Versicherungsrechtliche Beurteilung von Beschäftigungsverhältnissen vor und während des Berufsgrundschuljahres als berufsmäßige
Beschäftigung von Schülern
Tatbestand
Streitig ist die Nachforderung von insgesamt 669,13 EUR aufgrund einer Betriebsprüfung unter Berücksichtigung der versicherungsrechtlichen
Beurteilung von Beschäftigungsverhältnissen vor und während des Berufsgrundschuljahres (BGJ) als berufsmäßige Beschäftigung
von Schülern.
Der Kläger betreibt eine Zimmerei. Mit zwei Jugendlichen, den Beigeladenen zu 7) und 8) hatte er jeweils bereits vor Abschluss
eines Berufsausbildungsvertrags im Zimmererhandwerk Vorverträge abgeschlossen.
Der Beigeladene zu 7) besuchte nach dem Abschluss der Realschule zum 31.07.2008 vom 16.09.2008 bis zum 31.07.2009 das Berufsgrundschuljahr
(BGJ) der Staatlichen Berufsschule I in A-Stadt. Am 06.03.2008 schloss er mit dem Kläger einen Vorvertrag zum Berufsausbildungsvertrag
im Zimmererhandwerk, in dem sich der Kläger verpflichtete, ihn nach Bestehen der Abschlussprüfung der Berufsgrundschule für
Zimmerer in ein Berufsausbildungsverhältnis als Zimmererlehrling zu übernehmen. Der künftige Berufsgrundschüler werde während
der Zeiten des Berufspraktikums und während der schulfreien Zeit, insbesondere der Ferien, als Praktikant im zukünftigen Ausbildungsbetrieb
unterwiesen und erhalte hierfür eine Vergütung, die sich in Anlehnung an die tarifvertraglich festgelegten Ausbildungsvergütungen
des Baugewerbes des ersten Lehrjahres geteilt durch 169 Stunden errechne. In der schulfreien Zeit anfallende Praktikantenzeiten
würden spätestens drei Wochen vor Ferienbeginn festgelegt (§ 2 des Vorvertrages). § 3 des Vertrages enthält die Pflichten
des Berufsgrundschülers (Vorlage einer Lohnsteuerkarte, regelmäßiger Besuch der Berufsgrundschule, Eingehen eines Ausbildungsverhältnisses
im Ausbildungsberuf Zimmerer nach Bestehen der Abschlussprüfung an der Berufsgrundschule, Ableisten seiner zukünftigen Praktika
im Ausbildungsberuf usw.). Gemäß § 4 wird der Besuch der Berufsgrundschule bei Bestehen der Schulabschlussprüfung mit 12 Monaten
auf die Ausbildungszeit im Betrieb angerechnet.
Noch vor Beginn des BGJ arbeitete der Beigeladene zu 7) beim Kläger vom 18.08.2008 bis zum 21.08.2008 als Praktikant. Während
des BGJ absolvierte er vier Praktika vom 27.10.2008 bis zum 14.11.2008, vom 30.03.2009 bis zum 03.04.2009, vom 25.05.2009
bis zum 29.05.2009 und vom 02.06.2009 bis zum 10.06.2009 und erhielt für diese Praktika Vergütungen zwischen 98,83 EUR und
246,22 EUR. Am 17.08.2009 schloss er mit dem Kläger für die Dauer von drei Jahren ab dem 01.09.2009 einen Ausbildungsvertrag.
Der 1992 geborene Beigeladene zu 8) besuchte das BGJ vom 14.09.2010 bis zum 29.07.2011 und schloss am 26.04.2010 ebenfalls
einen Vorvertrag zum Berufsausbildungsvertrag im Zimmererhandwerk mit dem Kläger, vergleichbar mit dem Vertrag des Beigeladenen
zu 7). Allerdings war für die Praktika darin keine zwingende Vergütung vorgesehen. Der Beigeladene zu 8) könne danach eine
freiwillige Vergütung in Anlehnung an die Ausbildungsvergütung des Baugewerbes erhalten, ohne hierauf einen Anspruch zu haben
(§ 2 Abs. 2 und 3 des Vertrages).
