Anerkennung eines Wegeunfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung bei schulischer Gruppenprojektarbeit im häuslichen Bereich
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung des Ereignisses vom 7. März 2013 als Schüler-Unfall im Sinne der gesetzlichen
Unfallversicherung streitig.
Bei dem 1997 geborenen Kläger wurde 2005 ein atypischer Teratoid-Rhabdoid-Tumor der Thalamus-Stammganglienregion entfernt
und danach mit synchroner Radiotherapie behandelt, zusätzlich bestand eine Peronaeus-Schwäche beidseits bei peripherer Polyneuropathie
sowie eine Achillessehnenverlängerung beidseits (ArztbE.t des Klinikums Ludwigsburg vom 25. März 2013, Bl. 33 SG-Akte). Aufgrund dieser Erkrankung/Behandlung litt der Kläger an einer Adipositas und einer leichten Gehbehinderung, die nach
Angaben seiner Eltern dazu führte, dass er an der Schule einem extremen Mobbing ausgesetzt war (polizeiliches Protokoll vom
11. März 2013, Bl. 59, 64 V-Akte).
Der Kläger war Schüler der E.-K.-Realschule in Steinheim. Im Rahmen des Musikunterrichts wurde die Thematik "Musik und Werbung"
bzw. "Wirkung von Musik" bearbeitet. Zunächst wurde im Unterricht die theoretische Grundlage erarbeitet, danach sollten in
Kleingruppen Werbeclips hergestellt werden. Die Aufgabe bestand darin, einen Werbeclip zu einem bestimmten Produkt zu filmen,
zu schneiden, zu bearbeiten und mit passender Musik zu unterlegen. Zunächst war vorgegeben, dass der Werbeclip während des
Musikunterrichts auf dem Schulgelände gedreht werden sollte. Auf Bitten der Schüler erhielten diese von der Musiklehrerin
W. die Möglichkeit, den Werbeclip auch außerhalb des Schulunterrichts im privaten Bereich zu drehen. Vorgegeben war der Abgabetermin,
nicht aber Drehzeit und Drehort. Von dieser Möglichkeit machte die Hälfte der Schüler Gebrauch. Der Schulleiter war nicht
darüber informiert worden, dass die Projektarbeit auch außerhalb der Schule hätte stattfinden können.
Am 7. März 2013 traf sich der Kläger nachmittags mit drei Mitschülern zuhause bei einem Mitschüler, um den Werbeclip zu drehen,
in dem er mehrere Szenen spielen sollte. Er war der Annahme, er werde gefilmt, während er mit einem Getränk aus der Haustür
herauskam, während tatsächlich der Akku des Aufnahmegeräts leer war. Als er das merkte, verließ er wütend den Drehort in Richtung
nach Hause und rief seine Großmutter an, damit diese ihn abholen solle. Der damals vierzehnjährige Schädiger verfolgte ihn
und rempelte ihn mit dem Ellenbogen an. Hierbei stolperte der Kläger, fiel auf den Rücken und schlug mit dem Kopf auf den
Fahrbahnbelag auf. Danach war er kurzfristig ohne Bewusstsein. Seine Großmutter brachte ihn sofort in das Klinikum Ludwigsburg,
wo zunächst nur eine Schürfung am rechten Ellenbogengelenk imponierte und er zweimal erbrach. Bei Verdacht auf Commotio cerebri
erfolgte eine stationäre Überwachung. Am Folgetag war er verlangsamt und hatte Doppelbilder, es zeigte sich dann im Computertomogramm
(CT) ein großes epidurales Hämatom und eine frontale Kontusion, so dass die Diagnose eines Schädel-Hirn-Traumas mit linksfrontaler
Contre-Coup-Blutung gestellt wurde. Nach zwei Operationen wurde der Kläger ins künstliche Koma versetzt, dann nach langsamen
Erwachen weiter bis zum 25. März 2013 stationär behandelt und anschließend in eine Rehabilitationsmaßnahme verlegt. Seit dem
Unfall ist der Kläger rollstuhlpflichtig und mittlerweile in einer Internats-Schule für Körperbehinderte Menschen beschult.
Mit Urteil vom 15. August 2013 wurde der Täter vom Amtsgericht Marbach am Neckar wegen fahrlässiger Körperverletzung nach
§§
229,
230 Strafgesetzbuch zu 40 Stunden gemeinnütziger Arbeit nach näherer Weisung der Jugendgerichtshilfe verurteilt (Az.: 2 DS 35 Js 13676/13). Dabei wurde zugunsten des Täters berücksichtigt, dass dieser sehr stark unter den Verletzungsfolgen leide, sein Tun aufrichtig
bedauere und sich nichts sehnlicher wünsche, als dass der Kläger wieder gesunde und er weiterhin mit ihm befreundet sei.
