Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung einer unfallbedingten posttraumatischen Belastungsstörung und einer daraus folgenden
Rentenberechtigung der Klägerin.
Die 1959 geborene Klägerin erlitt am 27. Januar 2010 auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstelle als Buchhalterin bei der C GmbH in
B einen Autounfall, als sie nach eigenen Angaben mit ihrem Auto mit zirka 70 km/h abbremsend auf ein vor sie ebenfalls im
Fahren und Abbremsen begriffenes Auto auffuhr. Die Airbags lösten nicht aus. Später findet sich in den Unfallschilderungen,
dass die Bremsen ihres Autos versagt hätten. Nach ihren Erstangaben in der Rettungsstelle der DRK-Kliniken B meinte die Klägerin,
kurz bewusstlos gewesen zu sein. Des Weiteren gab sie an, es sei zu einem Schwelbrand gekommen. Nach dem Entlassungsbrief
der behandelnden Ärzte in den DRK-Kliniken B, wo die Klägerin vom 27. bis 29. Januar 2010 stationär aufgenommen war, zeigte
sie sich nach Eintreffen in der Rettungsstelle adäquat und konnte sich nur schemenhaft an den Unfallhergang erinnern. Neurologische
Auffälligkeiten wurden nicht festgestellt. Die Ärzte diagnostizierten ein Schädelhirntrauma Grad I, eine Thoraxprellung und
eine isolierte Fibulafraktur rechts. Außerdem beklagte die Klägerin Schulterschmerzen links und Kniegelenksschmerzen rechts.
Ab Januar 2011 befand sich die Klägerin wegen andauernden linksseitigen Schulterschmerzen in orthopädischer Behandlung. Die
Arthroskopie der linken Schulter am 18. Januar 2011 ergab u. a. eine Rotatorenmanschettenruptur.
Mit Schreiben vom 3. Februar 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Anerkennung der Rotatorenmanschettenruptur
als Unfallfolge und Übernahme sämtlicher Kosten.
Im Rahmen einer orthopädischen Rehabilitationsbehandlung wegen ihrer Schulterbeschwerden in der S Rehabilitationsklinik S
GmbH zu Lasten der Rentenversicherung wurde die Klägerin auch psychologisch angemeldet und dort seit dem 29. März 2011 durch
die Psychologische Psychotherapeutin G mittels einer Traumatherapie behandelt.
Im Rahmen der Ausübung ihres Auswahlrechts hinsichtlich eines orthopädischen Sachverständigen teilte die Klägerin der Beklagten
in einem Telefonat am 14. April 2011 zugleich mit, dass sie seit dem Unfalltag psychische Beeinträchtigungen habe. Nach dem
Gesprächsvermerk gab die Klägerin in dem Telefonat an, sie könne nicht mehr richtig schlafen und wache ständig nachts auf.
Zunächst habe sie die Schmerzen der Schulter dafür verantwortlich gemacht, nun sei ihr aber aufgefallen, dass auch die psychischen
Störungen, die sie seit dem Unfall habe, die Schlafstörungen verursacht haben könnten.
Von Seiten der Berufsgenossenschaft wurde ihr daraufhin mitgeteilt, dass hier kein Zusammenhang zwischen dem Unfall und den
von der Klägerin beklagten psychischen Beeinträchtigungen gesehen werde.
Am 28. April 2011 begab sich die Klägerin wegen psychischer Beschwerden zu dem Durchgangsarzt Dr. S. In seinem Befund gab
dieser an, bei der Klägerin sei während eines stationären Aufenthaltes wegen einer unfallunabhängigen Erkrankung eine posttraumatische
Belastungsstörung (PTBS) diagnostiziert worden. Die Klägerin klage über Schlafstörungen und Ängste beim Autofahren mit Schweißausbrüchen
und Übelkeit. Diese Beschwerden hätten sich in der letzten Zeit verstärkt. Dr. S übernahm die Diagnose einer PTBS- wie sie
sich aus dem psychologischen Bericht von Frau G vom 20. April 2011 ergab -, beurteilte die Klägerin jedoch als arbeitsfähig.
Nach dem psychischen Befundbericht von Frau G vom 5. Mai 2011 sei berichtet worden, dass die Klägerin seit dem Wegeunfall
im Januar 2010 unter Schlafstörungen, Flashbacks/Intrusionen, Ängsten beim Autofahren sowie erhöhter Anspannung leide. Zu
dem Unfallgeschehen ist dort angemerkt, die Klägerin habe noch den Pkw-Zusammenstoß realisiert, als sie wieder zu sich gekommen
sei, habe sie bemerkt, dass ihr Auto im Fußraum angefangen habe zu brennen. Zum gegenwärtigen psychischen Befund ist dort
ausgeführt, dass eine hohe Anspannung bestehe, Ängstlichkeit, die Grundstimmung nicht depressiv sei und Schlafstörungen, Panik
im Pkw sowie Intrusionen/Flashbacks geschildert worden seien. Aufgrund der während der Reha begonnenen Traumatherapie mit
EMDR und mit medikamentöser Unterstützung habe eine zunehmende Besserung erreicht werden können. Der Grad der psychischen
Funktionsstörungen wurde dort mit "leicht" beurteilt und der Verlauf rückläufig. Als vorläufige Diagnose stellte Frau G eine
posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) (F43.1).
Mitte Mai 2011 forderte die Beklagte die S-Rehabilitationsklinik S auf, die psychologische Behandlung der Klägerin zu ihren
Lasten abzubrechen, da ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Unfallereignis und diagnostizierter PTBS nicht erkennbar sei,
und informierte die Klägerin entsprechend.
In dem Zusammenhangsgutachten vom 7. Juli 2011, das der Facharzt für Chirurgie und Chirotherapie Dr. S nach einer Untersuchung
der Klägerin unter dem 7. Juli 2011 erstellte, bewertete dieser die Zerreißung der Supraspinatussehne in der linken Schulter
der Klägerin als unfallunabhängig. Psychiatrische Beschwerden der Klägerin sind in dem Gutachten nicht erwähnt.
Mit Bescheid vom 23. August 2011 lehnte die Beklagteeinen Rentenanspruch der Klägerin wegen der Folgen ihres Arbeitsunfalls
am 27. Januar 2010 ab. Dabei ging sie davon aus, dass die Klägerin keine wesentlichen Unfallfolgen nach Schädelhirntrauma
I. Grades, folgenlos verheiltem Bruch des rechten Wadenbeines, Prellungen der Knie, der linken Schulter und des Brustkorbs
links davongetragen habe. Als unabhängig vom Arbeitsunfall vorliegende Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes der Klägerin
führte die Beklagte psychologische Beschwerden und eine Rotatorenmanschettenruptur links an.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2012 zurück.
