Gründe
I.
Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe
(PKH) aus der Staatskasse zusteht. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Augsburg (SG), Az.: S 3 SO 137/13 ER, ging es um die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch. Der Antrag auf
einstweiligen Rechtsschutz wurde am 28.11.2013 gestellt; zugleich beantragte die Antragstellerin die Gewährung von PKH. Diesem
Antrag wurde mit gerichtlichem Beschluss vom 21.01.2014 entsprochen; die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. wurde
beigeordnet. Am 08.01.2014 und am 21.01.2014 fanden Erörterungstermine der Kammer statt. Im zweiten Termin erließ die Vorsitzende
laut Sitzungsniederschrift folgenden Beschluss: "Prozesskostenhilfe wird ohne Ratenzahlung bewilligt. Gründe: Es waren Ermittlungen
im gerichtlichen Verfahren erforderlich, die im Ergebnis positiv ausgegangen sind. Im Hinblick auf die Bewilligung der PKH
verzichtet die Klägerbevollmächtigte auf Kostenerstattung des Beklagten." Weiter gab der Antragsgegner dahingehend ein Anerkenntnis
ab, dass die Sozialhilfeleistungen gewährt würden, wobei ein Lagerraum und Mehrbedarf im einstweiligen Rechtsschutz ausgeklammert
würden. Die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. nahm das Anerkenntnis an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.
Mit Schreiben vom 27.01.2014 beantragte die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. die Festsetzung der Vergütung
gegen die Staatskasse in Höhe von insgesamt 1.234,93 EUR. Dabei setzte sie unter anderem eine Erledigungsgebühr gemäß Nr.
1006 ff. VV RVG in Höhe von 300,00 EUR an. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.08.2014 setzte die zuständige Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
die Vergütung der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. auf 877,93 EUR, im Einzelnen wie folgt fest:
Verfahrensgebühr, Nr. 3102, 3103 VV RVG:
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300,00 EUR
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Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG:
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300,00 EUR
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Erledigungsgebühr,Nr. 1002, 1005 VV RVG:
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- EUR
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Auslagen(insgesamt):
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137,76 EUR
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Zwischensumme:
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737,76 EUR
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19 % Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG:
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140,17 EUR
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Summe:
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877,93 EUR
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Die Erledigungsgebühr, so die Kostenbeamtin, sei nicht festzusetzen, da für die Entstehung einer solchen Gebühr eine Mitwirkung
des Rechtsanwalts erforderlich sei, die nicht nur allgemein auf Verfahrensförderung gerichtet sei, sondern gerade auf den
besonderen Erfolg der Erledigung der Sache ohne förmliche Entscheidung. Eine besondere Mühewaltung sei in der Annahme des
Anerkenntnisses des Beklagten vorliegend nicht zu erkennen. Hiergegen hat die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu
1. am 22.09.2014 Erinnerung erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr.
1006 VVRVG eindeutig dann entstehe, wenn über den Gegenstand, über den sich die Parteien einigen würden oder wenn die Rechtssache
z. B. durch Anerkenntnis erledigt werde, bereits ein gerichtliches Verfahren anhängig sei. Entscheidend sei nicht das angenommene
Anerkenntnis, sondern allein das Mitwirken der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. bei der Erledigung des Verfahrens.
