Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen nebst Umlagen betr. die Tätigkeit der Beigeladenen
zu 1) - 10) für ihn in der Zeit vom 01.01.2011 - 31.12.2014 i.H.v. 30.421,15 EUR. Der Kläger ist Inhaber eines Transport-
und Logistikunternehmens. Im Jahr 2011 waren für ihn nach seinen eigenen Angaben ca. 50 fest angestellte Fahrer tätig. Die
Fahrzeugflotte umfasst ca. 40 Fahrzeuge. Für den Kläger sind in der Zeit vom 01.01.2011 - 31.12.2014 u.a. die Hrn. M. S. ,
V. N. , H. P. , R. D. I. , J. M. R. , H. P. , R. S. , A. M. , H. B. und K. K. , die späteren Beigeladenen zu 1) - zu 10),
tätig geworden. Anlässlich einer Betriebsprüfung im Zeitraum vom 06.10.2015 - 11.01.2016 führte die Beklagte schriftliche
Befragungen der Beigeladenen durch. Mit Ausnahme des Beigeladenen zu 1), der mit dem Kläger einen Dienstleistungsvertrag geschlossen
hatte, den er mit dem 19.05.2011 gekündigt hatte, gaben die Beigeladenen durchgängig an, dass für ihre Tätigkeit als (Aushilfs-)Kraftfahrer
bzw. Kurierfahrer kein schriftlicher Vertrag geschlossen worden sei und sie telefonisch, auftragsbezogen, für die Tätigkeit
herangezogen worden seien. Eine Verpflichtung des Klägers, die Beigeladenen zu beauftragen habe ebenso wenig bestanden, wie
eine Verpflichtung der Beigeladenen, die ihnen angetragenen Aufträge anzunehmen. Teilweise ist mitgeteilt worden, dass ihnen
eine Tour-Route ausgehändigt worden sei. Sie gaben ferner an, jeweils Rechnungen an den Kläger gestellt zu haben, in denen
die Übernahme einer Tour pauschal oder nach den geleisteten Stunden (zu einem Stundensatz zwischen 8,00 EUR und 10,00 EUR)
vergütet worden sei. Ferner gaben sie an, ihnen sei vom Kläger ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt worden. Ihnen sei jeweils
die zu absolvierende Tour vorgegeben gewesen. Überwiegend haben die Beigeladenen angegeben, kein unternehmerisches Risiko
getragen zu haben, wobei vereinzelt hierzu angeführt worden ist, ein dementsprechendes Risiko habe in der Haftung für Schäden
an den Fahrzeugen (i.H.d. Selbstbeteiligung) gelegen. Die Beigeladenen legten hierzu auch die von ihnen an den Kläger gestellten
Rechnungen vor. Im Rahmen der Betriebsprüfung sichtete die Beklagte auch die buchhalterischen Unterlagen des Klägers.
Nach Anhörung des Klägers (Schreiben vom 11.01.2016), entschied die Beklagte mit Bescheid vom 06.04.2016, dass ein Betrag
i.H.v. 30.421,15 EUR nachgefordert werde. Begründend führte sie aus, dass die Betriebsprüfung ergeben habe, dass die Beigeladenen
zu 1) - 10) aufgrund einer abhängigen Beschäftigung versicherungspflichtig seien. Die Auswertung der vorliegenden Unterlagen
habe ergeben, dass die Auftragnehmer als Fahrer ausschließlich für den Kläger tätig seien und kein Eigenkapital einsetzten.
Die für die Ausführung notwendigen Fahrzeuge würden durch den Kläger zur Verfügung gestellt. Gewerbeanmeldungen lägen zwar
vor, bezögen sich jedoch nicht auf Kurier- oder Transportdienste. Die Beigeladenen beschäftigten keine eigenen Arbeitnehmer.
Es bestehe kein Anspruch auf Urlaub oder Lohnfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit. Ebenso könnten Aufträge abgelehnt werden
und bei Verhinderung werde keine Ersatzkraft bestellt. Zwar sei die für die Beigeladenen bestehende Möglichkeit, Aufträge
anzunehmen oder abzulehnen ein Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Nehme der Auftragnehmer jedoch das
ihm angetragene Angebot an, übe er die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit aus und werde nicht allein wegen der grundsätzlich
bestehenden Ablehnungsmöglichkeit zum selbstständig Tätigen. Für die Beurteilung der ausgeübten Tätigkeit sei es unerheblich,
dass die Beigeladenen zu 2), zu 3), zu 4), zu 5), zu 8) und zu 9) und zu 10) in anderen Bereichen selbstständig tätig seien.
