LSG Bayern, Beschluss vom 28.07.2015 - 16 AS 118/15
Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II; Zulässigkeit der Anfechtungs- und Leistungsklage im sozialgerichtlichen Verfahren gegen einen Versagungsbescheid wegen fehlender
Mitwirkung
1. Gemäß § 66 Abs. 1 SGB I kann der Leistungsträger eine beantragte Sozialleistung ohne weitere Ermittlungen ganz oder teilweise bis zur Nachholung
der gemäß §§ 60 ff. SGB I erforderlichen Mitwirkungshandlungen versagen, wenn der Antragsteller diesen nicht nachgekommen ist und die Aufklärung des
Sachverhalts dadurch erheblich erschwert wird; er hat damit gerade keine Entscheidung über den (möglicherweise) zustehenden
Leistungsanspruch getroffen.
2. Gegenstand des gegen die Versagungsentscheidung gerichteten Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch, sondern ausschließlich
die Auseinandersetzung über die Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren.
3. Ziel der gegen einen Versagungsbescheid wegen fehlender Mitwirkung gerichteten Klage ist das Begehren, das Verwaltungsverfahren
nach dessen Aufhebung fortzusetzen.
4. Maßgebender Zeitpunkt für die Überprüfung eines Verwaltungsakts ist bei einer Anfechtungsklage die Sach- und Rechtslage
bei Erlass des Verwaltungsakts bzw. des Widerspruchsbescheides, wenn ein solcher ergangen ist; eine spätere Änderung der Sach-
und Rechtslage ist in der Regel unbeachtlich.
Vorinstanzen: SG Augsburg 04.02.2015 S 11 AS 640/14
Tenor I.
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 4. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ab dem 01.05.2014 bis zum 30.11.2014 streitig. Der 1976 geborene Kläger beantragte mit Schreiben vom 30.05.2014, nach dem
Eingangsstempel eingegangen beim Beklagten am 02.06.2014, formlos die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Er sei arbeitslos, hilfebedürftig und erwerbsfähig. Mit der Arbeitsagentur habe er nichts zu tun. Er sei nicht verheiratet
oder geschieden und habe keine Kinder, sondern sei glücklicher Alleinstehender. Zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen
seien nicht vorhanden. Da es dafür keine Nachweise geben könne, müsse der Beklagte "wohl oder übel" auf seine Angaben vertrauen,
bis ihm die Justiz das Gegenteil nachweise. Er lebe alleine in einer Mietwohnung, die Kaltmiete betrage 220 EUR zuzüglich
60 EUR Betriebskostenpauschale und Heizkostenvorschuss. In der Küche sei ein elektrischer Warmwasserboiler vorhanden. Der
Stromkostenvorschuss betrage derzeit 30 EUR alle zwei Monate. Er gab ferner seine Kontoverbindung sowie die Anschrift seiner
Krankenversicherung und die seines Vermieters an. Mit Schreiben vom 06.06.2014 forderte der Beklagte den Kläger auf, sich
umgehend persönlich beim Beklagten zu melden, damit der Antrag besprochen werden könne. Er sei gemäß §§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB I) verpflichtet, seine Hilfebedürftigkeit durch Vorlage von Unterlagen nachzuweisen. Soweit nicht bis 20.06.2014 die persönliche
Vorsprache erfolge oder Unterlagen eingereicht würden, könnten Leistungen nach § 66 SGB I versagt werden. Hierzu äußerte sich der Kläger mit Schreiben vom 13.06.2014 sinngemäß dahingehend, dass er alle für die Leistung
erheblichen Angaben gemacht habe. Außerdem gebe es den Datensatz und die Akten aus dem ALG I-Bezug. Das persönliche Erscheinen halte er schon wegen des Zeitaufwandes und der ungeklärten Fahrtkosten für unzweckmäßig.