Der Entlassungsbericht über eine erneute orthopädische Rehabilitationsbehandlung der Klägerin wegen ihres linken Schultergelenkes
in den S Kliniken S vom 9. Januar 2012 bis 10. Februar 2012 enthält keine Angaben über psychische Beschwerden der Klägerin.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin reichte die Klägerin ein freies Gutachten zum Rentenantrag des
Facharztes für Neurologie/Psychiatrie Dr. S vom 26. Juni 2012 ein, in der dieser auf seinem Fachgebiet eine PTBS und eine
mittelgradige depressive Episode diagnostizierte.
Auf Veranlassung des Sozialgerichts erstellte Dr. G unter dem 14. Juli 2013 ein psychiatrisches Sachverständigengutachten.
Im Rahmen seiner Anamnese beklagte die Klägerin als aktuelle Beschwerden insbesondere massive Schlafstörungen. Sie sei nervös,
habe ständig Angst, sei oft gereizt und unausgeglichen, sie lebe jetzt mit ihrem Ehemann ruhiger und zurückgezogener als früher,
sie werde auch älter. Körperlich beklagte sie Schmerzen und große Einschränkungen in der linken Schulter und die erfolglose
langjährige Behandlung diesbezüglich. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis einer PTBS (ICD-10 F43.1) vor dem Hintergrund einer
gravierend erlebten Traumatisierung (Autounfall am 27. Januar 2010) sowie dazu, dass eine mittelgradige depressive Störung
mit somatischen Syndromen (ICD-10 F32.1) bei körperlichen Erkrankungen, vor allen Dingen einem Schmerzsyndrom der linken Schulter,
vorliege. Er verwies auf die diagnostischen Kriterien, die nach der ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen zur Definition
der PTBS zu prüfen seien und führte aus, dass bei der Klägerin das A-Kriterium (die betroffene Person war einem kurz- oder
langanhaltenden Ereignis oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophalem Ausmaß ausgesetzt, das beinahe
bei jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde) erfüllt sei, denn sie sei einem kurz anhaltendem Ereignis von außergewöhnlicher
Bedrohung (Unfallereignis mit katastrophalem Ausmaß) ausgesetzt gewesen, das beinahe bei jedem Menschen tiefgreifende Verzweiflung
auslösen würde. Auch das B-Kriterium (anhaltende Erinnerungen oder Wiederbeleben der Belastung durch aufdringliche Nachhallerinnerungen,
lebendige Erinnerungen, sich wiederholende Träume oder durch innere Bedrängnis in Situationen, die der Belastung ähneln oder
mit ihr in Zusammenhang stehen) sei bei der Klägerin erfüllt, sie habe anhaltende Erinnerungen an die Belastung durch aufdringliche
Nachhallerinnerungen und sich wiederholende Träume, die der Belastung ähneln würden (Albträume). Weiterhin würde die Klägerin
Umstände, die der Belastung ähneln oder mit ihr im Zusammenhang stünden, tatsächlich oder möglichst vermeiden (C-Kriterium),
denn die Klägerin habe Probleme, beispielsweise selbst ein Fahrzeug mit höherer Geschwindigkeit (auf Bundesstraßen oder Autobahnen)
bzw. in unbekannter Umgebung zu steuern. Er sah auch das D-Kriterium in Unterpunkt 2 verwirklicht, denn die Klägerin zeige
anhaltende Symptome einer erhöhten Sensitivität, u. a. Schlafstörungen, Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und eine
erhöhte Schreckhaftigkeit. Sie habe sich weitgehend zurückgezogen und ein andauerndes Gefühl von Nervosität, das sich bei
ihr in einer gesteigerten Wachsamkeit und Reizbarkeit zeige. Insgesamt lägen bei der Klägerin eindeutige Anhaltspunkte für
eine PTBS vor. Diese sei eindeutig im Sinne der erstmaligen Entstehung ursächlich auf das Ereignis vom 27. Januar 2010 zurückzuführen.
Es handele sich um eine gestörte Erlebnisverarbeitung. Vor dem Unfallereignis habe die Klägerin keine diagnostizierte sowie
auch im Selbsterleben beschreibbare, manifeste psychische Störung gehabt. Vielmehr sei der bisherige Lebensweg von einer weitgehend
stabilen Entwicklung gekennzeichnet. Es stelle sich die Frage, warum die Symptomatik erst ein gutes Jahr nach dem Unfallereignis
im Sinne einer psychiatrischen Diagnose dokumentiert worden sei. Hierzu führte der Gutachter aus, dass aus den rückblickenden
Schilderungen der Klägerin eindeutig zu entnehmen sei, dass die Symptome bereits kurze Zeit nach dem Unfall von ihr wahrgenommen
worden seien, allerdings die körperlichen Beschwerden und deren Bewältigung in den ersten anderthalb Jahren nach dem Unfall
im Vordergrund gestanden hätten. Erst im Zusammenhang mit dem Gespräch bei der Diplompsychologin in der ersten medizinischen
Rehabilitation Ende März 2011 habe die Klägerin ausführlich über ihre psychischen Symptome sprechen können.
Dr. G gab die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) der Klägerin mit 30 v. H. an. Sie ergebe sich aus dem durch
den Unfall bewirkten Gesundheitsschaden der PTBS mit einem gemischt depressiv ängstlichen Zustandsbild. Im weiteren führte
Dr. G in Auseinandersetzung mit dem Gutachten des Dr. S aus, dass nicht abschließend beurteilt werden könne, ob die durch
Dr. S diagnostizierte mittelgradige depressive Störung mit ihren Symptomen Ausdruck der PTBS sei oder eine eigene Krankheitseinheit
im Sinne einer depressiven Störung darstelle, da sich die Symptome weitgehend überschneiden würden. Zweifelsohne sei bei der
Klägerin davon auszugehen, dass der langjährige Prozess der körpermedizinischen Behandlung sowie die zusätzliche Belastung
durch Kränkungserfahrungen seitens der Berufsgenossenschaft zu einer Verstärkung der depressiven Symptomatik beigetragen hätten.
Bezogen auf die Symptome der depressiven Stimmung, des Interessenverlustes und der gesteigerten Ermüdbarkeit könne bei der
Klägerin zweifelsohne die Diagnose der depressiven Störung gestellt werden.
In der anschließend durch die Beklagte eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme nach Aktenlage führte Dr. Dr. W aus,
dass die Diagnosekriterien einer PTBS schon aufgrund des Fehlens des Kriteriums A 1 bzw. A 2 unter Zugrundelegung der Vorgaben
der ICD bzw. des DSM IV eindeutig nicht bestanden hätten. Bei dem Unfall der Klägerin habe es sich um einen Fahrzeuganprall
auf ein voranfahrendes Fahrzeug gehandelt, anlässlich dessen sich die Klägerin eine Fraktur des Wadenbeins und verschiedene
Knieprellungen zugezogen habe. Dass hier ein lebens- oder existenzbedrohliches Trauma vorgelegen habe, müsse aus beratungsärztlicher
Sicht entschieden zurückgewiesen werden. Auch das Vorliegen des A 2-Kriteriums habe Dr. G nicht nachgewiesen. Die Auswertung
der gesamten Aktenlage enthalte keinerlei Hinweis darauf, dass bei der Versicherten zeitnah zu dem Unfall eine wie auch immer
geartete psychische Ausnahmesituation bestanden habe, z. B. in der Form einer tiefgreifenden Verzweiflung, welche Dr. G aber
als anspruchsbegründend herausstelle. Ängste vor unfallauslösenden Situationen, wie sie die Klägerin beim Autofahren beklagt
habe, könnten durchaus nicht allgemein als PTBS qualifiziert werden, sondern oftmals bspw. als sogenannte spezifische Phobie.
