Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung; Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen; Berücksichtigung einer
Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit; Unterbrechung einer versicherten Tätigkeit
Tatbestand:
Streitig ist zum einen ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung sowie zum anderen auf Feststellung der Zeit
der Arbeitslosigkeit vom 11.02.2004 bis 31.12.2004 als Anrechnungszeit.
Der 1960 geborene Kläger erlitt am 13.08.1979 einen Schulwegunfall. Bei ihm wurde zunächst eine Minderung der Erwerbsfähigkeit
(MdE) festgestellt und eine Rente seitens des zuständigen Gemeindeunfallversicherungsverbandes Westfalen-Lippe geleistet,
die Anfang der 80er Jahre eingestellt wurde, da keine MdE im rentenberechtigendem Ausmaße mehr vorliege (auf der Grundlage
des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Dr. S. vom 05.07.1984 für den Gemeindeunfallversicherungsverband). Nach dem
Jurastudium legte der Kläger seine zweite juristische Staatsprüfung in B. am 18.10.1993 ab. In der Folgezeit war der Kläger
überwiegend arbeitslos, arbeitete nach seinen Angaben einige Zeit als Jurist im Bau- und Mietsektor und hielt sich zwischen
1997 und März 1999 in Spanien, Portugal, Frankreich und in der Türkei auf. Von März 1999 bis Dezember 2002 war er arbeitslos
ohne Leistungsbezug. Von März 2003 bis August 2003 hielt sich der Kläger in Spanien und Portugal auf; nach eigenen Angaben
ging er verschiedenen teilweise versicherungspflichtigen Tätigkeiten in der Land- und Bauwirtschaft nach. Belege oder Arbeitgeber
konnten von ihm nicht benannt werden. Diesbezügliche Ermittlungen der Beklagten ergaben keine Nachweise, inwieweit Beiträge
abgeführt worden sind. Seit Herbst 2003 erhielt der Kläger Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) als Wohnungsloser, seit dem 11.02.2004 war der Kläger arbeitslos gemeldet, seit 01.01.2005 bezieht er Leistungen nach dem
Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Am 23.11.2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 14.03.2006 lehnte die
Beklagte die Bewilligung einer Rente ab, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Im Konto des
Klägers seien in der Zeit vom 08.03.2001 bis 07.03.2006 nur 12 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Eine vorzeitige Wartezeiterfüllung
sei nicht eingetreten, da zum Zeitpunkt des Schulwegunfalls am 13.08.1979 keine Versicherungspflicht vorgelegen habe. Gegen
die Ablehnung der Zeit der Arbeitslosigkeit vom 11.02.2004 bis 31.12.2004 als Anerkennungszeit sowie gegen die Ablehnung der
Erwerbsminderungsrente erhob der Kläger Widerspruch. Im Wesentlichen trug er vor, die bei ihm vorliegende Erwerbsminderung
sei auf den Schulwegunfall 1979 zurückzuführen. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2006 wies die Beklagte den Widerspruch
hinsichtlich der Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung zurück. Nach dem von der damals zuständigen Berufsgenossenschaft
in Auftrag gegebenen neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 05.07.1984 habe hinsichtlich der Unfallfolgen keine MdE mehr
bestanden. Der Kläger sei in der Lage gewesen, sein Jurastudium erfolgreich abzuschließen und Tätigkeiten im Ausland nachzugehen.
Mit einem weiteren Widerspruchsbescheid vom 20.10.2006 wurde die Anerkennung der Zeit der Arbeitslosigkeit vom 11.02.2004
bis 31.12.2004 abgelehnt. Es liege kein Unterbrechungstatbestand vor, der für die Anerkennung dieser Zeit als Anrechnungszeit
erforderlich sei.
