Tatbestand
Streitig ist der versicherungsrechtliche Status des Beigeladenen in Bezug auf die gesetzliche Rentenversicherung und nach
dem Recht der Arbeitsförderung in seiner Tätigkeit als am Stammkapital der Klägerin beteiligter Geschäftsführer (Gesellschafter-Geschäftsführer)
für die Zeit vom 04.03.2016 bis 28.02.2018.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GmbH) den Erwerb und die Bebauung von Grundstücken,
insbesondere mit Wohn- und Geschäftsräumen, ferner den Verkauf der bebauten Grundstücke, auch als Wohnungs- und Teileigentum,
sowie den An- und Verkauf von bebauten und unbebauten Grundstücken und schließlich die Planung, Bauleitung und Projektüberwachung
im Zusammenhang mit der Bebauung von Immobilien (§ 3 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages). Sie wurde von drei Gesellschaftern,
darunter dem Beigeladenen, am 14.03.2016 gegründet (Abschluss des Gesellschaftsvertrages an diesem Tag, notarielle Beurkundung
der Errichtung an diesem Tag) und am 04.05.2016 in das Handelsregister eingetragen. Ebenfalls am 04.03.2016 bestellten sich
die drei Gesellschafter einstimmig zu Geschäftsführern, wobei jeder Geschäftsführer zur Vertretung der Gesellschaft einzeln
befugt und von den Beschränkungen des §
181 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) befreit wurde (vgl. Bl. 15 VA). Jeder der Gesellschafter verfügt über den gleichen Anteil am Gesellschaftsvermögen der Klägerin
(8.400,00 EUR = ein Drittel des Stammkapitals, vgl. § 5 Nr. 1 und 2 des Gesellschaftsvertrages).
In § 6 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages ist u.a. vorgesehen, dass die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern durch
einstimmigen Gesellschafterbeschluss erfolgt. Nach § 6 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages bedürfen die Geschäftsführer im Innenverhältnis
der vorherigen Zustimmung durch Gesellschafterbeschluss für alle Geschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb der Gesellschaft
hinausgehen (Satz 1), wobei in Satz 2 bestimmte Geschäfte als hierzu insbesondere zählend aufgeführt sind, u.a. Anschaffung
oder Investitionen, die im Einzelfall über 5.000,00 EUR liegen. In Satz 3 ist geregelt, dass die Gesellschafter mit der für
eine Satzungsänderung erforderlichen Mehrheit beschließen, dass dieser Katalog erweitert oder eingeschränkt wird. Nach § 7
Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages entscheiden die Gesellschafter - soweit nicht zwingend anderes vorgesehen ist - in allen
Angelegenheiten der Gesellschaft durch Beschlussfassung mit der Mehrheit aller Gesellschafter. Nur mit 100% der Stimmen aller
Gesellschafter können nach § 7 Nr. 2 eine Änderung des Gesellschaftsvertrages, die Auflösung der Gesellschaft und (Buchst.
c) die Beschlüsse u.a. nach § 6 des Gesellschaftsvertrages beschlossen werden. Hinsichtlich sämtlicher Einzelheiten wird auf
den Gesellschaftsvertrag Bl. 19 ff. VA Bezug genommen.
Ebenfalls am 04.03.2016 wurde zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen ein Anstellungsvertrag geschlossen, wonach der Beigeladene
alle Funktionen eines Geschäftsführers der Gesellschaft, die im Rahmen der Tätigkeit des Unternehmens anfallen, übernimmt
(§ 1 Nr. 1 des Anstellungsvertrages). § 1 Nr. 4 des Anstellungsvertrages sieht vor, dass für Geschäfte, die über den gewöhnlichen
Geschäftsbetrieb hinausgehen, der Geschäftsführer die Einwilligung der Gesellschafterversammlung einholt, wie im Gesellschaftsvertrag
geregelt. In der Gestaltung seiner Arbeitszeit ist der Beigeladene frei (§ 2 des Anstellungsvertrages). Er kann den Vertrag
mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Halbjahres kündigen, während die Klägerin den Vertrag nur aus wichtigem Grund
kündigen kann (§ 4 Nr. 1 und 2 des Anstellungsvertrages). Als Vergütung erhält der Beigeladene für seine Tätigkeit ein Jahresgehalt
in Höhe von 6.000,00 EUR, das in zwölf gleichen Raten am Ende eines Monats zu zahlen ist und zusätzlich ein dreizehntes Monatsgehalt
(§ 6 Nr. 1 des Anstellungsvertrages) sowie eine Tantieme in Höhe von 15% des handelsrechtlichen Jahresüberschusses (§ 6 Nr.