Die Klägerin selbst habe in ihren verschiedenen Briefen an die Beklagte stets immer nur über ihre körperlichen Beschwerden
geklagt. Der gesamte Zeitverlauf mit einem symptomfreien Intervall von mehr als einem Jahr zwischen dem einwirkenden Unfall
und den nunmehr geltend gemachten psychischen Beschwerden spreche eindeutig gegen die Unfallkausalität und vor allem auch
gegen die Diagnosestellung einer PTBS.
Unter dem 26. November 2013 erstellte Dr. W auf Veranlassung des Sozialgerichts ein orthopädische Fachgutachten, in dem er
zu dem Ergebnis kam, dass alle schulterbezogenen Diagnostiken, Krankschreibungen und Operationen Folgen einer degenerativen
Schadensanlage der Klägerin gewesen seien. Auch die aktuelle Schulterproblematik der Klägerin (schmerzhafte Teilsteife links)
sei ausschließlich auf die körpereigene Disposition zurückzuführen. Die körpereigenen Anlagen hätten zu einem Impingementsyndrom
mit allmählicher Aufspleißung der Supraspinatussehne geführt. Die (unfallbedingte) linksseitige Schulter- und Thoraxprellung
sowie das Schädelhirntrauma I. Grades hätten eine Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 26. Februar 2010
verursacht. Die unfallbedingte MdE sei nach Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit mit Null anzusetzen.
In der mündlichen Verhandlung der Sache vor dem Sozialgericht Berlin am 17. Juni 2014 erklärte die Klägerin, sie habe die
Arbeit Ende Februar/Anfang März 2010 wieder aufgenommen, sei dann jedoch lange zu Lasten der Krankenversicherung arbeitsunfähig
erkrankt. Anschließend sei ihr ein häuslicher Arbeitsplatz eingerichtet worden, an dem sie bis heute halbtags weiter arbeite.
Dies sei nach Ende ihrer zweiten Operation an der Schulter im Juni 2012 gewesen. Sie sei nach dem Ende der ersten Arbeitsunfähigkeit,
d. h. im März 2010, die erste Zeit wieder mit dem Auto zur Arbeit gefahren: Dabei habe sie eine Schüssel dabei gehabt, weil
sie sich zum Teil während der Fahrt habe übergeben müssen. Wenn das nicht im Auto der Fall gewesen sei, sei sie nach Erreichen
des Arbeitsortes zuerst zur Toilette gegangen, weil sie sich dort habe übergeben müssen. Sie habe in dieser Zeit auch Schmerz-
und Schlafmittel genommen. Erstmals bewusst sei sie sich über die psychischen Beschwerden während der Rehabilitation im März/April
2011 geworden.
Mit Urteil vom 17. Juni 2014 verpflichtete das Sozialgericht Berlin die Beklagte, unter Abänderung des Bescheides vom 23.August
2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2012, bei der Klägerin eine PTBS (ICD-10 F43.1) als Folge des Arbeitsunfalls
vom 27. Januar 2010 anzuerkennen und verurteilte sie, der Klägerin ab dem 27. Februar 2010 eine Verletztenrente nach einer
MdE von 30 v. H. zu zahlen. Im Übrigen wies es die Klage ab.
In seiner Begründung folgte das Gericht im Wesentlichen dem Gutachten des Sachverständigen Dr. G.
Soweit die Klägerin mit ihrem Feststellungsbegehren weitere Funktionseinschränkungen der linken Schulter und des rechten Beines
geltend gemacht hatte, begründete das Gericht die Klageabweisung insoweit mit dem Sachverständigengutachten des Dr. W.
Gegen das der Beklagten am 17. Juli 2014 zugestellte Urteil hat diese am 28. Juli 2014 Berufung bei dem Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg eingelegt.
Sie sieht die strengen Voraussetzungen der Annahme einer unfallbedingten PTBS für nicht gegeben. Dabei wiege am gravierendsten
der Umstand des fehlenden zeitlichen Zusammenhangs. Eine PTBS entwickele sich entweder unmittelbar nach einem Trauma oder
aber - bei verzögertem Verlauf - in einem zeitlich angemessenen Intervall von maximal sechs Monaten. Dies würde aber voraussetzen,
dass es sich um ein besonders gravierendes Ereignis gehandelt hätte. Ein derartiges Ereignis sei aus den Umständen des von
der Klägerin erlittenen Verkehrsunfalls nicht ersichtlich.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juni 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und wendet sich gegen das durch das Landessozialgericht eingeholte
Gutachten des Sachverständigen R.
Das Landessozialgericht hat einen Befundbericht der die Klägerin seit November 2013 behandelnden Diplompsychologin P eingeholt,
in dem diese als Diagnosen eine PTBS (F43.1) und anhaltende somatoforme Schmerzstörung (F45.4) angibt. Weiter führt die behandelnde
Psychologin bei der Frage, welche Beschwerden die Klägerin geäußert hätte, auf: anhaltende innere Unruhe, erhöhte Anspannung,
Schreckhaftigkeit, sich aufdrängende Erinnerungen (Flashbacks und Intrusionen) an den Verkehrsunfall, Ein- und Durchschlafstörungen,
Albträume, Vermeidung von Situationen, die an den Unfall erinnern, bzw. Ertragen von Autofahrten unter starker Angst, sozialer
Rückzug, Verlust von Freude und Interesse, Grübeln, Antriebshemmung, emotionale Stumpfheit, vegetative Erregung mit erhöhter
Reizbarkeit, Störungen von Konzentration und Aufmerksamkeit, verminderte Belastbarkeit, Angst und Traurigkeit sowie Schmerzen.