Er leistete tatsächlich im Rahmen dieses BGJ - Jahres zwei Praktika beim Kläger ab, und zwar vom 25.10.2010 bis zum 29.10.2010
und vom 08.11.2010 bis zum 13.11.2010, während der er 372 EUR bzw. 452 EUR erhielt.
Nach Auskunft der Staatlichen Berufsschule I A-Stadt ist die Ableistung eines vierwöchigen Praktikums während des BGJ Pflicht;
die Jugendlichen blieben in dieser Zeit Schüler. Es werde auch kein Praktikantenvertrag geschlossen.
Die Zimmererinnung hat ein "Merkblatt zum Betriebspraktikum von Schülern im BGJ-Zimmerer" herausgegeben, wonach im Rahmen
des Betriebspraktikums keine vom Betrieb zu leistende Beitragspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung
vorliege. Der Schüler sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung seiner Eltern krankenversichert.
Die Beklagte führte am 01.04.2011 eine Betriebsprüfung nach §
28 p Abs.
1 SGB IV bezüglich des Prüfzeitraumes 01.01.2007 bis 31.12.2010 durch und hörte den Kläger im Rahmen der Schlussbesprechung zur beabsichtigten
Nachforderung von Beiträgen für die irrtümlich als kurzfristige sozialversicherungsfreie Beschäftigungszeiten eingeordneten
Praktika an.
Mit Bescheid vom 01.04.2011 wurden insgesamt 669,13 EUR nachgefordert. Die Beigeladenen zu 7) und 8) seien nicht sozialversicherungsfrei
kurzfristig beschäftigt, sondern berufsmäßig tätig gewesen und damit habe Sozialversicherungspflicht bestanden. Kurzfristige
Beschäftigungen zwischen dem Schulende und dem Beginn des BGJ seien nicht von grundsätzlich untergeordneter wirtschaftlicher
Bedeutung und daher als berufsmäßig anzusehen. Während des BGJ habe zwischen dem Schüler und dem (künftigen) Ausbildungsbetrieb
eine vertragliche Beziehung bestanden, daher handle es sich auch bei den Praktika während des BGJ um eine Beschäftigung zur
Berufsausbildung.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger über seinen Bevollmächtigten geltend, dass das BGJ Teil einer gesetzlich vorgeschriebenen
schulischen Stufenausbildung und somit Teil der schulischen Ausbildung sei. Er legte § 5 Berufsfeld IV: Bautechnik der Verordnung
zur beruflichen Grundbildung in Bayern vor, wonach die Vermittlung der beruflichen Grundbildung für den Ausbildungsberuf Zimmerer
in der Form des Berufsgrundbildungsjahres in vollzeitschulischer Form erfolge (§ 5 Abs. 2 der Verordnung). Vorgelegt wurde außerdem die Verordnung zur Umsetzung des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung (BBiGHwOV).
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2011 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Versicherungsfrei sei, wer eine kurzfristige
Beschäftigung nach §
8 Abs.
1 Nr.
2 SGB IV ausübe. Diese Voraussetzung sei nicht gegeben, da die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt worden sei. Die Beschäftigung von
Schülern sei nur dann nicht berufsmäßig, wenn sie in den Ferienzeiten liege, gleiches gelte für Beschäftigungen zwischen Schulentlassung
und Aufnahme eines Studiums. Berufsmäßigkeit liege aber dann vor, wenn der Status "Schüler" bereits beendet sei. Handele es
sich um eine Beschäftigung im Rahmen betrieblicher Berufsbildung bzw. Berufsausbildung seien die Regelungen über die Versicherungsfreiheit
geringfügiger Beschäftigungen kraft Gesetzes ausgenommen. Mit den Beigeladenen zu 7) und 8) sei ein Vorvertrag geschlossen
und im Rahmen des BGJ die vorgeschriebenen Praktika im Betrieb absolviert worden. Aufgrund des Vorvertrages gehöre das BGJ
zur Berufsausbildung und somit liege Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung vor.