2 des Anstellungsvertrages). In § 7 des Anstellungsvertrages ist eine Gehaltsfortzahlung u.a. im Krankheitsfall für die Dauer
von einem Monat, in § 8 ein Jahresurlaub von 30 Werktagen in der Fünf-Tage-Woche und in § 9 der Ersatz von Reisekosten und
Spesen vorgesehen. Zur Feststellung der vertraglichen Abreden im Übrigen und hinsichtlich aller Einzelheiten wird auf den
Anstellungsvertrag Bl. 28 ff. VA Bezug genommen. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit des Beigeladenen betrug jedenfalls
anfangs wöchentlich zehn Stunden (Bl. 10 VA). Mit Beschluss aller Gesellschafter-Geschäftsführer vom 01.03.2018 ist in Abänderung
des jeweiligen Anstellungsvertrages für alle Geschäftsführer die monatliche Vergütung mit Wirkung zum 01.03.2018 wegen der
angespannten Liquiditätslage auf 0,00 EUR festgesetzt worden (vgl. Bl. 20 LSG-Akte).
Der Beigeladene betreibt neben dieser Tätigkeit als Geschäftsführer und schon seit 2001 den Verkauf und die Montage von Regalanlagen
und Lagereinrichtungen und den Vertrieb von Industriehallen als Einzelunternehmer (vgl. Bl. 25 f. LSG-Akte) und wird von der
Klägerin für den Aufbau von Stahlbauelementen beauftragt. Hinsichtlich der von ihm erzielten zu versteuernden Einkünfte aus
Gewerbebetrieb wird auf die vorgelegten Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2016 bis 2018 Bezug genommen (Bl. 29 ff. LSG-Akte).
Auch die anderen beiden Gesellschafter-Geschäftsführer sind noch als Einzelunternehmer tätig.
Am 07.12.2017 beantragten die Klägerin und der Beigeladene die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des
Beigeladenen in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin mit dem Ziel, festzustellen, dass keine Beschäftigung vorliege.
Mit getrennten Bescheiden vom 07.01.2018 stellte die Beklagte ausgehend von Beschäftigung fest, dass seit dem 04.03.2016 Versicherungspflicht
in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe, nicht jedoch in der Kranken- und Pflegeversicherung.
Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2018 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 27.06.2018 beim Sozialgericht Heilbronn Klage erhoben und ausgeführt, der Beigeladene habe auf
Grund der satzungsrechtlichen Regelung für alle Geschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb der Gesellschaft hinausgehen,
eine Sperrminorität. Es handle sich um eine sogenannte echte Sperrminorität im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG), da der Beigeladene in der Lage sei, die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen oder zumindest die nicht genehmen Weisungen
der Gesellschafterversammlung zu verhindern. Denn lediglich für Anschaffungen oder Investitionen, die im Einzelfall unter
5.000,00 EUR lägen, bedürfe es keines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses. Damit sei lediglich die Handlungsfähigkeit für
alltägliche Bürogeschäfte gewährleistet.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.03.2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und auf der Grundlage der von ihm zitierten
Ausführungen des BSG im Urteil vom 14.03.2018 (B 12 R 5/16 R) dargelegt, dass für eine Selbstständigkeit von Gesellschafter-Geschäftsführern eine Mindestkapitalbeteiligung von 50%
oder eine "echte" Sperrminorität erforderlich sei. Der selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer müsse eine Einflussmöglichkeit
auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen haben und zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung
verhindern können. Demgegenüber sei eine "unechte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die
erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln. Dementsprechend sei der Beigeladene als abhängig Beschäftigter einzustufen. Sein
Kapitalanteil liege unter 50% und aus dem Gesellschaftsvertrag ergebe sich kein Einstimmigkeitserfordernis für alle Gesellschafterbeschlüsse.
Damit liege keine echte Sperrminorität vor, weil der Beigeladene ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung
nicht umfassend verhindern könne. Seine Sperrminorität sei auf bestimmte Gegenstände begrenzt.