Sodann hat der Arzt für Neurologie und Psychiatrie W nach einer Untersuchung der Klägerin unter dem 7. Mai 2015 auf Veranlassung
des Landessozialgerichts ein nervenärztliches Gutachten verfasst. Der Sachverständige sieht die Annahme einer PTBS bei der
Klägerin weder nach den Kriterien des ICD-10 noch nach denen des DSM IV für hinreichend gerechtfertigt. Er weist darauf hin,
dass es für die vermeintliche Wiedererweckung des erschreckenden Unfallgeschehens erst nach über einem Jahr im Rahmen der
Reha-Behandlung einer besonderen Begründung bedurft hätte. Der von dem Sozialgericht angenommene verzögerte Bewusstwerdungsprozess,
der von dort auf eine überlange Zeit schmerzende Schulter bei mehrfachem Behandlerwechsel zurückgeführt werde, könne aus psychiatrischer
Sicht nicht nachvollzogen werden. Üblicherweise würden neurotische Verdrängungsvorgänge als Ursache für derart verzögerte
Bewusstwerdungsvorgänge angesehen. Ein derartiges Geschehen werde hier in keiner Weise zugrunde gelegt. Gerade die bei einer
PTBS sich aufdrängenden Erinnerungen an das Trauma, die leidvoll erlebt würden, ohne abgewiesen werden zu können, die Flashbacks
bzw. Intrusionen, die schließlich auch mit emotionaler Erschöpfung, Gereiztheit und sozialem Rückzug einhergehen könnten,
bedürften keiner "Erweckung" nach über einem Jahr. Intrusionen und Flashbacks seien an keiner Stelle in charakteristischer
Weise dokumentiert worden. Der Sachverständige äußert weiter die Vermutung, dass - wenn auch unabsichtlich - die Verbindung
von psychischen Beschwerden der Klägerin mit dem Unfallgeschehen durch die entsprechende Fragestellung in der Rehabilitation
erfolgt sei. Weiterhin weist er darauf hin, dass sich der Aufnahmebefund im Rehabilitationsbericht der S Kliniken S, die Patientin
wirke aktuell weitgehend ausgeglichen in der Grundstimmung, jedoch recht angespannt und erschöpft, nicht mit der darin weiterhin
enthaltenen, vorzeitigen und ohne konkrete Schilderung und Hinterfragung abgegebenen Befundung einer bisher unbehandelten
posttraumatischen Belastungssymptomatik in Form von Intrusionen, Flashbacks, Ängsten, Schlafstörungen und innerer Unruhe vereinbaren
lasse. In der Rehabilitationsbehandlung Anfang des Jahres 2012 finde sich kein Hinweis auf eine relevante Leidenssymptomatik
im Sinn einer psychischen Traumatisierung. Dem geschilderten Erbrechen während des Autofahrens würde keine PTBS zugrunde liegen.
Bei dieser Annahme müsste man davon ausgehen, dass die Klägerin typische Symptome der PTBS - also die Vermeidung der das Trauma
auslösenden Situation des Autofahrens - trotz der bestehenden Alternative, mit öffentlichen Verkehrsmitteln den Arbeitsweg
zu bestreiten, aus eigener Kraft unter Inkaufnahme massiver somatischer Beeinträchtigungen überwinden würde. Für das Erbrechen
ließen sich auch durchaus andere typischere Ursachen finden, wie etwa die Einnahme opiatartiger Schmerzmittel in höherer Dosis
vor Beginn des Arbeitstages. Ein - nach Angaben der Klägerin - über vier Monate andauerndes tägliches Erbrechen in Kenntnis
der Alternative, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, sei nicht nachvollziehbar. Schließlich widerspricht der Sachverständige
dem Gutachter Dr. G und dessen Feststellung eines sozialen Rückzugs der Klägerin unter Hinweis auf ihre weiterhin fortbestehenden
sozialen Kontakte. Regressive Tendenzen würden nicht nur bei erkrankten Menschen zu beobachten sein. Im fortschreitenden Lebensalter
seien diese nicht unüblich und seien eher mit der ohne Zweifel unerfreulichen Wahrnehmung orthopädischer Einschränkungen vereinbar
als mit der Diagnose einer PTBS. In der Leitlinie zur PTBS seien adäquate Traumata benannt, die etwa im Ausmaß vergleichbar
seien und eine solche Störung begründen würden wie Geiselnahme, Terroranschläge, Krieg, Haft, Folterung, Gefangenschaft, Katastrophen,
Unfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit, was letztlich einen Hinweis auf die erlebte Qualität der Unfälle
gebe. Insbesondere das Gefühl der Hilflosigkeit und der Ausgesetztheit dem traumatischen Erleben würden zu einer Erschütterung
führen. Hier sei festzustellen, dass die Klägerin sofort geistesgegenwärtig und adäquat habe reagieren können, indem sie sich
selbst aus der Situation befreit hätte. Selbstverständlich stelle ein Unfallereignis immer eine außergewöhnliche Situation
dar, die ganz zweifellos auch als lebensbedrohlich empfunden werden könne. Zweifellos sei aber in dem überwiegenden Ausmaß
der Verkehrsunfälle keine PTBS eingetreten, gleichwohl diese als lebensbedrohlich und außergewöhnlich empfunden würden. In
den meisten Fällen fände sich eine normalpsychologische Form der Verarbeitung, die durchaus ein intensives und leidvolles
Erleben/Erschrecken einschlösse. Die Entwicklung einer PTBS über Jahre bedürfe freilich besonders begründeter, nachvollziehbar
geschilderter und auch im Erleben abgebildeter Sachverhalte, die hier nicht nachvollziehbar geworden seien. Im Rahmen der
Beantwortung der Beweisfragen gibt der Sachverständige als auf seinem Fachgebiet bestehende Gesundheitsstörung der Klägerin
eine akute Belastungsreaktion (ICD F43.0) an.
Nach Einreichen eines "Berichtes an den Gutachter zum Umwandlungsantrag der Versicherten auf Verhaltenstherapie" der die Klägerin
behandelnden Diplompsychologin vom 6. Juli 2015 bekräftigte der Sachverständige R in einer gutachterlichen Stellungnahme vom
8. August 2015 das von ihm gefundene Ergebnis.
Auf Antrag der Klägerin hat das Landessozialgericht ein Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K eingeholt,
das dieser nach einer Untersuchung der Klägerin unter dem 8. Oktober 2015 erstellt hat. Im Rahmen seiner psychischen Befunderhebung
stellt der Gutachter fest, dass es für eine depressive Stimmungslage bei der Klägerin keinen Anhalt gebe. Auch sei in der
Untersuchungssituation keine verstärkte Ängstlichkeit erkennbar gewesen. Dies betreffe auch die sachliche und differenzierte
Erörterung des Unfallhergangs. Hinsichtlich der Schilderung des Unfallereignisses weist Dr. K darauf hin, dass die Schilderungen
des Unfallablaufs im Laufe der Zeit an Dramatik zunehmen würden. Insoweit wird auf Bl. 478 und Bl. 479 der Gerichtsakte Band
III verwiesen. Dr. K führt aus, dass das plötzliche Versagen der Bremsen des Autos bei einer Fahrt auf der Autobahn mit höherer
Geschwindigkeit und dadurch praktisch unabwendbarer Kollision mit weiteren Fahrzeugen aus seiner Sicht ein durchaus massiv
(potentiell lebens-) bedrohliches Ereignis darstelle. Verstärkt werde dies sicher beim Anblick noch so kleiner Flammen, solange
man nicht sicher sei, das Auto vor einer möglichen Explosion einigermaßen heil verlassen zu können. Auch aus inzwischen schon
sicherer Entfernung dürfte das anschließende Ausbrennen des Autos das Katastrophenerlebnis einfühlbar nochmals gesteigert
haben. Die zunächst "kopflose Flucht" entspreche der als A2-Kriterium geforderten intensiven Furchtreaktion. Der Zeitfaktor
sei nicht starr festgelegt. Sich aufdrängende Erinnerungsfetzen mit Unfallbezug hätten sich nach Angaben der Klägerin erst
nach knapp einem Jahr und dann mit allmählicher aber unvollständiger Abnahme eingestellt. Massive Ängste und vegetative Reaktionen
(Übelkeit, Erbrechen) gegenüber dem Stressor Autofahren hätten sich hingegen in den ersten Wochen nach dem Trauma entwickelt.