Die Beigeladenen hätten als Fahrer in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger gestanden und unterlägen daher der Versicherungspflicht
in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach den Recht der Arbeitsförderung. Die Beiträge würden nunmehr, nebst
den Umlagen U1 und U 2 sowie der Insolvenzgeldumlage, nachgefordert. In der Anlage zum Bescheid schlüsselte die Beklagte die
Nachforderung für jeden der späteren Beigeladenen betragsmäßig auf.
Hiergegen erhob der Kläger am 25.04.2016 Widerspruch. Er führte hierzu aus, dass die von der Beklagten für die Annahme abhängiger
Beschäftigungsverhältnisse herangezogenen Merkmale, das fehlende Eigenkapital, die bestehenden Gewerbeanmeldungen, der Nichteinsatz
eigener Mitarbeiter und das Nichtstellen einer Ersatzkraft nicht verfingen. Das Gesamtbild der Tätigkeit der Beigeladenen
spreche vielmehr für eine selbstständige Tätigkeit. So hätten alle Beigeladenen über eigene Geschäftspapiere verfügt, hätten
Daten in einschlägigen Gewerberegistern im Internet hinterlegt und Werbung für das eigene Unternehmen betrieben. Es sei ihnen
im Verhältnis zum Kläger möglich gewesen, von anderen Auftraggebern Aufträge anzunehmen. Die Abrechnungen erfolgten überwiegend
pauschal pro Auftrag; soweit nach Stunden abgerechnet worden sei, seien Pausen und Wartezeiten herausgerechnet worden, weswegen
auch Stundenabrechnungen einen pauschalen Charakter aufwiesen. Der Stundensatz liege auch erkennbar über dem Stundensatz eines
angestellten Arbeitnehmers. Den Beigeladenen habe es freigestanden, Aufträge des Klägers anzunehmen oder abzulehnen. Eine
persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zum Kläger habe nicht bestanden. Den Beigeladenen sei lediglich vorgegeben gewesen,
das Transportgut an einem definierten Tag von A nach B zu befördern. Zwar hätten die Beigeladenen Fahrzeuge des Klägers genutzt,
dies jedoch nur, um einen einheitlichen Außenauftritt zu gewährleisten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers unter der Begründung, dass nach einer
Gesamtwürdigung aller Umstände die, die für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) - 10) sprächen, überwögen,
zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 28.07.2017 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Unter Wiederholung und Vertiefung des Vorbringens im Widerspruchsverfahrens hat der Kläger betont, dass die Beigeladenen
zu 1) - 10) ein unternehmerisches Risiko zu tragen gehabt hätten, da sie eine Vielzahl von Leistungen am Markt anböten, weswegen
nicht auf ein Eigenkapital abzustellen sei, sondern darauf, was sie insgesamt für ihr Unternehmen am Markt einsetzten. Die
Beigeladenen erhielten vom Auftraggeber ein Angebot, welches erst durch Annahme zu einer vertraglichen Verpflichtung werde;
die Bindung trete mit dem Vertragsschluss ein. Erst der Vertragsschluss schaffe den rechtlichen Zwang, den Auftrag auszuführen.
Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den angefochtenen Bescheid entgegengetreten. Sie hat betont, die Vergütung sei
überwiegend in Form eines festgelegten Stundenlohns und damit in Form einer definierten Entlohnung für eine bestimmte Arbeit
erfolgt; eine Gleichstellung mit einem unternehmerischen Risiko liege nicht vor. Eine Eingliederung der Beigeladenen zu 1)
- 10) in die Betriebsstruktur des Klägers ergebe sich bereits aus der Tatsache, dass die Beigeladenen wegen des einheitlichen
Außenauftritts für die Auftragsausübung auf die Fahrzeuge des Klägers angewiesen gewesen seien.
Mit Beschluss vom 17.04.2018 hat das SG die Hrn. M. S. , V. N. , H. P. , R. D. I. , J. M. R. , H. P. , R. S. , A. M. , H. B. und K. K. notwendig zum Verfahren beigeladen.