Gegen den ihr am 01.04.2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 30.04.2019 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht
verkenne, dass die Anforderungen an den von der Sperrminorität umfassten Geschäftskreis nicht überspannt werden dürften. Bei
allen Entscheidungen Einstimmigkeit zu fordern, könne in einer GmbH zu großen Problemen bis hin zur Lähmung der Gesellschaft
führen. Deswegen sei im Gesellschaftsvertrag für Anschaffungen oder Investitionen über 5.000,00 EUR eine ausreichend qualifizierte
Sperrminorität geregelt. Anschaffungen oder Investitionen von unter 5.000,00 EUR würden die Geschicke der Gesellschaft nicht
bestimmen, sondern lediglich deren Handlungsfähigkeit gewährleisten.
Nachdem die Klägerin den Gesellschafterbeschluss vom 01.03.2018 "zur Vervollständigung" der Berufungsbegründung im Juli 2019
vorgelegt und der Senat später auf dessen Relevanz für die Frage der Entgeltlichkeit hingewiesen hat, hat die Beklagte im
Wege des von der Klägerin angenommenen Teilanerkenntnisses die angefochtenen Bescheide für die Zeit ab dem 01.03.2018 aufgehoben
und festgestellt, dass seit dem 01.03.2018 keine Versicherungspflicht auf Grund Beschäftigung in den einzelnen Versicherungszweigen
besteht.
Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 28.03.2019 aufzuheben und den Bescheid vom 07.01.2018 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 26.06.2018 abzuändern sowie festzustellen, dass für die Zeit vom 04.03.2016 bis 28.02.2018 auch
in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung keine Versicherungspflicht des Beigeladenen
in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bestand.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz
und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß den §§
143,
144,
151 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach §
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 07.01.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2018, mit dem
die Beklagte, ausgehend von einem Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Beigeladenen und der Klägerin als Geschäftsführer,
Versicherungspflicht des Beigeladenen in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung feststellte.
Soweit die Beklagte in diesen Bescheiden zugleich Versicherungspflicht in der Kranken- und sozialen Pflegeversicherung verneinte,
ist dies - da von der Klägerin, weil ihr günstig, nicht angefochten - nicht Gegenstand des Verfahrens. Für die Zeit ab dem
01.03.2018 hat sich der Rechtsstreit durch das von der Klägerin angenommene Teilanerkenntnis der Beklagten gemäß §
101 Abs.
2 SGG in der Hauptsache erledigt. Zur Prüfung steht damit nur noch der Zeitraum vom 04.03.2016 bis 28.02.2018 und die Frage von
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung auf Grund der Tätigkeit
des Beigeladenen als Geschäftsführer der Klägerin.
Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind - soweit noch Gegenstand des Rechtsstreits
- rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beigeladene stand in der Zeit vom 04.03.2016 bis 28.02.2018
zur Klägerin - bis zur Eintragung in das Handelsregister in Form der sog. Vor-GmbH (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 09.03.1981,
II ZR 54/80) - als Geschäftsführer in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und unterlag entsprechend der Versicherungspflicht in
der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Rechtsgrundlage der Bescheide ist §
7a des
Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB IV). Nach §
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle
oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung
eingeleitet (s. hierzu BSG, Urteil vom 04.09.2018, B 12 KR 11/17 R), wofür hier aber keine Anhaltspunkte bestehen. Zuständig für die Entscheidung über diesen Antrag ist nach §
7a Abs.
1 Satz 3
SGB IV - abweichend von §
28h Abs.
2 Satz 1
SGB IV, der ansonsten die Zuständigkeit der Einzugsstelle begründet - die Beklagte. Sie entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung
aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt (§
7a Abs.
2 SGB IV).
Gegenstand der Prüfung und der Entscheidung der Beklagten ist allerdings - über den Wortlaut der zitierten Regelung hinaus
- nicht die isolierte Entscheidung und Feststellung, ob eine Beschäftigung vorliegt, sondern ob und inwieweit für die einzelnen
Zweige der Sozialversicherung wegen des Vorliegens einer Beschäftigung Versicherungspflicht besteht (BSG, Urteil vom 11.03.2009, B 12 R 11/07 R und Urteil vom 04.06.2009, B 12 R 6/08 R; zum Fall einer gewollten gesonderten, aber unzulässigen Feststellung von Beschäftigung BSG, Urteil vom 26.02.2019, B 12 R 8/18 R; zur Beschränkung der Prüfung auf Versicherungspflicht BSG, Urteil vom 28.09.2011, B 12 R 17/09 R). Nach §
2 Abs.
2 Nr.
1 SGB IV sind in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige
unter anderem Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Entsprechende Regelungen (Versicherungspflicht
von Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind) finden sich für die Arbeitslosenversicherung in §