Der Realschulrektor F., der ein oder zwei Tage nach dem Unfall von der Klassenlehrerin hierüber informiert worden war, erstattete
am 19. März 2013 bei der Beklagten eine Unfallanzeige. Danach hatten sich vier Schüler für eine schulische Gruppenarbeit im
Wohngebiet in Murr aufgehalten, der Unfallhergang sei nicht bekannt und werde zur Zeit von der Polizei ermittelt. Auf Nachfrage
seitens der Beklagten teilte er mit Schreiben vom 15. April 2014, die Schülergruppe habe sich nachmittags zur "Produktion"
eines Videos getroffen, das sie im Rahmen des Musikunterrichts gemeinsam hätten gestalten sollen. Der Auftrag sei durch die
Musiklehrerin W. erteilt worden.
Die Beklagte zog die Behandlungsunterlagen des Klinikums Ludwigsburg sowie die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Heilbronn
bei.
Mit Bescheid vom 10. Juni 2013 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 7. März 2013 als Versicherungsfall
der gesetzlichen Unfallversicherung mit der Begründung ab, bei der Erledigung von Hausaufgaben handele es sich nicht um eine
versicherte Tätigkeit, denn diese sei unmissverständlich aus dem organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule herausgenommen
und uneingeschränkt dem privaten Bereich zugewiesen worden, der jeder Einwirkungsmöglichkeit einer ordnungsgemäßen schulischen
Aufsicht entzogen sei. Der Kläger habe daher zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung
gestanden.
Auf den hiergegen unter Vorlage einer Stellungnahme des Realschul-Rektors F. ("Die Schüler wurden in feste Gruppen eingeteilt,
es bestand Teilnahmepflicht, die Örtlichkeit war mit der Musiklehrerin abgestimmt", Bl. 109 V-Akte) erhobenen Widerspruch,
befragte die Beklagte den Schulleiter erneut. Dieser führte mit Schreiben vom 16. Oktober 2013 aus, innerhalb des Themenbereichs
"Musik und Werbung" hätten die Schüler einen Werbespot zu einem selbstgewählten Produkt drehen und am PC bearbeiten bzw. mit
passender Musik unterlegen müssen. Zunächst sei der Dreh während des Musikunterrichts auf dem Schulhof vorgegeben gewesen.
Nachdem einige Gruppen andere Drehorte bevorzugt hätten, sei die Aufgabenstellung erweitert worden, sich nämlich zum Dreh
außerhalb des Schulgeländes ohne Aufsicht der Musiklehrerin zu treffen, wobei Termin und Ort des Treffens selbst gewählt worden
seien, allein der Abgabetermin sei von der Musiklehrerin festgesetzt worden. Die Gruppe des Klägers habe aus insgesamt 5 Schülern
bestanden, am Unfalltag sei einer nicht anwesend gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte ergänzend
aus, aus dem Umstand, dass sich die Schüler selbst die Örtlichkeit und den Zeitpunkt hätten aussuchen können, an dem sie das
Video drehen wollten, werde deutlich, dass sie nicht auf Weisung der Lehrerin gehandelt hätten, sondern eigenverantwortlich.
Zudem sei während der Dreharbeiten keine schulische Aufsichtsperson zugegen gewesen, die Einfluss auf den Ablauf der Veranstaltung
hätte nehmen können. Deswegen sei das Drehen des Werbespots nicht dem organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule zuzuordnen,
sondern stelle eine Hausaufgabe dar. Auch in der Zeugenaussage bei der Polizei hätten alle Beteiligten von einer Hausaufgabe
gesprochen. Deswegen könne der Eindruck der Eltern wie auch des Direktors, dass objektiv der Gesamteindruck einer schulischen
Veranstaltung vorläge, nicht nachvollzogen werden. Denn die Erledigung von Hausaufgaben sei unmissverständlich dem privaten
Bereich der Schüler zugewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 23. Dezember 2013 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben, zu deren Begründung er ergänzend ausgeführt hat, es habe eine Teilnahmepflicht sowie einen verbindlichen Abgabetermin
gegeben und die Örtlichkeiten des Zeitpunkts der Dreharbeiten seien mit der Musiklehrerin abgesprochen gewesen. Die Veranstaltung
sei somit Bestandteil des Musikunterrichts gewesen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG den Schulleiter und die Musiklehrerin in nichtöffentlicher Sitzung am 8. Oktober 2014 als Zeugen vernommen. Der Schulleiter
hat im Wesentlichen ausgeführt, dass der Dreh des Videoclips keine schulische Veranstaltung gewesen sei. Das Hausaufgabenfeld
habe sich geändert, es gebe viel mehr Gruppen- und Projektarbeiten, d. h. die Schüler organisierten sich stärker selbst außerhalb
der Schule. Dies sei auch bei dem Clip-Dreh der Fall gewesen. Eine Information der Schulleitung sei nur dann erforderlich,
wenn ein Lehrgang der gesamten Klasse, ein Museumsbesuch, ein Ausflug oder ein Schullandheim-Besuch stattfände, also wenn
die gesamte Klasse von der Schule abwesend sei.
Die Musiklehrerin W. hat berichtet, dass Drehzeitpunkt und Drehort nicht vorgegeben gewesen wären, nachdem verschiedene Schüler
den Clip außerhalb der Schule hätten drehen wollen. Auch das Schneiden daheim sei ihnen freigestellt worden. Wann und wo sich
die Schüler außerhalb der Schule getroffen hätten, habe sie nicht gewusst. Es sei auch nicht vorgegeben gewesen, dass sie
diese aufsuche oder kontrolliere. Die Werbeclips seien anschließend benotet worden. Es sei auch nicht konkret im Lehrplan
gestanden, dass ein Werbeclip gedreht werden müsse. So konkret sei der Lehrplan nie, der diesbezüglich nur ausführe "die Wirkung
von Musik". Dass Schüler den Clip außerhalb der Schule drehen könnten, sei mit dem Schulleiter nicht kommuniziert worden,
da es gang und gebe sei, dass Projektarbeiten auch außerhalb der Schule stattfänden.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21. Oktober 2014, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 23. Oktober 2014, mit der
Begründung abgewiesen, nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei das Merkmal "während des Besuchs von allgemeinbildenden
Schulen" dahingehend zu verstehen, dass der Versicherungsschutz auf diejenigen Veranstaltungen beschränkt sei, die in den
organisatorischen Verantwortungsbereich der besuchten Schule fielen. Der ursächliche Zusammenhang zur Schülerunfallversicherung
sei damit nur dann gegeben, wenn die betreffende Veranstaltung von der besuchten Schule organisatorisch getragen werde. Hiermit
habe der Gesetzgeber sicherstellen wollen, dass Versicherungsschutz nur dann bestehe, wenn die Schule die Möglichkeit habe,
auf den Ablauf der Veranstaltung Einfluss zu nehmen und so die sich hieraus ergebenden Gefahren zu mindern. Versichert seien
Schüler demnach nicht nur während des Unterrichts und der Schulpausen, sondern auch während aller Schulveranstaltungen. Außerhalb
dieses Verantwortungsbereichs, d. h. insbesondere wenn eine Veranstaltung keine Schulveranstaltung sei, bestehe kein Versicherungsschutz,
auch bei solchen Verrichtungen, die durch den Schulbesuch wesentlich bedingt seien und deshalb an sich an dem Recht der allgemeinen
Unfallversicherung zuzuordnen wären. Deswegen falle die Erledigung von Schulaufgaben im häuslichen Bereich nach der Rechtsprechung
nicht unter Versicherungsschutz. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe sei der Kläger am 7. März 2013 nicht versichert. Denn
das Anfertigen des Werbeclips stehe nicht im örtlichen, zeitlichen bzw. organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule.
Der Kläger habe den Werbeclip vielmehr mit Mitschülern außerhalb der Unterrichtszeit in den Osterferien gedreht, so dass es
bereits an dem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Schulunterricht fehle. Obwohl somit die Schule die Verrichtung
der Hausaufgaben verlange und diese Tätigkeiten in aller Regel eine unerlässliche Voraussetzung für einen geordneten Schulbetrieb
und für die Erreichung des Klassenziels sei, stehe diese nicht unter Unfallversicherungsschutz. Dies gelte vorliegend umso
mehr, als die Musiklehrerin es den Schülern freigestellt habe, wann und wo sie den Werbeclip drehten. Es sei auch nicht geplant
gewesen, dass sie den Dreh im außerschulischen Bereich kontrolliere oder überwache, so dass es an einer personellen Begleitung
durch den Lehrer oder einer sonstigen schulischen Aufsichtsperson fehle. Dies könne im Einzelfall dann anders sein, wenn konkrete
Vorgaben und Anweisungen des Lehrers zu Ort und Zeit bestanden hätten. Dies sei aber vorliegend nicht der Fall gewesen.
Hiergegen hat der Kläger am 24. November 2014 Berufung beim SG eingelegt, zu deren Begründung er ergänzend vorgetragen hat, das Video sei nicht in den Osterferien gefertigt und auch nur
teilweise im häuslichen Umfeld gedreht worden. Das SG hätte auch prüfen müssen, ob sich der Unfall auf einem versicherten Betriebsweg ereignet habe. Dass der Abgabetermin erst
mehrere Wochen nach Auftragserteilung gelegen hätte, könne in der rechtlichen Beurteilung keine Rolle spielen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. Oktober 2014 sowie den Bescheid vom 10. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 26. November 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass das Ereignis vom 7. März 2013 ein Arbeitsunfall
ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und verweist darauf, dass auch die Schüler subjektiv den Dreh
des Clips als Hausaufgabe empfunden hätten. Dies habe auch der Rektor F. bestätigt. Das Gesamtbild der Aufgabe ließe keine
Zurechnung in den Verantwortungsbereich der Schule zu und sei auch nicht als Schul-(Wege)Unfall zu klassifizieren. Die von
den Bevollmächtigten angeführte Rechtsprechung führe zu keinem anderen Ergebnis, da der Versicherungsschutz in den anderen
Fällen zum Teil auf einem konkreten Auftrag beruht habe, nämlich dass der Schüler z. B. die Materialien nur außerhalb des
Schulgeländes hätte erlangen (besorgen) können, um so erst den Unterricht zu ermöglichen.
Die vormalige Berichterstatterin hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 22. Dezember 2015 erörtert. Wegen der Einzelheiten
wird auf die Niederschrift vom gleichen Tag verwiesen.
