Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Arbeitsunfalls streitig.
Die 1987 geborene Klägerin war am Unfalltag - dem 08.09.2016 - als Verkäuferin bei der D. G. Feinkost- und Weinhandelsgesellschaft
mbH versicherungspflichtig beschäftigt und im B. in S. von 06.00 bis 15.30 Uhr tätig. Sie rutschte am Unfalltag gegen 10.15
Uhr in den Personaltoiletten, die dem gesamten, im B. tätigen Personal zur Verfügung stehen, auf nassem Boden aus und fiel
auf die rechte Körperhälfte (Bl. 23-1, 38-1, 39-1 VA). Die Klägerin arbeitete weiter und suchte am Unfalltag nach Ende der
Arbeitszeit den Allgemeinmediziner Dr. J. auf, der eine Prellung des Ellenbogens und des Handgelenkes bei von der Klägerin
angegebenen Schmerzen diagnostizierte (Bl. 1-1 VA). Der die Klägerin am Folgetag untersuchende Facharzt für Orthopädie und
Unfallchirurgie Dr. M. diagnostizierte darüber hinaus eine Prellung der Schulter und der Rippen sowie eine Distorsion der
Halswirbelsäule (Bl. 17-1 VA).
Die Klägerin gab zum Unfallhergang an, sie zu den Toiletten gegangen und habe von weitem gesehen, dass der Boden noch nass
war (Bl. 23-1 VA). Sie sei reingelaufen und auf die rechte Seite gefallen. Der Unfall habe sich nicht in der Toilettenkabine,
sondern auf dem Weg dorthin ereignet (Bl. 35 VA). Sie sei in der Toilettenanlage, welche sich ebenso wie die Filiale ihrer
Arbeitgeberin im Erdgeschoss 1 befinde, im Bereich der Schwelle zwischen dem Waschraum und demjenigen Raum gestürzt, von welchem
die Toilettenkabinen zugänglich seien (Bl. 38-1, 39-1 VA mit Skizze zu den Örtlichkeiten, auf die zur weiteren Feststellung
der Örtlichkeiten verwiesen wird). Wegen des nassen Fußbodens habe eine Gefahrensituation bestanden. Es seien keine Hinweisschilder
aufgestellt gewesen (Bl. 23-1, 35 VA).
Die Arbeitgeberin der Klägerin teilte auf Nachfrage der Beklagten - ebenfalls unter Vorlage einer identischen Skizze zu den
Örtlichkeiten (Bl. 38-1 VA) - mit, der Unfall sei beim Gang zur Toilette erfolgt und der Boden der Toiletten sei am Unfalltag
gereinigt worden, wobei entsprechende Hinweisschilder bezüglich des nassen Bodens aufgestellt gewesen seien (Bl. 24, 25, 28-1
VA).
Mit Bescheid vom 03.01.2017 (Bl. 33-1 VA) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2017 (Bl. 41-1 VA) entschied die
Beklagte, dass der Unfall vom 08.09.2016 nicht als Arbeitsunfall anerkannt werde und ein Anspruch auf Entschädigungsleistungen
aus Anlass dieses Unfalls nicht bestehe. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die zum Unfallzeitpunkt verrichtete
Tätigkeit - der Aufenthalt in den Toilettenräumen, hier im Vorraum zum WC - eine eigenwirtschaftliche und daher nicht versicherte
sei. Der Versicherungsschutz ende regelmäßig mit Durchschreiten der Tür, die zur Toilettenanlage führe. Eine besondere Gefahrensituation
habe nicht bestanden, da die Arbeitgeberin ihren Verkehrssicherungspflichten nachgekommen sei und nach der Reinigung des Bodens
entsprechende Hinweisschilder aufgestellt habe.