Ein Vermeidungsverhalten sei durch berufliche Anforderungen und auch Befolgen von Durchhalteappellen des Hausarztes und des
Schwagers nur inkonsequent möglich gewesen. Ebenfalls sehr rasch sei es zu Zeichen der vegetativen Übererregtheit, einer übermäßigen
Schreckhaftigkeit und besonders zu Schlafstörungen gekommen. Hingegen seien Symptome einer nennenswerten Depressivität, emotionale
Abstumpfung oder sozialer Rückzug nicht oder zumindest nicht mehr zu erkennen. Es sei zu konstatieren, dass mit einem ausreichend
hohen Grad an Sicherheit bei der Klägerin bis heute psychische Störungen vorlägen. Die jetzige Symptomatik (Intrusionen, Schlafstörungen,
partielles Vermeidungsverhalten) entspreche - wenn auch nicht in voller Ausprägung --- dem Bild einer PTBS. Der Wegeunfall
vom 27. Januar 2010 sei nicht nur eine plausible, sondern die einzig erkennbare Ursache für dieses Störungsbild. Wenn auch
aus gutachterlicher Sicht das Ausmaß der Störung keine rentenberechtigende Höhe der MdE erreiche, sollte zumindest eine intensivierte
psychologische Traumatherapie zu Lasten der Beklagten erfolgen. Im Späteren führt der Sachverständige aus, dass die unfallbedingte
MdE aufgrund der genannten psychischen Erkrankung derzeit 10 v. H. betrage. Es sei wenig wahrscheinlich, dass die Störung
bei der Klägerin jemals ein rentenberechtigendes Ausmaß von 20 v. H. erreicht habe.
In einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 1. Dezember 2015 stellt der Sachverständige R klar, dass die von ihm im Gutachten
vom 7. Mai 2015 festgestellte akute Belastungsreaktion mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall der Klägerin am
27. Januar 2010 zurückzuführen sei. Eine anhaltende Beeinträchtigung sei aus nervenärztlicher Sicht dabei nicht anzunehmen,
eine MdE liege nicht vor.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie
der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die - soweit maßgeblich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung
und Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, bei der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
als Folge des Arbeitsunfalls vom 27. Januar 2010 anzuerkennen sowie ihr aufgrund dieser Erkrankung eine Verletztenrente nach
einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v. H. zu zahlen. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 23. August 2011
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die auf die Anerkennung einer PTBS als Unfallfolge mit daraus fließender Rentenberechtigung gerichtete Klage ist zulässig,
aber unbegründet.
Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass als Folge des Verkehrsunfalls der Klägerin am 27. Februar 2010 eine PTBS vorliegt.
Als Unfallfolge lassen sich nur diejenigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen feststellen, die rechtlich wesentlich auf das
Unfallgeschehen zurückgeführt werden können. Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache ist allein
relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht
gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch
verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n)
keine überragende Bedeutung hat (haben) (BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a. F.
RVO; BSG SozR Nr. 6 zu § 589
RVO; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Kap. 1.5, S. 24 f.). Ist jedoch eine Ursache
oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n)
Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (BSGE 12, 242, 245 = SozR Nr. 27 zu § 542
RVO; BSG SozR Nr. 6 zu § 589
RVO). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich"
anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet,
kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (BSGE 62, 220, 222 f = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 jeweils Rdnr. 11). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen
einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage
so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art
unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit
die Erscheinung ausgelöst hätte (BSGE 62, 220, 222 f = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 jeweils Rdnr. 11; ähnlich Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O). Bei der Abwägung kann der Schwere
des Unfallereignisses Bedeutung zukommen.
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge
geltend gemachte Gesundheitsstörung müssen erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens
muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden
Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte
des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn
der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen
dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt
im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche
Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr
führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende
Umstände auszuschließen (BSG, Urteile vom 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R -, vom 2. April 2009 - B 2 U 29/07 R - und vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, alle zitiert nach juris).
Die von der Klägerin geltend gemachte PTBS liegt als Gesundheitsstörung schon nicht im Vollbeweis vor.
Zur Anerkennung einer psychischen Störung als Unfallfolge ist eine exakte Diagnose der Krankheit nach einem der international
anerkannten Diagnosesysteme (z. B. ICD-10 = 10. Revision der Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten
und verwandter Gesundheitsprobleme der WHO aus dem Jahr 1989, vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information
(DIMDI) ins Deutsche übertragen, herausgegeben und weiterentwickelt; DSM IV = diagnostisches und statistisches Manual psychischer
Störungen der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung aus dem Jahr 1994, deutsche Bearbeitung herausgegeben von Saß/Wittchen/Zaudig,
3. Auflage 2001) unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erforderlich, damit die Feststellung nachvollziehbar
ist (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R, Rn. 22, juris).
Bei Anwendung der für die Diagnose einer PTBS zur Verfügung stehenden Diagnosesysteme kann der Senat im Ergebnis diese Gesundheitsstörung
bei der Klägerin unter Auswertung der vorliegenden Sachverständigengutachten und medizinischen Unterlagen nicht feststellen.
Nach ICD-10 (F43.1) ist zunächst erforderlich ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit
außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde
(so genanntes A-Kriterium). In den Leitlinien der AWMF-Fachgesellschaften vom August 2011 hierzu (AWMF-Register-Nr. 051/010)
werden als Beispiele aufgeführt das Erleben von körperlicher und sexualisierter Gewalt, auch in der Kindheit (sogenannter
sexueller Missbrauch), Vergewaltigung, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag,
Krieg, Kriegsgefangenschaft, politische Haft, Folterung, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen
verursachte Katastrophen, Unfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit. Wie aus den übrigen Beispielen deutlich
wird, muss es sich - wenn das Ereignis ein Unfall war - um einen Unfall mit deutlichem Schweregrad handeln. Ein derartiges
schweres Ereignis vermag der Senat in dem durch die Klägerin am 27. Januar 2010 erlittenen Verkehrsunfall nicht zu erkennen.