Der Senat hat die Strafakten zum Verfahren beigezogen und den Kläger in der mündlichen Verhandlung zum Tathergang gehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und
zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die nach den §§
143 und
144 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthafte und nach §
151 Abs.
2 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Kläger hat Anspruch
darauf, dass das Ereignis vom 7. März 2013 als Arbeitsunfall festgestellt wird. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2013
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Das SG hat deswegen die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§
54 Abs.
1 Satz 1
SGG) zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat Anspruch auf Feststellung des Ereignisses vom 7. März 2013 als Wegeunfall.
Versicherte können von der zuständigen Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung nach §
102 SGB VII die Feststellung eines Versicherungsfalles, hier eines Wegeunfalles, beanspruchen, wenn ein solcher eingetreten ist (vgl.
BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R -, SozR 4-2700 § 11 Nr. 1, Rz. 15 f.). Die Voraussetzungen hierfür liegen zur Überzeugung des Senats vor.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§
2,
3 oder 6 des
Siebten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VII) begründenden Tätigkeit (§
8 Abs.
1 Satz 1
SGB VII). Nach §
2 Abs.
1 Nr.
8 b) sind kraft Gesetzes auch Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme
an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen
versichert, wobei sich der Versicherungsschutz nach §
8 Abs.
2 Nr.
1 SGB VII auf das Zurücklegen des mit dem Schulbesuch zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit erstreckt.
Die in §
8 Abs.
2 Nr.
1 SGB VII gebrauchte Formulierung "mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängend" kennzeichnet nicht einen Kausalzusammenhang, sondern
den durch Wertentscheidung zu bestimmenden inneren bzw. sachlichen Zusammenhang des unfallbringenden Weges mit der eigentlichen
versicherten Tätigkeit. Ein solcher Zusammenhang besteht, wenn der Weg wesentlich zu dem Zweck zurückgelegt wird, den Ort
der Tätigkeit zu erreichen oder nach Beendigung der Tätigkeit nach Hause zurückzukehren. Die darauf gerichtete Handlungstendenz
des Versicherten muss durch die objektiven Umstände bestätigt werden (BSG, Urteil vom 30.10.2007 -B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 25 m.w.N.).
Art und Umfang des Unfallversicherungsschutzes von Schülern ist durch die gefestigte Rechtsprechung des BSG bereits zu § 539 Abs. 1 Nr. 14 b)
RVO ("In der Unfallversicherung sind, unbeschadet der §§ 541 und 542, gegen Arbeitsunfall versichert, Schüler während des Besuchs allgemeinbildender Schulen") geprägt und durch jüngere Entscheidungen
zu §
2 Abs.
1 Nr.
8 b)
SGB VII bestätigt worden. Danach unterliegen dem Versicherungsschutz nicht nur Betätigungen während des Unterrichts, sondern auch
im Rahmen sogenannter Schulveranstaltungen bzw. auf den damit zusammenhängenden Wegen. Der Versicherungsschutz richtet sich
entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift und auch ihrer Entstehungsgeschichte (vgl. BSGE 35, 207, 210 = SozR Nr. 37 zu § 539
RVO) nach dem organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule (ständige Rspr. des BSG, vgl. z. B. Urteil vom 30. Juni 2009 - B 2 U 19/08 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 13 Rz. 24 ff. m.w.N.; Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 2 U 41/03 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 7 Rz. 14 ff. m.w.N.). Dieser organisatorische Verantwortungsbereich erfordert einen unmittelbaren räumlichen
und zeitlichen Zusammenhang zur Schule, woran es fehlt, wenn wirksame schulische Aufsichtsmaßnahmen nicht mehr gewährleistet
sind (BSG, Urteil vom 30. Juni 2009, a.a.O., Rz. 25; Urteil vom 18. April 2000 - B 2 U 5/99 R, SozR 3-2200 § 539 Nr. 49 S. 214). Regelmäßig handelt es sich dagegen um eine in den organisatorischen Verantwortungsbereich
fallende Schulveranstaltung, wenn sie im inneren Zusammenhang mit dem Schulbesuch steht und durch ihn bedingt ist (BSG, Urteil vom 27. November 1980 - 8a RU 84/79 - SozR 2200 § 548 Nr. 53). Diese Voraussetzungen sind in der Regel bei Aufnahme in den Lehrplan erfüllt (BSG, Urteil vom 4. Dezember 1991 - 2 RU 79/90 -, [...], Rz. 18). Allerdings darf sich die Schule nicht jeder Einwirkungsmöglichkeit sowie ordnungsgemäßen Aufsicht begeben
und muss daher für die Veranstaltung (Mit-)Verantwortung tragen (BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 2 U 19/08 R - a.a.O.).