Der Beklagte solle ihm schriftlich mitteilen, welche Unterlagen er aus welchem Grund und unter Beachtung der Datenschutzvorschriften
benötige. Im Übrigen sei der Antrag bereits am 31.05.2014 eingegangen. Mit Schreiben vom 04.07.2014 erhob der Kläger Klage
gegen die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit A-Stadt und gegen die Stadt A-Stadt zum Sozialgericht Augsburg (S 11 AS 640/14) und beantragte zugleich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bezüglich der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Er stellte sinngemäß folgende Anträge:
1.
Der Beklagte wird verurteilt, ab dem 01.05.2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu zahlen und einen entsprechenden
Bescheid zu erteilen.
2.
Der Beklagte hat wegen Nichtleistung/Verzögerung der Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt dem Grunde nach Schadensersatz
wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB, Amtshaftung gemäß § 839 BGB und Verzögerung gemäß § 286 BGB zu leisten.
Mit Schreiben vom 11.07.2014 stellte der Beklagte gegenüber dem Kläger klar, dass eine persönliche Vorsprache zwar nicht erforderlich
sei, dafür aber die Vorlage der im Folgenden bezeichneten Unterlagen (vollständig ausgefüllter Hauptantrag, Anlage KdU, Anlage
EK, Anlage VM, Kopie des Personalausweises, Meldebescheinigung, Kopie der Krankenkassenkarte, Kopie des Sozialversicherungsausweises,
schriftliche Stellungnahme zum Lebensunterhalt der letzten 12 Monate, Auslieferungsbeleg zum Nachweis des Antragszugangs,
Mietvertrag, Mietaufstellung, Heizkostenabrechnung zum Nachweis der dezentralen Warmwasseraufbereitung, lückenlose Kontoauszüge
aller Bankkonten seit 01.04.2014, Finanzstatusübersicht der Sparkasse A-Stadt zum 01.05.2014). Er wurde unter Fristsetzung
bis 31.07.2014, Hinweis auf die Mitwirkungspflichten der §§ 60 ff SGB I sowie die Versagungsmöglichkeit des § 66 SGB I aufgefordert, diese Unterlagen vorzulegen. Auch das Sozialgericht wies den Kläger darauf hin, dass die bisher gemachten Angaben
nicht ausreichend seien, um den Antrag prüfen zu können (Schreiben vom 09.07.2014). Weil der Kläger keine Nachweise vorlegte,
versagte der Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2014 die Gewährung von Leistungen für die Zeit vom 01.06.2014 bis 30.11.2014
gemäß § 66 SGB I. Der Kläger habe seine Mitwirkungspflichten nicht erfüllt. Der Beklagte sei zu wirtschaftlichem Handeln verpflichtet und
könne nur bei nachgewiesener Hilfebedürftigkeit in rechtmäßiger Höhe Leistungen erbringen.
Am 06.08.2014 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 04.08.2014 ein, da er gemäß § 65 Abs. 3 SGB I das Recht habe, seine Auskünfte auf das Notwendige zu beschränken. Die angeforderten Kontoauszüge seien nicht aussagekräftig.
Nach Zurückweisung des Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2014 erhob er am 12.09.2014 nochmals Klage zum Sozialgericht
Augsburg (S 11 AS 933/14). Diese wurde mit Beschluss vom 04.02.2015 zum Verfahren S 11 AS 640/14 verbunden.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wies das Sozialgericht mit Urteil vom 04.02.2015 die gegen den Bescheid vom
04.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2014 gerichtete Klage auf Leistungsgewährung ab dem 01.05.2014 als
unbegründet ab und verwies den Rechtsstreit hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz an das Landgericht
A-Stadt. Soweit der Kläger die Klage gegen die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit, und die Stadt A-Stadt richtet,
sei dies dahingehend auszulegen, dass die Klage gegen das Jobcenter A-Stadt-Stadt als gemeinsame Einrichtung der genannten
Behörden gerichtet sei. Dessen Beteiligungsfähigkeit ergebe sich aus § 70 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz ( SGG). Die Klage sei als Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG zulässig. Grundsätzlich sei gegen einen Versagensbescheid gemäß § 66 SGB I nur die Anfechtungsklage eröffnet. Allerdings könne der Kläger ausnahmsweise auch auf Leistungsgewährung klagen, weil er
behaupte, die Anspruchsvoraussetzungen seien bereits anderweitig, nämlich durch Kenntnis der Arbeitslosengeld I-Akte geklärt.