Am 17.10.2014 hat der Beschwerdeführer und Beschwerdegegner zu 2. (im Folgenden: Staatskasse) ebenfalls Erinnerung eingelegt
und unter Verweis auf die Rechtsprechung des Kostensenats des Bayer. Landessozialgerichts (BayLSG) hervorgehoben, dass vorliegend
weder eine Einigungsgebühr noch eine Erledigungsgebühr entstanden seien. Ungeklärt sei jedoch, ob sich die Staatskasse mit
dem Antrag, die zu zahlende Vergütung auf 0,00 EUR festzusetzen, auf den Grundsatz berufen könne, dass es der Partei und dem
ihr beigeordneten Rechtsanwalt obliege, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten; insbesondere dürfe der bedürftige Rechtsuchende
nicht in der Erwartung, alle Kosten der Rechtsverfolgung würden von der Staatskasse getragen, Kosten verursachen, die ein
nichtbedürftiger Auftraggeber, der für diese Kosten selbst aufkommen müsse, nicht verursacht hätte. Die Staatskasse hat hier
auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verwiesen. Sie hat hervorgehoben, dass kein nichtbedürftiger Auftraggeber,
der verständig rechne, bei einem Anerkenntnis, das sich nach dem Beschluss des Kostensenats vom 19.08.2013 (Az.: L 15 SF 117/13 B) automatisch auch auf die außergerichtlichen Kosten beziehe, auf die Kostenerstattung durch den Antragsgegner verzichten
würde. Mit Beschluss vom 23.04.2015 hat das SG "die Erinnerung und die Anschlusserinnerung gegen die Festsetzung vom 20.08.2014" zurückgewiesen. Eine qualifizierte Mitwirkung
der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. ergebe sich aus dem Protokoll des Erörterungstermins vom 21.01.2014 nicht.
Hinzu komme, dass sich nach Auffassung des Gerichts der Rechtsstreit tatsächlich auch nicht vollumfänglich erledigt habe.
Zwar sei es richtig, dass im Rahmen der Gewährung von PKH der Unbemittelte nicht besserzustellen sei als der Bemittelte. Ersterer
habe unter Beachtung des Kostenrisikos die Kosten der Rechtsverfolgung niedrig zu halten. Davon, dass hiergegen vom Antragsteller
verstoßen worden sei, sei jedoch, so das SG, nicht auszugehen. Vorliegend stelle sich der Abschluss des Verfahrens im oben genannten Termin für das Gericht nämlich nicht
als vollständiges Anerkenntnis des Antragsgegners dar, sondern es sei inhaltlich vielmehr eher von einer "vergleichsweisen
Einigung" auszugehen. Zudem stelle sich die Frage, ob überhaupt in der Sache dem Grunde nach ein Kostenanspruch des Antragstellers
bestanden hätte. Gegen den Beschluss des SG hat zunächst die Staatskasse am 06.05.2015 Beschwerde erhoben. Die zu zahlende Vergütung sei auf 0,00 EUR festzusetzen. Jedenfalls
was die Gerichtskosten betreffe, so die Staatskasse, sei ständige Rechtsprechung des Kostensenats des BayLSG, dass bestimmte
Entscheidungen der Hauptsacherichter auf der Kostenebene nicht überprüfbar und somit bindend seien. Ausgehend von einem Anerkenntnis
bestehe damit entsprechend der Rechtsprechung ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten, auf den man auch nicht
explizit verzichten hätte müssen, wenn es sich doch um einen gerichtlichen Vergleich ohne Kostenregelung handeln würde im
Hinblick auf die gesetzliche Kostenfolge des §
195 Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Am 18.05.2015 hat sodann auch die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 23.04.2015 eingelegt. Das SG habe in der Begründung des Beschlusses ausgeführt, dass vorliegend wohl eine Vereinbarung zur Erledigung des Verfahrens getroffen
worden sei, nachdem nicht sämtliche streitgegenständlichen Problempunkte geregelt worden seien und dementsprechend ein Anerkenntnis
ausscheide; daher müsse auch eine Einigungsgebühr angefallen sein. Ohne Zweifel seien die Gebühren nicht auf 0,00 EUR festzusetzen.