Am 20.01.2012 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht München. Das BGJ sei Teil einer gesetzlich vorgeschriebenen schulischen
Stufenausbildung und somit Teil der schulischen Ausbildung. Daran ändere auch der Abschluss von Vorverträgen zum Ausbildungsvertrag
nichts. Es handele sich somit um eine kurzfristige Beschäftigung von Schülern, die sozialversicherungsfrei sei.
Die Beigeladene zu 1) äußerte sich dahingehend, dass die versicherungsrechtliche Beurteilung von Praktika während des BGJ
rechtlich nicht eindeutig geklärt sei. Sie vertrete aber eher die Ansicht, dass Versicherungsfreiheit vorliege.
In der mündlichen Verhandlung am 17.05.2013 stellte der Beklagte im Wesentlichen auf die Tatsache ab, dass ein Vorvertrag
abgeschlossen worden sei, während der Kläger und Beigeladene darauf hinwiesen, dass dieser für die Durchführung des BGJ und
der Praktika nicht zwingend erforderlich sei.
Das Sozialgericht hob mit Urteil vom 17.05.2013 den Bescheid der Beklagten vom 01.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 19.12.2011 auf. Beschäftigungsverhältnisse vor und während des Berufsgrundschuljahres (BGJ) seien als kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse
sozialversicherungsfrei. Zwar seien die Regelungen über geringfügige Beschäftigungen auf Tätigkeiten während der Berufsausbildung
nicht anwendbar. Vorliegend habe es sich aber um nicht berufsmäßig ausgeübte kurzfristige Tätigkeiten im Rahmen einer schulischen
Ausbildung gehandelt. Die Beigeladenen zu 7) und 8) hätten jeweils weniger als 50 Arbeitstage als Praktikanten beim Kläger
gearbeitet. Sie hätten dies auch nicht berufsmäßig getan, da sie während der Praktika im BGJ Schüler gewesen seien. Somit
sei auch die Zeit der Ferienbeschäftigung des Beigeladenen zu 7) in der Zeit nach Ende der Realschule und vor Beginn des BGJ
versicherungsfrei gewesen. Das Berufsgrundschuljahr sei gesetzlich vorgeschriebener Teil der Berufsausbildung im Sinne einer
schulischen Stufenausbildung und als kurzfristige Beschäftigung versicherungsfrei. Unschädlich sei, dass im vorliegenden Fall
Vorverträge abgeschlossen worden seien, da diese keine Berufsausbildungsverträge darstellten. Die Verpflichtung, anschließend
einen Ausbildungsvertrag abzuschließen, mache die Vorvertragszeit zu keiner Ausbildungszeit. Nachvollziehbar sei der Vortrag
des Klägers, wonach mit Abschluss eines Vorvertrages in Zeiten von Fachkräfte- und Lehrlingsmangel in erster Linie qualifizierte
Bewerber rechtzeitig an den Betrieb gebunden werden sollten. Die Berufung sei zuzulassen, da höchstrichterliche Rechtsprechung
zu dieser Frage bisher nicht vorliege.
Gegen das der Beklagten am 28.06.2013 zugestellte Urteil hat diese am 18.07.2013 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht
eingelegt. Auch bei Schülern liege Berufsmäßigkeit vor, wenn der Status als "Schüler" bereits geendet habe, so etwa bei einer
befristeten Beschäftigung zwischen Schulentlassung und Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Ausbildung. Das BGJ könne
sowohl als schulisches als auch als kooperatives BGJ absolviert werden, wobei letzteres voraussetze, dass bereits ein Ausbildungsverhältnis
bestehe. Vorliegend habe es sich um eine Mischform insofern gehandelt, als bereits während des BGJ eine vertragliche Beziehung
zwischen dem Schüler und dem künftigen Ausbildungsbetrieb bestanden habe und dort bereits Praktika absolviert worden seien.