Mit Urteil vom 03.05.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid
vom 27.05.2014 (gemeint: 28.06.2017) verwiesen (§
136 Abs.
3 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und ergänzend ausgeführt, dass die Tätigkeit eines Lastkraftwagenfahrers bei Fahrten, die er mit einem fremden LKW
durchführt, regelmäßig als abhängige Beschäftigung einzustufen sei. Dies gelte auch dann, wenn sie daneben, für andere Fahrten
und Aufträge, über ein eigenes Fahrzeug verfügten. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Beigeladenen zu 1) - 10) teilweise
konkrete Routenvorgaben erhalten hätten und der Kläger teilweise selbst Ladungssicherungskontrollen durchgeführt habe und
hiernach seitens des Klägers direkt auf die Art der Auftragsausführung Einfluss genommen worden sei.
Gegen das ihm am 04.06.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.07.2018 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg
eingelegt. Er halte, so der Kläger begründend, an seiner Auffassung, die Tätigkeiten seien nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis
erbracht worden, fest. Der vom SG aufgestellte Rechtssatz, die Tätigkeit eines Lastkraftwagenfahrers sei, wenn er die Fahrten in einem fremden LKW durchführe,
regelmäßig als abhängige Beschäftigung einzustufen, stehe der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), maßgeblich für die Beurteilung sei das tatsächlich gelebte Vertragsverhältnis, entgegen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 03.05.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06.04.2016 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 28.06.2017 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt hierzu unter Verweis auf den Inhalt des Bescheides vom 06.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
28.06.2017 aus, das angefochtene Urteil des SG sei rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger die von ihm als "Rechtssatz" benannten Entscheidungsgründe angreife,
verkenne dies bereits, dass das SG mit der Formulierung "regelmäßig" deutlich gemacht habe, dass Ausnahmen möglich seien und deswegen kein Widerspruch zur Rechtsprechung
des BSG anzunehmen sei.
Mit Beschluss vom 16.07.2020 hat der Senat die für die Beigeladenen zu 1) - zu 10) zuständigen Sozialversicherungsträger zum
Verfahren beigeladen.
Die Beigeladenen haben sich auch im Berufungsverfahren nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei
der Beklagten geführte Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 22.07.2020 geworden sind, sowie das
Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.07.2020 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (§
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§
143,
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einem streitigen Nachforderungsbetrag von 30.421,15 EUR den erforderlichen
Betrag von 750,- EUR übersteigt, und auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung führt jedoch für den Kläger inhaltlich nicht zum Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 06.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2017, mit dem die Beklagte
den Kläger zur Nachentrichtung von Beiträgen zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung sowie Umlagen i.H.v.
insg. 30.421,15 EUR für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) - 10) in der Zeit vom 01.11.2011 - 31.12.2014 herangezogen hat.
Der angefochtene Bescheid beruht auf § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV). Hiernach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen
Pflichten nach dem
SGB IV, die in Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insb. die Richtigkeit
der Beitragszahlung und der Meldungen (§
28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Im Rahmen der Prüfung erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht
und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich
der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (§ 28p Abs. 1 Satz 5
SGB IV; vgl. zur Zuständigkeit für den Erlass von Nachforderungsbescheiden auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss
vom 29.07.2010 - L 11 R 2595/10 ER-B -, in juris).
Versicherungspflichtig in der Krankenversicherung nach §
5 Abs.
1 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V), in der Rentenversicherung nach §
1 Satz 1 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach §
25 Abs.
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III) und in der Pflegeversicherung nach §
20 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (
SGB XI) sind gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen.
Die hierzu korrespondierende Pflicht des Arbeitgebers zur anteiligen Tragung der Beiträge folgt aus §
249 Abs.
1 SGB V, §
168 Abs.
1 Nr.
1 SGB VI, §
346 Abs.
1 Satz 1
SGB III und §
58 Abs.
1 Satz 1
SGB XI. Die Verpflichtung zur Tragung der Umlage 1 (Ausgleich für Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall)
und der Umlage 2 (Leistungen des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld) folgt aus § 7 Abs. 1 des Gesetzes über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung, die zur Tragung der Insolvenzgeldumlage aus §
359 Abs.
1 Satz 1
SGB III.
Nicht versicherungspflichtig nach §
5 Abs.
1 Nr.
1 oder Nr.
5 - Nr.
12 SGB V ist, wer hauptberuflich selbstständig erwerbstätig ist. Versicherungsfrei in der gesetzlichen Krankenversicherung und der
Arbeitslosenversicherung (§
7 SGB V und §
27 Abs.
2 SGB III) ist auch, wer eine geringfügige Beschäftigung nach §§
8,
8a SGB IV ausübt. Die Pflicht zur Tragung von Beiträgen bei einer geringfügigen Beschäftigung folgt aus §
249b Abs.
1 Satz 1
SGB V.
Grundvoraussetzung für die Pflicht zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen ist das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses.
Gemäß §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insb. in einem Arbeitsverhältnis. Auch wenn §
7 SGB IV im Regelfall zwar an ein wirksames Arbeitsverhältnis anknüpft, ist das Vorliegen eines Arbeitsvertrages oder dessen Wirksamkeit
aber nicht zwingend für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses (vgl. BT-Drs. 7/4122 zu § 7).
Die Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, richtet sich ausschließlich nach dem materiellen Sozialversicherungsrecht;
es steht nicht zur (vertraglichen) Disposition der Beteiligten. Der Wille der Beteiligten kann weder die Beklagte noch die
Gerichte für die nach Maßgabe des §
7 Abs.
1 SGB IV vorzunehmende statusrechtliche Beurteilung binden. Der Wille der Beteiligten stellt lediglich ein Indiz für das Vorliegen
einer selbstständigen Erwerbstätigkeit dar, das im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen ist (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R -; Urteile vom 29.07.2015 - B 12 R 1/15 R - und - B 12 KR 23/13 R -, alle in juris).
Für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber
persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist das der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb
eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers
unterliegt (vgl. §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit
über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko
gekennzeichnet (vgl. etwa BSG, Urteil vom 29.08.2012, - B 12 KR 25/10 R -, Urteile vom 29.07.2015, - B 12 R 1/15 R und B 12 KR 23/13 R, Urteil vom 18.11.2015, - B 12 KR 16/13 R -; Urteil vom 14.03.2018 - B 12 KR 13/17 R -, alle in juris).
Ausgangspunkt der Prüfung sind die (der jeweiligen Tätigkeit zugrundeliegenden) Vereinbarungen, die die Beteiligten - schriftlich
oder ggf. auch nur mündlich - getroffen haben. Diese Vereinbarungen dürfen nicht unwirksam, insb. nicht als Scheingeschäft
i.S.d. §
117 Bürgerliches Gesetzbuch zu qualifizieren sein. Auf Grundlage der getroffenen Vereinbarung ist sodann das Rechtsverhältnis - wertend - dem Typus der
Beschäftigung oder dem einer selbstständigen Tätigkeit zuzuordnen, wobei zu berücksichtigen ist, ob besondere (tatsächliche)
Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2015, - B 12 KR 16/13 R -; Urteile vom 29.07.2015, - B 12 R 1/15 R - und - B 12 KR 23/13 R -, Urteil vom 14.03.2018 - B 12 KR 13/17 R - alle in juris). Die Zuordnung erfolgt nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung, wobei nach der Rechtsprechung des BSG eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden
Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall vorzunehmen ist. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft
erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist
in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam
einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung
(innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt,
in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau
nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (so BSG, Urteile vom 24.05.2012, - B 12 KR 14/10 R - und - B 12 KR 24/10 R -, beide in juris).
Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend ist der Senat, wie das SG, der Überzeugung, dass die Beigeladenen zu 1) - zu 10) in der Zeit vom 01.01.2011 - 31.12.2014 für den Kläger in abhängigen
Beschäftigungsverhältnissen tätig geworden sind.
Die Beigeladenen haben tatsächlich Arbeitsleistungen erbracht, die dem Kläger zu Gute gekommen sind. Hierbei waren sie zur
Überzeugung des Senats in den Betrieb des Klägers eingegliedert und unterlagen dessen Weisungsrecht betr. Zeit, Dauer, Ort
und Art der Arbeitsleistung. Weisungsgebunden arbeitet, wer - im Umkehrschluss zu § 84 Abs. 1 Satz 2 Handelsgesetzbuch - nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Die Einschränkungen der Gestaltungsfreiheit
müssen nicht auf einzelnen Anordnungen des Arbeitgebers beruhen. Vielmehr kann die Weisungsbefugnis - vornehmlich aber nicht
ausschließlich - bei Diensten höherer Art zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Eine dienende Teilhabe
am Arbeitsprozess im Sinne abhängiger Beschäftigung liegt i.d.R. vor, wenn das Arbeitsziel und der betriebliche Rahmen von
dem Auftraggeber gestellt oder auf Rechnung des Arbeitgebers organisiert werden. Sie kann selbst dann noch gegeben sein, wenn
lediglich der Geschäfts- oder Betriebszweck vorgegeben und es dem Beschäftigten überlassen wird, welche Mittel er zur Erreichung
der Ziele einsetzt (vgl. Segebrecht, in: jurisPK-
SGB IV, 3. Aufl. 2016, §
7 Rn. 87 ff. m.w.N.). Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind erst dann ein aussagekräftiges
Indiz für Selbstständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens einer derartigen dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess
zu verorten sind und insb. eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können.
Hingegen ist die Tätigkeit noch Teil der dienenden Teilhabe, wenn sich beispielsweise Arbeitsort und/oder Arbeitszeit bereits
aus "der Natur der Tätigkeit" ergeben, also aus den mit der vertraglich vereinbarten Tätigkeit verbundenen Notwendigkeiten
(BSG, Urteil v. 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R -, in juris, dort Rn. 29 ff.). Der betriebliche Rahmen i.d.S. wird bei einer Fahrertätigkeit auch und insb. dadurch bestimmt,
dass bzw. ob ein Fahrer für die von ihm zu verrichtenden Aufgaben ein eigenes Kraftfahrzeug nutzt. Obschon die Tätigkeit als
Lkw-Fahrer sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19.08.2003 - B 2 U 38/02 R - und vom 22.06.2005 - B 12 KR 28/03 R -; Urteil des erkennenden Senats vom 05.04.2006 - L 5 KR 5313/04 -, alle in juris) als auch im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 27.11.1980 - 8a RU 26/80 -; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.09.2007 - L 5 R 5/06 -; Bayerisches LSG, Urteil vom 17.11.2006 - L 5 KR 293/05 -, alle in juris) ausgeübt werden kann, ist für die Statusabgrenzung daher sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
(BAG) als auch nach der Rechtsprechung des BSG maßgebend, ob ein eigenes Fahrzeug genutzt wird (BSG, Urteil vom 22.06.2005 - B 12 KR 28/03 R -; Urteil vom 19.08.2003 - B 2 U 38/02 R - beide in juris). Wird dagegen kein eigenes Transportmittel benutzt, spricht dies entscheidend für eine Eingliederung in
den Betrieb des Auftraggebers. In einem solchen Fall hat der Fahrer weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, Fahrten
auf eigene Rechnung für andere Kunden durchzuführen. Hierbei ist wiederrum einzig auf die einzelnen Arbeitseinsätze abzustellen
(BSG, Urteil vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R -, in juris, dort Rn. 26). Ob er hingegen auch für andere Auftraggeber tätig war, ist nicht entscheidend. Abzustellen ist
daher nur auf die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) - 10) für den Kläger im hier streitigen Zeitraum. Da die Beigeladenen hierbei
ausschließlich im Eigentum des Klägers stehende Fahrzeuge genutzt haben, ist bereits deswegen von einer Eingliederung in die
Arbeitsorganisation des Klägers auszugehen. Überdies erfolgten die jeweiligen Fahrten der Beigeladenen zum Zwecke der Erfüllung
einer jeweils vom Kläger gegenüber seinen Auftraggebern übernommenen Verpflichtung, um dessen Verdienstchancen zu realisieren.
Die Tätigkeit der Beigeladenen diente hiernach dem betrieblichen Interesse des Klägers, weswegen der Senat davon überzeugt
ist, dass die Beigeladenen in die betriebliche Organisation des Klägers eingegliedert gewesen sind. Da ihnen auch kraft der
Natur des Auftrages vorgegeben gewesen ist, welche Touren sie zu fahren haben und welche Güter geliefert bzw. bewegt werden
müssen, bestand auch eine Weisungsgebundenheit der Beigeladenen gegenüber dem Kläger. Darauf, dass der Kläger bei einzelnen
Beigeladenen darüber hinaus auch Ladungskontrollen durchgeführt hat, kommt es nicht entscheidungserheblich an, weshalb weitere
Feststellungen hierzu entbehrlich sind.
Die Beigeladenen hatten mit ihren Tätigkeiten für den Kläger auch kein maßgebliches unternehmerisches Risiko zu tragen. Maßgebendes
Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr
des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel mithin ungewiss ist und diesem
Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen
(BSG, Urteil vom 25.04.2012, - B 12 KR 24/10 R -, in juris). Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem
Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen bzw. keine Entlohnung zu erhalten. Die Beigeladenen haben kein eigenes
Kapital eingesetzt. Auch erfolgte der Einsatz ihrer Arbeitskraft nach Annahme des Antrags nicht unter der Gefahr eines Verlustes,
da die Vergütung nach festen Stundensätzen bzw. pauschal erfolgte. Im Übrigen gingen, selbst wenn man vorliegend ein unternehmerisches
Risiko darin erblicken könnte, dass die Beigeladenen für Schäden an den Fahrzeugen bis zur Selbstbeteiligung gehaftet haben,
für die Beigeladenen damit jedenfalls keine größeren Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs der Tätigkeit
einher.
Für abhängige Beschäftigungen spricht ferner auch, dass die Beigeladenen am Markt nicht als selbstständige Unternehmer, sondern
als Teil des Betriebes des Klägers aufgetreten sind. I.d.S. ist klägerseits angeführt worden, dass die Nutzung firmeneigener
Kraftfahrzeuge zwecks eines einheitlichen Erscheinungsbildes erfolgt sei.
Der Umstand, dass die Beigeladenen überwiegend ein Gewerbe angemeldet hatten, ist vorliegend ohne maßgebliche Aussagekraft.
Eine Gewerbeanmeldung kann nicht als wesentliches Indiz dafür herangezogen werden, dass jemand selbstständig tätig gewesen
ist, denn eine Überprüfung durch das Gewerbeaufsichtsamt hinsichtlich des Vorliegens einer Beschäftigung findet nicht statt.
Die Anmeldung eines Gewerbes und die Vergütung in Form von Rechnungen setzen eine selbstständige Tätigkeit voraus, begründen
aber für sich allein keine solche.
Auch die Vorenthaltung bzw. Nichtinanspruchnahme von gesetzlichen Rechten - bezahlter Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
- macht den Arbeitnehmer nicht zum selbstständig erwerbstätigen Unternehmer; die Rechtsfolgen einer Beschäftigung ergeben
sich aus dem Gesetz und sind nicht abdingbar.
Für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung der streitgegenständigen Tätigkeit sind weitere Tätigkeiten der Beigeladenen
für andere Auftraggeber unerheblich. Hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht bei Ausübung bestimmter Tätigkeiten findet
grundsätzlich eine tätigkeitsbezogene und nicht eine personenbezogene Beurteilung statt. Bei einer Mehrheit von Tätigkeiten
ist jede Tätigkeit in statusrechtlicher Hinsicht gesondert zu würdigen (allgemeines Gebot isolierter sozialversicherungsrechtlicher
Betrachtung - vgl. BSG, Urteil vom 04.11.2009, - B 12 R 7/08 R -, in juris).
Da schließlich der Wille des Klägers und der Beigeladenen, jeweils kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründen zu wollen,
vorliegend lediglich ein Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit darstellt, das im Rahmen der Gesamtabwägung
wegen der ausgeprägten Eingliederung der Beigeladenen in den Betrieb des Klägers und des fehlenden maßgeblichen unternehmerischen
Risikos, jedoch nicht dazu führt, eine selbstständige Tätigkeit anzunehmen, erfolgte die Tätigkeiten der Beigeladenen für
den Kläger vom 01.01.2011 - 31.12.2014 im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse, weswegen unter Berücksichtigung geringfügiger
Beschäftigungen bei den Beigeladenen zu 2) - zu 6) und zu 10) sowie daneben bestehenden hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeiten
bei den Beigeladenen zu 2) - 5) und 8) - 10), was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, und damit einhergehender (teilweiser)
Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Arbeitslosenversicherung, Versicherungspflicht in der
Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung mit der Pflicht zur Tragung der Beiträge hierfür, bestanden hat.
Deren Höhe ist von der Beklagten zuletzt zutreffend festgesetzt worden. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Festsetzung der
nachzuzahlenden Beiträge sind dem Senat, auch in Ermangelung eines entsprechenden klägerischen Vortrages, nicht ersichtlich.
Der Bescheid der Beklagten vom 06.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2017 ist hiernach rechtlich nicht
zu beanstanden; die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG vom 03.05.2018 ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a SGG i.V.m. §§
154 Abs.
2,
162 Abs.
3 Verwaltungsgerichtsordnung. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keine
Sachanträge gestellt und damit kein Prozessrisiko übernommen haben.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.