Insbesondere sei der Antragsteller auch nicht verpflichtet gewesen, einen Kostenantrag zu stellen, was im Übrigen gerade der
gerichtliche Vorschlag gewesen sei, um auch den Antragsgegner zu einer Verfahrenserledigung zu bewegen. Dies könne dem Antragsteller
unter keinen Umständen entgegengehalten werden. Im Folgenden hat die Staatskasse auf die Fortführung der bisherigen Rechtsprechung
des Kostensenats im Beschluss vom 19.05.2015 (Az.: L 15 SF 72/14 E) hingewiesen; die Erledigungsgebühr könne nicht zustehen. Nach der Rechtsprechung des Kostensenats (Beschluss vom 17.07.2015,
Az.: L 15 SF 201/14 E) bestehe durchaus Anlass für die Vermutung, dass ein Vorsitzender des jeweiligen Spruchkörpers der Sozialgerichtsbarkeit
in der Sitzungsniederschrift die prozessbeendenden Erklärungen von Parteien in materiell zutreffender Weise bezeichne; ein
protokolliertes Anerkenntnis bleibe also ein solches. Im Hinblick auf den protokollierten Verzicht auf die Kostenerstattung
bestehe für die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. kein Anspruch auf Vergütung aus der Staatskasse; die Staatskasse
hat insoweit auf den Beschluss des SG Berlin vom 13.05.2015 (Az.: S 133 SF 6211/13 E) verwiesen. Im Übrigen wird ergänzend
auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Erinnerungs- und des Eilrechtsschutzverfahrens des SG verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Staatskasse und die Beschwerde der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. haben keinen Erfolg.
Zuständig für die Entscheidung ist der Einzelrichter gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG.
Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall die Regelungen des RVG in der ab 01.08.2013 geltenden Fassung gemäß dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz
- 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl S. 2586, 2681 ff.). Denn der unbedingte Auftrag i.S.v. § 60 Abs. 1 RVG ist der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. nach dem 31.07.2013 erteilt worden.
1. Die Beschwerden sind jeweils zulässig.
Sie sind statthaft, da der Wert der Beschwerdegegenstände 200,00 EUR übersteigt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Die Beschwerden sind auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.
2. Die Beschwerden sind jedoch nicht begründet.
Die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. hat Anspruch auf eine Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von 877,93 EUR. Sie
hat aber keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung.
Die Kostenbeamtin und die Kostenrichterin des SG haben die Vergütung der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. zutreffend festgesetzt.
Der dieser zustehende Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse beruht auf §§ 45 ff. RVG. Die Forderung der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1., ihr stünde eine Erledigungs-/Einigungsgebühr zu, ist
nicht berechtigt. Die von der Kostenbeamtin vorgenommene und vom SG bestätigte Gebührenfestsetzung ist nicht zu eng bemessen. Gleichzeitig ist entgegen der Auffassung der Staatskasse die zu
zahlende Vergütung nicht auf null festzusetzen.
a. Eine Erledigungsgebühr ist, anders als die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. meint, nicht entstanden.
Dabei kann offen bleiben, ob die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. im o.g. Erörterungstermin bereits einen Verzicht
auf die Kostenerstattung durch den Antragsgegner erklärt hat oder lediglich einen Verzicht in Aussicht gestellt hat. Dies
geht aus der Niederschrift der Kammer leider nicht klar hervor. Eine eigene Verzichtserklärung, die vorgelesen und genehmigt
worden wäre, ist dem Protokoll nicht entnehmbar. Andererseits hat die Vorsitzende einen Verzicht der Beschwerdeführerin und
Beschwerdegegnerin zu 1. - allerdings als Begründungselement des PKH-Beschlusses - eindeutig festgehalten. Letztlich kommt
es aus Sicht des Senats hierauf jedoch nicht entscheidend an, denn selbst wenn ein Verzicht bereits erklärt worden sein sollte,
wäre die von der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. begehrte Gebühr nicht entstanden. Die Voraussetzungen für
die Erledigungsgebühr gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nrn. 1006, 1005, 1002 VV RVG sind erfüllt, wenn sich der Rechtsstreit "durch die anwaltliche Mitwirkung" erledigt hat. Der Senat hat jüngst bereits in
seinem Grundsatzbeschluss vom 19.05.2015, Az.: L 15 SF 72/14 E, unter Bezugnahme auf den früheren Beschluss vom 07.02.2011 (Az.: L 15 SF 57/09 B) die Voraussetzungen für das Entstehen der Gebühr dargelegt. Insbesondere ist hervorgehoben worden, dass insoweit regelmäßig
eine besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts vorausgesetzt wird. Eine Tätigkeit, die schon eine andere Gebühr, etwa die Verfahrensgebühr
oder die Terminsgebühr, auslöst, reicht nicht aus, um die Erledigungsgebühr entstehen zu lassen (vgl. o.g. Senatsbeschluss
vom 07.02.2011, m.w.N.). Die Annahme des vorliegenden Anerkenntnisses reicht nicht aus, um die Erledigungsgebühr auszulösen.