Die Klage sei jedoch unbegründet, weil der Beklagte den Leistungsanspruch des Klägers zu Recht gemäß § 66 SGB I versagt habe und der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II seit 01.05.2014 habe. Er sei zur Vorlage und Abgabe der angeforderten Unterlagen und Erklärungen gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I verpflichtet gewesen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe ausdrücklich entschieden, dass Kontoauszüge der letzten drei Monate und Finanzstatusübersichten angefordert werden
dürften (vgl. BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 45/07 R). Auch die weiteren angeforderten Unterlagen seien für die Beurteilung der Leistungsvoraussetzungen von Bedeutung. Die
Mitwirkungspflicht des Klägers sei auch nicht gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I begrenzt, da nicht ersichtlich sei, dass der Beklagte die angeforderten Angaben und Unterlagen mit geringerem Aufwand beschaffen
könnte als der Kläger. Insbesondere seien die Angaben aus der Arbeitslosengeld I-Akte nicht ausreichend, da die Leistungsvoraussetzungen
unterschiedlich seien, und Angaben zu früheren Einkünften in der Gegenwart nicht relevant. Weil aufgrund der fehlenden Mitwirkung
die Leistungsvoraussetzungen nicht festgestellt werden könnten, da der Kläger die Hilfebedürftigkeit nicht habe nachweisen
können, sei auch die Leistungsklage als unbegründet abzuweisen. Der Kläger trage die materielle Beweislast für das Vorliegen
seiner Hilfebedürftigkeit. Auch wer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantrage, habe die Folgen einer objektiven
Beweislosigkeit zu tragen, wenn sich nach Ausschöpfung der verfügbaren Beweismittel die Leistungsvoraussetzungen nicht feststellen
ließen (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 10/09 R, Rn. 21). Das Urteil wurde dem Kläger am 13.02.2015 zugestellt.
Am 18.02.2015 hat der Kläger Berufung gegen das Urteil zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Bereits der Tatbestand
des Urteils sei falsch und unnötig anklagend. Er sei der Überzeugung, dass in einem auf Freiheit basierenden Sozialstaat der
Staat dem Bürger vertrauen müsse, bis seine Strafverfolgungsbehörde einen Sozialbetrug nachweise. Seine Hilfebedürftigkeit
sei nicht nachweisbar. Das Gericht nötige ihn, Details und Nachweise zu liefern. Das Gericht hätte selbst bei Vermieter und
Bank nachfragen können, wie es auch hinsichtlich der Zustellung des Einschreibens nachgefragt habe. Eine Einverständniserklärung
zur Bankauskunft habe er nicht erhalten. Tatsächlich handele es sich bei der Zahlungsverweigerung auch nicht um eine vorläufige
Versagung, sondern um einen befristeten Leistungsausschluss in Analogie zu §§ 31 ff. SGB II für die Zeit vom 01.06.2014 bis zum 30.11.2014, gegen den sowohl Anfechtungsklage als auch Verpflichtungsklage zulässig seien.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 10.03.2015 zur Berufung Stellung genommen und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hilfsweise sei der Kläger aufzufordern, Nachweise über seine Hilfebedürftigkeit vorzulegen.
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 15.04.2015 zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss angehört und den
Kläger darauf hingewiesen, dass der Senat die Leistungsklage als unzulässig ansieht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die vom Senat zugezogenen
Akten in den weiteren Verfahren des Klägers (L 7 AS 595/14 B ER und L 16 AS 92/15 B ER) sowie den beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143,151 SGG zulässig, in der Sache aber unbegründet. Der Senat kann über den Rechtsstreit gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden und die Berufung durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung
nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zuvor gehört worden.