Die Klägerin hat dagegen am 05.04.2017 Klage zum Sozialgericht Stuttgart erhoben und weiterhin bestritten, dass Hinweisschilder
bezüglich des nassen Bodens aufgestellt gewesen seien. Dadurch, dass die Arbeitgeberin selbst keine Personaltoiletten in der
Filiale habe und sie die Filiale zum Aufsuchen der dem gesamten Personal vom Betreiber des B. es zur Verfügung gestellten
Toilettenräume verlassen müsse, sei eine gesonderte Gefahrenquelle geschaffen worden, zumal die Arbeitgeberin keine unmittelbare
Kontrolle über die Personaltoilette und auch gegenüber dem Reinigungspersonal keine Kontroll- bzw. Weisungsbefugnis habe.
Genau diese Gefahr habe sich hier realisiert, da der Boden nass und rutschig gewesen sei und keine Warnschilder aufgestellt
gewesen seien. Zur weiteren Begründung verwies die Klägerin auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom
17.11.2016 (2 C 17.16), wonach ein Unfall während des Aufenthalts in der Toilettenanlage nach dem Beamtenrecht ein Dienstunfall sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.06.2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da der Aufenthalt in der Toilettenanlage zur
Verrichtung der Notdurft - im Gegensatz zum Zurücklegen des Weges dorthin - keine versicherte Tätigkeit sei. Auch handele
es sich bei dem nassen Fußboden in Toilettenräumen nicht um eine durch die betrieblichen örtlichen Gegebenheiten geschaffene
besondere Gefahrenquelle, sondern um eine Gegebenheit, die nicht nur in betrieblichen, sondern auch in anderen öffentlichen
und privaten Toilettenräumen nicht unüblich sei. Daran ändere auch ein ggf. fehlendes Hinweisschild nichts, da die Klägerin
nach eigenem Vortrag bereits beim Betreten der Toilettenanlage gesehen habe, dass der Fußboden nass war. Das Urteil das BVerwG
beruhe auf dem für Beamte zu beurteilenden Dienstunfallschutz und sei daher nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar.
Die Klägerin hat am 19.07.2018 unter ergänzender Bezugnahme auf das Vorbringen im Verwaltungs- und erstinstanzlichen Verfahren
Berufung eingelegt und unter erneutem Verweis auf das Urteil des BVerwG vorgetragen, dass es nicht vertretbar sei, Arbeitnehmer
anders zu behandeln als Beamte. Sie gehe davon aus, dass das Bundessozialgericht (BSG) in Anbetracht der Entscheidung des BVerwG seine Rechtsprechung insoweit nicht aufrechterhalten werde und es zu einer Entscheidung
des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes kommen werde. Die Rechtsauffassung des Sozialgerichts werde nicht
geteilt, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Toilette um eine Personaltoilette mehrerer Betriebe gehandelt
habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.06.2018 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides
vom 03.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2017 zu verurteilen, das Ereignis vom 08.09.2016 als Arbeitsunfall
anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz
und die vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß den §§
143,
144,
151 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach §
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach §
54 Abs.
1 SGG begehrt die Klägerin die Aufhebung der die Gewährung von Leistungen pauschal ablehnende Verwaltungsentscheidung, weil diese
bei Vorliegen eines Arbeitsunfalles einer künftigen Leistungsgewährung entgegenstünde. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG, vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R, zitiert - wie alle nachfolgenden höchstrichterlichen Entscheidungen - nach juris) auch die Verurteilung der Beklagten zur
Anerkennung eines Arbeitsunfalles als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen
(Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R, mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage; speziell zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 8/11 R).
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig, weil das Ereignis vom 08.09.2016 kein Arbeitsunfall
war.
Gemäß §
8 Abs.
1 Satz 1 des
Siebten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des §
8 Abs.
1 Satz 2
SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt)
ist erforderlich (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 5/04 R), dass das Verhalten des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Es muss eine sachliche
Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt,
das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem
untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen
Unfallversicherung reicht. Entscheidend für die Beurteilung, ob eine bestimmte Handlung in einem solchen rechtlich wesentlichen
inneren Zusammenhang mit dem Kernbereich der versicherten Tätigkeit steht, ist die Gesamtheit aller tatsächlichen Umstände
des Einzelfalls. Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit
ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund. Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten.
