Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Absetzung von Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen
Gründe:
I. Zwischen den Beteiligten des Verfahrens über einstweiligen Rechtsschutz ist ungeklärt, ob der Beschwerdeführerin bzw. Antragstellerin
(nachfolgend: Ast) ab Mai 2009 wegen des Bestehens einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft weiterhin Grundsicherungsleistungen
zustehen.
Am 08.05.2008 zog die Ast. in die 39 qm große Wohnung ihres Lebensgefährten (S. K.). Mit letztem Bewilligungsbescheid vom
18.11.2008 bezog diese Leistungen für die Zeit vom 01.12.2008 bis zum 30.04.2009 ohne Berücksichtigung des Einkommens ihres
Partners.
Mit Bescheid vom 02.06.2009 lehnte die Beschwerdegegnerin bzw. Antragsgegnerin (Ag) den Antrag auf Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts vom 20.04.2009 ab, da nach einem Jahr Zusammenleben von einer Einstandsgemeinschaft auszugehen sei und
das Einkommen des Partners den Bedarf der gesamten Gemeinschaft decke. Bis 07.05.2009 erbrachte die Ag aber Leistungen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 12.06.2009 Widerspruch, über den bislang noch keine Entscheidung vorliegt.
Am 15.06.2009 hat die Ast beim Sozialgericht München (SG) beantragt, die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr Arbeitslosengeld II und Leistungen für Unterkunft
und Heizung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu bewilligen.
Mit Beschluss vom 13.07.2009 hat das SG den Antrag abgelehnt.
Ein Anordnungsanspruch habe bei abschließender Prüfung der Sach- und Rechtslage ausgeschlossen werden können, womit der Erlass
einer einstweiligen Anordnung abzulehnen gewesen sei, obwohl es sich um existenzsichernde Leistungen handele. Denn die Ast.
bilde mit ihrem Partner eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c SGB II). Sie lebe mit ihm in einem gemeinsamen
Haushalt so zusammen, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen sei, Verantwortung füreinander
zu tragen und füreinander einzustehen. Der wechselseitige Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen,
werde gemäß § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II vermutet, weil die Ast mit ihrem Partner seit dem 08.05.2009 länger als ein Jahr zusammenlebte.
Die unsubstantiierte Behauptung, jeder bezahle für seine eigenen Ausgaben, sei in ihrer Pauschalität nicht geeignet, die gesetzliche
Vermutung zu widerlegen, da eine getrennte Abrechnung von Ausgaben einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nicht
grundsätzlich entgegenstehe. Sie stehe auch in Widerspruch zu der schriftlichen Erklärung der Ast., wonach die Lebensunterhaltskosten
geteilt würden, sowie der Einlassung, dass sie mit Herrn K. "auf Probe" zusammenlebe. Die behauptete Aussage des Partners,
er sei für zwei Kinder unterhaltspflichtig und habe "keine Lust, sich eine weitere Verantwortung" aufzubürgen, vermögen die
gesetzliche Vermutung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nicht zu widerlegen. Eine Unterhaltspflicht sei im
übrigen mangels Auskunft über die Namen der Kinder und die Höhe des monatlichen Unterhalts nicht belegt.
Hiergegen hat die Ast am 03.08.2009 Beschwerde (weitergeleitet an das Bayer. Landessozialgericht) eingelegt, die bislang noch
nicht begründet ist.
Die Ast beantragt,
die Ag unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 13 Juli 2009 zu verpflichten, ihr wie bisher Grundsicherungsleistungen
zu erbringen.
Die Ag beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihre Einlassungen im Antragsverfahren, wonach der Gesamtbedarf in Höhe von 955,50 EUR unter Zugrundelegung
eines Bruttoeinkommens des S. K. (mit Abzügen von (353,39 EUR) bei einem Nettoeinkommen von 1311,30 EUR gedeckt sei.
II. Die Beschwerde ist zulässig und zum Teil begründet.
Das Bayer. Landessozialgericht ist zur Entscheidung über die zulässige Beschwerde in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
zuständig (§§ 86b Abs.
3,
172 Abs.
3 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -). Angesichts einer früheren Monatsleistung von über 500 EUR ist ein Beschwerdewert gegeben.
Das SG hat den Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin Arbeitslosengeld
II und Leistungen für Unterkunft und Heizung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu bewilligen, nur teilweise
zu Recht abgelehnt.
So handelt es sich bei vorzunehmender Auslegung (§§
123 SGG,
133 BGB) tatsächlich um den Gegenstand einer einstweiligen Anordnung. Ein Widerspruch hätte zwar gemäß §
86a Abs.
1 SGG aufschiebende Wirkung, wenn es die Bewahrung bereits erfolgter Rechtsgestaltungen betreffen würde. Die Sondervorschrift nach
§ 39 Nr. 1 SGB II würde die aufschiebende Wirkung aber nur über eine Anordnung gemäß §
86b Abs.
