Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung; Rechtmäßigkeit von Zulassungsbeschränkungen für fachärztliche Internisten mit
Schwerpunkt Pneumologie
Gründe:
I
Der Kläger begehrt die Zulassung als Lungenarzt zur vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen
Vereinigung.
Die Bayerische Landesärztekammer verlieh dem Kläger im Mai 1997 auf der Grundlage der Weiterbildungsordnung (WBO) für die Ärzte Bayerns vom 11.10.1987 gemäß übergangsrechtlicher Bestimmung (§ 22 Abs 2 WBO idF vom 1.10.1993, Beilage zum Bayer. Ärzteblatt Heft 9/1993: Weiterbildung noch unter Geltung der alten WBO begonnen) die Berechtigung zur Führung der zum 1.10.1993 abgeschafften Gebietsbezeichnung "Lungenarzt". Dieser war anschließend
von 1998 bis 2001 an der Universitätsklinik F. in der Abteilung Pneumologie beschäftigt. Seinen Antrag vom Oktober 2003, ihn
in A. in den Räumen des dortigen Meerwasserbades und unter Nutzung eines leerstehenden Hotels als Lungenarzt zur vertragsärztlichen
Versorgung zuzulassen, um dort ein "Konzept zur Errichtung einer akut-medizinischen, internistischen Privatklinik, Schwerpunkt
Pneumologie - Onkologie - Mukoviszidose" zu verwirklichen, lehnten die Zulassungsgremien unter Hinweis auf die bestehende
Überversorgung bei Internisten und auf das Nichtbestehen von Sonderbedarf für Leistungen im Schwerpunkt der Lungenheilkunde
ab (Bescheid des beklagten Berufungsausschusses vom 6.7.2004). Die im Rahmen des anschließenden Klageverfahrens vom Beklagten
im Wege des Vergleichs eingegangene Verpflichtung zur Neubescheidung erbrachte kein anderes Ergebnis (hier angefochtener Bescheid
vom 31.8.2006).
Auf erneute Klage hat das Sozialgericht (SG) den Beklagten zur Zulassung des Klägers verurteilt, da die für Internisten maßgebliche Zulassungssperre auf Lungenärzte
nicht anwendbar sei (Urteil des SG Freiburg vom 12.3.2008). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung des Beklagten
diese Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die für die Niederlassung fachärztlicher Internisten angeordnete Zulassungsbeschränkung
im maßgeblichen Planungsbereich des Landkreises B. gelte nach der Regelung in § 4 Abs 2 Nr 2 und Abs 3 der Bedarfsplanungs-Richtlinie
Ärzte (ÄBedarfsplRL) auch für Lungenärzte. Diesbezüglich vom Schleswig-Holsteinischen LSG im Urteil vom 8.7.1998 (L 4 Ka 15/98)
geäußerte Bedenken seien unberechtigt; die bedarfsplanungsrechtlich verhältnismäßige Feinsteuerung bei inhomogenen Arztgruppen
wie derjenigen der Internisten werde mit Hilfe von Sonderbedarfszulassungen gewährleistet. Ein Sonderbedarf sowohl für internistisch-pneumologische
Behandlungsleistungen als auch für die Behandlung von Mukoviszidose-Patienten bestehe im Landkreis B. nicht. Entsprechende
Behandlungen würden durch zwei im Planungsbereich niedergelassene pneumologisch tätige Internisten, von denen eine Ärztin
noch freie Kapazitäten habe, sowie in Bezug auf Mukoviszidose-Fälle von einem Kinderarzt und einem Allgemeinarzt erbracht
(Urteil des LSG vom 29.10.2008).
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung
der Rechtssache geltend.
II
Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Er hat zwar den Zulassungsgrund grundsätzlicher Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) in einer den Anforderungen des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG entsprechenden Weise dargelegt; mithin ist die Beschwerde zulässig. Es liegen aber nicht alle Voraussetzungen für eine Revisionszulassung
tatsächlich vor.
Die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren
klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR
4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 5 RdNr 3; Nr 13 RdNr 19). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, falls sich
die Antwort auf die Rechtsfrage ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder der bereits vorliegenden höchstrichterlichen
Rechtsprechung ergibt (zur Verneinung der Klärungsbedürftigkeit im Falle klarer Antwort siehe zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr
2 S 6; BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; vgl auch BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f). Diese
Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 sowie BVerfG [Kammer] SozR 4-1500
§ 160a Nr 16 RdNr 4 f).
Nach diesen Maßstäben kommt der vom Kläger sinngemäß aufgeworfenen Rechtsfrage, ob ein Lungenfacharzt unter die Zulassungsbeschränkungen
für Internisten fällt, keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Frage ist auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des
Senats nicht weiter klärungsbedürftig, weil klar mit "ja" zu beantworten.