Die für den Versicherungsschutz notwendige Handlungstendenz kommt in dem von der Rechtsprechung verwendeten Begriff der dem
Unternehmen "dienlichen", "dienenden" oder "zu dienen bestimmten" Tätigkeit zum Ausdruck. Die Tätigkeit muss mit einer fremdwirtschaftlichen
Zweckbestimmung und nicht zur Verfolgung eigener Angelegenheiten, so genannter eigenwirtschaftlicher bzw. privatnütziger Tätigkeiten,
erfolgen.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte
Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung
erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen
der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84). Dies gilt auch für die Tatsachen, aus denen auf den inneren Zusammenhang und damit auf die Handlungstendenz geschlossen
wird (BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 24/84).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze haben das Sozialgericht und die Beklagte zur Recht entschieden, dass die Klägerin am
Unfalltag keinen Arbeitsunfall erlitt.
Hinsichtlich des Unfallgeschehens trifft der Senat folgende Feststellungen: Die Klägerin begab sich am 08.09.2016 von der
im B. im Erdgeschoss 1 befindlichen Filiale ihrer Arbeitgeberin zum Zweck der Verrichtung der Notdurft in die - ausschließlich
dem im B. tätigen Personal der dort betriebenen Firmen vorbehaltenen - im gleichen Erdgeschoss befindlichen, zur Toilettenanlage
gehörenden Räumlichkeiten. Dort rutschte sie gegen 10.15 Uhr in den Räumen der Toilettenanlage auf nassem Boden aus und stürzte
auf die rechte Körperseite. Im Zeitpunkt des Sturzereignisses hatte sie die Außentür der zur Toilettenanlage gehörenden Räumlichkeiten
durchschritten und sie befand sich an der Türschwelle zwischen Vorraum mit Waschbecken in Richtung auf den eigentlichen Toilettenraum
mit den dortigen Toiletten (-kabinen). Diese Feststellungen trifft der Senat auf Grund der übereinstimmenden Auskünfte und
vorgelegten Skizzen der Klägerin und ihrer Arbeitgeberin. Anhaltspunkte dafür, dass sich das Unfallgeschehen andernorts oder
auf andere Art und Weise ereignete, gibt es nicht und werden auch von der Beklagten nicht behauptet.
Unstreitig erlitt die Klägerin einen Unfall. Das Ausrutschen auf dem (nassen) Boden mit dem Sturz stellt ein äußeres Ereignis
dar, durch das die Klägerin einen Gesundheitsschaden (noch am Unfalltag ärztlicherseits festgestellte Prellung des rechten
Ellenbogens und des rechten Handgelenkes sowie die am Folgetag ärztlicherseits festgestellte Prellung der rechten Schulter
und der Rippen sowie eine Distorsion der Halswirbelsäule) erlitt. Auch gehörte die Klägerin als Beschäftigte zu dem kraft
Gesetzes versicherten Personenkreis.
Indes verrichtete die Klägerin im Unfallzeitpunkt keine nach §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII versicherte Tätigkeit, weil der Aufenthalt in den Räumlichkeiten der Toilettenanlage in keinem inneren Zusammenhang mit ihrer
versicherten Tätigkeit als Verkäuferin stand.
Eine nach §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter liegt vor (BSG, Urteil vom 30.03.2017, B 2 U 15/15 R, Rdnr. 15), wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses,
eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (§
7 Abs.
1 des Viertes Buches Sozialgesetzbuch -
SGB IV -) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder
Nachteil gereichen (§
136 Abs.
3 Nr.
1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf
die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen
des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung im Sinne des §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv
bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder der Verletzte eine objektiv
nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach
den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zurzeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder
er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt.