Entscheidend hierfür ist der Gesamteindruck der Veranstaltung unter Berücksichtigung von Planung, Ankündigung und Durchführung,
z.B. bei Verrichtungen im Zusammenhang mit Schulfesten, Schülerzeitungen, Schülermitverwaltung sowie Hausaufgabenhilfe (Bieresborn,
in: jurisPK-
SGB VII, 2. Auflage 2014, §
2 Rz. 171 m.w.N.). Versicherungsschutz besteht im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer solchen Schulveranstaltung nur für
Verrichtungen, die im sachlichen Zusammenhang mit der grundsätzlich versicherten Tätigkeit als Schüler stehen (BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004, a.a.O., Rz. 15; Urteil vom 5. Oktober 1995 - 2 RU 44/94, SozR 3-2200 § 539 Nr. 34), nicht hingegen, wenn sich die betreffende Person rein persönlichen, von der versicherten Tätigkeit
nicht mehr beeinflussten Belangen widmet (BSG, Urteil vom 25. Januar 1977 - 2 RU 50/76 -, [...] Rz. 15). Zum Schulbesuch gehören neben Betätigungen im Schulunterricht, den dazugehörigen Pausen und Prüfungen auch
die Teilnahme an sog. Schulveranstaltungen (BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 2 U 41/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 7 Rz. 14; Bieresborn, a.a.O.). Auch Pausen und die Überbrückung von Freistunden sowie die Erledigung
von Hausaufgaben innerhalb der Schule gehören zum organisatorischen Verantwortungsbereich, selbst wenn diese Verrichtungen
ohne Aufsicht erfolgen (BSG, Urteil vom 1. Februar 1979 - 2 RU 107/77 - SozR 2200 § 539 Nr. 54). Außerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs besteht kein Schutz für solche Tätigkeiten, die wesentlich
durch den Schulbesuch bedingt sind, denn andernfalls ist das Unfallrisiko nicht mehr abgrenzbar (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Kommentar
zum
SGB VII, Stand 10/2015, §
2 Rz. 18.6).
Ausgehend hiervon war die Gruppenprojektarbeit, auch wenn sie im häuslichen Bereich stattfand, in deren Anschluss der Kläger
auf dem Nachhauseweg verunglückt ist, organisatorisch eine von der Schule getragene Unternehmung, sodass auch der damit verbundene
Weg unter Versicherungsschutz steht.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war das Thema des Musikunterrichts "Musik und Werbung" bzw. "Wirkung von Musik", was
der Senat den Angaben der Zeugin W. entnimmt. Somit stand die konkrete Projektarbeit, nämlich das Drehen eines Werbeclips,
zwar nicht im Lehrplan. Dies ist aber den gegenwärtigen Lehrplänen immanent, was der Schulleiter, der Zeuge F., bestätigt
hat. Danach kann eine Aufgabe Teil des allgemeinen Lehrplanes sein, ohne dass sie explizit in diesen aufgenommen worden ist.
Vorliegend wurde der Lehrplan von der Lehrerin um die Projektarbeit konkretisiert, so dass bereits die Aufnahme derselben
in den Lehrplan für eine Schulaufgabe spricht.
Dass die Schüler die Arbeit, abgesehen vom vorgegebenen Abgabetermin, relativ frei gestalten konnten, insbesondere keine Vorgaben
zu Drehzeitpunkt und Drehort bestanden, macht die Projektarbeit nicht zu einer Hausaufgabe (zur Abgrenzung vgl. BSG, Urteil vom 30. Mai 1988 - 2 RU 5/88 -, [...], Rz. 17), auch wenn die betroffenen Schüler diese bei ihrer Befragung durch die Polizei so eingeordnet haben mögen.
Bei der rechtlichen Bewertung der konkreten Tätigkeit ist nämlich zu beachten, dass die komplette Projektarbeit ursprünglich
ausschließlich unter Kontrolle und Aufsicht der Schule veranstaltet werden sollte, nämlich vollständig während der Unterrichtszeit.
Das Drehen des Werbeclips war als Schulaufgabe konzipiert, Inhalt, zu verwendendes Medium und Abgabetermin waren vorgegeben,
lediglich die Aufsicht durch die Lehrperson gelockert. Dass die Hälfte der Schüler die praktische Projektarbeit außerhalb
der Schule durchgeführt hat, war nicht von der Lehrerin angeordnet, sondern lediglich erlaubt. Dabei waren die Grenzen zunehmend
fließend, so wurde auch von der Vorgabe, den Clip in der Schule zu schneiden, im Laufe der Projektarbeit abgewichen und es
den Schülern erlaubt, den Film auch zu Hause zu schneiden. Somit konnten die Eltern und Schüler unter Berücksichtigung der
ursprünglichen Planung, Ankündigung und Durchführung der Projektarbeit zunächst davon ausgehen, dass die Veranstaltung im
inneren Zusammenhang mit dem Schulbesuch stand (so BSG, Urteil vom 4. Dezember 1991 - 2 RU 79/90 -, [...], Rz. 18). In einem solchen Fall kann aber dem späteren Umstand, dass Minderjährigen die Entscheidung überlassen