1 Nr.
2 SGG bewirken. Insgesamt ist aber kein mit einer Anfechtungssache abzuwehrender Eingriff durch die Ag erfolgt. Der letzte Dauerverwaltungsakt
der Ag vom 18.11.2008 hat sich im Sinne von § 39 Abs. 2 SGB X mit Ablauf der Befristung zum 30.04.2009 erledigt. Daran ändert auch der Bescheid vom 02.06.2009 nichts, wonach mit Wirkung
vom 08.05.2009 die Entscheidung über die Bewilligung aufgehoben werde. Denn er wiederholt lediglich das, was im ersten Bescheid
vom 02.06.2009 bereits geregelt worden ist, die Verweigerung einer Leistung ab dem 08.05.2009. Er entfällt damit eine eigenständige
Regelung, zumal keine Bewilligung ab dem 01.05.2009 vorliegt und Leistungen insoweit ohne Bescheid und befristet erfolgten.
Zutreffend hat daher das SG als Rechtsquelle eine einstweilige Anordnung nach §
86b Abs.
2 SGG mit den Voraussetzungen eines Anordnungsgrunds und Anordnungsanspruchs (§
86b Abs.
2 SGG in Verbindung mit §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung) angesehen. Zutreffend hat es auch angeführt, dass in Fällen, in denen es - wie hier - um Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums
geht, eine Ablehnung des einstweiligen Rechtsschutzes aufgrund fehlender Erfolgsaussichten der Hauptsache nur dann zulässig
ist, wenn das Gericht die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend geprüft hat (BVerfG, Beschluss vom
12.05.2005 Az. 1 BvR 569/05 und Beschluss vom 06.02.2007 Az. 1 BvR 3101/06).
Die Bedrohung des Existenzminimums könnte bei der rechtswidrigen Annahme (durch die Ag) einer Bedarfsgemeinschaft (später
unter 1) oder zumindest dann vorliegen, wenn beide Partner der Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs 3 Nr. 3 SGB II) ein den Bedarf
unterschreitendes Einkommen erzielen (später unter 2). Denn der zu regelnde Gegenstand besteht in Leistungen an alle Mitglieder
der Bedarfsgemeinschaft. Auch in Fällen, in denen das Einkommen einzelner Personen innerhalb der Bedarfsgemeinschaft zur Deckung
ihrer eigenen Bedarfe, nicht jedoch zur Deckung des Gesamtbedarfs der Bedarfsgemeinschaft genügt, ist ein Vorgehen aller Bedarfsgemeinschaftsmitglieder
erforderlich, um die für die Bedarfsgemeinschaft insgesamt höchstmögliche Leistung zu erlangen (Urteil des BSG vom 19.9.2008,
B 14/7b AS 10/07 R, BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 jeweils RdNr. 13). Wenn ein Partner seinen individuellen Bedarf durch eigenes Einkommen decken kann,
steht dies seiner Einbeziehung nicht entgegen. Er wäre selbst dann in die Bedarfsgemeinschaft einzubeziehen, wenn er von Leistungen
nach dem SGB II, etwa wegen der Vollendung des 65. Lebensjahres, § 7 Abs 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II, ausgeschlossen wäre (vgl BSGE
97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 jeweils RdNr 13; BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 3 jeweils RdNr 13; SozR 4-4200 § 7 Nr. 4 RdNr 11).
Beides kann hier nicht in einer abschließenden Prüfung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts festgestellt
werden. Für die abschließende Feststellung eines Anordnungsanspruchs fehlen neben Erkenntnissen über besondere Bestandteile
seiner Vergütung und deren Verwendung insbesondere Umstände der Unterhaltsverpflichtungen des von seiner früheren Ehegattin
geschiedenen Partners der Ast. Bekannt ist lediglich, dass S. K. zwei Kindern unterhaltsverpflichtet ist (L. R., geboren 2001
und T. E., geboren 2003) und für diese eine besondere Vergütung von seinem Arbeitgeber erhält.
Nach einer Güter- und Folgenabwägung ist eine einstweilige Anordnung im tenorierten Umfang zu Gunsten der Ast vorzunehmen.
1. Höchstwahrscheinlich bildet die Ast mit S. K. eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c SGB II in
der Fassung des Gesetzes vom 20.07.2006 - Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006
(BGBl I 1706). Die entsprechende Vermutung, wenn die Partner länger als ein Jahr zusammenleben, ist seit dem 08.05.2009 eingetreten.