Gegen beide Widerspruchsbescheide hat der Kläger mit Schriftsatz vom 01.11.2006 (Anrechnungszeiten, Az: S 14 R 4344/06) am 06.11.2006 bzw. mit Schriftsatz vom 10.11.2006 am 15.11.2006 (Erwerbsminderungsrente, Az: S 14 R 4356/06) zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, der Leistungsfall der Erwerbsminderung liege im Schulwegunfall
vom 13.08.1979, der zu einer schleichenden Gesundheitsverschlechterung geführt habe. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen
lägen vor, denn in der Zeit vom 11.02.2004 bis 31.12.2004 bestünden weitere Pflichtbeitragszeiten. Selbst wenn die versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen von 36 Pflichtbeitragsmonaten in den letzten 60 Monaten nicht erfüllt seien, so sei doch die vorzeitige Wartezeiterfüllung
anzunehmen, da es sich bei dem Schulwegunfall um einen sogenannten "Weiterfresserschaden" handele. Er sei berufsunfähig, denn
er könne nur noch weniger als sechs Stunden als Baujurist arbeiten. Hinsichtlich der Anrechnungszeit hat er vorgetragen, er
sei nach seiner Rückkehr aus dem Ausland im Herbst 2003 zunächst ohne festen Wohnsitz gewesen und habe sich nicht arbeitslos
melden können. Erst nach Anmietung einer Wohnung im Februar 2004 sei ihm dies möglich gewesen. Allerdings habe er ab Januar
2004 durchgängig Leistungen des Sozialamtes M. als Wohnsitzloser in Form von Hilfe zum Lebensunterhalt in Tagessätzen und
zuvor von anderen deutschen Sozialämtern erhalten. Nach der Kommentarliteratur seien auch Zeiten des Bezugs von Sozialleistungen
Anrechnungszeiten. Da er durchgehend bis zur Arbeitslosmeldung Leistungen nach dem BSHG bezogen habe, sei die darauf folgende Zeit der Arbeitslosigkeit seinem Rentenkonto gutzuschreiben.
Mit Beschluss vom 12.02.2007 hat das SG die beiden Streitsachen S 14 R 4356/06 und S 14 R 4344/06 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Az: S 14 R 34344/06 verbunden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.04.2007 hat der Kläger auf Nachfrage erklärt, er sei seit geraumer
Zeit nicht mehr in ärztlicher Behandlung. Mit Urteil vom 12.04.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bestehe nicht, denn die versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum - mangels anderer greifbarer Anhaltspunkte gerechnet
ab dem Antrag vom 23.11.2005 - lägen nur zwölf Monate mit Pflichtbeiträgen vor. Für die von dem Kläger vertretene Annahme,
es liege seit 1979 durchgehend eine Erwerbsminderung vor, fehle angesichts des Studiums und der Berufsbiographie des Klägers
jeglicher Anhaltspunkt. Das Gericht halte den von der Beklagten angenommenen Leistungsfall mit Eingang des Antrags bei der
Beklagten am 23.11.2005 für zutreffend. Die Voraussetzungen für die Anerkennung der Zeit der Arbeitslosigkeit vom 11.02.2004
bis 31.12.2004 als Anrechnungszeit gemäß §
58 Abs.1 Nr.3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) lägen ebenfalls nicht vor. Durch die Zeit der Arbeitslosigkeit vom 11.02.2004 bis 31.12.2004 sei keine versicherte Beschäftigung
oder selbstständige Tätigkeit unterbrochen worden. Eine Unterbrechung iS des §
58 Abs.2 Satz 1
SGB VI liege dann vor, wenn zwischen dem Ende der genannten Zeiten und dem Beginn der betreffenden Anrechnungszeit kein voller Monat
liege. Entgegen der Auffassung des Klägers stellten die Zeiten des Bezugs von Sozialhilfe nach dem BSHG keinen unterbrechungsfähigen Tatbestand iS des §
58 Abs.2 Satz 1
SGB VI dar.
Zur Begründung der Berufung hat der Kläger im Wesentlichen vorgebracht, das SG hätte ein Gutachten einholen müssen.
Nach Auskunft der Beklagten sind die versicherungsrechtlichen Zeiten seit Dezember 2007 wieder erfüllt. Im Erörterungstermin
am 09.09.2009 hat der Kläger erklärt, er leide unter Rückenschmerzen, Konzentrationsstörungen und könne den rechten Arm nicht
voll bewegen. Er habe auch Schmerzen vom Knie zum Oberschenkel links. Der Schwerpunkt seiner Beschwerden liege auf orthopädischem
und neurologischem Gebiet. Im Rahmen weiterer Ermittlungen hat der Senat aktuelle Befundberichte auf der Grundlage der Angaben
des Klägers für den Zeitraum ab 2007 von dem ihn behandelnden Internisten Dr. D. und den Allgemeinmediziner Dr. C. eingeholt
und den Orthopäden Dr.B. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 08.02.2010 hat der Gutachter
eine diskrete Streckhemmung des rechten Handgelenkes anamnestisch aufgrund einer Radialisparese 1979, gelegentliches Lendenwirbelsäulensyndrom
bei Bandscheibendegeneration der unteren Lendenwirbelsäule bei unter mittelgradiger Funktionseinschränkung, anlagebedingte
Aufbaustörung der Hüftgelenke zur Zeit klinisch stumm, ohne Funktionseinschränkung, aktuelle Oberarmtrümmerfraktur rechts
diagnostiziert. Diese Trümmerfraktur des rechten Oberarmes hat sich der Kläger am 19.01.2010 zugezogen. Der Kläger könne allerdings
noch wenigstens sechs Stunden täglich mittelschwere Tätigkeiten, Tätigkeiten im Sitzen, im Stehen sowie in wechselnden Stellungen
verrichten ohne ständige Überkopfarbeit oder extrem schweres Heben und Tragen oder Arbeiten in vollschichtiger gebückter Zwangshaltung.
Die Einschränkung für überwiegende Überkopfarbeit schließe sowohl einen regelrechten Krankheitsverlauf der Oberarmfraktur
als auch eine Ausheilung in Fehlstellung mit ein.
Dagegen trägt der Kläger im Wesentlichen vor, in welchem Umfang die Regenerierung seines rechten Armes (Rechtshänder) möglich
sei, sei noch offen. Dies könne erst nach sechs Monaten beantwortet werden. Auch seien in Folge seines Unfalls 1979 noch weitere
ärztliche Unterlagen vorhanden, die hätten herbeigezogen werden müssen. Weiter konstatiert er mehrere Ungenauigkeiten des
Gutachtens. So sei eine Behandlung seines Armes mit zwei Drähten erwähnt worden, tatsächlich sei aber eine Behandlung mit
drei Drähten erfolgt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 12.04.2007 sowie die Bescheide der Beklagten vom 14.03.2006 in der Gestalt der
Widerspruchsbescheide vom 20.10.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung,
hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf seinen Antrag vom 23.11.2005 hin zu gewähren sowie
die Zeit vom 11.02.2004 bis 31.12.2004 als Anrechnungszeit im Sinne des §
58 SGB VI anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 12.04.2007 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Beklagten, die Gerichtsakten erster Instanz S 14 R 4344/06 und S 14 R 4356/06 und die Gerichtsakte zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung noch wegen teilweiser
Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat. Denn der Kläger kann noch wenigstens sechs Stunden täglich Tätigkeiten auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen verrichten sowie seinen erlernten Beruf als Jurist ausüben (1).
Ebenso hat er keinen Anspruch auf Anerkennung der Zeit vom 11.2.2004 bis 31.12.2004 als Anrechnungszeit (2).
(1) Gemäß §
43 Abs.1
SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65.Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung
oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind,
unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Einen
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben gemäß §
43 Abs.2
SGB VI Versicherte, die auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes
mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Der Kläger ist noch in der Lage, wenigstens sechs Stunden täglich mittelschwere Tätigkeiten im Sitzen, im Stehen, im Wechselrhythmus
ohne ständige Überkopfarbeit und ohne extrem schweres Heben und Tragen oder Arbeiten in gebückter Zwangshaltung zu verrichten.
Zur Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers stützt sich der Senat auf die Feststellungen des Sachverständigen
Dr.B ... Eingeschränkt ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers im Wesentlichen durch eine diskrete Streckhemmung des rechten
Handgelenkes, anamnestisch aufgrund einer Radialisparese 1979, gelegentlichem Lendenwirbelsäulensyndrom bei Bandscheibendegeneration
der unteren Lendenwirbel bei unter mittelgradiger Funktionseinschränkung, anlagenbedingter Aufbaustörung der Hüftgelenke,
zur Zeit klinisch stumm ohne Funktionseinschränkung, aktuell Oberarmtrümmerfraktur rechts. Diese Funktionseinschränkungen
und Beschwerden bedingen jedoch keine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens, sondern ergeben die oben genannten qualitativen
Einschränkungen. Gründe, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers seit der Erstellung des letzten Gutachtens 1984 hinsichtlich
des Unfalls aus dem Jahre 1979 bis zur Erstellung des Gutachtens von Dr.B. im Januar 2010 auf unter acht bzw. sechs Stunden
gesunken ist, sind nicht ersichtlich. Dr.B. stellt fest, dass sich von Seiten des Unfalls von 1979 im Jahre 2010 keine ausgeprägten
Funktionseinschränkungen ergeben. Diese können auch nicht aus dem Gutachten von 1984 hergeleitet werden. Auch war der Kläger
in der Lage gewesen, sein Jurastudium erfolgreich abzuschließen und diversen Tätigkeiten im Ausland nachzugehen. Der Kläger
selbst geht von einer "Verschlechterung" im Laufe der letzten Jahre aus. Nachdem vom heutigen Standpunkt aus keine Minderung
des quantitativen Leistungsvermögens gegeben ist, ist dies auch nicht für die Vergangenheit anzunehmen. Entgegen der Ansicht
des SG liegen aus diesen Gründen auch keine Anhaltspunkte für die Annahme eines Leistungsfalles der Erwerbsminderung bei Rentenantragsstellung
am 23.11.2005 vor.
Das Gutachten des Sachverständigen ist schlüssig und nachvollziehbar. Die Einwendungen des Klägers können das Ergebnis des
Gutachtens nicht entkräften. Der Kläger führt aus, dass derzeit noch gar nicht absehbar sei, ob die Ausheilung des Trümmerbruchs
regelrecht erfolge und möglicherweise eine Oberarmversteifung des rechten Armes eine Folge der Trümmerfraktur sein könne.
Trotzdem werde von einer mindestens sechsstündigen Leistungsfähigkeit täglich ausgegangen. Dr.B. hat jedoch dargetan, dass
selbst bei nicht erfolgreicher Ausheilung des Trümmerbruchs keine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens begründet
wird, sondern lediglich die qualitative Einschränkung der Vermeidung von Tätigkeiten über Kopf. Auch bei einer Versteifung
des Oberarmes ist nicht ersichtlich, wieso insoweit das quantitative Leistungsvermögen des Klägers eingeschränkt sein sollte.
Der Kläger bemängelt weiter, dass nach dem Gutachten von einer Versorgung mit zwei Kirschner-Drähten die Rede sei, tatsächlich
sei aber eine Behandlung mit drei Drähten erfolgt. Dem ist entgegenzuhalten, dass zum einen dieser Irrtum keine Auswirkung
auf die Frage der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit hat und zum anderen offenbar ein Schreibfehler vorliegt, da nachfolgend
im Gutachten die Behandlung mit drei Drähten beschrieben wird. Ebenso unerheblich ist der Einwand des Klägers, ob der im Gutachten
festgestellten linksseitigen Muskelverschmächtigung des Oberschenkels durch eine Heilbehandlung entgegengewirkt werden könne.
Maßgebend sind die Funktionseinschränkungen für den Beurteilungszeitraum. Soweit der Kläger angibt, die Beweisfrage hinsichtlich
einer dauerhaften Gesundheitsstörung iS von wenigstens 27 Wochen sei kein angemessener Zeitraum, geht dies an der Sache vorbei.