Nach den zwischenzeitlich unstreitigen medizinischen Feststellungen auf orthopädisch/unfallchirurgischem Gebiet hat die Klägerin
durch den Unfall lediglich ein Schädelhirntrauma Grad I, eine Thoraxprellung, eine Fraktur des Wadenbeins sowie Prellungen
der Knie und der linken Schulter erlitten, die in naher zeitlicher Folge (der orthopädische Sachverständige des Gerichts Dr.
W spricht von einem Monat) folgenlos ausheilten. Die Fraktur des Wadenbeins musste nicht chirurgisch versorgt werden. Es handelte
sich um einen Auffahrunfall bei bereits gedrosselter Geschwindigkeit im erhöhten, aber nicht mehr hohen Bereich. Hinsichtlich
der Brandentwicklung am bzw. im Fahrzeug weist der Sachverständige Dr. K zu Recht auf das uneinheitliche, gesteigerte Vorbringen
der Klägerin diesbezüglich hin. Festzuhalten bleibt, dass bei der Unfallaufnahme in der Rettungsstelle von einem entstandenen
Schwelbrand die Rede ist. Mehrfach hat die Klägerin später darauf hingewiesen, sie habe Flammen im Fußraum des Wagens wahrgenommen
und habe das Auto daraufhin sofort verlassen. Davon, dass sie, wie gegenüber dem Gutachter im Rentenverfahren Dr. Sch im Juni
2012 vorgetragen, sich gerade noch aus dem vollständig brennenden Auto habe befreien können oder gar in dem brennenden Auto
eingesperrt gewesen sei, welches nach ihrer Befreiung daraus vollständig ausgebrannt sei, so ihr Prozessbevollmächtigter gegenüber
dem Sozialgericht im Schriftsatz vom 4. Dezember 2012, kann demgegenüber keine Rede sein. Die zuletzt geschilderten Abläufe
hält der Senat für zweckgerichtet gesteigertes Vorbringen und legt sie seiner Beurteilung daher nicht zugrunde. Nach dem Unfall
wurden weder in der Rettungsstelle noch durch den behandelnden Durchgangsarzt brandbedingte Gesundheitsschäden der Klägerin
befundet, wie etwa Anzeichen einer Rauchvergiftung oder erlittene Verbrennungen. Auch ein Schock wurde durch die Erstbehandler
nach dem Unfall nicht diagnostiziert. Auch wenn ein derartiges Unfallerlebnis zu einer Schockreaktion führen und nachhaltig
beeindruckend sein kann, ist es im Ergebnis jedoch kein Ereignis von außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem
Ausmaß und auch keineswegs in der Lage, bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorzurufen. Insoweit folgt der Senat der
Einschätzung des Dr. Dr. W in seiner Stellungnahme vom 8. Oktober 2013 und der Einschätzung des Sachverständigen R. Der Senat
folgt insoweit nicht der entgegenstehenden Einschätzung des Dr. K sowie des Dr. G, der das Kriterium lediglich benennt, es
jedoch nicht hinsichtlich des vorliegenden Unfalls konkretisiert. Von einer "kopflosen Flucht", wie sie Dr. K annimmt, hat
die Klägerin selbst in ihrer Befragung bei dem Sachverständigen R Abstand genommen.
Als zweites Kriterium müssen nach ICD-10 anhaltende Erinnerungen an das traumatische Erlebnis oder das wiederholte Erleben
des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks, Träumen oder Albträumen) oder eine innere
Bedrängnis in Situationen, die der Belastung ähneln oder damit im Zusammenhang stehen, vorhanden sein. Auch wenn es bei Verneinung
bereits des A-Kriteriums hierauf nicht mehr entscheidend ankommt, teilt der Senat die Zweifel des Sachverständigen R, dass
es sich - wie von dem Sachverständigen Dr. G angenommen - bei den von der Klägerin geschilderten Erinnerungen an das Unfallgeschehen
um solche handelt, die die Diagnosekriterien einer PTBS, nämlich Nachhallerinnerungen, Flashbacks, Träume oder Albträume,
erfüllen. Hiergegen spricht zum einen die in jeder der dokumentierten Gutachtersituationen adäquate Schilderung der Klägerin,
die in keiner der Anamnesen geprägt ist durch die Vermittlung besonderen Leidens. Aus den Explorationen ergibt sich vielmehr,
dass die Klägerin an den unfallunabhängig festzustellenden Beschwerden im Bereich ihrer linken Schulter, die seit Januar 2011
auch nach zwei Operationen nicht zufriedenstellend orthopädisch behandelt werden konnte, gelitten hat. Die hierdurch verursachten
steten Schmerzen erklären im Übrigen auch die Schlaflosigkeit der Klägerin, die sie im Rahmen der Anamnese bei den Sachverständigen
Rund K selbst als Ursache benannt hat. Gerade der Sachverständige R führt nachvollziehbar und umfänglich und in Auseinandersetzung
mit von der die Klägerin behandelnden Dipl. Psych. P (die keine Traumatherapeutin ist) aufgenommenen Schilderungen der Klägerin
die Unterschiede zwischen (sicherlich belastenden) Erinnerungen und Intrusionen bzw. Flashbacks im Sinne der Diagnose einer
PTBS aus. Dabei kommt er nachvollziehbar und überzeugend zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Angaben der Klägerin, den erschreckenden
Erinnerungen beim Aufwachen aus dem Traum oder bei Schließen der Augen, nicht um Intrusionen oder Flashbacks im Sinne der
PTBS handelt, die sich unabweisbar aufdrängend bei vollem Wachbewusstsein ablaufen und durch einen sog. "Schlüsselreiz", der
im Lebensalltag gegeben wird, ausgelöst werden. Auch führt der Sachverständige aus, dass Intrusionen auch Alpträume umfassen
können, aus denen mit der entsprechenden Erregung erwacht werde, die Erregung jedoch nicht - wie von der Klägerin beschrieben
- nach dem Erwachen durch halluzinatorische Eindrücke hervorgerufen wird. Die in der Rehabilitationsklinik als Flashbacks
und Intrusionen benannten Erscheinungen der Klägerin wurden dort - ebenso wie die Diagnose PTBS insgesamt - in keiner Weise
nachvollziehbar und mit den Vorgaben der genannten Diagnosemanuale kompatibel begründet. Auch Dr. G behauptet lediglich das
Vorliegen von Nachhallerinnerungen und Alpträumen, ohne dass sich hierzu Schilderungen in seiner Anamnese finden.