Im Unfallzeitpunkt übte die Klägerin nicht ihre Beschäftigung als Verkäuferin aus. Denn sie hielt sich nicht in den Räumlichkeiten
der Toilettenanlage auf, um damit eine (vermeintliche) Haupt- oder Nebenpflicht aus ihrem Arbeitsverhältnis als Verkäuferin
zu erfüllen oder ein eigenes unternehmensbezogenes, innerbetrieblichen Belangen dienendes Recht wahrzunehmen, sondern um ihre
höchstpersönliche Notdurft zu verrichten.
Die Klägerin befand sich zur Zeit des Unfallereignisses auch nicht auf einem ausnahmsweise gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII versicherten Weg zur Toilette.
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG besteht für Wege, die in ihrem Ausgangs- und Zielpunkt durch die Notwendigkeit geprägt sind, persönlich auf dem Betriebsgelände
anwesend zu sein und dort betriebliche Tätigkeiten zu verrichten und zugleich vom Versicherten während der Arbeitszeit zu
dem Zweck zurückgelegt werden, die - unaufschiebbare - Notdurft zu verrichten, um so die eigene Arbeitskraft zu erhalten und
es damit mittelbar zu ermöglichen, die jeweils aktuelle betriebliche Tätigkeit fortzusetzen, Unfallversicherungsschutz (BSG, a.a.O., Rdnr. 17). Wege, die zu diesem Zweck zurückgelegt werden, sind von dem mittelbar betriebsbezogenen Handlungsziel
geprägt. Das Zusammentreffen beider betriebsbezogener Merkmale, das letztgenannte notwendige Handlungsziel und die Betriebsbedingtheit
des Weges zur Verrichtung der Notdurft, bewirkt nach ständiger Rechtsprechung des BSG den wesentlichen inneren Zusammenhang zwischen der betrieblichen Tätigkeit und dem zur Verrichtung der Notdurft zurückgelegten
Weg.
Hingegen gehört - nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des BSG - die Verrichtung der Notdurft selbst sowie der Aufenthalt am Ort der Verrichtung der Notdurft zum unversicherten persönlichen
Lebensbereich, da sie unabhängig von einer betrieblichen Tätigkeit erforderlich ist (BSG, Urteil vom 06.12.1989, B 2 RU 5/89, Rdnr. 13).
Bei natürlicher Betrachtungsweise zählt zum Vorgang der Verrichtung der Notdurft diese selbst sowie das (privatnützige) Händewaschen
und damit der hiermit verbundene gesamte Aufenthalt in allen zur Toilette gehörenden Räumlichkeiten einschließlich des Waschbeckenraums,
mithin in der gesamten Toilettenanlage. Daher endet der ausnahmsweise versicherte Weg, der zur Verrichtung der Notdurft zur
Toilette zurückgelegt wird, an der Tür zum Zugang der Toilettenanlage (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 30.07.2015,
L 6 U 526/13, in juris; Urteil vom 17.08.2019, L 9 U 445/18).