Allerdings hat der Senat bislang noch nicht ausdrücklich den Rechtssatz aufgestellt, dass Lungenärzte (bzw synonym: Ärzte
für Lungen- und Bronchialheilkunde) nach Maßgabe der bis Anfang der 1990er Jahre geltenden landesrechtlichen WBOen (vgl §
2 Abs 1 Nr 13, § 4 Abs 1 Nr 13 Muster-WBO nach den Beschlüssen des 79. Deutschen Ärztetages, DÄ 1976, 1562, sowie die Neugestaltung der Fachgebiete in § 2 Nr 1 der vom 90. Deutschen Ärztetag beschlossenen Muster-WBO, DÄ 1987, Beilage zu Heft 36) in bedarfsplanungsrechtlichem Sinne der Arztgruppe der an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden
Internisten gemäß Nr 7 Satz 1 Spiegelstrich 7 iVm Satz 2 Spiegelstrich 2 ÄBedarfsplRL (vom 9.3.1993, BAnz Nr 110a vom 18.6.1993,
zuletzt geändert am 21.2.2006, BAnz S 2541) bzw nunmehr gemäß § 4 Abs 1 Nr 7 iVm Abs 2 Nr 2 ÄBedarfsplRL (vom 15.2.2007, BAnz
S 3491, zuletzt geändert am 19.2.2009, BAnz S 1655) zuzuordnen sind. Dies lässt sich jedoch hinreichend deutlich dem Wortlaut
der Regelung in Nr 7 Satz 3 ÄBedarfsplRL aF bzw § 4 Abs 3 ÄBedarfsplRL nF entnehmen. Danach werden "Fachärzte mit Facharztbezeichnungen,
welche nach den geltenden WBOen nicht mehr erworben werden können, der Arztgruppe zugeordnet, der das Gebiet nach dem geltenden
Recht zugeordnet ist (zB Ärzte für Lungen- und Bronchialheilkunde zum Gebiet der Internisten)." Hieraus ergibt sich eindeutig
- ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf - der Regelungswille des Normgebers, insbesondere die auf
der Grundlage der früheren WBOen ausgebildeten Fachärzte mit den Gebietsbezeichnungen "Lungenarzt" oder "Lungen- und Bronchialheilkunde"
bedarfsplanungsrechtlich der Arztgruppe der an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten zuzuordnen.
Grundsätzliche Bedeutung kommt auch nicht der im Vorbringen des Klägers sinngemäß enthaltenen weiteren Rechtsfrage zu, ob
die Einbeziehung pneumologisch tätiger Ärzte in die einheitliche bedarfsplanungsrechtliche Arztgruppe fachärztlich tätiger
Internisten bzw ob überhaupt die Zusammenfassung höchst heterogener internistischer Tätigkeiten unterschiedlicher Schwerpunkte
zu einer einheitlichen Arztgruppe mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Bereits das Schleswig-Holsteinische LSG ist in seinem
Urteil vom 24.6.1997 (L 6 Ka 42/96 - Juris RdNr 31) - anders als der Kläger dies darstellt - davon ausgegangen, dass eine
Zulassungssperre für Internisten rechtswirksam auch Ärzte für Innere Medizin mit Teilgebiet Lungen- und Bronchialheilkunde
erfasst, sodass als Grundlage für eine gleichwohl begehrte Zulassung nur ein Sonderbedarf in Betracht kommt. Auch das LSG
Nordrhein-Westfalen hat dies im Falle eines Internisten mit Schwerpunkt Pneumologie so entschieden (Urteil vom 25.4.2007 -
L 10 KA 48/06 - Juris RdNr 31 f). Das - nicht rechtskräftig gewordene - abweichende Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 8.7.1998
(L 4 Ka 15/98), auf das der Kläger seine Beschwerde maßgeblich stützt, ist hingegen vereinzelt geblieben. Es ist zudem zwischenzeitlich
überholt, da der Senat in seinem Urteil vom 5.11.2008 (B 6 KA 10/08 R - Juris RdNr 14) ebenfalls davon ausgegangen ist, dass in einem Planungsbereich mit Zulassungsbeschränkungen für fachärztliche
Internisten ein Internist mit Schwerpunkt Pneumologie nur bei Vorliegen eines besonderen Versorgungsbedarfs zugelassen werden
kann.
Im Übrigen hat der Senat bereits im Urteil vom 9.6.1999 zu der vergleichbaren Problematik bei der ebenfalls inhomogenen Arztgruppe
der "Nervenärzte" eine Zusammenfassung von "Nur-Neurologen", "Nur-Psychiatern" und von Fachärzten für Neurologie und Psychiatrie
zu der einheitlichen bedarfsplanungsrechtlichen Arztgruppe der "Nervenärzte" gebilligt und darauf hingewiesen, dass gleichwohl
auftretenden Engpässen in der Versorgung gegebenenfalls über Sonderbedarfszulassungen abzuhelfen ist (BSG SozR 3-2500 § 101
Nr 3 S 20). Dasselbe gilt für die heterogene Arztgruppe fachärztlicher Internisten (vgl hierzu Senatsurteil vom 28.1.2009
- B 6 KA 50/07 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 17 RdNr 19). Oberstgerichtlich geklärt ist auch bereits, dass die mit der Zusammenfassung aller fachärztlicher
Internisten in einer bedarfsplanungsrechtlichen Arztgruppe verbundene Generalisierung, Schematisierung und Typisierung auch
im Bereich berufsrechtlicher Regelungen grundsätzlich zulässig ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 16 RdNr 28, mwN auch zur Rspr
des BVerfG; s auch Senatsurteil vom 28.1.2009, aaO, RdNr 15).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Halbsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von §
154 Abs
2 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keine Anträge gestellt haben
(§
162 Abs
3 VwGO). Dies gilt auch für die Beigeladene zu 1., die im Schriftsatz vom 4.3.2009 lediglich ihre Rechtsauffassung dargestellt hat.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus §
197a Abs
1 Satz 1 Halbsatz 1
SGG iVm §
63 Abs
2 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3, § 52 Abs 1, § 42 Abs 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz und entspricht der Festsetzung des Berufungsgerichts, die von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden ist.