Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ab wann die Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu beanspruchen hat.
Die 1948 geborene Klägerin war zuletzt von Mai 1991 bis 1993 in Vollzeit, anschließend bis 30.04.1998 in Teilzeit als Telefonistin
bei der Firma S. versicherungspflichtig beschäftigt. Am 26.10.1995 erlitt die Klägerin einen Verkehrsunfall. Aufgrund des
dabei erlittenen HWS-Schleudertraumas war sie bis zur Aussteuerung durch die Krankenkasse am 25.04.1997 arbeitsunfähig. Vom
02.06.1998 bis 27.06.1998 befand sich die Klägerin in einer stationären medizinischen Reha-Maßnahme in der H. Klinik für Psychosomatik
in Bad C. wegen ängstlich depressiver Entwicklung, gemischtförmigen Asthma bronchiale bei Nikotinabusus, chronischen Schmerzsyndroms,
HWS-Syndroms sowie Adipositas. Aus dieser Reha-Maßnahme wurde die Klägerin als arbeitsunfähig entlassen, jedoch mit einem
vollschichtigen Leistungsvermögen für ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Telefonistin sowie für Tätigkeiten des allgemeinen
Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen.
Am 26.03.1999 beantragte die Klägerin mündlich, am 04.06.1999 sodann schriftlich wegen der Folgen des Unfalls sowie Vorliegens
multipler Allergien, Asthma, Bluthochdrucks die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente. Die Beklagte holte zunächst ein
internistisches Gutachten von Dr. S. vom 07.07.1999 ein, der aufgrund der bei der Klägerin vorliegenden Lungenerkrankung zu
einer zwei- bis unter halbschichtigen Leistungsfähigkeit ab Rentenantragstellung gelangte. Des Weiteren holte die Beklagte
ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Frau Dr. O. ein, die am 14.07.1999 zu dem Ergebnis kam, dass die Klägerin aus
neurologisch-psychiatrischer Sicht die Tätigkeit einer Telefonistin sowie Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig
ausüben könne. Es bestehe ein erheblicher sekundärer Krankheitsgewinn, die Verdeutlichungstendenz sei unübersehbar. Bislang
habe keinerlei Behandlung stattgefunden, es bestehe ein ausgeprägter Wunsch nach Versorgung.
Mit Bescheid vom 21.09.1999 gewährte die Beklagte aufgrund des Gutachtens von Dr. S. der Klägerin ab dem 01.04.1999 Erwerbsunfähigkeitsrente
auf Dauer in Höhe von 1.062,23 DM monatlich. Hiergegen legte der Ehemann der Klägerin zur Niederschrift bei der Beklagten
am 19.10.1999 Widerspruch ein. Die Beklagte habe bestimmte Ausbildungszeiten nicht übernommen. Ferner sei aus dem Bescheid
vom 21.09.1999 nicht zu entnehmen, ob §
116 Abs
2 Nr
2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) geprüft worden sei. Da die Klägerin am 27.06.1998 arbeitsunfähig aus der Reha entlassen worden sei, hätte ggf. der Reha-Antrag
vom 13.02.1997 als Rentenantragsdatum hergenommen werden müssen.