Auch werde bei dieser Form das BGJ auf die spätere Ausbildungszeit angerechnet, sodass sich der Ausbildungsbetrieb hierdurch
die Ausbildungsvergütung für das erste Lehrjahr erspare. Zwar handle es sich bei Schülern im BGJ nicht um Auszubildende im
Rechtssinne und nicht um eine Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG), allerdings handle es sich bei der tatsächlich geleisteten Vergütung um eine Ausbildungsbeihilfe, auch wenn auf diese kein
Rechtsanspruch bestehe.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 21.10.2013 zur Berufung Stellung genommen. Bei den mit den Beigeladenen zu 7) und 8) abgeschlossenen
Vorverträgen habe es sich noch nicht um Berufsausbildungsverträge gehandelt.
In der mündlichen Verhandlung am 19.04.2014 hat der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte hat beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.05.2013 aufzuheben und die Klage
gegen den Bescheid vom 01.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2011 abzuweisen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Im Übrigen wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§
143,151
SGG statthafte Berufung ist zulässig erhoben. Sie ist aber unbegründet. Das Sozialgericht München hat den Bescheid der Beklagten
vom 01.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2011 zu Recht aufgehoben, weil die Beigeladenen zu 7) und 8)
auch während der im Rahmen des BGJ absolvierten Praktika versicherungsfrei waren.
Das Sozialgericht hat die Voraussetzungen für die Begründung einer Versicherungspflicht im Rahmen der Berufsausbildung zutreffend
herausgearbeitet und bezogen auf die Beigeladenen zu 7) und 8) zu Recht festgestellt, dass es sich bei den im Rahmen des BGJ
absolvierten Praktika nicht um Beschäftigungen gehandelt hat, die gemäß §
7 Abs.
1 und
2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) i.V.m. §
25 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III), §
5 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V), §
1 Abs.
2 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (
SGB XI) und §
1 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI) der Versicherungspflicht und damit der Beitragspflicht in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung, der Kranken- und Pflegeversicherung
und der Rentenversicherung unterlegen haben. Die Frage, ob eine Versicherungspflicht nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung
bestanden hat, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.
Die von den Beigeladenen zu 7) und 8) in den Jahren 2008 bis 2010 während des BGJ im Betrieb des Klägers gegen Zahlung eines
Entgelts absolvierten Praktika erfüllten die Voraussetzungen einer kurzfristigen versicherungsfreien Beschäftigung in den
genannten Versicherungszweigen (§
8 Abs.
1 Nr.
2 SGB, §
27 Abs.
2 S. 1
SGB III, §
7 Abs.
1 S. 1
SGB V, §
5 Abs.
2 S. 1 Nr.
1 SGB VI). Es handelte sich weder um berufsmäßig ausgeübte Beschäftigungen im Sinne des §
8 Abs.
1 Nr.
2 SGB IV noch um Beschäftigungen im Rahmen einer betrieblichen Berufsbildung, die unabhängig von der Höhe des gezahlten Entgelts oder
der Dauer der Beschäftigung der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung unterliegen würden
(§
27 Abs.
2 S. 2 Nr.
1 SGB III, §
7 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGB V und §
5 Abs.
2 S. 3
SGB VI).
Gemäß §
8 Abs.
1 SGB IV (hier in den bis zum 31.12.2012 geltenden Fassungen) liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn entweder das Arbeitsentgelt
aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400 Euro nicht übersteigt oder die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres
auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt
ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 Euro im Monat übersteigt.
Vorliegend hat keiner der Beigeladenen zu 7) und 8) vor und während des BGJ 50 Arbeitstage beim Kläger gearbeitet. Die Begrenzung
auf höchstens 50 Arbeitstage ergibt sich aus der Eigenart der Beschäftigung als Praktikant neben dem im Übrigen in Vollzeit
absolvierten BGJ. Die Beigeladenen zu 7) und 8) konnten aufgrund ihrer schulischen Verpflichtungen - abgesehen von den Schulferien
und den vorgeschriebenen Praktika - von vornherein keiner längeren Tätigkeit beim Kläger nachgehen.
