Gründe:
I. Streitig ist, ob die Ablehnung des Sachverständigen Dr. T. wegen Besorgnis der Befangenheit begründet ist.
Der Kläger erlitt am 09.03.1999 einen Unfall, bei dem er sich neben Gesichtsverletzungen und einer Nasenbeinfraktur einen
offenen Stauchungstrümmerbruch des linken Schienbeinkopfes und des Außenknöchels zuzog. Davon war eine Beinverkürzung um 3
cm zurückgeblieben. Die Beklagte gewährte ab 03.09.2001 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. Sie
folgte ihrem Beratungsarzt, der anders als Dr. G. im Gutachten vom 21.08.2001 eine MdE um 40 v.H. für überhöht hielt, weil
dies einer Unterschenkelamputation entsprechen würde. Im Mai 2004 wurde beim Kläger eine operative Versteifung seines Sprunggelenks
durchgeführt. Im Anschluss war der Kläger auf den Gebrauch von zwei Unterarmgehstützen angewiesen. Die Beklagte gewährte ihm
deswegen Entschädigung für Kleider- und Wäscheverschleiß. Diese Leistung entzog sie mit Ablauf des 30.06.2006. Das Gangbild
sei - so stellte sie fest - inzwischen flüssig ohne Hinken (Bescheid vom 23.06.2006/Widerspruchsbescheid vom 26.07.2006).
Mit Bescheid vom 12.10.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2006 bezeichnete die Beklagte die Unfallfolgen
entsprechend der inzwischen vorgenommenen Versteifung neu. Sie blieb jedoch bei der Einschätzung der MdE mit 30 v.H.
Mit seiner unter dem Az.: S 5 U 202/06 geführten Klage wandte sich der Kläger gegen die Einstellung des Ausgleichs für Kleider- und Wäscheverschleiß zum 30.06.2006.
Weitere Klage (S 5 U 328/06) erhob er gegen die Bescheide, mit denen die Unfallfolgen neu bezeichnet, aber die MdE nicht erhöht worden war. Er machte
geltend, die MdE müsse mindestens 40 v.H. betragen.
Das Sozialgericht ernannte Dr. T. zum Sachverständigen und verband - faktisch - die beiden Verfahren miteinander. Dem Sachverständigen
gab es auf, zur Frage, ob eine Verschlimmerung im Vergleich zu den Vorbefunden eingetreten und eine höhere MdE gerechtfertigt
sei sowie, ob der Kläger wegen der Unfallfolgen ständig auf den Gebrauch von Gehstützen angewiesen sei, ein Gutachten zu erstatten.
Im Gutachten vom 12.04.2008 nach Untersuchung am 09.04.2008 verneinte Dr. T. eine wesentliche Verschlimmerung der Unfallfolgen.
Aufgrund der völligen Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenkes könnten keine Bewegungsschmerzen mehr ausgelöst werden.
Die MdE sei mit 30 v.H. richtig bewertet. Der Kläger sei wegen der Unfallfolgen nicht ständig auf den Gebrauch von Unterarmgehstützen
angewiesen. Das Gutachten wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 28.04.2008 übersandt.
Zuvor, nämlich am 22.04.2008, eingegangen bei Gericht am 23.04.2008, hatte der Kläger beantragt, den Sachverständigen Dr.
T. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Bei der Untersuchung habe der Sachverständige auf Frage des Klägers erklärt,
die unfallbedingte MdE liege nach seiner Einschätzung bei 40 v.H. Als der Kläger später nochmals beim Sachverständigen vorgesprochen
und nachgefragt habe, ob das Gutachten schon fertig sei, habe Dr. T. erklärt, er habe mit der Beklagten und dem Vorgutachter
Dr. B. telefoniert und werde nach deren Empfehlung nicht mehr von einer MdE um 40 v.H. ausgehen, sondern von einer Quote mit
35 v.H. Diese werde erfahrungsgemäß von der Beklagten nach unten korrigiert, letztlich auf 30 v.H., wie von der Beklagten
bereits anerkannt. Auf Vorhalt, weshalb er seine Auffassung so gravierend ändere, erklärte der Sachverständige, er habe sich
an die Vorgaben der Berufsgenossenschaft zu halten. Es sei zu berücksichtigen, dass das linke Sprunggelenk nunmehr versteift
worden sei und dies somit eine Situationsverbesserung bringe. Mit genau diesen Argumenten habe bereits die Beklagte argumentiert.