wird, ob und wie sie die Schulaufgaben schlussendlich erledigen mit der Folge, dass die Schule sie nicht mehr konkret beaufsichtigt,
aus Sicht des Senats nicht die rechtliche Bedeutung zukommen, dass der in der Folge auch nur teilweise aufgelockerte Schulunterricht
nicht mehr der gesetzlichen Schülerunfallversicherung unterfällt. Dabei kann nicht unbeachtet bleiben, dass der Gesetzgeber
in zahlreichen Vorschriften, insbesondere in den §§
106 bis
113 des
Bürgerlichen Gesetzbuches und den §§ 1 und 3 des Jugendgerichtsgesetzes zu erkennen gegeben hat, dass Jugendliche vor der Vollendung des achtzehnten Lebensjahres nach ihrer sittlichen und geistigen
Entwicklung noch nicht wie Erwachsene behandelt werden können (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 48; BSG SozR 2200 § 550 Nr. 14). In der Begründung zum Entwurf des Volljährigkeitsneuregelungsgesetzes vom 31. Juli 1974 (BGBl. I 1713) hat er ausgeführt,
dass die Einschränkungen der Rechtsmacht Minderjähriger ohne Zweifel bei Jugendlichen notwendig sind, die das achtzehnte Lebensjahr
noch nicht vollendet haben, und dass diese Jugendlichen des besonderen Schutzes der Rechtsordnung bedürfen (BT-Drucks. 7/117,
Vorbemerkung Abschnitt II, S 6). Er hat sogar darauf hingewiesen, dass die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters von damals
21 auf 18 Jahre sich nicht aus den vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnissen über den Stand der sozialen Reife der Achtzehn-
bis Einundzwanzigjährigen zwingend ableiten lasse (AusschussbE.t zu dem genannten Entwurf, BT-Drucks 7/1762, Abschnitt II,
S 3). Auch der erkennende Senat ist bei dem betroffenen fünfzehnjährigen Kläger davon ausgegangen, dass ihm generell noch
die Reife und das Verantwortungsbewusstsein eines Erwachsenen für eine solche weitreichende Entscheidung fehlt.
Maßgebend muss daher bleiben, ob ein Lehrer eine Aufgabe nach Lehrplan im organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule
erteilt hat und diese von den Schülern in weiten Teilen im Schulunterricht, teilwiese sogar ganz, erfüllt wurde, auch wenn
die ursprüngliche Aufgabe erweitert worden ist. Allein der Umstand, dass keine Lehrpersonen ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen
ist, d. h. es faktisch an einer zureichenden Beaufsichtigung fehlt (dazu Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 3. März 2015 -
L 3 U 62/13 -, [...], Rz. 27), macht dann die Schulaufgabe nicht zu einer der privaten Lebenssphäre zuzuordnenden Hausaufgabe, die im
Risikobereich der Erziehungsberechtigten erledigt wird und deswegen zu recht nicht zum Verantwortungsbereich der Schule zählt.
Insoweit ist das SG fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die Projektarbeit in den Osterferien stattfand, was tatsächlich nicht der Fall
war, so dass es von Seiten der Schule möglich gewesen wäre, der Aufsichtspflicht nachzukommen.
Für die rechtliche Einordnung als Schulaufgabe spricht weiter, dass sie nach Bekunden des Klägers wie eine Klassenarbeit gewertet
wurde, d.h. sich der Kläger dieser Gruppenarbeit nicht ohne weiteres hätte entziehen können. Aus Sicht des Senats belegt auch
die Herangehensweise der Schule an Projektarbeit, dass es sich um eine schulische Aufgabe gehandelt hat. Der Zeuge F. hat
hierzu dargelegt, dass es derzeit an der betroffenen Schule generell üblich ist, den Schülern ab einer gewissen Klassenstufe
die Organisation einer entsprechenden Gruppenaufgabe in die Hand zu geben. So können aktuelle Modeerscheinungen wie der Dreh
eines Videoclips im Unterricht aufgegriffen werden. Die von Lehrerin und Schulleiter beschriebene vermehrte Projektarbeit
auch außerhalb der Schule entspricht diesem modernen Unterrichtskonzept, Beschäftigung für die Schüler auch außerhalb des
Lernens anzubieten, bei dem dann von Fall zu Fall der organisatorische Rahmen gelockert wird. Diesem Umstand ist auch geschuldet,
dass die klassische Hausaufgabe, nämlich die Vertiefung des Lernstoffes im Eigenstudium, nach dem Zeugnis der Lehrkräfte zurückgedrängt
wird. Nur für diese Hausaufgabe ist unbestritten, dass sie uneingeschränkt dem privaten Bereich der Schüler zugewiesen ist,
da sie jeder Einwirkungsmöglichkeit einer ordnungsgemäßen schulischen Aufsicht entzogen ist.