Ein Berufsausbildungsvertrag als Grundlage für eine betriebliche Ausbildung wurde jeweils erst für die Zeit nach dem hier
streitgegenständlichen BGJ abgeschlossen, da die Vermittlung der beruflichen Grundbildung für den Ausbildungsberuf des Zimmers
nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung zur beruflichen Grundbildung in Bayern (Berufsfeld IV: Bautechnik) in vollzeitschulischer
Form als Berufsgrundschuljahr und nicht im Rahmen einer betrieblichen Berufsbildung erfolgt. Während des BGJ werden die Jugendlichen
im Vollzeitunterricht auf eine Berufsausbildung vorbereitet. Sie erfüllen damit ihre Berufsschulpflicht. Der Unterricht umfasst
neben der Vermittlung fachtheoretischer Kenntnisse für den jeweiligen Beruf auch die Fächer Deutsch, Sozialkunde, Religionslehre,
Sport und Fremdsprachen darüber hinaus können unter bestimmten Voraussetzungen allgemein bildende Schulabschlüsse erlangt
werden (Informationen unter www.km.bayern.de). Dies betrifft sowohl die Organisationsform (hier als Staatliche Berufsschule
mit regelmäßigen Leistungskontrollen) als auch die vermittelten Inhalte. Unerheblich für die Einordnung als Schulausbildung
ist dabei, dass das BGJ gemäß § 1 der Verordnung zur Umsetzung des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung auf die Ausbildungszeit angerechnet wird, wenn es an einer öffentlichen Berufsschule besucht wurde und erfolgreich im Vollzeitunterricht
durchgeführt wurde.
Auch die von den Beigeladenen zu 7) und 8) vorliegend mit dem Kläger abgeschlossenen Vorverträge sind nicht geeignet, abweichend
von den gesetzlichen Regelungen über die Durchführung des BGJ für Zimmerer, den Festlegungen über die Durchführung der Betriebspraktika
durch die Berufsschule und den Vereinbarungen der Beteiligten bereits im Vorfeld der nach Abschluss des BGJ aufgenommenen
Berufsausbildung, Teile des BGJ - in Einzelfällen - bereits als berufsmäßig ausgeübte Berufsausbildung anzusehen. Die schulische
Ausbildung wird dadurch auch nicht teilweise (nämlich für die Dauer der streitigen Praktika) zu einer beruflichen Ausbildung.
Der Abschluss eines solchen Vertrages ist weder Voraussetzung für den Besuch des BGJ noch für den nachfolgenden Abschluss
eines Berufsausbildungsvertrages. Der Vorvertrag ist auch nicht Teil des Berufsausbildungsvertrages noch enthält er Regelungen,
die denen im nachfolgenden Berufsausbildungsvertrag entsprechen. Wesentlicher Inhalt des Vorvertrages ist seitens des künftigen
Ausbildungsbetriebs die Zusage, dem künftigen Auszubildenden nach erfolgreichem Abschluss des BGJ einen Ausbildungsplatz zur
Verfügung zu stellen. Der künftige Auszubildende verpflichtet sich darin im Gegenzug, seine Ausbildung auch in diesem Betrieb
zu absolvieren. Ferner enthalten die vorliegenden Verträge in leicht unterschiedlicher Form Regelungen über die Entlohnung
und Durchführung von Praktika, wobei - allerdings nur bezüglich der Höhe der Praktikumsvergütung und nur in dem Vertrag mit
dem Beigeladenen zu 7) - auf die für Auszubildende zu zahlenden Beträge verwiesen wird. Ausdrücklich nicht enthalten sind
Regelungen über Inhalt und Durchführung der Ausbildung, wie sie in den nachfolgend abgeschlossenen Ausbildungsverträgen geregelt
sind. Die Entscheidung für den Abschluss eines solchen Vertrages kann zwar für den künftigen Ausbildungsbetrieb, worauf vorliegend
der Kläger abstellt, dann wichtig sein, wenn es ihm darauf ankommt, den künftigen Auszubildenden bereits im Vorfeld an den
Betrieb zu binden. Und auch der künftige Auszubildende hat im Gegenzug eine Planungssicherheit, die über eine unverbindliche
Ausbildungszusage hinausgeht. Allerdings wird durch keinen der darin geregelten Inhalte der Vorvertrag selbst schon zu einem
Ausbildungsvertrag. Auch die staatliche Berufsschule I A-Stadt hat in ihren Zuweisungsschreiben an den Kläger ausdrücklich
nicht auf den Vorvertrag abgestellt, sondern allgemein auf die Rahmenbedingungen bei der Ableistung des im Rahmen der Schulausbildung