25 Abs.
1 Satz 1 des
Dritten Buches des Sozialgesetzbuches - Arbeitsförderung - (
SGB III) und für die gesetzliche Rentenversicherung in §
1 Satz 1 Nr. 1 des
Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Rentenversicherung - (
SGB VI). Damit scheidet Versicherungspflicht ab dem 01.03.2018 schon deshalb aus, weil seit diesem Zeitpunkt auf Grund des übereinstimmenden
Beschlusses der Gesellschafter-Geschäftsführer kein Vergütungsanspruch mehr bestand. Dem hat die Beklagte durch das angenommene
Teilanerkenntnis Rechnung getragen. §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV definiert den Begriff der Beschäftigung als nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach Satz
2 der Regelung sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation
des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (u.a. Urteil vom 11.11.2015, B 12 R 2/14 R, auch zum Nachfolgenden; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl.
BVerfG, Beschluss vom 20.05.1996, 1 BvR 21/96) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt
und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit
vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit
über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig
beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich, ausgehend von den genannten Umständen, nach dem Gesamtbild der Tätigkeit
und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen.
Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich zunächst aus dem Vertragsverhältnis
der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Zur Abgrenzung von Beschäftigung
und Selbstständigkeit ist somit regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen - schriftlich
und/oder mündlich - und deren tatsächlicher Umsetzung auszugehen (BSG, Urteil vom 18.11.2015, B 12 RK 16/13 R, auch zum Nachfolgenden). Entsprechend dem (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses
zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere
Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen.
Ausgangspunkt der Prüfung ist somit der Anstellungsvertrag zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen. Dabei gelangt der Senat
zu der Überzeugung, dass zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen ein Beschäftigungsverhältnis vereinbart wurde. Dies folgt
bereits aus der Benennung des Vertrages mit "Anstellungsvertrag" und wird durch die vertraglichen Regelungen, die typisch
für ein Beschäftigungsverhältnis sind, bestätigt. So war eine monatliche Vergütung in Höhe von 500,00 EUR zuzüglich einem
dreizehnten Monatsgehalt und eine Gehaltsfortzahlung u.a. im Krankheitsfall für die Dauer von einem Monat vereinbart. Typische
Bestandteile eines Beschäftigungsverhältnisses sind auch der vereinbarte Jahresurlaub von 30 Werktagen sowie der vereinbarte
Ersatz von Reisekosten und Spesen (§ 9 des Anstellungsvertrages). Zwar ist in § 2 des Anstellungsvertrages geregelt, dass
der Geschäftsführer in der Gestaltung seiner Arbeitszeit frei ist. Indessen tritt diese Regelung in der erforderlichen Abwägung
hinter die dargestellten, für abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände zurück, nicht zuletzt deshalb, weil die wöchentliche
Arbeitszeit vom Beigeladenen für die Klägerin mit ca. zehn Wochenstunden veranschlagt worden ist. Bei derart geringer Arbeitszeit
und der Art der Tätigkeit (Geschäftsführung) ist eine Freiheit in der zeitlichen Gestaltung zur Abwicklung sämtlicher Geschäfte
unabdingbar und schließt pauschale Vorgaben deshalb aus.
Aus den tatsächlichen Umständen ergeben sich keine Gesichtspunkte, die eine andere Entscheidung zuließen.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides auf der Grundlage der Rechtsprechung
des BSG zutreffend dargelegt, dass es bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von Geschäftsführern einer GmbH darauf ankommt,
ob eine Beteiligung am Gesellschaftskapital der GmbH vorliegt (Gesellschafter-Geschäftsführer). Selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer
müssen über eine Mindestkapitalbeteiligung von 50% oder eine echte Sperrminorität verfügen und so eine Einflussmöglichkeit
auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen haben und ihnen nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern
können. Demgegenüber ist eine unechte, weil auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche
Rechtsmacht zu vermitteln. Ausgehend hiervon hat das Sozialgericht zutreffend erkannt, dass der Kapitalanteil des Beigeladenen
keine echte Sperrminorität vermittelt, weil der Beigeladene ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung nicht
umfassend verhindern kann. Seine Sperrminorität ist auf bestimmte Gegenstände begrenzt. Der Senat sieht daher insoweit von
einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung gemäß §
153 Abs.
2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die Einwände der Klägerin gegen die Ausführungen des Sozialgerichts greifen nicht durch. Sie beruft sich im Wesentlichen auf
§ 7 Nr. 2 Buchst. c i.V.m. § 6 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages und somit darauf, dass Beschlüsse der Gesellschafterversammlung
in Bezug auf die in § 6 Nr. 3 aufgeführten Geschäfte nur mit 100% der Stimmen gefasst werden können. Indessen handelt es sich
insoweit - wie vom Sozialgericht zutreffend dargelegt - nicht um eine echte Sperrminorität, weil sie nicht die gesamte Unternehmenstätigkeit
erfasst.