Vor diesem Hintergrund könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Sachverständige ein neutrales Gutachten erstatten werde.
Das Sozialgericht bat den Sachverständigen um Stellungnahme hierzu. Am 05.05.2008 erklärte Dr. T., die gegen ihn erhobenen
Vorwürfe seien absurd. Es treffe nicht zu, dass der Kläger nach der Untersuchung nochmals bei ihm vorgesprochen habe. Ebenso
wenig habe er mit der Berufsgenossenschaft oder mit Dr. B. telefoniert. Im Übrigen könne von einer MdE um 40 v.H. keine Rede
sein. Der Kläger, dem die Stellungnahme des Dr. T. bekanntgegeben worden war, blieb bei seiner Auffassung und seinem Antrag
auf Ablehnung wegen Befangenheit. Er könne sich noch sehr genau an das Gespräch mit dem Sachverständigen erinnern. Der Eindruck
der Befangenheit verstärke sich, da der Sachverständige in seinem Gutachten ausführe, eine wesentliche Verschlimmerung im
Vergleich zum Vorgutachten vom 06.08.2001 liege nicht vor. Im Vorgutachten sei aber festgestellt worden, dass die MdE 40 v.H.
betrage und mit einer Verschlechterung durch die Zunahme der Arthrose zu rechnen sei. Es bleibe die Frage offen, weshalb dann
nicht zumindest die bereits früher vorgesehene MdE von 40 v.H. Geltung haben solle.
Mit Beschluss vom 10.06.2008 wies das Sozialgericht das Gesuch auf Ablehnung des Sachverständigen Dr. T. wegen Besorgnis der
Befangenheit zurück. Der Antrag sei unbegründet. Es habe keinen Zweifel, dass die Äußerung des Sachverständigen zu den gegen
ihn erhobenen Vorwürfen den Tatsachen entspreche. Es gehe davon aus, dass das vom Kläger behauptete Gespräch nicht stattgefunden
habe. Im Übrigen machte das Sozialgericht Ausführungen zur Kompetenz des Sachverständigen und dazu, von welcher festgestellten
und damit bindend gewordenen MdE auszugehen sei, bei der Frage, ob eine Verschlimmerung eingetreten sei und diese eine höhere
MdE begründen könne.
Dagegen erhob der Kläger Beschwerde. Er wiederholte sein Vorbringen. Er habe seinen Bevollmächtigten am 21.04.2008 völlig
aufgelöst angerufen und von dem Vorfall unterrichtet. Vor Eingang des Sachverständigengutachtens bei Gericht sei er zum Sachverständigen
gefahren, um sich zu erkundigen, wann mit dem Eingang des Gutachtens zu rechnen sei. Seine Ehefrau habe ihn hingefahren und
vor der Klinik gewartet. Hierfür bot er Beweis durch Einvernahme seiner Ehefrau an. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb
er sich eine solche Geschichte zurechtgelegt haben solle. Im Übrigen habe das Gericht nicht überzeugend dargelegt, dass das
vorangegangene Gutachten des Dr. G. nicht ausschlaggebend sein solle, in dem von einer MdE um 40 v.H. ausgegangen worden sei.
Danach sei dem Befangenheitsantrag stattzugeben.
II. Die zulässige Beschwerde (§§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -) ist unbegründet. Nach §
118 Abs.1
SGG sind im sozialgerichtlichen Verfahren für die Ablehnung eines Sachverständigen die Vorschriften der
Zivilprozessordnung (
ZPO) anzuwenden. Nach §§
406 Abs.2 Satz 1, 411 Abs.1
ZPO ist der Ablehnungsantrag bei dem Gericht oder dem Richter, von dem der Sachverständige ernannt wurde, vor Erstellung des
Gutachtens zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung.
Zu einem späteren Zeitpunkt kann der Ablehnungsantrag gestellt werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne
sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Ablehnungsgrund ist darüber hinaus nach
§
406 Abs.3
ZPO glaubhaft zu machen.
Der Vorfall, auf den der Kläger sein Ablehnungsgesuch stützt, basiert auf einem behaupteten Gespräch vor dem 22.04.2008, also
noch bevor das Gutachten den Beteiligten zur Kenntnis gegeben worden war. Es ist somit rechtzeitig gestellt worden. Es ist
jedoch nicht begründet.
Der Kläger behauptet ein Gespräch mit einem Inhalt, das geeignet wäre, Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen
zu haben. Würde es zutreffen, dass Dr. T. gesagt habe, er habe nach der Untersuchung des Klägers mit der Beklagten und einem
in deren Auftrag tätig gewordenen Mediziner telefoniert und sehe sich genötigt, deren Vorgabe hinsichtlich der MdE-Bewertung
zu entsprechen, so würde dies für die Voreingenommenheit zu Lasten des Klägers sprechen. Aufgabe des Sachverständigen ist
es, sich neutral und frei von den Einflüssen der jeweiligen Parteien bzw. Beteiligten gutachterlich zu äußern.
Jedoch führt nicht jeder Vorwurf mit einem entsprechenden Inhalt zur Ablehnung des Sachverständigen. §
406 Abs.3
ZPO verlangt, dass der Ablehnungsgrund glaubhaft zu machen ist. Hier liegt der Fall, so dass der Sachverständige das vom Kläger
behauptete Gespräch vollständig bestreitet; es habe überhaupt nicht stattgefunden und schon gar nicht mit dem behaupteten
Inhalt. Demgegenüber steht die Behauptung des Klägers, die dieser nicht weiter belegen kann. Abgesehen davon, dass das Angebot,
seine Ehefrau als Zeugin einzuvernehmen, keine Glaubhaftmachung ist, brauchte der Senat insoweit keine weitere Aufklärung
anzuregen. Denn nach dem Vortrag des Klägers wartete seine Ehefrau im Auto vor den Klinikräumen, in denen der Kläger den Sachverständigen
gesprochen haben will, und konnte somit den Gesprächsinhalt nicht selbst wahrnehmen. Damit steht allenfalls Aussage gegen
Aussage mit der Folge, dass der Ablehnungsgrund nicht glaubhaft gemacht ist.
Auf die weiteren Einwendungen, das Gutachten berücksichtige das frühere Gutachten von Dr. G. nicht, in dem bereits von einer
MdE um 40 v.H. und einer Verschlechterungstendenz ausgegangen worden war, braucht nicht weiter eingegangen zu werden. Diese
Einwände betreffen den sachlichen Inhalt des Gutachtens bzw. die darauf basierende - vom Sozialgericht noch zu treffende -
Beweiswürdigung. Sachliche Angriffe gegen die inhaltliche Richtigkeit des Gutachtens können mit anderen prozessualen Mitteln
als mit einem Ablehnungsgesuch verfolgt werden. Die inhaltliche Unrichtigkeit oder Inkompetenz eines Sachverständigen betrifft
beide Parteien in gleicher Weise und macht unter Umständen das Gutachten nicht verwertbar. Ausdruck der Voreingenommenheit
zu Lasten einer Partei ist dies nicht.
Damit kommt der Senat zum Ergebnis, dass eine Voreingenommenheit gegenüber dem Kläger aus dem Verhalten des Sachverständigen
Dr. T. nicht abzuleiten ist. Die Besorgnis der Befangenheit gegenüber diesem Gutachter ist nicht begründet. Die Beschwerde
gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 10.06.2008 war zurückzuweisen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§
177 SGG).