Die Projektarbeit als Gruppenarbeit bringt schließlich, wie der vorliegende Fall hinreichend dokumentiert, ein erhöhtes Unfallversicherungsrisiko
für die betroffenen Schüler mit sich, was umso mehr nahelegt, dass der Schule entsprechende Aufsichtspflichten mit der Konsequenz
ihrer organisatorischen Verantwortung obliegen. Denn für Schüler resultieren nicht nur während des Schulbesuchs und in den
Schulpausen, sondern auch bei schulischen Veranstaltungen Gefährdungen aus dem natürlichen Spieltrieb, wie aus den auf dem
typischen Gruppenverhalten beruhenden Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen (BSG, Urteil vom 7. November 2000 - B 2 U 40/99 R -, [...], Rz. 17, 18). Die Rechtsprechung hat dabei stets insbesondere berücksichtigt, ob durch unzureichende Beaufsichtigung
oder sonstige Versäumnisse der Betriebsleitung die Jugendlichen in die Lage versetzt wurden, sich bei leichtsinnigen Spielereien
besonderen Gefahren auszusetzen. Eine vom Betrieb ausgehende spezifische Gefahr hat die Rechtsprechung vor allem dann anerkannt,
wenn mehrere Jugendliche (Auszubildende) in Lehrwerkstätten zusammengefasst und dort als eine von älteren Arbeitnehmern getrennte
Gruppe ausgebildet und beschäftigt werden. Gerade bei den hier betroffenen Schülern im Pubertätsalter sind Raufereien und
Rangeleien Ausfluss solcher typischer gruppendynamischer Verhaltensweisen. So hat das BSG es als typisches Gruppenverhalten gewertet, dass Schüler bei Auseinandersetzungen das Schubsen des Mitschülers dem sachlichen
Gespräch vorziehen und ihr Verhalten hierbei in eine Rangelei, sogar Schlägerei hineingleitet, die dann unmittelbar zu auch
von dem Schädiger nicht von Anfang an beabsichtigten Handlungen und sich daraus ergebenden Verletzungen führt (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 48 und SozR 3-2200 § 539 Nr. 34). So hat es sich auch beim Kläger zugetragen, wobei er infolge seiner altersbedingten Unreife und eines für Jugendliche
seines Alters typischen gruppendynamischen Prozesses in die Unfallsituation gebracht wurde, deren Folge der Sturz auf den
Fahrbahnbelag war.
Die somit versicherte Projektarbeit war zum Unfallzeitpunkt bereits beendet, denn der Kläger hatte den Drehort verlassen um
auf direktem Wege nach Hause zu gehen, wobei seine telefonisch verständigte Großmutter ihm entgegenkommen sollte. In Fortführung
der gruppendynamischen Eskalation sind ihm dann seine Mitschüler gefolgt und es kam dann zu der folgenschweren Rangelei. Denn
gruppendynamische Prozesse bestehen nicht nur in äußeren Handlungsabläufen, sondern lösen auch innere Vorgänge aus, die ihrerseits
wieder zu einer Steigerung des äußeren Geschehens führen können (hier: Demütigung durch Vortäuschen des Aufzeichnens). Hierbei
hat sich bei der Verfolgung des Klägers eine vom Schutzzweck der Norm bei Schülern umfasste Gefahr aus dem Verkehr realisiert.
Die Einstandspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung für versicherte Wege im Sinne des §
8 Abs.
2 Nr.
1 SGB VII besteht nur dann, wenn sich durch eine Handlung des Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit
erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung "allgemein", sondern der jeweils
durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll. Die Zurechnung des Schadens eines Versicherten zum Versicherungsträger
erfordert zweistufig die Erfüllung 1. tatsächlicher und 2. darauf aufbauender rechtlicher Voraussetzungen. Die Verrichtung
der versicherten Tätigkeit muss die Einwirkung (und in gleicher Weise muss die Einwirkung den Gesundheitserstschaden oder
den Tod) sowohl objektiv (1. Stufe -) als auch rechtlich wesentlich (2. Stufe) verursacht haben (BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 47). Vorliegend war das Zurücklegen des Weges zu Fuß, um vom Drehort für den Werbeclip nach Hause zu
gelangen, rechtlich wesentlich für die Rempelei. Auf der 1. Stufe muss die versicherte Verrichtung im Sinne der "conditio-Formel"
eine erforderliche Bedingung des Erfolges (stets neben anderen Bedingungen) sein. Sie muss Wirkursache des Erfolges gewesen
sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur als (bloß im Einzelfall nicht wegdenkbare) zufällige Randbedingung
anzusehen sein. Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache für die festgestellte Einwirkung war, ist eine rein tatsächliche
Frage. Auf der 2. Stufe ist festzustellen, ob sich die durch die versicherte Tätigkeit objektiv verursachte Einwirkung rechtlich
unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen als Realisierung einer
in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr darstellt und deshalb die versicherte
Tätigkeit "wesentlich" war, ob also sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils
erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Die Einstandspflicht des Unfallversicherungsträgers wird nur
begründet, wenn die durch die versicherte Verrichtung objektiv mitverursachte Einwirkung auf den Versicherten eine Gefahr
mit verwirklicht hat, gegen die die begründete Versicherung schützen soll. Andere unversicherte Mitursachen können die rechtliche
Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das Unfallgeschehen derart geprägt haben,
dass sie die versicherte Wirkursache verdrängen, so dass der Schaden "im Wesentlichen" rechtlich nicht mehr dem Schutzbereich
des jeweiligen Versicherungstatbestandes unterfällt. Die versicherten und die auf der ersten Zurechnungsstufe festgestellten
unversicherten Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile sind in einer rechtlichen Gesamtbeurteilung anhand des zuvor festgestellten
Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten.