Darüber hinaus gibt es Indizien für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft, so ein gemeinsamer Haushalt, räumliche Gegebenheiten,
die ein Zusammenleben unabdingbar machen und Bekundungen der Ast. So hat sie ausgeführt, sie "teilten" sich (ohne Berücksichtigung
des individuellen Aufwands) die Ausgaben und würden auf Probe zusammenleben. Weitere Ermittlungen durch Betrachtung des Ausgabeverhaltens
beider Partner über einen aussagefähigen Zeitraum und zu den noch bestehenden Bindungen des Partners zu seiner früheren Familie
lassen zur Zeit nicht vermuten, dass keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vorliegt. Jedenfalls ist nicht zu befürchten,
dass die Ast, die bislang schon über ein Jahr und jetzt noch immer bei ihrem Partner wohnt, von diesem auch mit reduzierten
Leistungen der Ag (siehe dazu unten) Unterstützung erfährt. Denn sein Einkommen ermöglicht dies zu einem gewissen Teil (näheres
dazu unten). Bei den bisherigen Erkenntnissen über das Verhalten des Partners der Ast ist anzunehmen, dass er zur Überwindung
der Notlage Hilfe im Umfang des existenziell Notwendigen leisten wird. Allein seine Äußerungen, er habe "keine Lust, sich
eine weitere Verantwortung" aufzubürden, entkräftet dies nicht. Dem widerspricht auch nicht, dass der Partner der Ast tatsächlich
seinen zwei Kindern Unterhalt erbringt, denn insoweit unterliegt er einer strafbewehrten Verpflichtung, der er sich mit oder
ohne Bedarfsgemeinschaft nicht entziehen könnte.
Insoweit kommen dem Partner der Ast auch nicht die Privilegien der Haushaltsgemeinschaft zugute. § 9 Abs 5 SGB II stellt nur
für in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten lebende Hilfebedürftige die Vermutung auf, dass sie von diesen
Leistungen erhalten, soweit dies nach ihrem Einkommen oder Vermögen erwartet werden kann. Zur Konkretisierung bestimmt § 1
Abs 2 Satz 1 Alg II-V, dass die um die Absetzbeträge nach § 11 Abs 2 SGB II bereinigten Einnahmen in der Regel nicht als Einkommen
zu berücksichtigen sind, soweit sie einen Freibetrag in Höhe des doppelten Satzes der nach § 20 Abs 2 SGB II maßgebenden Regelleistung
zzgl der anteiligen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sowie darüber hinausgehende 50 % der diesen Freibetrag übersteigenden
bereinigten Einnahmen nicht überschreiten. Ferner ordnet § 1 Abs 2 Satz 2 Alg II-V die entsprechende Geltung des § 11 Abs
1 und 3 SGB II an (Urteil des BSG vom 19.2.2009, B 4 AS 68/07 R).
Insgesamt unterliegt die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft mit ihren Auswirkungen auf die Hilfebedürftigkeit (§ 9 SGB II)
keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der mit § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II ausgeübte finanzielle Druck (nämlich der Wegfall eines
durch Steuermittel finanzierten Betrages zur Sicherung des Lebensunterhalts eines Partners) beeinflusst die Mitglieder der
Bedarfsgemeinschaft in ihrer gemeinsamen Lebensgestaltung, auch wenn mit der Regelung keine Rechtspflichten zur gegenseitigen
finanziellen Unterstützung statuiert werden. Es werden dabei von der Rechtsordnung Konflikte innerhalb der Bedarfsgemeinschaft
in Kauf genommen (vgl. Urteil des BSG vom 13.11.2008, B 14 AS 2/08 R).
2. Unter der Annahme einer Bedarfsgemeinschaft wird wahrscheinlich ein nennenswert den Bedarf unterschreitendes Einkommen
ermittelt werden.
Insoweit liegen hinsichtlich des Einkommens von S. K. bereits Erkenntnisse über die Monate April 2008, März 2008, April 2009
und Mai 2009 (Gesamt brutto 2598,56, nicht die von der AG in der Beschwerwiderung angenommen von 2632,51 EUR) vor. Insoweit
bedürfte es im Erkenntnisverfahren einer monatsweisen genauen Prüfung. Für die hier vorzunehmende Güter - und Folgenabwägung
genügt die Größenordnung. Danach erzielte S. K. schon im April 2008 ein Gesamt-Bruttoentgelt von 2587,78 EUR. Schon damals
aber enthielt dieses bestimmte Zuschläge und ein Zehrgeld, deren Qualität als Einkommen nicht abschließend beurteilt werden
kann. Insbesondere aber enthalten die Verdienste kinderbezogene Bestandteile (vgl. § 1 Nr. 8 Allg IIVO). Insoweit besteht
schon ein massiver Hinweis auf tatsächlich erfüllte Unterhaltsverpflichtungen. Die vorhandene Erkenntnislage (ohne Ermittlungen
von Amts wegen im vorläufigen Rechtsschutz) ist damit keineswegs so, wie vom SG dargestellt, dass die angebliche Unterhaltspflicht in keiner Weise durch weitere Angaben belegt werde. In den vorliegenden
Gehaltsabrechnungen sind die Kinder mit Alter und Namen aufgeführt. Die vorhandenen Kontoauszüge belegen eindeutig monatliche
Zahlungen mit dem Vermerk "Unterhalt" an L. K. in Höhe von 398 Euro. Ebenso die Auflistung der monatlichen Fixkosten vom 09.06.2008
durch S. K. (S. 223, 237, 354).
Zur Prüfung der Hilfebedürftigkeit ist zwar gemäß § 9 Abs. 2 SGB II auch das Einkommen des Partners zu berücksichtigen. Das
zu berücksichtigende Einkommen ist jedoch auch unter Berücksichtigung von Absetzungen (§ 11 Abs. 2 SGB II) von Amtswegen zu
ermitteln. Allgemein ist zwar die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten bei der Ermittlung des Einkommens weder in § 11 Abs
2 SGB II noch in der auf der Grundlage des § 13 SGB II ergangenen Alg II-V vorgesehen. Nach dem Willen des Gesetzgebers regelt
§ 11 SGB II die Einkommensberücksichtigung im Wesentlichen wie das Sozialhilferecht (BT-Drucks 15/1516 S 53). Dort galt der
Grundsatz, dass der Hilfesuchende sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden muss,
wenn er sich dadurch außerstande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen (vgl. BVerwGE 66, 342; 55, 148). Mit der bedürftigkeitsabhängigen Sozialhilfe sollte nicht zur Tilgung von Schulden beigetragen werden. Eine Ausnahme hat
das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) aber für den Fall einer Pfändung zur Erfüllung eines Unterhaltsanspruchs gemacht (BVerwGE
55, 148). Für das SGB II hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006
(BGBl I 1706) mit Wirkung zum 1. August 2006 eine entsprechende Regelung als § 11 Abs 2 Satz 1 Nr. 7 SGB II eingefügt. Danach
sind Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell
beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag vom Einkommen abzusetzen (vgl. dazu auch Urteil des BSG vom 19.9.2008,
B 14/7b AS 10/07 R).
Darunter zählen auch Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen. Dies genügt gemäß § 11 Abs. 2 Nr.
7 SGB II. Lediglich der Begrenzung der Höhe nach wird auf einen Unterhaltstitel oder eine notariell beurkundete Unterhaltsvereinbarung
abgestellt. Insoweit sind Ermittlungen anzustrengen, die aber vermutlich das Vorliegen eines Unterhaltstitels ergeben werden.
Insoweit ist auch die Neuregelung des familialen Unterhaltskonzepts zum 01.01.2008 zu beachten. Auch das Recht der Grundsicherung
kann sich nicht den Wertentscheidungen des Zivilrechts verschließen (vergleiche §§
32 bis
36 SGB I). Denn gemäß §
1609 BGB ist die Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter folgendermaßen neu geregelt. Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden
und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt (§
1609 Nr. 1.
BGB) in der Rangfolge, dass minderjährige unverheiratete Kinder und Kinder im Sinne des §
1603 Abs. 2 Satz 2 vorrangig - hier gegenüber Partnern einer Bedarfsgemeinschaft - sind.
Der Umfang des geleisteten Unterhalts für zwei Kinder entspricht im übrigen den gängigen Regelsätzen (Düsseldorfer Tabelle:
Nettoeinkommen bis 1.500 Euro, Alter bis 6-11 Jahre 322 Euro). Darüber hinaus gilt §
1612a BGB (Mindestunterhalt minderjähriger Kinder). Danach kann ein minderjähriges Kind von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem
Haushalt lebt, den Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen. Der Mindestunterhalt richtet sich
nach dem doppelten Freibetrag für das sächliche Existenzminimum eines Kindes (Kinderfreibetrag) nach § 32 Abs. 6 Satz 1 des
Einkommensteuergesetzes. Er beträgt monatlich entsprechend dem Alter des Kindes (Nr. 2) für die Zeit vom siebten bis zur Vollendung
des zwölften Lebensjahrs (zweite Altersstufe) 100 Prozent eines Zwölftels des doppelten Kinderfreibetrags.
Angesichts der von der Ag im Antragsverfahren angestellten Berechnung eines anzurechnenden (netto) Einkommens von 1311 EUR,
eines Gesamtbedarfs von 955 EUR aber der tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlungen von 400 EUR sowie in ihrer Einkommensqualität
fraglichen kinderbezogenen Lohnbestandteilen erscheint zur Abwendung existenziell bedrohlicher Vermögenslagen eine vorläufige
Leistung von 100 EUR angemessen.
Der Ast sind von der Ag 1/5 ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten (§
193 SGG).