vorgeschriebenen Betriebspraktikums hingewiesen. Dazu gehört, dass kein Praktikantenvertrag geschlossen wird und die Praktikanten
auch während der Teilnahme am Praktikum Schüler bleiben. Es macht daher auch für die versicherungsrechtliche Beurteilung der
während des BGJ absolvierten Praktika keinen Unterschied, ob der jeweilige Schüler mit seinem künftigen Ausbildungsbetrieb
einen solchen Vorvertrag abgeschlossen hat oder nicht. Aus dem Vorvertrag können unabhängig von der rechtlichen Bewertung
durch die Schule und die Innung auch nach Überzeugung des Senats keine rechtlichen Rahmenbedingungen hergeleitet werden können,
die eine andere Beurteilung gegenüber Schülern die einen solchen Vertrag nicht abgeschlossen haben, rechtfertigen würden.
Aus diesem Grund kann auch dahingestellt bleiben, ob und in welchem Umfang die streitigen Praktika von der Prüfungsordnung
der Schule vorgeschrieben waren (vgl. Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände vom 27.07.2004). Denn in jedem Fall war
ihre Ableistung weder Voraussetzung für den Abschluss des nachfolgend abgeschlossenen Berufsausbildungsvertrages noch Teil
der nachfolgend begonnenen Berufsausbildung, sondern erfolgte unabhängig davon, ob es zu einem Berufsausbildungsvertrag kommen
würde, im Rahmen der schulischen Ausbildung.
Bei den streitigen Praktika hat es sich auch nicht um berufsmäßig ausgeübte kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse gehandelt.
Das wäre dann der Fall, wenn die Beschäftigung für den Beschäftigten nicht nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung
ist und dieser seinen Lebensunterhalt damit überwiegend oder doch in einem solchen Umfang bestreitet, dass seine wirtschaftliche
Stellung zu einem erheblichen Teil auf dieser Beschäftigung beruht (BSG, Urteile vom 26.09.1972 - 12 RJ 352/71 und vom 25.04.1991 - 12 RK 14/89). Ob eine Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird, kann nur aufgrund einer Beurteilung der gesamten Umstände des Einzelfalles
und der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse dieser Person beurteilt werden (Schlegel in: jurisPK-
SGB IV, 2. Aufl. 2011, §
8 SGB IV, Rn. 52). Dieser Regelung liegt die Erwägung zugrunde, dass Personen die eine Beschäftigung berufsmäßig ausüben, in der Regel
auf Sozialversicherungsschutz angewiesen sind, falls sie mehr als entgeltgeringfügig arbeiten. Dies ist etwa der Fall, wenn
die betreffende Tätigkeit nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Regelmäßigkeit, d.h. häufig und voraussehbar
ausgeübt wird. Andererseits führen auch wiederholte Beschäftigungen nicht zwangsläufig zur Berufsmäßigkeit, "wenn sie in größeren
Abständen aufgenommen werden oder wenn die betreffende Aushilfskraft hauptsächlich anderweitig in Anspruch genommen ist" (BSG, Urteil vom 11.05.1993 - 12 RK 23/91; Seewald, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 79. Ergänzungslieferung 2013, § 8, Rn. 28ff.). Als Personengruppen,
die nicht berufsmäßig tätig werden, kommen praktisch nur solche in Betracht, die nach ihrer Lebensstellung in der Regel keine
versicherungspflichtige Beschäftigung auszuüben pflegen, wie z.B. Schüler, Studenten während der Semesterferien oder für die
Zeit bis zur Aufnahme des Studiums und Rentner. Auch Studierende, die neben ihrem Studium eine entgeltliche Beschäftigung
ausüben, um sich durch ihre Arbeit die zur Durchführung des Studiums und zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts erforderlichen
Mittel zu verdienen (sog. Werkstudenten), sind versicherungsfrei, wenn das Studium den Schwerpunkt der Tätigkeit ausmacht
(BSG, Urteil vom 22.02.1980, 12 RK 34/79). Auch studienbegleitende Praktika sind in der Regel versicherungsfrei (Fuchs in Gagel, SGB II/SGB III, 52. Erg.lief. 2014,
§ 27 SGB II, Rn. 25; vgl. auch BSG 10.12.1998 - Az.: B 12 KR 22/97 R = SozR 3-2500 § 6 Nr. 16).