Auch das weitere nach ICD-10 notwendige Kriterium, die Vermeidung der Belastung ähnelnder Umstände, kann hier nicht festgestellt
werden. Das Kriterium liegt insoweit nicht vor, als dass die Klägerin gerade gegen die Vermeidung des Autofahrens gearbeitet
hat. Sie ist im März 2010 wieder selbständig zur Arbeit hin- und zurückgefahren in einem zeitlichen Umfang von einer Stunde
pro Strecke; dies bis Ende des Jahres 2010. Anschließend ist ihr aufgrund ihrer orthopädischen Probleme ein Heimarbeitsplatz
mit Halbtagsarbeit angeboten worden. Auch eine Arbeitsunfähigkeit im Sommer 2010 war nach Angaben der Klägerin durch orthopädische
Probleme begründet. Zwar gibt die Klägerin insofern glaubhaft Angst vor Fahrten auf der Autobahn an, fest steht jedoch, dass
sie diese Fahrten - wenn auch als Beifahrerin - sowie auch selbständige Fahrten auf anderen Strecken durchaus regelmäßig unternommen
hat und unternimmt. Soweit sie in diesem Zusammenhang angegeben hat, über einen längeren Zeitraum während der morgendlichen
Fahrt zur Arbeit Übelkeit und Erbrechen erlitten zu haben, ist diesbezüglich zum einen nicht nachvollziehbar, warum sie diese
Beschwerden nicht ärztlich hat behandeln lassen, und zum anderen dem Sachverständigen R zu folgen, der auf die starken Schmerz-
bzw. Schlafmittel, die die Klägerin wegen der (unfallunabhängigen) Schulterbeschwerden einnahm, als mögliche Ursache für diese
Symptome hinweist. Auch im Rahmen der Exploration bei Dr. G gab die Klägerin im Zusammenhang mit den von ihr eingenommenen
Medikamenten an, starke Probleme mit dem Magen gehabt zu haben.
Das sogenannte D 1-Kriterium (teilweise oder vollständige Unfähigkeit, einige wichtige Aspekte des belastenden Erlebnisses
zu erinnern) konnte von den Sachverständigen nicht festgestellt werden. Die Klägerin konnte sowohl den Unfall selbst als auch
ihre Reaktion anschließend bei allen Gutachtern angeben.
Weiterhin problematisch und im Ergebnis nicht im Sinne einer PTBS zu beantworten ist die Frage des Vorliegens des sogenannten
D 2-Krieriums, anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen Sensitivität und Erregung, wobei mindestens zwei der folgenden
Merkmale erfüllt sein müssen: Ein- und Durchschlafstörungen, erhöhte Schreckhaftigkeit, Hypervigilanz, Konzentrationsschwierigkeiten,
Reizbarkeit und Wutausbrüche. Die Symptome müssen dabei innerhalb von sechs Monaten nach dem belastenden Ereignis oder der
Belastungsperiode aufgetreten sein. Hierzu ist festzuhalten, dass zwar in dem Befundbericht der die Klägerin seit November
2013 behandelnden Diplompsychologin I entsprechende Symptome verzeichnet sind, dass sich solche jedoch erstmals in dem psychischen
Befundbericht zur Erstversorgung der S Rehabilitationsklinik S vom 29. März 2011 und damit über ein Jahr nach dem Verkehrsunfall
finden. Warum anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen Sensitivität und Erregung nicht bereits im Vorfeld gegenüber
den die Klägerin aufgrund der körperlichen Unfallfolgen behandelnden Ärzten beklagt worden sind, bleibt nicht nachvollziehbar.
Insoweit hält es das Gericht für durchaus einleuchtend, dass - wie es der Sachverständige R erörtert - in der Reha-Klinik
der Verdacht des Vorliegens einer PTBS auf das Ergebnis durchgeschlagen ist. Widersprüchlich in diesem Zusammenhang ist auch,
dass der die Klägerin auf ihren Wunsch begutachtende Dr. S zwar nach Erhalt der psychologischen Berichte aus der Rehabilitationsklinik
die Diagnose PTBS übernommen hat, in seinem Gutachten jedoch psychiatrische Beschwerden der Klägerin mit keinem Wort erwähnt.
Auch wenn er als Facharzt für Chirurgie die unfallchirurgischen Folgen beurteilen sollte, hätte es nahegelegen, eine schwerwiegende
psychiatrische Störung, wie sie die PTBS darstellt, nicht unerwähnt zu lassen und eine Zusatzbegutachtung vorzuschlagen. Auch
weist der Sachverständige R zu Recht darauf hin, dass in der zweiten orthopädischen Rehabilitationsbehandlung in derselben
Rehabilitationsklinik im Jahr 2012 zu etwaigen psychiatrischen Beschwerden der Klägerin in keiner Weise Stellung genommen
wird. Auch wenn dies - wie es der Sachverständige Dr. K vermutet - der Ablehnung der Beklagten, eine psychiatrische Behandlung
als Kostenträger zu übernehmen, geschuldet sein könnte, fällt das Feststellen einer psychiatrischen Behandlungsbedürftigkeit
in den Rahmen der ärztlichen Sorgfaltspflichten der Rehabilitationsklinik.
Es bleibt im Ergebnis festzuhalten, dass sich psychische Störungen der Klägerin nicht in der für die PTBS nach wissenschaftlichen
Kriterien notwendigen zeitlichen Latenz entwickelt haben.
Einen sozialen Rückzug, wie es die Sachverständigen G und K feststellen, kann das Gericht weder feststellen noch auf eine
etwaige PTBS zurückführen. Insoweit hat die Klägerin selbst angegeben, aufgrund ihres fortschreitenden Alters auch im sozialen
Bereich nicht mehr so aktiv zu sein wie zuvor. Die Klägerin lebt in einem sie beglückenden familiären Umfeld, hat zufriedenstellende
soziale Kontakte im Freundeskreis, fährt regelmäßig in Urlaub und geht ihrer Arbeit nach. Insoweit wird hier auf die ausführliche
Anamnese des Sachverständigen R, GA Band II, Bl. 302, 306, 307 und auf die Angaben der Klägerin bei Dr. K, GA Band III, Bl.
475 verwiesen. Insbesondere was die Aufgabe des Handballspielens betrifft, ist in diesem Zusammenhang auf die gravierenden
orthopädischen Funktionsbeeinträchtigungen im Rahmen der linken Schulter der Klägerin hinzuweisen, die - wie bereits ausgeführt-
jedoch unfallunabhängig vorliegen.
Auch die Erfüllung der diagnostischen Kriterien für eine PTBS nach DSM kann nicht festgestellt werden. In diesem Zusammenhang
ist zu berücksichtigen, dass das A-Kriterium für eine PTBS nach dem seit 2015 in deutscher Sprache vorliegenden Diagnosesystem
DSM V enger konzipiert wurde als das A 1-Kriterium in der Vorgängerversion DSM IV (vgl. diagnostisches und statistisches Manual
psychischer Störungen DSM V, deutsche Ausgabe, herausgegeben von Peter Falkai und Hans-Ulrich Wittche, 2015, Hogrefe Verlag
GmbH & Co. KG; Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. August 2015 - L 3 U 239/10, Rn. 43, juris). Das Konzept nach DSM IV stellte bei diesem Kriterium noch auf das individuelle subjektive Erleben des Betroffenen
ab und formulierte es wie folgt:
1. Die Person erlebte, beobachtete oder war mit einem oder mehreren Ereignissen konfrontiert, die tatsächlichen oder drohenden
Tod oder ernsthafte Verletzungen oder eine Gefahr der körperlichen Unversehrtheit der eigenen Person oder anderer Personen
beinhaltete (A 1-Kriterium) und
2. die Reaktion der Person umfasste intensive Furcht, Hilflosigkeit und Entsetzen (A 2-Kriterium).
Nach dem nunmehr überarbeiteten und damit als aktueller Stand der Wissenschaft der Beurteilung zugrunde zu legenden DSM V
genügt eine rein subjektiv empfundene Bedrohung nun nicht mehr. Insgesamt haben sich die Kriterien nach DSM V damit den Kriterien
der ICD-10 angeglichen. In DSM V wird das A-Kriterium so formuliert:
Konfrontation mit tatsächlichem oder drohendem Tod, ernsthafter Verletzung oder sexueller Gewalt auf eine (oder mehrere) der
folgenden Arten:
1. Direktes Erleben eines oder mehrerer traumatischer Ereignisse.
2. Persönliches Erleben eines oder mehrerer solcher traumatischen Ereignisse bei anderen Personen.
3. Erfahren, dass einem nahen Familienmitglied oder einem engen Freund ein oder mehrere traumatische Ereignisse zugestoßen
sind.
Im Falle von tatsächlichem oder drohendem Tod des Familienmitgliedes oder Freundes muss das Ereignis bzw. müssen die Ereignisse
durch Gewalt oder einen Unfall bedingt sein.
4. Die Erfahrung wiederholter oder extremer Konfrontation mit aversiven Details von einem oder mehreren derartigen traumatischen
Ereignissen (z. B. Ersthelfer, die menschliche Leichenteile aufsammeln oder Polizisten, die wiederholt mit schockierenden
Details von Kindesmissbrauch konfrontiert werden).
Das diagnostische Merkmal "Konfrontation mit tatsächlichem oder drohendem Tod oder ernsthafter Verletzung" wird dabei wie
folgt erläutert:
"Direkt erlebte traumatische Ereignisse (im Kriterium A aufgeführt) umfassen folgende Erlebnisse, sind aber nicht auf diese
begrenzt: Kriegserfahrung als Soldat oder Zivilist, drohender oder tatsächlicher körperlicher Übergriff (z. B. körperlicher
Angriff, Raubüberfall, Überfall auf der Straße, körperliche Misshandlung in der Kindheit), drohende oder tatsächliche sexuelle
Gewalt (...), Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Folterung, Kriegsgefangenschaft, Natur- oder durch Menschen verursachte
Katastrophen und schwere Verkehrsunfälle."
Wie bereits anhand der zur ICD-10 in den AWMF-Leitlinien geschilderten Beispielsfälle entwickelt, kann damit nur ein schwerer
Verkehrsunfall das hiernach erforderliche A-Kriterium erfüllen. Zur Schwere des hier zu beurteilenden Unfalls wurde bereits
ausgeführt, dass er nicht mit den übrigen hier beispielhaft aufgeführten Ereignissen vergleichbar ist.
Das sogenannte A 2-Kriterium im Sinne der DSM IV, nämlich ein akuter Schock im Sinne von Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen
mit entsprechenden Symptomen als Reaktion wurde hier ebenfalls nicht unmittelbar im Zusammenhang mit dem Unfallereignis gesichert.
Dieses Kriterium muss als seelischer Gesundheitserstschaden im Vollbeweis dokumentiert und gesichert sein (vgl. Hessisches
LSG, Urteil vom 25. März 2015 - L 3 U 207/11, Rn. 33, juris).
Wie bereits in Bezug auf die zeitliche Latenz zwischen Unfall und erstmaligem Verdacht auf Vorliegen einer PTBS ausgeführt,
wurde der seelische Gesundheitserstschaden in diesem Sinne nirgends dokumentiert und gesichert. Dass die Klägerin nach Bemerken
der Entwicklung eines Brandes in ihrem Fahrzeug dieses schnellstmöglich verlassen hat, entspricht einer normalen, instinktiven
Fluchtreaktion. Dass sie diese - wie geschehen - ohne Hilfe ausführen konnte, spricht eher gegen das Bestehen eines Schockzustandes.
Auch verweist der Sachverständige R zutreffend darauf, dass die Klägerin - wie sie es selbst in der von ihm dokumentierten
Anamnese berichtet - bereits nach wenigen Metern in das Auto anderer Verkehrsteilnehmer gebeten und dort beruhigt worden ist,
was ebenfalls nicht für einen akuten Schock im Sinne des A 2-Kriteriums spricht. Dieser Annahme ist dementsprechend auch Dr.
Dr. W in seiner gutachterlichen Stellungnahme entgegengetreten. Der Gutachter Dr. G setzt sich überhaupt nicht mit den Kriterien
nach DSM IV oder DSM V auseinander. Auch der Gutachter Dr. K tut sich schwer, die Kriterien einer PTBS nach den genannten
wissenschaftlichen Leitsätzen im Fall der Klägerin als erfüllt anzusehen. Im Ergebnis geht er von einer nicht voll ausgeprägten
PTBS aus, die keine rentenberechtigende MdE rechtfertige. Eine nicht voll ausgeprägte Gesundheitsstörung im Sinne eines der
genannten Diagnosesystemekann allerdings auch nicht als Unfallfolge festgestellt werden.
Soweit Dr. S und Dr. G eine PTBS diagnostiziert haben, lassen sie die notwendige Abgrenzung zu der ebenfalls von ihnen diagnostizierten
mittelgradigen depressiven Episode vermissen. Auch fehlt eine Differentialdiagnostik zu einer hier nahe liegenden Angststörung.
Im Rahmen der unfallversicherungsrechtlichen Begutachtung ist eine klare Abgrenzung für die Kausalitätsfrage jedoch unumgänglich.
Dr. S zitiert im Ergebnis lediglich aus den Leitlinien, ohne diese anschließend konkret auf die Klägerin anzuwenden. Auch
ist bei seiner Beurteilung zu beachten, dass die Klägerin bei ihm einen deutlich dramatischeren Hergang geschildert hat, als
er als wahr anzunehmen ist ("Sie sei dann aus dem vollständig brennenden Auto gerade noch herausgekommen.") Auf die zeitliche
Problematik geht er nicht ein.
Im Ergebnis erscheint es nachvollziehbar - wie der Sachverständige Rim ersten Moment des Unfallgeschehens eine akute Belastungsreaktion
der Klägerin anzunehmen, die jedoch im Allgemeinen innerhalb von Stunden oder Tagen abklingt (F43.0). In der Erstaufnahme
wurde keine Schockreaktion festgestellt, die Klägerin wurde zwei Tage nach dem Unfall aus der stationären Behandlung der DRK-Kliniken
entlassen, ohne dass eine psychiatrische Behandlungsbedürftigkeit festgestellt worden wäre.
Der Berufung der Beklagten war stattzugeben und die Klage in Gänze abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Sie trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder Nr.
2 SGG liegen nicht vor.