Der Zeitraum beruht auf der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "auf nicht absehbare Zeit", vgl. v.Koch in Kreikebohm,
SGB VI, §
43 Rdnr.24. Der Kläger bemängelt weiter, der Gutachter habe festgestellt, dass sich aus dem Unfallhergang von 1979 keine ausgeprägten
Funktionseinschränkungen ergäben. Gleichzeitig habe er aber die Funktionsbeeinträchtigung bezüglich der Feinmotorik der rechten
Hand festgestellt. Diese Aussage des Gutachters enthält keinen Widerspruch, wie der Kläger offensichtlich annimmt. Dr.B. hat
eine leichte, diskrete Hebungsschwäche der rechten Hand festgestellt, eine wesentliche Funktionseinschränkung der rechten
Hand und somit des rechten Armes konnte damit nicht begründet werden. Die geltend gemachten Beschwerden beim Gehen und Laufen
ließen sich im Hinblick auf die Unfallfolgen Oberschenkelfraktur mit subjektiver Beinverkürzung so nicht bestätigen. Bei der
Röntgenuntersuchung hat sich keine relevante klinische Differenz der Beinlänge und auch keine Funktionseinschränkung der großen
Gelenke der Beine gezeigt, sodass hieraus keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung abzuleiten ist. Weiter legt der Kläger
dar, dass er unter Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen leide und sich nur unter erheblichen Mühen in den juristischen
Verfahren selbst vertreten könne. Dr. B. hat jedoch eine durchschnittliche Belastbarkeit im geistigen und psychischen Bereich
festgestellt. Auch zeigen die auf Angaben des Klägers eingeholten Befundberichte, dass der Kläger selbst für seine neurologische
Beschwerden keinerlei Behandlung in Anspruch nahm. Nach Auskunft seines Allgemeinarztes Dr.C. war der Kläger seit 2007 lediglich
am 03.07.2008 und am 09.09.2008 bei ihm wegen einer Konjunktivitis in Behandlung. Der ebenfalls von ihm benannte Internist
Dr.D. hat lediglich angegeben, dass der Kläger einmal im April 2007 in Behandlung gewesen sei. Soweit der Kläger darlegt,
aus dem Vergleich der Begutachtung von 1984 und der Untersuchung im Jahre 2010 ließen sich keine maßgeblichen Verschlechterungen
feststellen, weil nicht alle vorhandenen Gutachten als Explorationsbasis beigezogen worden seien, und diese dann eine Verböserung
des Zustandes indizieren würden, ist dies nicht nachzuvollziehen, zumal Dr. B. im Jahre 2010 keine Minderung des quantitativen
Leistungsvermögens erkennen konnte. Der Kläger wendet ebenfalls ein, die Wegefähigkeit stünde im Widerspruch zu seinen Beinfunktionsbeeinträchtigungen.
Dabei übersieht er jedoch, dass der Gutachter gerade feststellt, dass sich die geltend gemachten Beschwerden beim Gehen und
Laufen nicht bestätigen ließen, da sich bei der Röntgenuntersuchung keine relevante klinische Differenz der Beinlänge und
auch keine Funktionseinschränkung der großen Gelenke der Beine ergab.
Daneben liegen für einen Leistungsfall bei Antragstellung nicht die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des §
43 Abs.1 Satz 2 Nr.2
SGB VI vor. Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich nach §
43 Abs.4
SGB VI um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:
1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2. Berücksichtigungszeiten,
3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeiten
nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für
eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr.1 oder 2 liegt,
4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17.Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten
wegen schulischer Ausbildung.
Im maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraum - mangels anderer greifbarer Anhaltspunkte gerechnet ab dem Antrag zum 23.11.2005 - liegen
nur zwölf Monate mit Pflichtbeiträgen vor, erforderlich wären 36 Monate. Selbst bei Anerkennung des weiteren Zeitraums vom
11.02.2004 bis 31.12.2004 (siehe 2) als Anrechnungszeit würde sich an diesem Ergebnis nichts ändern, da auch dann nicht die
versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen angenommenen Leistungsfall am 23.11.2005 erfüllt wären.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind erst wieder ab Dezember 2007 erfüllt, allerdings liegt insoweit kein Leistungsfall
der Erwerbsminderung vor (s. oben).
