SGB-II-Leistungen
Übernahme der Kosten einer Zahnbehandlung
PKH-Verfahren
Anforderungen an die Erfolgsaussicht
Höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfrage
1. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht im PKH-Verfahren nicht überspannt werden;
es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat.
2. Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten
aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und
in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH-Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen.
3. Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH-Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von
Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können.
4. Prozesskostenhilfe muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch
nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die
durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint.
5. Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit
nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten.
Gründe
I.
Streitig ist die Übernahme der Kosten einer Zahnbehandlung durch den Beklagten.
Der Kläger bezog und bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Am 27.10.2015 beantragte er die Übernahme der Kosten für eine Zahnbehandlung. Er legte dazu eine Erklärung seiner Krankenkasse
vor, laut der wegen seiner geringen Bruttoeinnahmen eine Regelversorgung in voller Höhe übernommen werde, wobei für die Regelversorgung
laut Heil- und Kostenplan ein Betrag von 1.018,50 EUR, für die vom Kläger gewünschte Versorgung allerdings ein Betrag von
2.746,17 EUR anfallen würde. Mit Bescheid vom 18.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2017 lehnte der
Beklagte den Antrag ab. Es handle sich weder um einen unabweisbaren laufenden Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II noch um einen der in § 24 Abs. 3 SGB II abschließend aufgezählten Bedarfe. Ein Darlehen scheide aus, da der Kläger von der Krankenkasse eine "Vollversorgung" hinsichtlich
der Regelversorgung erhalte.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) begehrt. Mit Beschluss vom 04.08.2017 hat das SG die Bewilligung von PKH abgelehnt. Vom Kläger bis zur Belastungsgrenze zu tragende Eigenanteile an der Krankenversorgung
seien aus dem Regelbedarf zu decken. Es handle sich vorliegend weder um einen laufenden Mehrbedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II noch um einen der in § 24 Abs. 3 Satz 2 SGB II abschließend aufgezählten Bedarfe. Für ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB II fehle es ebenfalls an der hinreichenden Erfolgsaussicht, denn vorliegend übernehme die Krankenkasse die Regelversorgung im
vollen Umfang. Eine darüber hinausgehende, vom Kläger gewünschte Versorgung aber stelle keinen unabweisbaren Bedarf dar. Dagegen
hat der Kläger Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Es bestehe durchaus eine Erfolgsaussicht. Als
Laie benötige er anwaltschaftliche Hilfe.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz
Bezug genommen.
II.
Nach §
73a Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz i.V.m. §
114 Zivilprozessordnung (
ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht
auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für
die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R (Rn.26) - SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht
den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder
zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich
ist wie sein Unterliegen (vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl. §
73a Rn.7ff.). Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH- Verfahren zu entscheiden, sondern müssen
auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch
nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die
durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint
(vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 (Rn. 29) - BVerf-GE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist
es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten
ihres Begehrens PKH vorzuenthalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - NJW 2008, 1060ff).
Vorliegend ist keine hinreichende Erfolgsaussicht zu erkennen. Es findet sich keine Rechtsgrundlage für die Erstattung der
vom Kläger begehrten Versorgung mit Zahnersatz, der über die von der Krankenkasse im vorliegenden Fall vollständig zugesagten
Regelversorgung hinausgeht. Zur weiteren Begründung wird gemäß §
142 Abs.
2 Satz 3
SGG auf die Ausführungen des SG Bezug genommen.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§
177 SGG).