Die Abgabe einer solchen Prozesserklärung wird mit der Verfahrensgebühr abgegolten. Wie auch bei einer Klagerücknahmeerklärung
liegt darin noch keine über die normale Prozessführung hinausgehende, qualifizierte Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung
(vgl. a.a.O., m.w.N.). Vorliegend handelt es sich um die Annahme eines Anerkenntnisses. Wie der Senat ebenfalls bereits entschieden
(vgl. Beschluss vom 17.07.2015, Az.: L 15 SF 201/14 E) und worauf die Staatskasse zu Recht hingewiesen hat, besteht durchaus Anlass für die Vermutung, dass ein Vorsitzender
des jeweiligen Spruchkörpers der Sozialgerichtsbarkeit in der Sitzungsniederschrift die prozessbeendigenden Erklärungen von
Parteien in materiell zutreffender Weise bezeichnet. Daraus folgt, dass der förmlichen Bezeichnung in der Sitzungsniederschrift
entscheidende Bedeutung zukommt. Sie wird nur dann nicht maßgeblich sein können, wenn sie - ohne dass eine vertiefte Prüfung
der am Kostenverfahren Beteiligten erforderlich ist - offensichtlich unzutreffend ist. In einem solchen Fall kann der Grundsatz,
dass im Kostenansatzverfahren keine Überprüfung einer richterlichen Entscheidung durch den Kostenbeamten zu erfolgen hat (vgl.
z.B. Beschluss des Senats vom 12.01.2016, Az.: L 15 SF 47/15), nicht greifen. Denn dem Kostenbeamten kann nicht zugemutet werden - und es ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen auch nicht
vereinbar -, sehenden Auges eine offensichtlich fehlerhafte, rechtswidrige Entscheidung zu treffen. Davon, dass die Bezeichnung
in der Sitzungsniederschrift vom 21.01.2014 offensichtlich unzutreffend wäre, kann vorliegend aber nicht die Rede sein. b)
Die an die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. zu zahlende Vergütung ist nicht auf Null festzusetzen. Der Senat
hat in seinem oben genannten Beschluss vom 19.05.2015 (Az.: L 15 SF 72/14 E) auch deutlich gemacht, dass der öffentlich-rechtliche Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse mangels anders lautender
gesetzlicher Anordnung nicht subsidiär gegenüber Ansprüchen ist, die dem Rechtsanwalt für seine Tätigkeit in derselben gebührenrechtlichen
Angelegenheit gegen den zur Kostentragung verpflichteten anderen Beteiligten zustehen. Der Rechtsanwalt hat ein Wahlrecht,
ob er wegen seiner Vergütung zuerst die erstattungspflichtige Gegenpartei oder zuerst die Staatskasse in Anspruch nehmen will
oder beide nur zu einem Teil (so auch Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., § 45 Rdnrn. 50 f.); der Gesamtbetrag darf seine gesetzliche Vergütung jedoch nicht übersteigen (a.a.O.). Nach der Rechtsprechung
(vgl. z.B. Beschluss des SG Berlin vom 13.05.2015, Az.: S 33 SF 6211/13 E) und der herrschenden Literatur (vgl. z. B. Müller-Rabe, a.a.O., §
55, Rdnr. 55) widerspricht es Treu und Glauben nach dem allgemeinen Rechtsgedanken des §
242 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) und führt im Ergebnis dazu, dass eine Auszahlung der Vergütung aus der Staatskasse nicht erfolgen muss, wenn der Rechtsanwalt
aus der Staatskasse aufgrund der Bewilligung von PKH eine Vergütung fordert, obwohl er oder sein Mandant der gesetzlichen
Verpflichtung des § 59 RVG, die Staatskasse bei der Beitreibung von auf sie übergegangenen Ansprüchen gegen einen potenziell erstattungspflichtigen