Diese auf objektiven Merkmalen gegründete klare Grenzziehung entspricht der Rechtsprechung des BSG zu zahlreichen vergleichbaren Sachverhalten bezüglich der Abgrenzung von versicherten Wegen, die während einer Arbeitspause
außerhalb des Betriebsgeländes mit dem Ziel der Nahrungsaufnahme (privatnützige Verrichtung) zurückgelegt wurden und dem unversicherten
Aufenthalt in Gebäuden, in denen die Nahrungsaufnahme erfolgen sollte, wobei letzterer mit dem Durchschreiten der Außentür
des Gebäudes beginnt (Außentür Gaststätte: Urteil vom 24.06.2003, B 2 U 24/02 R; Außentür Einkaufszentrum: Urteil vom 02.07.1996, B 2 RU 34/95; Außentür des Gebäudes einer Werkskantine eines anderen Unternehmens: Urteil vom 26.04.1973, 2 RU 213/71). Sie deckt sich überdies mit der anhand objektiver Umstände vorzunehmenden Abgrenzung des unversicherten häuslichen Lebensbereiches
von dem versicherten Zurücklegen eines (Betriebs-)Weges und einer ggf. währenddessen erfolgten unversicherten Unterbrechung
(Unterbrechung des mit dem Kfz von der Arbeit nach Hause zurückgelegten versicherten Weges durch eingeschobene eigenwirtschaftlicher
Verrichtung des Einkaufs von Lebensmitteln durch "äußere objektiv wahrnehmbare Grenzen": BSG, Urteil vom 31.08.2017, B 2 U 11/16 R; Beginn des von der Wohnung aus angetretenen versicherten Betriebsweges erst mit dem Durchschreiten der Außentür des Wohngebäudes,
egal ob Mehr- oder Einfamilienhaus, bei Arbeiten im Homeoffice endet die versicherte Tätigkeit spätestens mit Verlassen des
Arbeitszimmers: BSG, Urteil vom 05.07.2016, B 2 U 5/15 R). Das BSG hat sich in allen Fällen der Abgrenzung von versicherten und unversicherten Gefahrenbereichen stets ausschlaggebend von dem
Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und von dem Streben, eine möglichst einheitliche Rechtsprechung herbeizuführen, leiten
lassen. Aus den gleichen Gründen bedarf es auch zur Abgrenzung des versicherten Weges zum Aufsuchen der Toilette von dem unversicherten
Aufenthalt in den Toilettenräumlichkeiten äußerer objektiv wahrnehmbarer Grenzen an Hand der Außentür der zur Toilettenanlage
gehörenden Räumlichkeiten. Angesichts des Bedürfnisses nach einer praktikablen, Rechtssicherheit gewährleistenden Grenzziehung
hielt es das BSG in der Vergangenheit nicht für geboten - auch nicht ausnahmsweise -, von dieser auf objektive Merkmale abgestellten Abgrenzung
zwischen der privaten und der betrieblichen Sphäre abzuweichen (BSG, a.a.O.). Auch der Senat sieht keinen Anlass, von dieser Grenzziehung abzuweichen, zumal besondere Umstände, auf Grund derer
eine andere Betrachtungsweise möglicherweise in Erwägung zu ziehen wäre, nicht im Ansatz vorliegen.
Zur Zeit des Sturzes auf der Türschwelle zwischen dem Vorraum mit Waschbecken und dem Raum, in dem sich die Toilettenkabinen
befinden, hielt sich die Klägerin bereits am Ort der Verrichtung der Notdurft auf, so dass sie nicht unter Versicherungsschutz
stand.
Auch der nasse Fußboden in der Toilettenanlage begründete keinen Versicherungsschutz.
Trotz des eigenwirtschaftlichen Charakters einer Verrichtung ist ausnahmsweise ein innerer Zusammenhang mit der versicherten
Tätigkeit anzunehmen, wenn eine objektiv gefährliche Betriebseinrichtung den Unfall des Versicherten wesentlich verursacht
hat (BSG, Urteil vom 18.03.2008, B 2 U 13/07 R: verneint für Wendeltreppe im Hotelzimmer bei auswärtiger Geschäftsreise; BSG, Urteil vom 29.05.1984, 5a RKnU 3/83: bejaht für vom Versicherten übersprungene Bahngleise eines zu einem Steinkohlebergwerk
gehörenden Tagesbetriebes; Urteil vom 22.06.1976, 8 RU 146/75: bejaht für Drehtür der Werkskantine). Dabei müssen sich die aus dieser Betriebseinrichtung erwachsenden Unfallgefahren nach
Art und Ausmaß von den vielfältigen alltäglichen Risiken abheben, denen jeder Mensch auch in seinem gewohnten Lebensumfeld
ausgesetzt ist (BSG, Urteil vom 18.03.2008, B 2 U 13/07 R, auch zum Folgenden). Demgemäß bedarf es in solchen Fällen einer besonderen, vom Üblichen abweichenden Gefahrensituation,
mit der der Betreffende nicht rechnen konnte.