Die Beklagte hat sodann mit Bescheid vom 09.12.1999 dem Widerspruch hinsichtlich der Ausbildungszeiten abgeholfen und berechnete
die Rente neu (monatlich jetzt 1.220,57 DM ab 01.04.1999). Mit weiterem Bescheid vom 04.04.2000 wurde Erwerbsunfähigkeitsrente
auf Dauer ab dem 01.02.1999 in Höhe von 1.221,62 DM festgesetzt. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2000 wies die Beklagte
den Widerspruch zurück, soweit ihm nicht mit den Bescheiden vom 09.12.1999 und 04.04.2000 abgeholfen worden sei. Eine Umdeutung
werde nicht vorgenommen, da die Klägerin aus der Reha-Maßnahme zwar als arbeitsunfähig entlassen worden sei, aber mit einem
vollschichtigen Leistungsvermögen sowohl für die letzte Tätigkeit als Telefonistin als auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Bayreuth, die unter dem Az. S 3 RA 249/00 geführt wurde. Zur Begründung dieser Klage wurde mit Schreiben der damaligen Prozessbevollmächtigten vom 11.09.2000 vorgetragen,
dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin im Jahre 1996 soweit verschlechtert gehabt habe, dass sie nach ihren eigenen
Einschätzungen und der ihrer Ärzte keiner geregelten Erwerbstätigkeit mehr habe nachgehen können. Ihre Ärzte hätten ihr deshalb
geraten, einen Rentenantrag wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu stellen. Da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits seit
längerem Krankengeld bezogen habe, habe sie ihre Krankenkasse von ihrem Vorhaben unterrichtet. Diese habe ihr mitgeteilt,
dass sie aufgrund ihres Gesundheitszustandes ihre Tätigkeit bis auf Weiteres nicht aufnehmen könne, gezielte Reha-Maßnahmen
aber möglicherweise ihren Gesundheitszustand verbessern könnten. Die Klägerin sei aufgefordert worden, einen Reha-Antrag zu
stellen. Dabei sei der Hinweis erfolgt, dass dieser Antrag als Rentenantrag gelte, wenn nicht zu erwarten sei, dass die Erwerbsfähigkeit
wesentlich gebessert oder wieder hergestellt werden könne oder wenn im Anschluss an diese Maßnahme Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit
vorläge. Ein entsprechender Antrag sei von der Klägerin am 12.02.1997 gestellt worden. Die Klägerin sei jedoch der Auffassung
gewesen, dass ihre Erwerbsfähigkeit durch die Durchführung von Reha-Maßnahmen auch nicht wieder hergestellt werden könne.
Sie habe weiterhin einen Rentenantrag stellen wollen und habe sich deshalb mehrfach telefonisch bei der Beklagten erkundigt,
ob sie nicht noch einen Rentenantrag stellen solle. Die Beklagte habe ihr stets geraten davon abzusehen, da es ansonsten zu
unsinnigen Verzögerungen kommen könnte. Eine Anfrage bei der Beklagten sei in zeitlich unmittelbarem Zusammenhang mit der
Stellung des Reha-Antrags erfolgt. In der psychosomatischen Reha-Maßnahme Bad C. sei man davon ausgegangen, dass bei der Klägerin
bei konsequenter Behandlung in absehbarer Zeit wieder eine vollschichtige Leistungsfähigkeit eintreten würde. Eine weitere
Begutachtung habe in einem Zeitraum von 6 Monaten erfolgen sollen, darauf habe die Klägerin jedoch vergeblich gewartet. Die
Klägerin habe sich daraufhin in ambulante psychotherapeutische Behandlung begeben. Dabei sei sie weiter davon ausgegangen,
dass ihr Reha-Antrag noch umgedeutet werden könnte. Seitens der Beklagten sei sie weder im Abschlussgespräch noch sonst in
irgendeiner Form darauf hingewiesen worden, dass ihr Reha-Antrag aufgrund der sozialmedizinischen Beurteilung nicht in einen
Rentenantrag umgedeutet werden würde. Im März 1999 sei die Klägerin dann bei der BfA-Beratungsstelle in N. vorstellig geworden.
Dort sei ihr geraten worden, so schnell wie möglich einen Rentenantrag zu stellen, der dann am 25.03.1999 gestellt worden
sei. Die Klägerin sei der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente bereits zum
Zeitpunkt der Stellung des Reha-Antrages im Februar 1997 vorgelegen hätten. Ihrer Ansicht nach hätte dieser Antrag in einen
Rentenantrag umgedeutet werden müssen. Darüber hinaus vertrete sie die Ansicht, dass sie durch das Verhalten der Beklagten
von einer Rentenantragstellung abgehalten worden sei. Spätestens nach Durchführung der Reha-Maßnahmen hätte die Klägerin von
der Beklagten aufgeklärt werden müssen, wie sich die Situation aufgrund des Entlassungsberichtes darstelle. Die Klägerin hätte
dann geeignete Maßnahmen ergreifen können.
Das SG zog zunächst ein Gutachten des Internisten und Sozialmediziners Dr. G. vom 09.03.2001 bei, das in dem Verfahren S 6 P 53/00 vor dem SG Bayreuth eingeholt worden war. Danach war der Klägerin Pflegestufe I zuzuerkennen. Des Weiteren wurde ein internistisches
Gutachten von Dr. T. vom 18.10.2000 beigezogen, das in dem Schwerbehindertenverfahren S 5 SB 526/98 vor dem SG Bayreuth erstellt worden war. In diesem Verfahren erreichte die Klägerin einen Grad der Behinderung von 70, das
Verfahren wurde durch Abschluss eines Vergleichs beendet.
Das SG hat schließlich ein weiteres internistisch/sozialmedizinisches Gutachten von Dr. G. eingeholt, der am 20.04.2002 zu dem Ergebnis
kam, dass die Klägerin bereits seit April 1997 erwerbsunfähig sei, nämlich zum Zeitpunkt der Aussteuerung durch die Krankenkasse.
Aufgrund der Lungenerkrankung sei unter Beachtung sämtlicher Berichte und ärztlichen Atteste davon auszugehen, dass eine überwiegende
und damit dauernde Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin zumindest im untervollschichtigen Bereich bereits ab
April 1997 bestanden habe, was dann letztlich auch durch die Befunde während der stationären Heilbehandlung im Juni 1998 und
durch das internistische Gutachten von Dr. S. im Juli 1999 habe bestätigt werden können. Anschließend sei es zu keinen wesentlichen
und anhaltenden Besserungen mehr gekommen.
Aufgrund dieses Gutachtens von Dr. G. gab die Beklagte mit Schriftsatz vom 17.06.2002, eingegangen beim SG Bayreuth am 20.06.2002,
ein Anerkenntnis dahingehend ab, dass eine Umdeutung des am 12.02.1997 gestellten Antrages auf medizinische Leistungen zur
Rehabilitation in einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vorgenommen und ein entsprechender Bescheid nach Annahme
des Anerkenntnisses erlassen werde. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 04.07.2002 wurde das Anerkenntnis
der Beklagten angenommen und der Rechtsstreit in vollem Umfang für erledigt erklärt.
In Ausführung des Anerkenntnisses vom 17.06.2002 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 23.07.2002 die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit
der Klägerin neu fest und bewilligte der Klägerin ab dem 01.09.2002 laufend eine Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 545,03
EUR sowie für die Zeit vom 28.06.1998 bis 31.08.2002 eine Nachzahlung in Höhe von 2.197,75 EUR.
Hiergegen legte der Ehemann der Klägerin am 19.08.2002 Widerspruch ein. Die Klägerin habe eine Rentenerhöhung erreichen wollen,
nicht eine Rentenminderung. Sie sei nie darauf hingewiesen worden, dass sie Nachteile erleide, wenn sie einen früheren Rentenbeginn
beantrage. Weiterhin stelle sie fest, dass die Reha-Maßnahme bis 30.06.1998 bewilligt gewesen sei, was einen Rentenbeginn
01.07.1998 nach sich gezogen hätte. Eine Verstrickung ungünstigster Umstände habe die Klägerin zu einer vorzeitigen Abreise
aus der Reha-Klinik veranlasst. Da der vorzeitige Abbruch der Reha nicht von der Klägerin selbst verschuldet worden sei, sei
ihr nicht verständlich, warum man den Rentenbeginn nicht auf den 01.07.1998 gelegt habe, was ihres Erachtens zu einem höheren
Rentenanspruch führen würde als der Rentenbeginn 01.02.1999. Sie bitte um Erstellung einer Berechnung zum 01.07.1998 und um
vollständige Aufklärung schriftlicher Art, was an Auswirkungen und Folgen zu erwarten sei aufgrund dieses Widerspruchs. Ferner
werde bemängelt, dass sie nicht vor Abschluss des Vergleichs darauf hingewiesen worden sei, dass der Rentenanspruch bei einem
Rentenbeginn 28.06.1998 wie im Vergleich beschlossen zu einem niedrigeren Rentenanspruch führen würde. Wäre sie über diese
Tatsache rechtzeitig informiert worden, hätte sie keine Rechtsmittel eingelegt bzw. dem Vergleich so nicht zugestimmt.
Die Beklagte wies den Widerspruch nach Einholung einer prüfärztlichen Stellungnahme mit Widerspruchsbescheid vom 26.05.2004
als unbegründet zurück. Die Beklagte habe mit dem Anerkenntnis dem Anspruch der Klägerin auf Umdeutung des Reha-Antrags entsprochen.