Dritten zu unterstützen, nicht nachgekommen ist und vielmehr ohne hinreichenden sachlichen Grund einen solchen Erstattungsanspruch
sogar von vornherein unmöglich gemacht hat (vgl. SG Berlin, a.a.O., m.w.N.). Hierbei genügt es, dass der Rechtsanwalt oder
der Mandant in dem Bewusstsein handelte, die Staatskasse ohne einen zwingenden sachlichen Grund zu beeinträchtigen; demnach
reicht aus, dass der Rechtsanwalt oder der Mandant in dem Wissen um einen Nachteil für die Staatskasse handelt und hierfür
ein hinreichender sachlicher Grund nicht vorhanden ist. Eine regelrechte Schädigungsabsicht wird von dieser herrschenden Ansicht
nicht für erforderlich gehalten (vgl. SG Berlin, a.a.O.). Diesen "Griff in die Zauberkiste des §
242 BGB" (zu weiteren übertriebenen Wortschöpfungen bzgl. Generalklauseln und §
242 BGB siehe z.B. ausführlich Staudinger/Olzen/Looschelders, 2015,
BGB, §
242, Rdnrn. 1 ff.) sieht das Gericht indes als problematisch an (zur grundsätzlichen Kritik an Generalklauseln im deutschen Recht
siehe a.a.O., Rdnrn. 2 ff.). Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall weitreichenden Rechtsfolgen der Heranziehung des Grundsatzes
von Treu und Glauben, nämlich die völlige Verweigerung der Auszahlung der Rechtsanwaltsvergütung als Konsequenz der vorausgegangenen
Prozesshandlungen im Hauptsacheverfahren, sieht das Gericht grundsätzlich eine eindeutige gesetzliche Regelung als erforderlich
an (anders als etwa in den Fällen, in denen die Staatskasse die Auszahlung der Vergütung nur deshalb zurückstellt bzw. verweigert,
weil der Rechtsanwalt die erforderlichen Angaben - vgl. z.B. den Beschluss des Senats vom 02.12.2015, Az.: L 15 SF 133/15 - noch nicht gemacht hat). Diese Notwendigkeit wird vor allem vor dem Hintergrund einer abstrakten Missbrauchsgefahr bei
der Anwendung des §
242 BGB und im Hinblick auf die Eingriffswirkung sowie auf die Prinzipien der Gewaltenteilung gesehen (so auch Olzen/Looschelders,
a.a.O., Rdnr. 104). Das Gericht sieht sich nicht dazu berufen, die konkreten Regelungen für eine Versagung der Vergütung des
Rechtsanwalts zu treffen; dies muss der gesetzgebenden Gewalt vorbehalten bleiben.
Aufgrund dessen kommt es aus Sicht des Gerichts nur in offensichtlichen Fällen in Betracht, dass die Auszahlung der Vergütung
aus der Staatskasse gemäß dem allgemeinen Rechtsgedanken des §
242 BGB nicht erbracht werden muss, auch wenn dessen ungeachtet eine regelrechte Schädigungsabsicht (vgl. o.) nicht erforderlich
ist. Nur wenn - ohne dass für die Kostenverfahrensbeteiligten besondere Prüfpflichten bestehen würden - auf der Hand liegt,
dass der Rechtsanwalt oder der Mandant ohne sachlichen Grund durch ihr Handeln die Staatskasse beeinträchtigten, kommt eine
Versagung des Rechtsanwaltshonorars in Betracht. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben; sachliche Gründe sind im Hinblick
auf die besonderen Aspekte des Eilrechtsschutzverfahrens, der Möglichkeit eines Teilanerkenntnisses und den legitimen Interessen
einer Verfahrens(teil)beendigung gerade nicht auszuschließen. Auch insoweit kommt es somit nicht darauf an, ob vorliegend
ein Verzicht bereits wirksam erklärt worden ist (s.o.). Die Beschwerden sind daher zurückzuweisen.
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).