Nach diesen Maßstäben war das versicherte Zurücklegen des Weges vom Drehort nach Hause Ursache für die vorliegende Einwirkung
durch das Schubsen. Der Kläger konnte sich zwar unfallbedingt nicht mehr genau an den Tatort erinnern, der Senat hat diesen
jedoch den beigezogenen Strafakten entnommen. Selbst wenn es sich danach nicht um den direkten Nachhauseweg gehandelt hat,
so war es dennoch ein versicherter Weg, denn der Kläger sollte dort von seiner Großmutter mitgenommen werden, er ist im Übrigen
sehr aufgeregt gewesen, was er dem Senat in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat. Das BSG hat hierzu wiederholt dargelegt, dass sich die Grundsätze zum Abweg und Umweg auf Kinder und Jugendliche im Schulalter nicht
uneingeschränkt übertragen lassen. Zwar kommt auch in der Schülerunfallversicherung der Handlungstendenz des Verletzten im
Unfallzeitpunkt für den sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit maßgebliche Bedeutung zu. Das BSG hat indes stets betont, dass in diesem Punkt bei Schülern oder jugendlichen Auszubildenden weniger strenge Maßstäbe anzulegen
sind, die der altersentsprechenden Entwicklung und den durch die Zugehörigkeit zu einem Schul- oder Klassenverband beeinflussten
Verhaltensweisen Rechnung tragen (ständige Rechtsprechung seit Einführung der Schülerunfallversicherung im Jahre 1971; siehe
bereits BSGE 42, 42, 44 f.; BSGE 43, 113, 115; Urteil vom 7. November 2000 - B 2 U 40/99 R - USK 2000-131; zuletzt Urteil vom 30. Oktober 2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 25). Aktivitäten, die dem natürlichen Spiel- und Nachahmungstrieb oder dem Gruppenverhalten von Schulkindern
entspringen, werden vom Unfallversicherungsschutz erfasst, wenn sie in der jeweiligen Situation den üblichen Verhaltensweisen
von Schülern des betreffenden Alters entsprechen. Das gilt auch für das Verhalten auf dem Schulweg, der zwar außerhalb des
Verantwortungs- und Einflussbereichs der Schule liegt, vom Gesetz aber der versicherten Tätigkeit zugerechnet wird. So verhält
es sich hier. Der Kläger ist aufgrund der gruppendynamischen Situation losgerannt und wollte auf dem schnellsten Weg zum Treffpunkt
mit seiner Großmutter.
Der Kläger wurde schließlich nicht in anderweitiger feindseliger Absicht vom Täter angegriffen, die persönliche Beziehung
zwischen dem Kläger und dem Schädiger war hierfür nicht wesentlich. Dies entnimmt der Senat der beigezogenen Strafakte, wonach
der Täter nach dem Sturz des Klägers sichtlich betroffen war, sich mehrfach und das direkt nach der Tat bei ihm mündlich und
schriftlich entschuldigt hat, was eindrucksvoll belegt, dass keine feindselige Absicht vorlag. Vielmehr hat sich der gruppendynamische
Prozess, der sich verbal bereits am Drehort aufgeschaukelt hatte, dahingehend eskaliert, dass die Gruppe der Schüler dem weglaufenden
Kläger hinterhergerannt ist, dieser von dem Täter angerempelt wurde, was dann sogar ein weiterer Mitschüler mit dem Handy
festhielt. Somit hat sich beim Zurücklegen des Weges eine spezifische Gefahr aus der Schülerunfallversicherung realisiert,
der Weg war rechtlich wesentlich für die Einwirkung.
Der Senat ist daher in Abwägung aller Umstände zu dem Ergebnis gelangt, dass das Ereignis vom 7. März 2013 der gesetzlichen
Schülerunfallversicherung unterfällt.
Der Kläger hat infolge des Unfallereignisses einen Gesundheitserstschaden erlitten, was der Senat dem Entlassungsbericht des
Klinikums Ludwigsburg entnimmt. Unter einem Gesundheitserstschaden sind alle regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen
Zustände zu verstehen, die unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich
verursacht sind, entsprechend dem allgemeinen Krankheitsbegriff. Der Gesundheitserstschaden setzt keine Dauerschädigung oder
Gesundheitsschäden von erheblichem Gewicht oder mit notwendiger Behandlungsbedürftigkeit voraus; Umfang und Dauer sind ebenfalls
unerheblich. Minimale Regelwidrigkeiten ohne Arbeitsunfähigkeit oder Behandlungsbedürftigkeit sind aber ebenso bedeutungslos
wie bloße Schmerzen. Dass beim Kläger diagnostizierte Schädel-Hirn-Trauma aufgrund des Sturzes auf den Kopf erfüllt ganz unzweifelhaft
die Kriterien einer Krankheit und somit eines Gesundheitserstschadens.
Der Berufung war daher stattzugeben, wobei die Kostenentscheidung auf §
193 SGG beruht.
Der Senat hat die Revision nach §
160 Abs.
1 SGG zugelassen, da es aus seiner Sicht einer höchstrichterlichen Klärung bedarf, ob die an Schulen zunehmende Projektarbeit noch
der klassischen Hausarbeit vergleichbar ist, welche Abgrenzungskriterien hierfür aufzustellen sind und wann sie danach der
gesetzlichen Schülerunfallversicherung unterfällt.