Immer berufsmäßig ist eine kurzfristige Beschäftigung, wenn ihr eine versicherungspflichtige oder - aus anderen Gründen als
Geringfügigkeit - versicherungsfreie Beschäftigung unmittelbar vorangegangen ist oder folgt (BSG, Urteil vom 30.11.1978 - 12 RK 32/77). Das gilt auch für Beschäftigungen, die während der Überbrückungszeit bis zur Begründung einer dauerhaften Beschäftigung
ausgeübt werden, z.B. die Zeit zwischen Schulentlassung und der ersten Aufnahme einer Dauerbeschäftigung oder eines Ausbildungsverhältnisses
(BSG, Urteil vom 14.09.2010, B 7 AL 3/09 R). Umgekehrt werden kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse zwischen zwei versicherungsfreien Ausbildungsabschnitten nicht
berufsmäßig ausgeübt und sind damit ebenfalls versicherungsfrei.
Vorliegend waren die Beigeladenen zu 7) und 8) vor, während und im Anschluss an die im Rahmen des BGJ absolvierten Praktika
noch nicht berufstätig und befanden sich auch (noch) nicht in einer betrieblichen Ausbildung. Die Praktika standen in keinem
inneren Zusammenhang mit einer bereits bestehenden sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit oder betrieblichen Ausbildung,
sondern werden vom Beklagten isoliert zur erstmaligen Begründung einer Sozialversicherungspflicht herangezogen, bevor die
Beigeladenen zu 7) und 8) den Schritt von der schulischen zur betrieblichen Ausbildung vollzogen haben. Würde man der Auffassung
des Beklagten folgen, hätten Zimmererlehrlinge in Bayern vor Beginn ihrer Ausbildung und ohne zeitlichen Zusammenhang mit
der anschließenden Versicherungspflicht aufgrund der Ausbildung jeweils für einen Zeitraum von mehreren Wochen isolierte Anwartschaften
erworben, was dem Gedanken widerspricht, dass kurzfristig geringfügig Beschäftigte jedenfalls dann (noch) nicht berufstätig
tätig sind, wenn dies (noch) nicht ihrer Lebensstellung entspricht, weil sie nämlich - abgesehen von dem während des BGJ zu
absolvierenden Praktikums - weiterhin in Vollzeit die Schule besuchen und daher in der Regel gerade keine versicherungspflichtige
Beschäftigung auszuüben pflegen, sondern ihren Lebensunterhalt durch die Unterhaltsleistungen ihrer Eltern bestreiten.
Diese Beurteilung gilt aufgrund der nachfolgenden versicherungsfreien Schulausbildung auch für den die vom Beigeladenen zu
7) zusätzlich schon vor Beginn des BGJ vom 18.08.2008 bis zum 21.08.2008 als Schüler absolvierten Tätigkeit für den Kläger,
unabhängig davon, ob es sich ebenfalls um ein Praktikum oder um eine Aushilfstätigkeit gehandelt hat.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) und beruht entsprechend dem Antrag der Berufungsklägerin auf der Höhe der streitigen Beitragsforderung.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG). Insbesondere wirft die Streitsache keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.