Eine in diesem Sinne bestehende besondere betriebliche Gefahrensituation lag hier mit dem nassen Fußboden in der Toilettenanlage
nicht vor, da die latent vorhandene Gefahr, auf nassen Böden in Toilettenräumen auszurutschen, allgemein bekannt ist und -
wie den Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren zu entnehmen ist - dieser auch durch Erkennen der Nässe des Fußbodens
"von weitem" konkret bekannt war (vgl. zum fehlenden besonderen Gefahrenmoment von nassen Fliesen in Duschräumen: BSG, Urteil vom 04.06.2002, B 2 RU 21/01 R). Darauf, dass - der Vortrag der Klägerin als wahr unterstellt - keine Hinweisschilder bezüglich des nassen Fußbodens aufgestellt
waren, kommt es mithin nicht an. Dem entsprechend kommt es auch nicht darauf an, dass die Arbeitgeberin auf die Verhältnisse
in der Toilettenanlage keinen Einfluss hatte.
Eine versicherte besondere Gefahrensituation ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin zur Verrichtung der
Notdurft die Filiale ihrer Arbeitgeberin verlassen und eine den Mitarbeitern aller Betriebe des Einkaufszentrums zur Verfügung
gestellten Personaltoilette aufsuchen musste. Denn der Unfall ereignete sich gerade nicht auf dem Weg dorthin, sondern in
den Räumen der Toilettenanlage selbst. Die dort vorhandenen unversicherten Risiken unterscheiden sich von jenen in Toilettenräumen
einer Filiale der Arbeitgeberin nicht.
Ein Versicherungsschutz ist auch nicht unter anderen Gesichtspunkten zu begründen. Das BSG hat zwar in eng begrenzten Ausnahmefällen einen inneren Zusammenhang zwischen privatnütziger Verrichtung (dort: Nahrungsaufnahme)
und versicherter Tätigkeit anerkannt, sofern betriebliche Interessen bzw. Umstände die privatnützige Verrichtung wesentlich
beeinflussen (BSG, Urteil vom 10.10.2002, B 2 U 6/02 R, Rdnr. 17). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier indes nicht vor, da der Aufenthalt in den Räumlichkeiten der Toilettenanlage
nicht wesentlich von betrieblichen Umständen beeinflusst war, sondern allein von dem privaten Interesse der Notdurftverrichtung.
Das Urteil des BVerwG vom 17.11.2016 (2 C 17/16) zum Dienstunfallschutz von Beamten im Toilettenraum des Dienstgebäudes führt zu keiner anderen Beurteilung des hier vorliegenden
Sachverhalts. Denn das BVerwG hat zutreffend und in ausführlicher Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG zum Unfallversicherungsschutz von Beschäftigten ausgeführt (BVerwG, a.a.O., Rdnrn. 17, 18), dass der Dienstunfallschutz nach
dem Beamtenrecht (dort § 31 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Versorgung der Beamtinnen und Beamten sowie der Richterinnen
und Richter des Landes Berlin vom 21.06.2011) für ein Unfallereignis an dem vom Dienstherrn vorgegebenen Dienstort nur voraussetzt,
dass es "in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist" und beamtenrechtliche Unfallfürsorge damit grundsätzlich abstrakt
an die Dienstausübung im räumlichen Machtbereich des Dienstherrn anknüpft, während sozialversicherungsrechtlicher Unfallschutz
nach §
8 SGB VII einen inneren Zusammenhang zwischen der konkreten Verrichtung zum Unfallzeitpunkt und der versicherten Tätigkeit erfordert.
Das BVerwG hat zutreffend auf Grund der strukturellen Unterschiede zwischen der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge und dem
Unfallversicherungsschutz von Beschäftigten keine Veranlassung für eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe
des Bundes gesehen (BVerwG, a.a.O., Rdnr. 19).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.