Mit Bescheid vom 23.07.2002 sei der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf der Grundlage eines Leistungsfalles vom 12.02.1997
ab 28.06.1998 gewährt worden. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch könne nicht geltend gemacht werden, da ein Beratungsmangel
nicht vorliege. Für die Berechnung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sei der Zeitpunkt des Leistungsfalles entscheidend.
Da dieser aufgrund ärztlicher Würdigung des Gesundheitszustandes festgelegt worden sei, könne hinsichtlich des Leistungsfalles
kein Beratungsmangel geltend gemacht werden. Eine Rücknahme der Umdeutung des Reha-Antrags sei ebenfalls nicht möglich. Nach
Mitteilung der S. Betriebskrankenkasse sei die Klägerin nach §
51 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) aufgefordert worden, den Reha-Antrag vom 12.02.1997 zu stellen. Da die Krankenkasse das Gestaltungsrecht der Klägerin damit
eingeschränkt habe, könne das Gestaltungsrecht nur mit Zustimmung der Krankenkasse ausgeübt werden. Die Zustimmung der Krankenkasse
sei ihr nach telefonischer Auskunft ihres Ehemannes nicht erteilt worden. Die Rente beginne am 28.06.1998, weil bis dahin
ein Anspruch auf Übergangsgeld bestehe. Unerheblich sei, aus welchem Grund die Rehabilitation am 27.06.1998 abgebrochen worden
sei. Hinsichtlich des Anspruchs auf Übergangsgeld erhalte sie einen gesonderten Bescheid.
Die hiergegen von der Klägerin am 23.06.2004 zum SG Bayreuth gehobene Klage, die unter dem Az. S 6 RA 208/04 geführt wurde, wurde im Erörterungstermin vom 27.10.2004 zurückgenommen.
Am 08.11.2004 sprach der Ehemann der Klägerin erneut persönlich bei der Beklagten vor. Er beabsichtige, die Klagerücknahme
beim SG Bayreuth anzufechten. Er bitte die Beklagte um Amtshilfe, um beim SG Bayreuth nachzuweisen, dass der Klägerin durch
den früheren Rentenbeginn ein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei.
Nach Einholung einer prüfärztlichen Stellungnahme lehnte die Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 08.06.2005 den
Antrag der Klägerin vom 08.11.2004 auf Rücknahme des Bescheides vom 23.07.2002 ab. Neue Tatsachen seien nicht vorgetragen
worden und es bestehe auch kein Anhaltspunkt dafür dass das Recht unrichtig angewandt worden sei. Den hiergegen am 06.07.2005
eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin mit Schreiben vom 11.01.2006. Die Rente sei auf der Grundlage des ersten Bescheides
vom 04.04.2000 neu zu berechnen. Damals sei keine Entscheidung über die Umdeutung des Reha-Antrages in einen Rentenantrag
gefallen, sodass die Krankenkasse die Klägerin nicht zwingen könne, am Reha-Antrag festzuhalten. Die niedrigere Rente führe
zu einem hohen Einkommensverlust der Klägerin in Höhe von ca. 5.800,00 EUR bis zum Beginn der Altersrente. Die Beklagte wies
mit streitgegenständlichem Widerspruchsbescheid vom 23.02.2006 den Widerspruch als unbegründet zurück.
Zur Begründung der hiergegen am 22.03.2006 zum SG Bayreuth erhobenen Klage hat die Klägerin mit Schreiben vom 15.01.2007 vorgetragen,
dass durch den vorzeitigen Rentenbeginn eine Absenkung der Entgeltpunkte von 24,0662 auf 22,7974 erfolgt sei, dies entspreche
einer monatlichen Einbuße von ca. 33,00 EUR.
Das SG hat der Klägerin mit Schreiben vom 12.03.2010 einen sog. "Vergleichsvorschlag" unterbreitet, wonach der Klägerin ab dem 01.02.1999
Rente bewilligt werden könnte (Ziff. 1), die Klägerin dafür aber der Beklagten die empfangenen Leistungen für die Zeit vom
01.03.1997 bis 31.01.1999 in Höhe von 24.200,00 DM erstatten müsse (Ziff 2). Die Klägerin teilte daraufhin mit Schreiben vom
09.04.2010 mit, dass sie mit Ziffer I des Vergleichsvorschlages einverstanden sei, dass sie aber zur Rückerstattung der empfangenen
Leistungen nicht in der Lage sei.
Das SG hat sodann mit Gerichtsbescheid vom 16.04.2010 die Klage gegen den Bescheid vom 08.06.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 23.02.2006 abgewiesen. Die Klägerin habe das Anerkenntnis der Beklagten vom 20.06.2002 angenommen. Dabei handele es sich
um eine prozessuale Erklärung, auf die die Vorschriften über Willensmängel nach §§
116 ff
Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) entsprechende Anwendung fänden. Es liege aber ein nicht maßgebender Irrtum über die Rechtsfolgen der Erklärung vor, da die
Klägerin genau die Erklärung abgegeben habe, die sie auch tatsächlich habe abgeben wollen. Sie habe sich lediglich über die
weiteren Nebenfolgen der Erklärung geirrt. Die Voraussetzungen für eine Neufeststellung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) lägen nicht vor, da der ausführende Bescheid vom 23.07.2002 nicht rechtswidrig gewesen sei. Auch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
sei nicht gegeben, da aufgrund des nicht angegriffenen Gutachtens von Dr. G. der Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit auf
den 12.02.1997 festzustellen gewesen sei und die Anwendung von §
75 Abs
2 Satz 1 Nr
1 SGB VI die unausweichliche Folge sei. Der "Vergleichsvorschlag" sei nur der Klägerin unterbreitet worden, um ihr zu zeigen, dass
ein Erfolg der Klage nicht nur die laufende Rentenleistung erhöhen, sondern darüber hinaus zu Nachzahlungen bzw. Rückerstattungen
führen würde.
Hiergegen legte die Klägerin am 18.05.2010 Berufung ein, die zunächst nicht begründet wurde. Nach Anschreiben des Senates
vom 29.10.2010 hinsichtlich der fehlenden Erfolgsaussichten der Berufung begründete die Klägerin mit Schreiben vom 15.06.2011
die eingelegte Berufung schließlich. Die Neuberechnung der Rente habe zu einer Absenkung der Entgeltpunkte geführt. Die Berechnung
der Altersrente für Schwerbehinderte erfolge nun ebenfalls auf der Basis dieser abgesenkten Entgeltpunkte, sodass sie einen
lebenslangen Rentenverlust erlitten habe, welcher durch die Nachzahlung der Rente für die Zeit vom 01.03.1997 bis 01.06.1998
und vom 28.06.1998 bis 31.01.1999 nicht ausgeglichen worden sei. Die Nachzahlung sei in vollem Umfang im Wege der Erstattung
an die Krankenkasse und die Arbeitsagentur gegangen und weiter durch die Überzahlung der Rente vom 01.01. bis 31.08.2002 aufgebraucht
worden. Es bleibe laut Abrechnung sogar ein Minus von 585,77 EUR. Von einem derartigen Ausgleich sei jedoch das SG Bayreuth
in dem Verfahren S 6 RA 208/04 ohne nähere Prüfung ausgegangen. Ihre Berechnungshinweise seien nicht beachtet worden. Sie habe die Klage zurückgenommen,
da ihr bei einer Weiterführung des Verfahrens Mutwillenskosten in Aussicht gestellt worden seien. Der Ehemann der Klägerin
habe mehrere Beratungstermine bei der Beratungsstelle der deutschen Rentenversicherung in N. und beim Versicherungsamt der
Stadt E. wahrgenommen mit der Fragestellung, weshalb eine Umdeutung des Antrags auf medizinische Rehabilitation vom 12.02.1997
in einen Rentenantrag nicht erfolgt sei. Insbesondere im Beratungstermin mit der deutschen Rentenversicherung am 15.11.1999
sei Inhalt des Gespräches auch gewesen, ob sich bei einer Vorverlegung des Versicherungsfalls eine Änderung in der Rentenberechnung
ergeben würde. Der Mitarbeiter habe die für die Beantwortung dieser Frage unerlässliche Probeberechnung nicht durchgeführt
und es sei auch nicht auf mögliche rechtliche Änderungen im fraglichen Zeitraum hingewiesen worden. Eine Probeberechnung der
Rente mit Rentenbeginn 01.03.1997 hätte ihr verdeutlicht, welch einen finanziellen Schaden sie erleiden würde. Vor der Annahme
des Anerkenntnisses vom 20.06.2000 durch ihren Prozessbevollmächtigten sei es ebenfalls versäumt worden ihr anzuraten, eine