Die auf Aufhebung des Versagungsbescheids vom 04.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2014 gerichtete
Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) ist zulässig, aber unbegründet. Die Berufung wird insoweit aus den Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückgewiesen
(§ 153 Abs. 2 SGG). Eine andere Entscheidung ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren ausgeschlossen.
Ergänzend wird auf die Ausführungen in dem zwischen den Beteiligten ergangenen Beschluss des erkennenden Senats vom 10.04.2015
im Verfahren L 16 AS 92/15 B ER verwiesen. Die auf Gewährung von Leistungen vom 01.05.2014 bis zum 30.11.2014 gerichtete Leistungsklage ist bereits
unzulässig. Die Klage ist auch als sog. unechte Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) nicht zulässig, weil der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 04.08.2014 keine Entscheidung über Leistungsansprüche
des Klägers getroffen hat. Gemäß § 66 Abs. 1 SGB I kann der Leistungsträger eine beantragte Sozialleistung ohne weitere Ermittlungen ganz oder teilweise bis zur Nachholung
der gemäß §§ 60 ff. SGB I erforderlichen Mitwirkungshandlungen versagen, wenn der Antragsteller diesen nicht nachgekommen ist und die Aufklärung des
Sachverhalts dadurch erheblich erschwert wird. Er hat damit gerade keine Entscheidung über den (möglicherweise) zustehenden
Leistungsanspruch getroffen. Gegenstand des gegen die Versagungsentscheidung gerichteten Rechtsstreits ist daher nicht der
materielle Anspruch, sondern ausschließlich die Auseinandersetzung über die Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren
(BSG, Urteil vom 17.02.2004, Seewald in Kasseler Kommentar, 77. Erg.lief. 2013, § 66 SGB I, Rn. 40). Ziel der gegen einen Versagungsbescheid wegen fehlender Mitwirkung gerichteten Klage ist das Begehren, das Verwaltungsverfahren
nach dessen Aufhebung fortzusetzen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31.01.2008, L 21 R 187/05). Aus diesem Grund ist gegen die Versagung einer Sozialleistung grundsätzlich nur die reine Anfechtungsklage statthaft. Dies
gilt auch, wenn die Gewährung existenzsichernder Leistungen nach dem SGB II im Streit steht (BSG, Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 78/08 R). Soweit das BSG daneben ausnahmsweise die Zulässigkeit einer auf Leistung gerichteten Klage für den Fall erwogen hat, dass sich bei einer
Aufhebung der Entscheidung wegen fehlender Mitwirkung lediglich das bisherige Verwaltungsverfahren wiederholen würde, weil
die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen zwischen den Beteiligten entweder unstreitig sind oder dies jedenfalls
behauptet wird, liegt ein solcher Fall nicht vor. Zulässig wäre in diesem Fall nämlich nicht die Verurteilung zur Verbescheidung,
sondern entweder die Verurteilung zur Leistung, wenn die Leistungsvoraussetzungen festgestellt werden können, oder die Ablehnung,
wenn feststeht, dass der behauptete Anspruch nicht besteht (Seebald, a.a.O., Rn. 40a). Dieser Rechtsprechung liegt der Gedanke
zugrunde, es wäre "aus prozessökonomischen Gründen nicht sinnvoll und aus Rechtsschutzgründen nicht vertretbar", lediglich
die Versagung wegen mangelnder Mitwirkung aufzuheben und den Versicherten auf ein neu in Gang zu setzendes Verfahren zu verweisen,
wenn bereits alle Leistungsvoraussetzungen nachgewiesen seien. Andernfalls verbietet sich eine Entscheidung in der Sache,
schon um den Beteiligten nicht die Möglichkeit einer Überprüfung des Leistungsanspruchs in einem gesonderten Verwaltungsverfahren