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit besteht ebenfalls nicht.
Gemäß §
240 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum
Erreichen der Regelaltersgrenze, die
1. vor dem 02.01.1961 geboren und
2. berufsunfähig sind.
Gemäß §
240 Abs.2
SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit
zur körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten
auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu
beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die den Kräften und Fähigkeiten entsprechen und unter Berücksichtigung der Dauer
und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit
zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann,
dabei ist jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Für die Prüfung, ob der - unter Beachtung der qualitativen
Leistungseinschränkungen - noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähige Kläger berufsunfähig ist, ist der qualitative
Wert des bisherigen Berufes maßgeblich. Dabei ist grundsätzlich der zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Beruf zugrunde
zu legen (BSG, Urteile vom 19.04.1978 - 4 RJ 55/77, 29.07.2004 - B 4 RA 5/04 R). Der Kläger hat angegeben, nach dem Assessorexamen als (Bau-)Jurist tätig gewesen zu sein, anschließend sei er verschiedenen
anderen Tätigkeiten auch landwirtschaftlicher Art nachgekommen. Der Kläger konnte jedoch keine genauen Angaben hinsichtlich
Zeitraum und Arbeitgeber machen. Im Ergebnis kann dies jedoch dahingestellt bleiben, denn der Kläger ist nach wie vor in der
Lage, die Tätigkeit als Jurist auszuüben. Der Senat weiß aus eigener Sachkunde, dass die Einsatzmöglichkeiten für Juristen
vielfältig sind; im Wesentlichen ist es ihre Aufgabe, rechtliche Sachverhalte zu beurteilen. Die Tätigkeit findet meist in
Büros statt. Der Kläger hat keine Funktionseinschränkungen, die diesem Anforderungsprofil widersprächen. Die Tatsache, dass
er bislang noch keinen seiner Ausbildung entsprechenden Arbeitsplatz erhalten hat, ist unbeachtlich.
(2) Ein Anspruch auf Anerkennung der Zeit der Arbeitslosigkeit vom 11.02.2004 bis 31.12.2004 gemäß §
58 Abs.1 Satz 1 Nr.3
SGB VI besteht nicht.
Gemäß §
58 Abs.1 Satz 1 Nr.3
SGB VI idF des Gesetzes zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängend der Steuerhinterziehung vom
23.07.2004 (BGBl I S.1842) sind Anrechnungszeiten Zeiten, in denen Versicherte wegen Arbeitslosigkeit bei einer deutschen
Agentur für Arbeit als Arbeitssuchende gemeldet waren und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen haben oder nur wegen
des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen haben. Anrechnungszeiten nach §
58 Abs.1 Satz 1 Nr.3
SGB VI liegen nur vor, wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit oder ein versicherter Wehr- oder
Zivildienst unterbrochen ist; dies gilt nicht für Zeiten nach Vollendung des 17. und vor Vollendung des 25.Lebensjahres, §
58 Abs.2 Satz 1
SGB VI. Der Kläger hat seit dem 22.11.1985 das 25.Lebensjahr vollendet. Vor der Arbeitslosmeldung am 11.02.2004 liegen jedoch keine
Zeiten im o.g. Sinne. Dabei muss die versicherte Tätigkeit nicht den Anrechnungstatbestand umrahmen. Vielmehr reicht es, wenn
die Anrechnungszeit vor Ablauf des Kalendermonats beginnt, die dem Monat der Beendigung der versicherten Beschäftigung folgt
(vgl. Löhns in Kreikebohm, Kommentar zum
SGB VI, 3.Aufl., §
58 Rdnr.48). Der Kläger hat jedoch keine der oben genannten Tätigkeiten verrichtet. Der Bezug von Sozialhilfe stellt keine versicherte
Tätigkeit in diesem Sinne dar.
Nach alledem hat die Berufung keine Aussicht auf Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.2 Nrn 1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.