; BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 29). Nichts anderes gilt für eine Regelung, die ein untergesetzlicher Normgeber erlässt, ohne
hierzu durch Gesetz ermächtigt worden zu sein.
3. Im Ergebnis stellt sich die vom eBewA gewählte Lösung einer Vorgabe von zusätzlich von den Krankenkassen zu finanzierenden
Zuschlägen als ein - wenn auch ggf vom BMG empfohlener - technischer Umweg zu Erreichung des Ziels einer den Krankenkassen verbindlich vorgegebenen Erhöhung der von
den Krankenkassen geleisteten Zahlungen zur Sicherung des Vergütungsniveaus für belegärztliche Leistungen und solche des ambulanten
Operierens dar. Hierfür besteht - wie dargelegt - jedoch keine rechtliche Grundlage, aber auch keine Notwendigkeit, weil der
Gesetzgeber den Partnern der Gesamtverträge hinreichende Instrumente zur Verfügung gestellt hat, um eine angemessene Höhe
der für diese Leistungen gezahlten Vergütung zu gewährleisten.
Eine verbindliche bundesweite Regelung durch den eBewA war schon deswegen nicht zwingend erforderlich, weil auch auf Seiten
der Krankenkassen Bereitschaft bestand, an einer - vom Gesetzgeber im Übrigen durch §
121 Abs
4 SGB V für die Ebene des Bewertungsmaßstabs vorgegebenen - angemessenen Vergütung der belegärztlichen Leistungen mitzuwirken. Denn
diese haben - jedenfalls auf Spitzenverbandsebene - an der bereits erwähnten Bundesempfehlung zur Finanzierung der belegärztlichen
Leistungen mitgewirkt. Danach erfolgt eine Finanzierung der belegärztlichen Leistungen außerhalb der budgetierten Gesamtvergütung
auf der Grundlage fester, angemessener Punktwerte (vgl Ziff 2 Satz 1 der Empfehlung s RdNr 53). Anhaltspunkte dafür, dass
es auf regionaler Ebene zu Defiziten bei der Umsetzung dieser Bundesempfehlung gekommen ist, liegen nicht vor. Aus der Antwort
der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Bahr ua ergibt sich vielmehr, dass bereits mit Stand 22.10.2007
- also 1½ Jahre vor der Beschlussfassung durch den eBewA - in 10 von 17 KÄV-Bezirken Vereinbarungen zur Umsetzung der extrabudgetären
Vergütung belegärztlicher Leistungen getroffen worden waren; in zwei der verbliebenen KÄV-Bezirke war das Schiedsamt angerufen
worden, in den übrigen liefen noch Verhandlungen (BT-Drucks 16/6848 S 4). Die auf der Grundlage der Bundesempfehlung geschlossenen
regionalen Vereinbarungen über die extrabudgetäre Vergütung bestimmter Leistungen haben durch die Einführung des neuen Vergütungssystems
ab dem Jahr 2009 nicht ihre Grundlage verloren. Dem steht schon entgegen, dass das Gesetz - anders als das bisherige Recht
- die Vereinbarung extrabudgetärer Vergütungen ausdrücklich zulässt (vgl §
87a Abs
3 Satz 5 Halbsatz 2
SGB V).
Außer Frage steht zwar, dass die gesetzliche Vorgabe, auch diese Leistungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten
(vgl §
87a Abs
3 Satz 5 Halbsatz 2
SGB V), dann Probleme aufwerfen kann, wenn die Preise der Euro-Gebührenordnung niedriger sind als die sich im Jahr 2008 aus den
Punktzahlen des EBM-Ä und dem vertraglich vereinbarten Punktwert ergebende Vergütung. Die regionalen Vertragspartner haben
jedoch gemäß §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V die Möglichkeit, einen Zuschlag auf den Orientierungswert (bzw auf die Orientierungswerte) zu vereinbaren. Der Vereinbarung
von Zuschlägen für besonders förderungswürdige Leistungen durch die regionalen Vertragspartner steht nicht entgegen, dass
diese damit Zuschläge für einzelne Leistungen vereinbaren; dies ist zulässig, wie der Senat bereits entschieden hat (s hierzu
BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 21/11 R - RdNr 35 f, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Vereinbarung von Zuschlägen ist auch nicht auf den - nur exemplarisch
aufgeführten - Gesichtspunkt der regionalen Besonderheiten beschränkt, sondern auch aus anderen Gründen zulässig (BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 21/11 R - RdNr 34, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; vgl auch Hess in Kasseler Komm, Stand April 2012,
SGB V, §
87a RdNr 6; Rompf in Liebold-Zalewski, Kassenarztrecht, Stand Mai 2012, §
87a SGB V RdNr C 87a-7). In diesem Zusammenhang hat der Senat bereits entschieden, dass die regionalen Vertragspartner bei der Vereinbarung
von Zuschlägen berücksichtigen dürfen, dass ein Absinken der Vergütung für besonders förderungswürdige Leistungen zu Sicherstellungsproblemen
führen könnte (BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 21/11 R - RdNr 37, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Schließlich steht auch der Umstand, dass der BewA überhaupt keine Vorgaben
nach §
87 Abs
2f SGB V aF gemacht hat, der Vereinbarung von Zuschlägen nicht entgegen, da die gesetzlichen Regelungen dem BewA lediglich die Befugnis
geben, bundesweit geltende Vorgaben für die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten zu machen, das Fehlen solcher Vorgaben
aber regionale Zuschlagsvereinbarungen nicht ausschließt (BSG aaO RdNr 34).
Im Übrigen hätte der (e)BewA dann, wenn es aus seiner Sicht infolge der Anwendung der Euro-Gebührenordnung zu einer unangemessen
niedrigen Vergütung namentlich der belegärztlichen Leistungen gekommen ist, die Möglichkeit gehabt, die Bewertung dieser Leistungen
im Kapitel 36 des EBM-Ä entsprechend anzupassen. Sofern es hierdurch - im Vergleich zu 2008 - dennoch zu regionalen Honorarverlusten
gekommen wäre, dürfte dies in Anbetracht der vom Gesetzgeber gewollten Beseitigung sachlich nicht gerechtfertigter Honorarunterschiede
hinzunehmen sein, sofern nicht regionale Besonderheiten - namentlich in der Kostenstruktur - eine Abweichung gebieten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
VwGO. Danach haben die Beigeladene und der Beklagte die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen, da sie unterlegen sind (§
154 Abs
2 iVm §
159 Satz 1
VwGO).