Gründe:
Der Antrag des Klägers vom 23.07.2009 auf Beiordnung der Rechtsanwaltskanzlei R. und E. und Partner anstelle von Rechtsanwalt
R. war nicht zu entsprechen. Gemäß §
73 a Abs.
1 Satz 1
SGG gelten die Vorschriften der
Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechend. Nach §
121 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) wird im sozialgerichtlichen Verfahren vor dem Sozial- und Landessozialgericht ein (zur Vertretung bereiter) Rechtsanwalt
beigeordnet. Gleiches regelt §
73a Abs.
1 Satz 2
SGG für den gesonderten Fall, dass der Beteiligte von seinem Wahlrecht keinen Gebrauch macht. Damit lässt der derzeitige Wortlaut
dieser gesetzlichen Vorschriften die Beiordnung einer Rechtsanwaltsgesellschaft (§ 59 c Abs. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO) einer Partnerschaftsgesellschaft (§ 7 Abs. 4 Partnerschaftsgesellschaftsgesetz) oder Anwaltssozietät nicht zu.
In seinem Beschluss vom 17.09.2008 (IV ZR 343/07) ist der Bundesgerichtshof (BGH NJW 2009, 440), auf den sich der Kläger zur Stützung seines Antrages beruft, im Wege einer seiner Auffassung nach gebotenen verfassungskonformen
Auslegung zu dem Ergebnis gekommen, dass §
121 Abs.
1 ZPO nicht nur eine persönliche Beiordnung eines einzelnen Rechtsanwalts zulässt. Ob eine solche verfassungskonforme Auslegung
- so der BGH - angesichts der bereits in den Jahren 1998 bzw. 1995 geschaffenen Regelungen über die Rechtsanwaltsgesellschaft
bzw. Partnerschaftsgesellschaft und der Entscheidung des BGH vom 29.01.2001 (BGHZ 146, 341 ff.), wonach eine in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betriebene Anwaltssozietät rechtsfähig und
parteifähig ist, im Lichte der hier berührten Grundrechte auf Berufsfreiheit (Artikel
12 Abs.
1 GG) und Gleichbehandlung (Artikel
3 Abs.
1 GG) notwendig ist oder sich die Beiordnung einer Rechtsanwaltssozietät angesichts des Wortlauts des §
121 Abs.
1 ZPO verbietet (Bay. LSG, Beschluss vom 04.07.2006 - L 15 B 44/03 R KO - OLG Celle, Beschluss vom 02.05.2003 - 7 U 11/03), ist hier mit Blick auf die Grundsätze des sozialgerichtlichen Verfahrens zu entscheiden. Eine über den Wortlaut hinausgehende
verfassungskonforme Auslegung zur Zulässigkeit der Beiordnung einer Anwaltssoziätät ist danach rechtlich nicht geboten.
Der vom BGH in seinem genannten Beschluss erwähnte und zur Vermeidung von den Schutzbereich des Artikel
3 Abs.
1 GG berührenden Benachteiligungen hervorgehobene Gesichtspunkt der dem Prozesskostenhilferecht immanente Grundsatz der Waffengleichheit,
ist im sozialgerichtlichen Verfahren nicht in dieser Weise tangiert wie in den kontradiktorischen Zivilrechtsstreitigkeiten.
Die Beklagten im sozialgerichtlichen Verfahren, in der Regel Behörden, werden nämlich regelmäßig nicht von Rechtsanwälten,
sondern von eigenen Beamten oder Angestellten vertreten. Dass einerseits eine vermögende Partei in der Lage ist, für sich
eine Anwaltssozietät mit den aus deren Arbeitsteilung erwachsenden Vorteilen zu verpflichten, anderseits aber die auf Prozesskostenhilfe
angewiesene Partei jeweils auf die Vertretung durch einen einzelnen Rechtsanwalt beschränkt ist, wie der BGH ausführt, lässt
sich deshalb auf das sozialgerichtliche Verfahren nicht ohne weiteres übertragen. Zwar kann auch die Behörde u. U. auf sachkundige
Angehörige einzelner Fachabteilungen, organisatorisch vergleichbar mit einer Rechtsanwaltskanzlei unterschiedlich spezialisierter
Anwälte, zurückgreifen. Jedoch ist die Behörde bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben der Objektivität verpflichtet
(§ 17 SGB X) und unterliegt dem Amtsermittlungsgrundsatz (§ 20 SGB X). Sie hat daher das Begehren des Prozessgegners stützende Umstände, die sich ggf. erst im Rechtsbehelfsverfahren ergeben,
von sich aus zu berücksichtigen, weshalb etwaige Erkenntnisse aus Spezialwissen der Behörde dem Prozessgegner auch zugute
kommen können. Eine gänzliche Versagung der Beiordnung unter Hinweis auf den Amtsermittlungsgrundsatz ist zwar nicht gerechtfertigt
(vgl. BVerfG NJW 1997, 2103) doch aus Gründen der Waffengleichheit ist der beantragte Umfang der Beiordnung nicht geboten. Eine Beschränkung der Anwaltssozietät
in ihrem von Art.
12 Abs.
1 GG geschützten Recht auf Berufsausübung ergibt sich durch die am Wortlaut des §
121 ZPO orientierte Normanwendung nicht. Eine Schlechterstellung der Anwaltssozietät gegenüber der genannten Rechtsanwaltsgesellschaft
und Partnerschaftsgesellschaft liegt nach dieser auf alle Organisationsformen anwendbare Auslegung der Vorschriften nicht
vor. Außerdem ist durch die Beiordnung eines bestimmten Rechtsanwaltes nicht ausgeschlossen, dass dieser durch einen der Gesellschaft
angehörenden anderen Kollegen, der die gesetzlichen Voraussetzungen für das Auftreten vor dem angerufenen Gericht erfüllt,
in Untervollmacht vertreten werden kann, jedoch nur zu den Bedingungen des konkret beigeordneten Rechtsanwaltes (vgl. auch
Bay. LSG aaO.). Es entspricht ständiger Rechtsprechungspraxis des Senats, dass eine Untervollmacht des im Prozess handelnden
Sozius des beigeordneten Rechtsanwalts unterstellt wird (vgl. jetzt §
73 Abs.
6 Satz 1 und
4 SGG).
Hinzu kommt, dass das
Grundgesetz für die Prozesskostenhilfe, die eine Sozialhilfeleistung für besondere Lebenslagen darstellt, keine vollständige Chancen-
und Waffengleichheit, sondern nur eine Effektuierung des Gleichheitsgebots im Bereich der Rechtspflege, eine weitgehende Angleichung
der prozessualen Stellung von Bemittelten und Unbemittelten, fordert (vgl. BVerfG aaO., 2103, 2104). Die vom BGH für erforderlich
gehaltene verfassungskonforme Auslegung des nach seinem Wortlaut nur die Beiordnung eines einzelnen Rechtsanwalts zulassenden
§
121 Abs.
1, Abs.
2 ZPO ist daher - jedenfalls für den Bereich des sozialgerichtlichen Verfahrens - nicht geboten. Der Senat ist der Auffassung,
dass es letztlich dem Gesetzgeber überlassen werden sollte, ob §
121 ZPO an die Entwicklungen im anwaltlichen Berufsrecht anzupassen ist oder nicht.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).