Probeberechnung der Rente einzuholen. Der ihr entstandene Schaden sei ihr erst mit Rentenbescheid vom 23.07.2002 ersichtlich
geworden. Auch wenn sie keinen Nachweis über mangelnde und fehlerhafte Beratung führen könne, so müsse doch glaubhaft sein,
dass sie kein Gericht damit behelligen würde, für sich Nachteile zu erstreiten.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 16.04.2010 sowie den Bescheid vom 08.06.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 23.02.2006 aufzuheben und die Beklagte aufgrund des Antrags vom 08.11.2004 unter Aufhebung des Bescheides vom 23.07.2002
in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.05.2004 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf der Grundlage des
Bescheides vom 04.04.2000 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 16.04.2010 zurückzuweisen.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, die Gerichtsakten des SG Bayreuth
mit dem Az: S 3 RA 249/00 und S 6 RA 208/04 sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Wie das SG Bayreuth bereits in seinem Gerichtsbescheid vom 16.04.2010 zutreffend ausgeführt hat, kann die Klägerin die in
dem Verfahren S 3 RA 249/00 erklärte Annahme des Anerkenntnisses der Beklagten vom 20.06.2002 nicht wirksam anfechten, ein Anfechtungsgrund liegt nicht
vor. Die Klägerin hat sich nicht über den Inhalt ihrer Erklärung getäuscht, sondern sich lediglich in dem Glauben befunden,
ein früherer Rentenbeginn führe auch zu einer höheren Rente. Dies ist jedoch lediglich ein unbeachtlicher Motivirrtum, der
nicht zur Anfechtung berechtigt. Dies hat zur Folge, dass der dieses Anerkenntnis umsetzende Bescheid der Beklagten vom 23.07.2002
in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.05.2004 bestandskräftig geworden ist. Die hiergegen zum SG Bayreuth erhobene Klage,
die unter dem Az. S 6 RA 208/04 geführt wurde, wurde durch Klagerücknahme beendet. Eine Anfechtung dieser Klagerücknahme ist durch die Klägerin nicht erfolgt,
wäre aber ebenfalls unwirksam gewesen.
Selbst bei einer Rücknahme des Reha-Antrages hätte die Klägerin aber nicht mehr so gestellt werden können, wie sie aufgrund
des Rentenantrags vom 26.03.1999 und des umsetzenden Bescheides vom 04.04.2000 gestanden hätte. Nachdem die Klägerin ausweislich
des Gutachtens des Sachverständigen Dr. G. spätestens im April 1997, wohl aber bereits im Februar 1997 erwerbsunfähig war,
hätte sie ab dieser Zeit auch keine Leistungen der Arbeitslosenversicherung mehr erhalten können. Krankengeld hätte die Klägerin
ebenfalls nicht mehr in Anspruch nehmen können, weil dieses wegen Erreichens der Höchstbezugsdauer bereits erschöpft war.
Zudem hätte die Klägerin sämtliche Rentennachzahlungen der Beklagten zurückzahlen müssen und hätte dann aufgrund der fehlenden
weiteren Beitragszeiten, die ursprünglich aufgrund des Krankengeld- und Arbeitslosengeldbezuges gegeben waren, ebenfalls keine
höhere Rente.
Es wurde im erstinstanziellen Verfahren auch kein Vergleich zwischen der Klägerin und der Beklagten über eine höhere Rentengewährung
abgeschlossen. Der dort vom Vorsitzenden unterbreitete "Vergleichsvorschlag" erfolgte nur gegenüber der Klägerin und nur zu
dem Zweck um der Klägerin zu zeigen, dass eine entsprechende Änderung nicht nur positive Folgen für die Klägerin haben würde.
Dieses Vorgehen ist sicherlich ungewöhnlich und mag bei der Klägerin den Eindruck erweckt haben, doch Anspruch auf die von
ihr gewünschte höhere Rente zu haben, vermag aber einen Rechtsanspruch der Klägerin auf die gewünschte höhere Rente nicht
zu begründen; die Beklagte war in diesen Vorschlag des Gerichts nicht involviert.
Nach alledem war die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 16.04.2010 zurückzuweisen. Eine
höhere Rente steht der Klägerin nicht zu.