Nach der auch von der Klägerin herangezogenen Rechtsprechung des BSG ist bei einem Minderheitsgesellschafter, der zugleich für die GmbH auf Grund vertraglicher Vereinbarung tätig ist, eine umfassende,
die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität erforderlich, damit keine Beschäftigung vorliegt (neben dem vom
Sozialgericht herangezogenen Urteil siehe auch Urteile vom 14.03.2018, B 12 R 13/17 R und B 12 KR 13/17 R sowie Urteil vom 19.09.2019, B 12 R 25/18 R: "allumfassend auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft" bezogen). Werden dagegen im Gesellschaftsvertrag in Bezug auf
die Sperrminorität einzelne Geschäfte aufgeführt, bedeutet dies, dass nicht aufgeführte Geschäfte keiner Sperrminorität unterliegen.
Dementsprechend ist in § 6 Nr. 3 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages auch vorgesehen, dass der voranstehende Katalog von zustimmungspflichtigen
Geschäften, für die der Beigeladene über eine Sperrminorität verfügt, erweitert oder eingeschränkt werden kann. Auch dieser
Beschluss bedarf der Einstimmigkeit (vgl. § 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesellschaftervertrages). Dies bedeutet im Ergebnis, dass
der Beigeladene für nicht enumerativ aufgeführte Geschäfte Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nicht verhindern kann.
Dies gilt beispielsweise für die Einstellung bzw. Kündigung von Mitarbeitern, wobei insoweit die Wertgrenze von 5.000,00 EUR,
wie sie für die Anschaffungen oder Investitionen festgelegt ist (§ 7 Nr. 3 Buchst. d des Gesellschaftsvertrages), ohne Weiteres
überschritten sein kann.
Ohnehin ist das Zustimmungserfordernis der Gesellschafterversammlung in § 6 Nr. 3 nur für Geschäfte, die über den gewöhnlichen
Betrieb der Gesellschaft hinausgehen, vorgesehen. Dies bedeutet zugleich, dass Geschäfte des gewöhnlichen Betriebes keiner
Zustimmung bedürfen. Auch wenn eine solche Zustimmung dann nicht erforderlich ist, schließt sie Beschlüsse der Gesellschafterversammlung
über die Erteilung von Weisungen für Geschäfte des gewöhnlichen Betriebes gerade nicht aus. Denn nach § 37 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) sind die Geschäftsführer der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche u.a. durch die
Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind. Dies bedeutet eine umfassende und grundsätzliche Weisungsunterworfenheit der
Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftern der GmbH. Solche Gesellschafterbeschlüsse sind dann gemäß § 7 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages
mit der Mehrheit der Stimmen zu fassen, sodass der Beigeladene diese Beschlüsse nicht hindern kann. Dies würde insbesondere
für Gesellschafterbeschlüsse zu Ort, Zeit und konkreter Dauer der Tätigkeit des Beigeladenen, über Anweisungen zur Teilnahme
an bestimmten geschäftlichen Besprechungen oder über die Art der Ausführung bestimmter Geschäfte der laufenden operativen
Tätigkeit im Rahmen des gewöhnlichen Betriebes gelten, z.B. die Auswahl des anzuschaffenden Büromaterials oder sonstiger,
für den Betrieb erforderlicher Materialien.
Entgegen der Auffassung der Klägerin muss die umfassende Sperrminorität also die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassen (BSG, Urteile a.a.O.) und damit alle Angelegenheiten (so die Formulierung im Urteil vom 29.06.2016, B 12 R 5/14 R und im Urteil vom 19.09.2019, B 12 R 25/18 R: "allumfassend auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft"). Selbst die Sperrminorität in Bezug auf die eigene Kündigung
reicht insoweit nicht aus (BSG, Urteil vom 29.06.2016, B 12 R 5/14 R).
