Streitwertfestsetzung im sozialgerichtlichen Verfahren; Zusammenrechnung der Streitwerte bei Klage und Widerklage beim Fehlen
einer rechtskraftfähigen Entscheidung
Gründe:
I. Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin den Streitwert um den Wert der Widerklage bzw. Aufrechnungsforderung anzuheben.
Im Ausgangsverfahren forderte die Klägerin den versehentlich für den nicht mehr bei der Beklagten versicherten Mitarbeiter
F. übersandten Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von 1.048,45 Euro an sie zurück zu überweisen. Die zunächst beim Amtsgericht
D-Stadt erhobene Klage wurde nach Erlass eines Versäumnisurteils an das Sozialgericht Nürnberg verwiesen.
Nach Klageerhebung hatte die Beklagte gegen die Rückzahlungsforderung der Klägerin vorgetragen, sie habe eine Gegenforderung
in Höhe von 1.741,66 Euro gegen die Klägerin aus Beitragsschulden aus dem Versicherungsverhältnis des Mitarbeiters F ... Sie
habe gedacht, der überwiesene Betrag sei ein Teilzahlungsbetrag auf die ausstehenden Beiträge. Die Klägerin hat hingegen darauf
verwiesen, dass aus dem Verwendungszweck der Überweisung deutlich werde, dass es sich um Beiträge für Oktober 2005 gehandelt
habe, einen Zeitraum als der Mitarbeiter nicht mehr Mitglied der Beklagten gewesen sei.
Das Sozialgericht Nürnberg verpflichtete mit Urteil vom 26. Oktober 2007 die Beklagte zur Zahlung von 1.048,45 Euro nebst
4% Zinsen hieraus seit 15. Dezember 2005. Im Übrigen wurde die Klage und Widerklage abgewiesen. In den Gründen führte das
Sozialgericht dabei zur Widerklage bzw. zur Aufrechnung der Beklagten mit Beitragsforderungen aus, dass eine Aufrechnungslage
nicht bestanden habe, da es an der durch Verwaltungsakt festgesetzten Beitragsforderung gefehlt habe. Die von der Beklagten
vorgelegten Unterlagen ließen nicht erkennen, ob eine bestimmte und endgültig von der Beklagten festgesetzte Beitragsforderung
bestehe, daher habe es an einer Aufrechnungslage gefehlt, so dass die Beklagte die behauptete Gegenforderung in nicht zulässigerweise
in das Verfahren eingeführt habe und eine Überprüfung durch das Gericht nicht zu erfolgen hatte. Der Beklagten habe es bereits
am Rechtsschutzbedürfnis gemangelt, da ihr die Möglichkeit eröffnet sei, mit den ihr eingeräumten verwaltungsrechtlichen Möglichkeiten
eine Nachforderungspflicht gegenüber der Klägerin als Arbeitgeberin festzusetzen und leistungsrechtlich zu vollstrecken.
Mit Beschluss vom 6. November 2007 setzte das Sozialgericht den Streitwert auf 1.048,45 Euro fest.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin. Sie macht geltend, die angebliche Gegenforderung müsse bei der Festsetzung
des Streitwerts berücksichtigt werden, da diese ebenso wie die höhere Zinsforderung vom Sozialgericht abgewiesen worden sei.
Der Wert der Klage und Widerklage seien daher zu addieren. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe es über die unzulässige
Klage entschieden wobei Gegenstand von Klage und Widerklage nicht identisch seien.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die formgerecht und innerhalb der sechsmonatigen Frist gemäß §§ 68 Abs. 1 S. 2, 63 Abs. 3 S. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) eingelegte Beschwerde ist zulässig erweist sich jedoch als unbegründet.
In dem hier vorliegenden, nach §
197a Abs.
1 SGG kostenpflichtigen Klageverfahren werden gemäß § 1 Nr. 4 GKG Kosten erhoben, die sich nach dem Wert des Streitgegenstandes bestimmen, § 3 GKG. Dessen Höhe richtet sich gemäß § 52 Abs. 1 GKG nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache bzw., da ein bezifferter Klageanspruch geltend
gemacht wurde, nach dem bezifferten Wert des Streitgegenstandes.
Da im Verfahren von der Beklagten die Aufrechnung erklärt und Widerklage erhoben wurde, findet außerdem § 45 GKG Anwendung. § 45 GKG bestimmt grundsätzlich, dass in einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen
verhandelt werden, zusammengerechnet werden. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird dabei mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet,
soweit eine Entscheidung über ihn ergeht (§ 45 Abs. 1 S. 1 und 2 GKG). Soweit die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend macht, erhöht sich der Streitwert
um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht (§ 45 Abs. 3 GKG).
Das Sozialgericht hat zu Recht dargelegt, dass eine solche rechtskraftfähige Entscheidung nicht vorliegt, denn es hat über
die Gegenforderung gerade nicht entschieden sondern vielmehr nur festgestellt, dass die formellen Voraussetzungen für eine
Aufrechnung nicht gegeben sind, da die Beitragsforderung von der Beklagten nicht in einem bezifferten Verwaltungsakt bereits
gegenüber der Klägerin verbindlich festgesetzten worden war und somit nicht den Voraussetzungen des § 31 SGB X entsprach. Dieser Anspruch über die Aufrechnung erwächst nicht in Rechtskraft. Dabei erwächst in Rechtskraft die Urteilsformel,
gegebenenfalls unter Hinzuziehung der Entscheidungsgründe um hinreichend bestimmt zu werden (§
141 SGG siehe dazu Keller in Meyer-Ladewig,
SGG, §
141 Rdnr. 7, 8). Somit hat das Sozialgericht, wie den Entscheidungsgründen zu entnehmen ist, keine Regelung über die Beitragsrückstände
treffen wollen und auch nicht getroffen, so dass ein Fall des § 45 Abs. 3 GKG nicht vorliegt, da über die Beitragsrückstände ausdrücklich nicht entschieden wurde. Damit kommt eine Zusammenrechnung der
Streitwerte nicht in Betracht, so dass das Sozialgericht in seinem Beschluss den Streitwert zutreffend festgesetzt hat.
Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG)
Die Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 68 Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG).