Tatbestand:
Streitig sind der Grad der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) sowie der Anspruch auf Merkzeichen H (Hilflosigkeit).
Die 1954 geborene Klägerin stellte am 07.10.2003 Antrag auf Feststellung des GdB. Zur Begründung nahm sie Bezug auf einen
Verkehrsunfall im Januar 1976 mit mehreren Brüchen mit der Folge von Schulterluxationen (seit 1978 mindestens 20 mal), außerdem
auf eine Eileiterschwangerschaft und einen Jochbeinbruch der rechten Gesichtshälfte mit Folgeschäden in Form von Kopfschmerzen.
Die Jochbeinfraktur erlitt sie nach ihren Angaben am 15.04.1997 durch Faustschläge ihres damaligen Ehemanns. Sie wurde deswegen
im Kreiskrankenhaus P. vom 15.04.1997 bis zum 28.04.1997 stationär behandelt (dazu Attest der Dr. F., Kreiskrankenhaus P.
vom 15.01.1998).
Auf der Grundlage der Befundberichte des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. K., des Neurologen Dr. I., der seine Berichte
über die Behandlungen der Klägerin am 05.06.1997, 12.01.1998 und 09.02.2004 vorlegte, und des Allgemeinarztes Dr. Sch. stellte
der Beklagte mit Bescheid vom 29.07.2004 einen GdB von 30 fest (Einzel-GdB 30 für die seelische Störung, Trigeminus-Neuralgie
rechts; Einzel-GdB 20 für die Funktionsbehinderung des Schultergelenks rechts). Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete
die Klägerin damit, dass sie sich aufgrund ihrer Mittelgesichtsfraktur rechtsseitig nicht mehr konzentrieren könne, da sie
unter sehr massiven Kopfschmerzen leide, die an Heftigkeit zunehmen würden. Mit Abhilfe-Bescheid vom 08.09.2004 stellte der
Beklagte einen GdB von 40 fest bei Bezeichnung folgender Gesundheitsstörungen:
1. seelische Störung, psychovegetative Störungen, Trigeminus-Neuralgie (Einzel-GdB 30);
2. Instabilität des Schultergelenks rechts (Einzel-GdB 20).
Den erneuten Widerspruch begründete die Klägerin mit heftigsten Schmerzattacken mehrmals im Monat wegen der schweren Trigeminus-Neuralgie.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2005 zurück.
Am 15.02.2005 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben. Ihre Trigeminusprobleme seien sehr massiv (ca. fünfmal
täglich). Ihre Schulter sei nur noch sehr beschränkt einsetzbar, ihr rechter Oberarm könne nur bis 90 Grad gehoben werden.
Außerdem hätte sie aufgrund ihres Verkehrsunfalls vom Januar 1976 durch den Oberschenkelbruch links und Beckenbruch Einschränkungen,
die sich mit zunehmendem Alter verschlechtert hätten.
Im Rahmen der Ermittlungen des Sozialgerichts hat Dr. I. im April 2005 mitgeteilt, dass die Klägerin seit August 2003 einmal
am 09.02.2004 in seiner Behandlung gewesen sei. Dr. K. hat im Juli 2005 berichtet, dass sich laut Patientin die Schulterluxation
seit 1976 verschlechtert habe und die Trigeminus-Neuralgien laut Patientin seit zwei Jahren schlechter seien. Die vom Sozialgericht
auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet in Auftrag gegebenen Begutachtungen mit ambulanter Untersuchung sind nicht
zustande gekommen, da es trotz entsprechender Bemühungen der Sachverständigen zu einer Untersuchung der Klägerin nicht gekommen
ist. Im Mai 2006 hat diese mitgeteilt, dass sie zu keinem Arzt mehr gehen könne, da sie mehrmals täglich an heftigen Trigeminus-Kopfschmerzen
leide. Ihren rechten Arm könne sie aufgrund von habituellen Schulterluxationen nur noch sehr beschränkt gebrauchen. Beigefügt
hat sie Schreiben ihres späteren Ehemanns vom 05.03.2006 und ihrer Mutter vom 07.03.2006 mit dem Inhalt, dass die Klägerin
im Alltagsleben wegen der Trigeminusanfälle allein nicht mehr zurechtkomme, die Kopfschmerzen sich im letzten Jahr verschlechtert
hätten und sie ihre Ärztin seit September 2005 nicht mehr aufsuchen könne.
Der nervenärztliche Sachverständige Dr. K. hat am 19.06.2006 ein Gutachten nach Aktenlage erstattet, nachdem er in einem rentenversicherungsrechtlichen
Rechtsstreit das Gutachten vom 01.02.2006 ebenfalls nach Aktenlage erstattet hatte. Er hat berichtet, dass die Klägerin zum
Zeitpunkt der (Renten-) Begutachtung durch Dr. K. (Februar 2004) 200 mg Tegretal eingenommen habe, was einer sehr niedrigen
Dosis entspreche. Dr. K. habe einen unauffälligen neurologischen Untersuchungsbefund erhoben. Zum psychischen Befund habe
Dr. K. mitgeteilt, dass die Klägerin sensitiv und empfindlich gewirkt habe; sie drücke sich überwiegend über ihr Schmerzerleben
aus. Wie dem Gutachten des Dr. K. weiterhin zu entnehmen sei, habe sich die Klägerin im Mai 2004 wegen eines depressiven Syndroms,
einhergehend mit einer Antriebsstörung, innerer Unruhe, Anspannung, Nervosität und reduzierter Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit
in psychiatrische Behandlung bei Frau D. begeben, die eine antidepressive Behandlung mit Saroten in die Wege geleitet habe.
Nach der Einschätzung des Dr. K. liegen keine konsistenten Befunde vor, die eindeutig für eine Trigeminus-Neuralgie sprächen.
Lediglich die Angabe des Dr. I., dass Tegretal zu einer Besserung der Beschwerden geführt habe, spräche für eine Trigeminus-Neuralgie,
wobei ungewöhnlich sei, dass die Behandlung in sehr niedriger Dosis erfolge. Die Trigeminus-Neuralgie lasse sich nur als Verdachtsdiagnose
formulieren. Im Ergebnis hat der Sachverständige den rechtsseitigen Gesichtsschmerz, möglicherweise im Sinn einer atypischen
Trigeminus-Neuralgie, überlagert von einer wahrscheinlichen Somatisierungsstörung, mit einem GdB von 30 und die seelische
Störung in Form einer ängstlich-depressiven Entwicklung bei einer privaten und familiären Konfliktsituation mit einem GdB
von 20 bewertet. Unter Berücksichtigung der Funktionsstörung des rechten Schultergelenks mit einem GdB von 20 hat er den Gesamt-GdB
auf 40 bemessen.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 23.07.2007 um Entscheidung des Gerichts gebeten und darauf hingewiesen, dass durch einfaches
Heben ihres Armes bereits die Trigeminus-Kopfschmerzen ausgelöst würden. Anlässlich der Terminierung der mündlichen Verhandlung
hat sie ein Attest der Ärztin für Psychiatrie B. vorgelegt, wonach die Klägerin anhaltend an häufigen Schmerzattacken und
an massiv ausgeprägter depressiver Symptomatik leide und auch in Zukunft aus nervenärztlicher Sicht nicht prozessfähig sein
werde. Das Sozialgericht München hat die Klage mit Urteil vom 22.08.2007 abgewiesen.
Gegen das der Klägerin am 21.09.2007 zugestellte Urteil hat diese am 25.09.2007 Berufung eingelegt und einen GdB von 50 bis
60 beansprucht. Seit April 2008 fordert sie einen "Schwerbehindertenausweis mit Merkmal H".
Die Klägerin hat zur Begründung der Berufung vorgebracht, dass sie mehrmals pro Woche Trigeminus-Kopfschmerzen habe und ihren
Arm nicht mehr richtig bewegen könne. Das Gutachten des Dr. K. enthalte Unrichtigkeiten, die zu einem vollkommen falschen
Urteil führen müssten. Ihre "Krankheiten mit Dauerfolgen" hat sie wie folgt beschrieben (Schreiben "an die Gutachter d. Landessozialgerichts
München" vom 27.01.2010):
"1. Laterale Mittelgesichtsfraktur rechts mit Folgeschäden: Massivste Gesichtsschmerzen rechts, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen,
Schwindelanfälle, depressive Verstimmungen.
2. Habituelle Schulterluxationen rechts, muss sehr auf Bewegungen achten, wegen Splitterbruch Rechter Oberarm, Knieprobleme
links wegen Fraktur des linken Oberschenkels, Gefäßstörungen am rechten Unterschenkel bis zur Hüfte manchmal ausschlagend;
alles aufgrund eines Unfalls (PKW Mercedes) mit der Stoßstange mit ca. 40 km/h unten gegen das rechte Schienbein.
3. Beckenfraktur links, habe zunehmende Probleme.
4. Eileiterschwangerschaft 1995, habe Probleme im Bauch.
5. Sehschwäche, zum Teil Doppeltsehen."
Die die Klägerin seit Februar 2004 behandelnde Frau B. hat im Befundbericht vom 21.12.2007 die Diagnosen Anpassungsstörungen
und Trigeminus-Neuralgie mitgeteilt und dabei klargestellt, dass sie nur einen psychopathologischen Befund erhoben habe. Seit
2004 bestehe ein relativ gleichbleibendes Bild ohne Verschlechterung oder Verbesserung. Im ärztlichen Attest vom 28.02.2008
hat Frau B. geschrieben, dass die Klägerin täglich unter mehreren Attacken massivster Gesichtsschmerzen leide, ihr Allgemeinzustand
sehr schlecht sei, sie kaum mehr das Haus verlasse und bei der Erledigung ihres Haushalts massive Unterstützung durch die
Familie benötige.
Die Sachverständigen Dr. L. und Dr. E. haben Gutachten nach Aktenlage erstattet, nachdem die Klägerin die Auffassung vertreten
hatte, sie könne wegen ihrer Gesichtsschmerzen nicht zu den angeordneten Untersuchungen fahren. Dr. L. ist im orthopädischen
Gutachten vom 15.04.2008 samt ergänzender Stellungnahme vom 06.05.2008 zu dem Ergebnis gekommen, dass für die Funktionsbehinderung
des rechten Schultergelenks mit schmerzhafter Bewegungsbehinderung und Neigung zu wiederkehrender Schulterverrenkung ein GdB
von 20 und für die Funktionsbehinderung des linken Knies nach erlittener Polytraumatisierung 1976 ein GdB von 10 zu veranschlagen
sei, so dass auf orthopädischem Gebiet ein Gesamt-GdB von 20 bestehe. Dr. E. hat im neurologischen Gutachten vom 15.05.2008
ausgeführt, dass die diagnostische Einordnung des Gesichtsschmerzes nicht sicher sei, dass eine Trigeminus-Neuralgie durchaus
vorliegen könne, da die Schmerzen auf die Medikation mit Carbamazepin angesprochen hätten, dass die therapeutischen Mittel
sicher nicht ausgeschöpft seien und dass es bei geklagter erheblichster Schmerzsymptomatik bemerkenswert erscheine, dass nicht
sämtliche Therapieversuche unternommen würden. Es müsse eine Überlagerung der Gesichtsschmerzen mit der dokumentierten seelischen
Störung angenommen werden. Im Ergebnis hat er den Gesamt-GdB von 40 bestätigt, bei Annahme eines Einzel-GdB von 30 für den
Gesichtsschmerz, eines Einzel-GdB von 20 für die seelische Störung und eines Einzel-GdB von 20 für die Funktionsstörung des
rechten Schultergelenks.
Wie in den beigezogenen Unterlagen aus dem rentenversicherungsrechtlichen Berufungsverfahren (L 14 R 1011/08) dokumentiert ist, hat der Sachverständige Dr. B. im nervenärztlichen Gutachten vom 29.05.2009 nach einer von der Klägerin
vorzeitig abgebrochenen Untersuchung bei einem Hausbesuch am 08.04.2009 folgende Diagnosen gestellt: Zustand nach Fraktur
des rechten Orbitabogens der Kiefernhöhlenvorderwand und -hinterwand sowie des rechten Jochbogens; atypischer Gesichtsschmerz
(differentialdiagnostisch Trigeminus-Neuralgie rechts); Dysthymie; narzisstisch geprägte Primärpersönlichkeit mit histrionischer
Ausgestaltung; Rentenwunsch. Bezüglich der Medikation hatte die Klägerin dem Sachverständigen berichtet, dass sie 20 mg Cipralex
pro Tag einnehme, und zwar seit eineinhalb Jahren jeden Tag. Lyrica habe sie im Januar abgesetzt, weil sie Ausschlag davon
bekommen habe. Früher habe sie auch Tegretal genommen, das sie ebenfalls nicht vertragen habe, auch davon habe sie Ausschlag
bekommen.
Im März 2009 hat die Klägerin telefonisch und schriftlich darum gebeten, auf Staatskosten zu einem Gutachter im Kreis A-Stadt
geschickt zu werden, damit dieser sie untersuchen möge. Mit Schreiben vom 30.04.2009 hat sie mitgeteilt, dass sie sich beim
Frühstück die "rechte Schulter gottseidank nur halb luxiert" habe. Gleichzeitig habe sie immer die massiven Gesichtsschmerzen.
Sowohl bei den Luxationen als auch im Gesicht habe sie wahnsinnig starke Schmerzen. Am 06.08.2009 hat sie mitgeteilt, dass
sie sich gestern die rechte Schulter beim Spülen des Geschirrs ausgerenkt habe.
Der Senat hat Dr. E. mit einer Begutachtung auf orthopädischem Fachgebiet beauftragt. Anlässlich der Diskussion über die von
der Klägerin aufgeworfenen Frage, ob diese Begutachtung im Wege eines Hausbesuchs erfolgen könne, hat die Klägerin im Februar
2010 bekundet, dass sie seit 2002 nicht mehr bei einem Orthopäden gewesen sei, da sie "mit den Auswirkungen der Verletzungen
und Operationen von 1976 und 1997 einigermaßen leben kann", obwohl sie Schmerzen und Probleme bereiten würden. In der Absicht,
eine Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. E. entbehrlich zu machen, hat sie den Orthopäden Dr. F. konsultiert, der
mit Schreiben vom 01.04.2010 die von ihm am 25.02.2010 und am 29.03.2010 erhobenen Untersuchungsbefunde übermittelt hat.
Dr. E. hat daraufhin im Gutachten vom 30.04.2010 (nach Aktenlage) dargelegt, dass bezüglich des Schultergelenks auch mit Rücksicht
auf den Bericht des behandelnden Orthopäden von Subluxationen und nicht von kompletten Ausrenkungen auszugehen sei, so dass
ein höherer GdB als 20 nicht mit den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen vereinbar sei. Eine nicht belegte Knorpelschädigung
im rechten oder linken Knie bei freier Beweglichkeit und fehlendem Hinweis auf einen Reizzustand stelle keine Behinderung
mit einem messbaren GdB dar. Gleiches hat er für die Beinverkürzung links angenommen, die mit 2 cm geringgradig und durch
Schuherhöhung kompensierbar sei. Ein höherer Teil-GdB als 20 auf orthopädischem Gebiet könne nicht vorgeschlagen werden.
Nachdem sich die Klägerin im Mai 2010 bereit erklärt hatte, Dr. E. zwecks Untersuchung in seiner Praxis aufzusuchen, hat der
Sachverständige eine Untersuchung für den 17.08.2010 anberaumt. Noch bevor er einen Funktionsstatus der Gelenke und der Wirbelsäule
erheben konnte, hat die Klägerin die Untersuchung wegen Gesichtsschmerzen abgebrochen. Für das weitere Gutachten vom 17.08.2010
hat der Sachverständige allerdings Röntgenaufnahmen bezüglich des linken Kniegelenks und des rechten Schultergelenks in die
Beurteilung einbeziehen können, die auf Veranlassung des Dr. F. am 29.03.2010 gefertigt worden waren und die die Klägerin
zwischenzeitlich zur Verfügung gestellt hatte. Die Funktionsbehinderung der rechten Schulter mit Subluxationsneigung hat Dr.
E. weiterhin mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet. Für die ausgeprägten Knorpelschäden des linken Kniegelenks hat er nunmehr
einen GdB von 10 veranschlagt.
Der Neurologe Dr. D. hat nach Durchführung eines Hausbesuchs das Gutachten vom 20.01.2011 erstattet und seine Beurteilung
mit Stellungnahme vom 27.04.2011 und vom 26.07.2011 bestätigt und ergänzt. Er hat eine ausführliche Anamnese erhoben und dabei
auch den Tagesablauf und die gesundheitliche Beschwerdesituation der Klägerin im Einzelnen erfasst. Festgehalten hat er weiter,
dass die Klägerin keine Medikamente einnehme; das zur Schmerztherapie versuchte Medikament Lyrica habe sie wegen einer Hautallergie
absetzen müssen. Tegretal habe sie wegen des Kreislaufes nicht vertragen, aber auch wegen der dämpfenden Nebenwirkung. Sie
vergesse dann ihren Arm und neige zu Schulterluxationen. Deshalb trage sie jetzt einen blockierenden Verband, damit sie nicht
unbewusst eine zu starke Armhebung durchführe. Der Sachverständige hat den neurologischen Status prüfen und einen gründlichen
psychischen Befund erheben können.
Dr. D. hat ausgeführt, dass die Schultergelenkserkrankung rechts mangels ausreichender Testung der Beweglichkeit nur geschätzt
werden könne. Auch er habe die Beweglichkeit des rechten Schultergelenks nicht ausreichend prüfen können, da die Klägerin
während der gesamten Untersuchung einen sperrenden Verband getragen habe. Die Funktionsfähigkeit des rechten Armes werde durch
die seelische Gesundheitsstörung schlechter empfunden als sie wirklich sei. Die Klägerin habe eine phobische Angst vor den
Ausrenkungen des rechten Schultergelenks entwickelt, die eine stärkere funktionelle Einschränkung der Schulterbeweglichkeit
rechts bedinge als die Schultererkrankung selbst. Funktionell lasse sich die Bewegungseinschränkung am ehesten als psychisch
ausgestaltete Versteifung des Schultergelenks in günstiger Stellung bei gut beweglichem Schultergürtel und normaler Funktion
der Hand beschreiben, wofür nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen ein Einzel-GdB von 30 erreicht werde. Die Limitierung
in der Armbeweglichkeit zeige im Zeitverlauf eine zunehmende Tendenz. Er geht von einer Zunahme im Frühjahr 2008 aus - insoweit
hat er sich auf das Attest der Frau B. vom 28.02.2008 gestützt (vgl. ergänzende Stellungnahme vom 26.07.2011) - und von einer
nochmaligen Zunahme im Frühjahr 2010. Es bestehe jetzt, so der Sachverständige, eine inkomplette psychogene Lähmung der Oberarm-
und Schultermuskeln rechts aufgrund eines konversionsneurotischen Mechanismus. Für die Zeit ab 01.03.2008 hat sich der Sachverständige
für eine Anhebung des Einzel-GdB auf 30 ausgesprochen. Bei der Ermittlung des Gesamt-GdB müsse berücksichtigt werden, dass
wesentliche Überschneidungen mit den weiter vorliegenden psychischen Gesundheitsstörungen bestehen würden.
Wie zuvor schon Dr. K., Dr. K., Dr. E. und Dr. B. hat Dr. D. die typische Symptomatik der Trigeminus-Neuralgie nicht erkennen
können. Es liege auch nicht, so der Sachverständige, die nahezu unerträgliche Intensität der Schmerzen bei einer Trigeminus-Neuralgie
vor, die meist dazu führe, dass die Betroffenen wahllos Schmerzmedikamente nehmen würden, nur um dem Schmerz zu entkommen.
Die Klägerin könne unter Verzicht auf Medikamente die Schmerzintensität tolerieren. Eine gefäßabhängige Kopfschmerzform erscheine
bei ihr wesentlich wahrscheinlicher als eine Trigeminus-Neuralgie. Nach seiner Auffassung leidet sie eher an einem trigemino-autonomen
Kopfschmerz-Syndrom. In Anlehnung an die für Migräne geltenden Maßstäbe sei für den Gesichtsschmerz rechts nach Mittelgesichtsfrakturen
eher ein GdB von 20 als ein GdB von 30 vorzuschlagen.
Bei der Klägerin bestünden recht geringe affektive Störungen, sondern mehr somatoforme Störungen in Form einer körperlich
nicht ausreichend begründbaren Minderbeweglichkeit des rechten Arms. Die Einschätzung eines GdB von 20 für die affektive Teilsymptomatik
der psychischen Gesundheitsstörungen sei korrekt. Wie die Vorgutachter ist Dr. D. der Auffassung, dass die seelische Störung
und die Gesichtsschmerzen gesondert erfasst werden sollten.
Unter Berücksichtigung der bei der neurologischen Untersuchung beobachteten fehlenden Einschränkung der Beweglichkeit des
linken Knies hält Dr. D. den von Dr. E. empfohlenen Einzel-GdB von 10 für großzügig. Die von der Klägerin angegebenen unspezifischen
Abdominal-Beschwerden würden einen messbaren GdB nicht bedingen. Gleiches gelte für die seit dem Unfall 1976 bestehenden sensomotorischen
Störungen am rechten Unterschenkel und die geringe Schwellneigung ohne Gewebs- und Hautveränderungen sowie den kreislaufabhängigen
Schwindel.
Für die Zeit seit 07.10.2003 bis laufend ergebe sich ein Gesamt-GdB von 40. Dabei sei berücksichtigt, dass das Funktionsdefizit
der rechten Schulter deutlich psychisch dominiert sei und die psychische Gesundheitsstörung auch die Gesichtsschmerzen rechts
ungünstig verstärke. Eine Anhebung des Gesamt-GdB auf 50 könne nicht erfolgen, da sich die Auswirkungen der einzelnen Erkrankungen
in erheblichem Ausmaß überschneiden würden.
In Reaktion auf das Gutachten des Dr. D. hat die Klägerin im März 2011 einen GdB von 10 für die Schmerzen im linken Knie,
einen GdB von 10 für die Entfernung des rechten Eierstocks aufgrund Eileiterschwangerschaft, einen GdB von 10 für Doppeltsehen,
mindestens einen GdB von 40 bis 50 für das Schädel-Hirn-Trauma samt Folgeschäden und mindestens einen GdB von 30 für die Schulterluxationen
gefordert. Einige Wochen später hat sie dem "Schädel-Hirn-Trauma mit Gleichgewichtsstörungen, depressive Verstimmungen" einen
GdB 50 zugeordnet und "massivste Gesichtsschmerzen rechts in Form einer Trigeminus-Neuralgie, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen"
mit einem GdB von 40 bis 50 ausgestattet. Hierzu hat sich Dr. D. am 27.05.2011 ergänzend geäußert. Unter Bezugnahme auf das
Attest der Dr. F. vom 15.01.1998 hat der Sachverständige ausgeführt, dass die Klägerin 1997 ein Schädeltrauma erlitten habe.
Eine Beteiligung des Hirns habe nur in Form einer folgenlos abgeheilten Gehirnerschütterung bestanden. Herdneurologische Ausfälle,
mentale Leistungseinschränkungen und Zeichen einer hirnorganischen Wesensänderung hätten damals gefehlt und würden auch weiterhin
fehlen. Verblieben seien als Folge des vorwiegend knöchernen Schädeltraumas ein gelegentliches Doppelbildsehen und eine funktionell
nicht bedeutsame Sensibilitätsstörung im Mittelgesichtsbereich rechts. Für beide Störungen komme ein Einzel-GdB von 10 nicht
in Betracht.
Im Mai 2011 hat die Klägerin einen Arztbrief des Neurologen Dr. G. vom 06.05.2011 übersandt, in dem folgende Diagnosen genannt
werden: "25.04.2010 gesichert Folgen einer Fraktur des Schädels und der Gesichtsschädelknochen, 25.04.2010 gesichert depressives
Syndrom, 25.04.2010 gesichert Trigeminusneuralgie rechts."
Der Senat hat die Klägerin mit Schreiben vom 22.07.2011 darauf hingewiesen, dass eine inhaltliche Prüfung ihres Begehrens
nur insoweit zulässig sei, als sie einen höheren GdB als 40 begehre, nicht aber bezüglich des Merkzeichens H. Dabei hat der
Senat auf einen entsprechenden Hinweis mit Schreiben vom 02.06.2008 Bezug genommen.
Die Klägerin ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Sie beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 22.08.2007 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 29.07.2004
und vom 08.09.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.02.2005 zu verpflichten, den GdB in Höhe von 60 festzustellen
und Merkzeichen H zuzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat zur Begründung ausgeführt, dass der Gesamt-GdB von 40 nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme weiterhin zutreffend sei,
insbesondere wegen der Überschneidungen zwischen den Behinderungsleiden. Zur Frage eines Anspruchs der Klägerin auf Merkzeichen
H hat sich der Beklagte schriftsätzlich nicht geäußert. In der mündlichen Verhandlung hat er erklärt, dass er mit einer Klageänderung
dahingehend, dass Merkzeichen H Gegenstand des Berufungsverfahrens werde, nicht einverstanden sei.
Nach Erhalt der Terminsbenachrichtigung hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie den Termin zur mündlichen Verhandlung wegen
dauernder Verhandlungsunfähigkeit nicht wahrnehmen könne. Sie hat um wohlwollende Entscheidung gebeten und auf den bisherigen
Schriftverkehr verwiesen.
Der Senat hat die Akten des Beklagten und des Sozialgerichts München sowie medizinische Unterlagen aus dem rentenversicherungsrechtlichen
Berufungsverfahren der Klägerin (L 14 R 1011/08) beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden können, da diese über den Termin zur mündlichen Verhandlung
informiert und dabei auch auf die Folgen ihres Ausbleibens hingewiesen worden ist (§
110 Abs.
1 Satz 2, §
153 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz -
SGG).
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Gegenstand der Berufung ist die (Anfechtungs- und Verpflichtungs-) Klage gegen die Entscheidung des Beklagten, einen GdB von
40 festzustellen (Bescheid vom 29.07.2004, Widerspruchsbescheid vom 07.02.2005). Die Klägerin fordert einen höheren GdB als
40.
Nicht Gegenstand der Berufung ist die Frage, ob die Klägerin Anspruch auf Merkzeichen H hat. Sie hat Merkzeichen H erst im
Laufe des Berufungsverfahrens, beginnend mit Schreiben vom 28.04.2008, geltend gemacht. Eine Erweiterung des Rechtsstreits
auf diese Frage ist nicht eingetreten, weil die Voraussetzungen für eine Klageänderung nicht vorliegen. Es liegt weder die
Sachdienlichkeit im Sinn des §
99 Abs.
1 SGG noch die Einwilligung des Beklagten im Sinn des §
99 Abs.
1 SGG vor. Die Änderung der Klage ist schon deswegen nicht sachdienlich, weil die Klage bezüglich des Merkzeichens H unzulässig
wäre. Bezüglich Merkzeichen H fehlen die für eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage notwendigen Verwaltungsentscheidungen
(Verwaltungsakte), die im gerichtlichen Verfahren überprüft werden könnten (vgl. Bayer. LSG, Urteil vom 25.11.2010, L 15 SB 108/09; BSG, Urteil vom 21.09.2010, B 2 U 25/09). Der Beklagte hat auch nicht in eine entsprechende Klageänderung eingewilligt. In der mündlichen Verhandlung hat er erklärt,
dass er mit einer Klageänderung nicht einverstanden sei.
Der (Abhilfe-) Bescheid vom 08.09.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.02.2005 ist rechtmäßig und verletzt
die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ihr steht ein höherer GdB als 40 nicht zu. Einer gesonderten Würdigung der Rechtmäßigkeit
des ursprünglichen Bescheids vom 29.07.2004 bedarf es nicht, weil der Abhilfe-Bescheid vom 08.09.2004 (GdB 40 seit Antragstellung)
den Bescheid vom 29.07.2004 (GdB 30 seit Antragstellung) ersetzt hat.
Rechtsgrundlage für die Feststellung des Vorliegens einer Behinderung und des GdB ist §
69 Abs.
1 SGB IX in Verbindung mit den seit 01.01.2009 maßgeblichen Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG), Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung.
Die VG haben die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht
(AHP) abgelöst, die für die Zeit vor 01.01.2009 weiterhin als antizipierte Sachverständigengutachten beachtlich sind (dazu
BSG vom 18.09.2003, B 9 SB 3/02 R; vom 24.04.2008, B 9/9a SB 10/06 R; BVerfG vom 06.03.1995, BvR 60/95). Die Anhaltspunkte und nunmehr die Versorgungsmedizinischen Grundsätze sind ein auf besonderer medizinischer Sachkunde beruhendes
Regelwerk, das die möglichst gleichmäßige Anwendung der Bewertungsmaßstäbe im Bundesgebiet bezweckt und dem Ziel des einheitlichen
Verwaltungshandelns und der Gleichbehandlung dient.
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Gesamt-GdB zutreffend mit 40 bewertet ist und nicht auf 50 erhöht werden kann. Dies
folgt aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Die Möglichkeiten der Sachverhaltsermittlung waren zwar durch das zunächst wenig
kooperative Verhalten der Klägerin beschränkt. Mit erheblichem Aufwand ist es dem Senat aber dennoch gelungen, den medizinischen
Sachverhalt so weit aufzuklären, dass es nicht einer Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen bedarf.
Der Senat stützt sich in erster Linie auf die gutachtliche Würdigung des Dr. D., der die überwiegend nach Aktenlage gewonnenen
Erkenntnisse der weiteren Sachverständigen bei seiner Beurteilung berücksichtigt hat. Im Unterschied zu den Nervenärzten Dr.
K. und Dr. E. und den Orthopäden Dr. L. und Dr. E. hat der Neurologe Dr. D. seine sachverständigen Beurteilungen auf der Grundlage
einer nicht vorzeitig abgebrochenen ambulanten Untersuchung der Klägerin im Rahmen eines Hausbesuchs am 20.01.2011 treffen
können.
Folgende Gesundheitsstörungen der Klägerin sind mit einem Einzel-GdB von mindestens 10 zu veranschlagen:
- Funktionsbehinderung des Schultergelenks rechts (Einzel-GdB 20, ab 01.03.2008 Einzel-GdB 30);
- Gesichtsschmerz rechts verstärkt durch psychische Gesundheitsstörung (Einzel-GdB 20);
- seelische Gesundheitsstörung (Einzel-GdB 20);
- Knorpelschäden des linken Kniegelenks (Einzel-GdB 10).
In Übereinstimmung mit Dr. E. und Dr. L. hat Dr. D. die Funktionsbehinderung des Schultergelenks rechts für die Zeit seit
Antragstellung bis 28.02.2008 mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet. Für die Zeit ab 01.03.2008 hat sich Dr. D. wegen einer
psychisch bedingten Zunahme der Bewegungsbehinderung für einen Einzel-GdB von 30 ausgesprochen. Der Senat schließt sich dieser
Einschätzung an. Gemäß Teil B Nr. 18.13 VG (ebenso Nr. 26.18 AHP) ist für die Instabilität des Schultergelenks mittleren Grades
(auch häufigere Ausrenkung) ein Bewertungsrahmen von 20 bis 30 vorgesehen. Dass für die Funktionsbehinderung des Schultergelenks
rechts überhaupt ein GdB festgesetzt wird, ist zwar nicht ganz unproblematisch, da die Klägerin eine Prüfung der Beweglichkeit
der rechten Schulter durch keinen einzigen Sachverständigen zugelassen hat. Allerdings liegen immerhin die Befunde samt Röntgenaufnahmen
des Dr. F. über die Untersuchung der Klägerin am 25.02.2010 und am 29.03.2010 vor, auf die sich der orthopädische Sachverständige
Dr. E. bei seiner Beurteilung stützen konnte und sich auch gestützt hat. Zwischenzeitlich steht wegen der von Dr. D. beobachteten
Entwicklung in Richtung einer psychogenen Einschränkung der Schulterbeweglichkeit ohnehin die psychische Komponente im Vordergrund.
Für den Senat nachvollziehbar hat der Sachverständige auf eine psychisch ausgestaltete Versteifung des Schultergelenks in
günstiger Stellung bei gut beweglichem Schultergürtel und normaler Funktion der Hand abgestellt. Im Einklang mit Teil B Nr.
18.13 VG (ebenso Nr. 26.18 AHP), wonach ein Einzel-GdB von 30 für die Versteifung des Schultergelenks in günstiger Stellung
bei gut beweglichem Schultergürtel vorgesehen ist, hat er diese Gesundheitsstörung ab 01.03.2008 korrekt mit einem Einzel-GdB
von 30 bewertet.
Der Senat hält die Einschätzung des Dr. D. auch insoweit für überzeugend, als er den Gesichtsschmerz rechts verstärkt durch
die psychische Gesundheitsstörung mit einem Einzel-GdB von 20 veranschlagt hat. Alle nervenärztlichen Sachverständigen, also
Dr. K., Dr. E., die im Rentenverfahren gehörten Dr. K. und Dr. B. und nun auch Dr. D., haben die typische Symptomatik einer
Trigeminus-Neuralgie nicht erkennen können. Der Neurologe Dr. G. ist zwar im Rahmen einer Behandlung der Klägerin am 25.04.2010
von der gesicherten Diagnose einer Trigeminus-Neuralgie rechts ausgegangen. Dr. D. hat dies bei der ambulanten Untersuchung
im Januar 2011 aber anders gesehen. Er hat eine gefäßabhängige Kopfschmerzform für wahrscheinlicher gehalten, für die in Anlehnung
an die für Migräne geltenden Maßstäbe eher ein GdB von 20 als ein GdB von 30 anzunehmen sei. Nachdem für die mittelgradige
Verlaufsform der Migräne (häufigere Anfälle, jeweils einen oder mehrere Tage anhaltend) wie auch für die mittelgradige Form
einer Trigeminus-Neuralgie (häufigere, leichte bis mittelgradige Schmerzen, schon durch geringe Reize auslösbar) jeweils ein
Bewertungsrahmen von 20 bis 40 vorgegeben ist (vgl. Teil B Nr. 2.2 und Nr. 2.3 VG; ebenso Nr. 26.3 AHP), kann letztlich offen
bleiben, welche Kopfschmerzform vorliegt. Mit Rücksicht darauf, dass die Klägerin wegen der Gesichtsschmerzen zeitweise Medikamente
in nur geringer Dosis eingenommen hat und zeitweise ganz ohne Schmerzmedikation zurechtkommt, erscheint dem Senat die von
Dr. D. vorgeschlagene Bewertung des Gesichtsschmerzes mit einem Einzel-GdB von 20 angemessen. Die abweichende Einschätzung
des Dr. K. und des Dr. E. (Einzel-GdB 30) ist schon deswegen nicht vorzugswürdig, weil diese Sachverständigen nur nach Aktenlage
urteilen konnten.
Der erstmals im Frühjahr 2011 vorgebrachten These der Klägerin, es läge bei ihr ein Schädel-Hirn-Trauma mit Gleichgewichtsstörungen
und depressiven Verstimmungen vor, das mit einem GdB 50 zu bewerten sei, ist der Sachverständige Dr. D. überzeugend in der
ergänzenden Stellungnahme vom 27.05.2011 entgegengetreten. In Auswertung des Attests der Dr. F. vom 15.01.1998 hat er klargestellt,
dass es bei dem 1997 erlittenen Schädeltrauma eine Beteiligung des Hirns nur in Form einer folgenlos abgeheilten Gehirnerschütterung
gegeben habe. Verblieben seien als Folge des vorwiegend knöchernen Schädeltraumas ein gelegentliches Doppelbildsehen und eine
funktionell nicht bedeutsame Sensibilitätsstörung im Mittelgesichtsbereich rechts, wobei diese Störungen nicht mit einem Einzel-GdB
von 10 bewertet werden könnten.
Die seelische Störung der Klägerin ist mit einem Einzel-GdB von 20 sicher ausreichend bemessen. Wie Dr. D. erläutert hat,
sind die mit dieser Gesundheitsstörung erfassten affektiven Störungen bei der Klägerin recht gering. In Übereinstimmung mit
den nervenärztlichen Vorgutachtern hält er es für richtig, die seelische Störung gesondert zu erfassen und zu bewerten. Nachdem
Teil B Nr. 3.7 VG (ebenso Nr. 26.3 AHP) für leichtere psychovegetative oder psychische Störungen einen Bewertungsrahmen von
0 bis 20 vorgibt, ist der von allen nervenärztlichen Sachverständigen bestätigte Einzel-GdB von 20 nach dem Dafürhalten des
Senats keine knappe Bewertung.
Bezüglich der Bewertung der ausgeprägten Knorpelschäden des linken Kniegelenks mit einem Einzel-GdB von 10 folgt der Senat
dem Votum des Dr. E ... Auch Dr. L. hatte für das linke Knie nach Aktenlage einen Einzel-GdB von 10 vorgeschlagen.
Verschiedene Gesundheitsstörungen der Klägerin bedingen nach der plausiblen sachverständigen Würdigung des Dr. D. und des
Dr. E. keinen GdB von mindestens 10. Dies sind
- die seit dem Unfall 1976 bestehenden sensomotorischen Störungen am rechten Unterschenkel und die geringe Schwellneigung
ohne Gewebs- und Hautveränderungen,
- das als Folge des 1997 erlittenen Schädeltraumas verbliebene gelegentliche Doppelbildsehen,
- eine funktionell nicht bedeutsame Sensibilitätsstörung im Mittelgesichtsbereich rechts,
- unspezifische Bauchbeschwerden,
- ein kreislaufabhängiger Schwindel
- sowie eine mit 2 cm geringgradige und kompensierbare Beinverkürzung.
Auch der von der Klägerin angeführte Verlust eines Eierstocks (nach Eileiterschwangerschaft) kann nicht mit einem GdB von
10 bewertet werden (vgl. Teil B Nr. 14.3 VG).
Für den streitigen Zeitraum seit Antragstellung am 07.10.2003 bis jetzt beträgt der Gesamt-GdB 40. Mit Ausnahme des Dr. L.,
der eine Gesamtbeurteilung nicht vorgenommen hat, sind sich alle Sachverständigen einig, dass der Gesamtleidenszustand der
Klägerin mit einem Gesamt-GdB von 40 richtig bewertet ist. Dabei ist berücksichtigt, dass sich die Gesundheitsstörungen einerseits
ungünstig verstärken, andererseits aber auch ganz erheblich überschneiden (vgl. Teil A Nr. 3.d. VG), wie dies insbesondere
Dr. D. nachvollziehbar ausgeführt hat. Überzeugend ist für den Senat auch die Einschätzung des Dr. D., dass die Anhebung des
GdB für die Schultererkrankung auf 30 ab 01.03.2008 nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB auf 50 führt. Die mit Einzel-GdB
10 ausgewiesene Gesundheitsstörung Knorpelschäden des linken Kniegelenks führt ohnehin nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes
der Gesamtbeeinträchtigung (vgl. Teil A Nr. 3.d.ee VG).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG liegen nicht vor.