zu ermöglichen (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend schon deshalb nicht erfüllt, weil der
Kläger jedenfalls im Berufungsverfahren nicht mehr behauptet, die Leistungsvoraussetzungen seien bereits nachgewiesen, sondern
selbst einräumt, dass weitere Nachweise (z.B. die Vorlage von Kontoauszügen) in Betracht kommen würden, die jedoch nicht von
ihm, sondern vom Beklagten bzw. von den angerufenen Gerichten anzufordern wären. Auch für den Senat steht derzeit noch nicht
abschließend fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf die beantragten Leistungen hat. Der Rechtsstreit ist daher, entgegen
der Auffassung des Sozialgerichts auch unter prozessökonomischen Gründen auf die um den Umfang der Mitwirkungspflichten des
Klägers geführte Anfechtungsklage zu beschränken, um dem Kläger nicht die Möglichkeit zu nehmen, die Leistungsvoraussetzungen
noch anderweitig nachzuweisen, sobald die Frage der Mitwirkung abschließend rechtlich geprüft ist. Ergänzend wird zum Vorbringen
des Klägers im Berufungsverfahren ausgeführt: Der Kläger ist durch die vorläufige Versagung der beantragten Leistungen mit
dem angefochtenen Verwaltungsakt vom 04.08.2014 nicht beschwert, weil im Zeitpunkt seines Erlasses die Voraussetzungen für
die Versagung wegen fehlender Mitwirkung erfüllt waren und der Beklagte im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gehandelt
und dieses ordnungsgemäß ausgeübt hat (zum maßgebenden Überprüfungszeitpunkt, vgl. BSG, Urteil vom 25.10.1988, 7 Rar 70/87, und Beschluss vom 25.02.2013, B 14 AS 133/12 B). Der Beklagte hat sein Ermessen in noch ausreichender Form dahingehend ausgeübt, dass er zu erkennen gegeben hat, dass
er darauf Wert legt, Leistungen nur in rechtmäßiger Höhe zu erbringen und dass ihm dies aufgrund der vollständig fehlenden
Nachweise nicht möglich sei. Er hat auch geprüft, ob Umstände vorliegen, die für eine Leistungsgewährung sprechen würden und
dies im Ergebnis verneint. Diese Entscheidung ist angesichts des Fehlens jeglicher Nachweise für die Bedürftigkeit des Klägers
nicht zu beanstanden. Maßgebender Zeitpunkt für die Überprüfung eines Verwaltungsakts ist bei einer Anfechtungsklage die Sach-
und Rechtslage bei Erlass des Verwaltungsakts bzw. des Widerspruchsbescheides, wenn ein solcher ergangen ist, an. Eine spätere
Änderung der Sach- und Rechtslage ist in der Regel unbeachtlich (BSG in ständiger Rechtsprechung, z.B. im Urteil vom 22.09.2009, B 2 U 32/08 R, vgl. auch Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 04.07.2006, 5 B 90/05). Deshalb kommt es im Rahmen der vom Senat zu treffenden Entscheidung auch nicht darauf an, ob der Kläger inzwischen bereit
ist, seinen Mitwirkungspflichten nachzukommen. Auch bei Nachholung der Mitwirkung begründet dies lediglich einen Anspruch
auf eine Prüfung nach § 67 SGB I. Soweit der Kläger daher in seiner Berufungsbegründung angedeutet hat, er wäre möglichweise bereit, eine Erklärung über die
Entbindung seiner Bank vom Bankgeheimnis zu unterzeichnen, wenn man dies von ihm fordern würde, ist dies von vornherein nicht
geeignet, nachträglich eine andere rechtliche Beurteilung des im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig ergangenen Versagungsbescheids
herbeizuführen, zumal auch diese Erklärung nicht die mit Schreiben vom 14.07.2014 rechtmäßig geforderten Mitwirkungshandlungen
ersetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
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