Soweit die Klägerin meint, das Urteil des BSG vom 29.06.2016 sei insoweit nicht einschlägig, weil die dortige Minderheitsgesellschafterin nur Angestellte, nicht Geschäftsführerin
gewesen sei, verkennt sie, dass die Frage der Verhinderung von Weisungen auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Stellung nicht
davon abhängig ist, in welchem schuldrechtlichen Verhältnis der für die GmbH Tätige zur GmbH steht und dass das BSG in den Urteilen vom 14.03.2018 sowie jenem vom 19.09.2019 auch für Gesellschafter-Geschäftsführer entschieden hat, dass die
Sperrminorität die gesamte Unternehmenstätigkeit umfassen muss.
Soweit die Klägerin in der Berufung ausführt, die Anforderungen an den von der Sperrminorität umfassten Geschäftskreis dürften
nicht überspannt werden, geht dies angesichts der dargelegten Rechtsprechung des BSG ins Leere. Die Frage, ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer abhängig oder selbstständig tätig ist, richtet sich nicht nach
den Anforderungen an die Handlungsfähigkeit der GmbH aus ihrer Sicht.
Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass der Beigeladene die eigene Abberufung als Geschäftsführer verhindern könne (§ 6
Nr. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages), ändert dies nichts daran, dass er Gesellschafterbeschlüsse in Bezug auf Zeit, Dauer,
Umfang und Ort seiner Tätigkeit nicht verhindern kann (so auch BSG, Urteil vom 29.06.2016, B 12 R 5/14 R zur Fallkonstellation, die Kündigung des eigenen Anstellungsvertrages hindern zu können). Hieran ändert auch die Möglichkeit
freier Gestaltung der Arbeitszeit nach § 2 des Anstellungsvertrages nichts. Denn abgesehen von der jedenfalls Umfang und Ort
der Tätigkeit nicht erfassenden Regelung, schränkt diese schuldrechtliche Vereinbarung die gesellschaftsrechtlichen Befugnisse
der Gesellschafterversammlung nicht ein (vgl. Beschluss des Senats vom 19.07.2019, L 10 BA 282/19, m.w.N., in juris). Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass der Beigeladene im Falle seiner Entlassung bzw. Kündigung
wegen Pflichtverletzung nach § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG vom Stimmrecht ausgeschlossen wäre (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 27.04.2009, II ZR 167/07).
Soweit sich die Klägerin zuletzt auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 01.10.2019, II ZR 386/17) berufen hat, verkennt sie, dass die hier zu beurteilende Frage des Vorliegens von Beschäftigung und damit der Versicherungspflicht
auf Grund der Rechtsprechung der für diese Fragen zuständigen Sozialgerichte, und damit des Bundessozialgerichts, zu beantworten
ist und nicht entsprechend der Rechtsprechung des BGH zur Problematik, ob und wann ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer
GmbH eine arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des
Betriebsrentengesetzes ist. Daher sind der vom BGH angeführte Aspekt (Zusammenrechnung von Anteilen mehrerer Gesellschafter-Geschäftsführer zur
Frage, ob eine Sperrminorität des einzelnen Gesellschafter-Geschäftsführers anzunehmen ist) im vorliegenden Rahmen ohne Bedeutung.
Im Übrigen hat das BSG bereits entschieden, dass zwischen dem Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des Arbeitsrechtes und des Beschäftigten im Sinne
des Sozialversicherungsrechtes kein Gleichklang besteht (u.a. Urteil vom 04.06.2019, B 12 R 11/18 R), u.a. weil im Sozialversicherungsrecht auch die Belange der Solidargemeinschaft der Pflichtversicherten zu berücksichtigen
sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a SGG i.V.m. §
155 Abs.
1 und 4 der
Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO), in Bezug auf den Beigeladenen i.V.m. §§
154 Abs.
3,
162 Abs.
3 VwGO. §
156 VwGO (keine Kostentragung durch die Beklagte bei sofortigem Anerkenntnis) ist nicht anwendbar, weil die Beklagte das Teilanerkenntnis
nicht sofort nach Bekanntwerden des Gesellschafterbeschlusses vom 01.03.2018 abgegeben hat, sondern auch nach Übersendung
davon ausgegangen ist, dass sich daraus keine wesentlich neuen Erkenntnisse ergäben (Schriftsatz vom 09.09.2019). Da die Klägerin
den Gesellschafterbeschluss vom 01.03.2018 aber erst im Berufungsverfahren vorgelegt hat, verbleibt es bei der Kostenentscheidung
des Sozialgerichts (§
155 Abs.
4 VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.