Vergütung von Sachverständigen im sozialgerichtlichen Verfahren; Höhe bei hinzugezogenen Hilfskräften
Gründe:
I. In dem am Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) anhängig gewesenen Rechtsstreit F. F. gegen Deutsche Rentenversicherung Bayern
Süd mit Az.: L 1 R 302/09 ist Dr. H. mit Beweisanordnung des BayLSG vom 20.07.2009 gemäß §§
103,
106 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zum ärztlichen Sachverständigen auf orthopädischem Fachgebiet bestellt worden.
Dr. H. hat mit Telefax vom 24.07.2009 darauf hingewiesen, dass eine Laboruntersuchung am Tage der Begutachtung 01.09.2009
vorgesehen sei. Dies ist von dem BayLSG wie üblich stillschweigend gebilligt worden.
Dr. H. hat in seinem fachorthopädischen Gutachten vom 02.10.2009 hinsichtlich der labortechnisch zu prüfenden Medikamenteneinnahme
Folgendes ausgeführt "Bei der jetzt sachbezogen vorgenommenen Untersuchung des Bewegungsapparates gab der Kläger an, dass
er Beschwerden nicht nur an den Daumen, sondern am Kreuz einschließlich der Halswirbelsäule habe; er leide unter nicht sehr
ausgeprägten Beschwerden an den Hüftgelenken und auch am linken Schulterhauptgelenk und behandle die Beschwerden mit Ibuprofen.
Soweit dieser Umstand betroffen ist, so ergab sich aus dem jetzt ermittelten Medikamentenspiegel, dass Ibuprofen nicht nachzuweisen
war. Zwar hat dieses Medikament eine kurze Halbwertszeit, insoweit wäre die Einnahme des Medikaments am Abend zuvor nicht
auszuschließen, sie wird aber auch nicht sicher zu bestätigen sein."
Hierbei hat sich Dr. H. offensichtlich auf den Laborbericht des Medizinischen Versorgungszentrums W. vom 01.09.2009 sowie
die zugehörige Zusammenfassung und Beurteilung des Antragstellers vom 16.09.2009 gestützt. Vorstehend bezeichnete Unterlagen
sind jedoch erst im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens zu den Gerichtsakten gelangt und nicht in das Hauptsachverfahren
eingeführt worden.
Das Medizinische Versorgungszentrum W. hat für die labortechnische Untersuchung des Blutes auf Gabapentin, Ibuprofen, Amitriptylin,
Doxepin und Opipramol bei einem GOÄ-Faktor von 1 insgesamt 139,40 Euro in Rechnung gestellt (inkl. 19 % Umsatzsteuer). Die Rechnung des Medizinischen Versorgungszentrums
W. vom 29.09.2009 ist antragsgemäß bezahlt worden.
Der Antragsteller hat die labortechnischen Ergebnisse mit Schreiben vom 16.09.2009 an Dr. H. zweiseitig zusammengefasst und
beurteilt. Die Zusammenfassung und Beurteilung des Antragstellers findet sich wie vorstehend auszugsweise zitiert in dem Gutachten
des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. H. vom 02.10.2009 wieder, im Übrigen vollständig nur in den Kostenakten.
Der Antragsteller hat mit Liquidation Nummer 8553 vom 17.09.2009 insgesamt 109,00 Euro in Rechnung gestellt, die sich wie
folgt aufschlüsseln: Blutentnahme 9,00 Euro sowie zwei Stunden einfache gutachterliche Beurteilung 100,00 Euro.
Der Kostenbeamte des BayLSG hat mit Schreiben vom 13.11.2009 lediglich 12,80 Euro bewilligt, die sich wie folgt zusammensetzen:
Laboruntersuchung - Blutentnahme - Anlage 2 zu § 10 JVEG Nr. 307
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9,00 Euro
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Entschädigung für Schreibgebühren bei ca. 2400 Anschlägen
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2,25 Euro
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zwei Kopien
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1,00 Euro
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Porto
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0,55 Euro
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Zur Begründung hat der Kostenbeamte des BayLSG ausgeführt, der Antragsteller sei von Dr. H. für Zusatzuntersuchungen hinzugezogen
worden. Die Erstellung des Befundes/die Auswertung der Laboruntersuchung sei mit der Vergütung bereits abgegolten. Auch würden
die Ausführungen der Auswertung keine Bewertung als gutachterliche Stellungnahme zulassen. Es handele sich lediglich um Schlussfolgerungen
anhand des Laborergebnisses. Neben der Blutentnahme könnten somit nur die Nebenkosten vergütet werden.
Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 17.11.2009 "Widerspruch" erhoben und zur Begründung ausgeführt, eine Blutabnahme alleine
sei vom BayLSG sicher nicht gewünscht gewesen, da erst die Bewertung der Resultate eine Begutachtung ermöglicht hätten. Andernfalls
würde das BayLSG verlangen, dass er ein Kurzgutachten von ca. einer Stunde Dauer für 12,00 Euro anfertige.
Der Kostenbeamte des BayLSG hat dem Begehren des Antragstellers nicht abgeholfen und den Vorgang dem 15. Senat des BayLSG
als Kostensenat vorgelegt.
Von Seiten des 15. Senat des BayLSG sind die Rentenstreitakten des 1. Senats beigezogen worden.
II. Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen
Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte die gerichtliche Festsetzung sinngemäß beantragt.
Die Entschädigung des Antragstellers für seine Zusammenfassung und Beurteilung der erhobenen Laborwerte vom 16.09.2009 ist
auf 12,80 Euro festzusetzen. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf eine weitere Vergütung als die bereits bewilligte.
Dr. H. hat mit Schreiben vom 24.07.2009 vorab lediglich mitgeteilt, eine Laboruntersuchung am Tage der Untersuchung 01.09.2009
sei bei dem Antragsteller in die Wege geleitet worden. Der Antragsteller ist somit nicht der gerichtlich bestellte Sachverständige,
dessen Honorar sich nach der Anlage zu § 9 Abs. 1 JVEG und den dort vorgesehenen Honorargruppen M 1 bis M 3 bemisst. Vielmehr
kann der Antragsteller als "Hilfskraft" des Sachverständigen im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG nur seine Aufwendungen
gesondert ersetzt verlangen. Insoweit werden nach der ständigen Rechtsprechung des 15. Senats des BayLSG als Kostensenat die
Honorarsätze bzw. die Entschädigung nach der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG durch die Sätze der GOÄ ausgefüllt; lediglich im stationären Bereich können die höheren Vollkosten nach dem DKG-MT vergütet werden, soweit von Seiten
der Krankenhausverwaltung Sachkosten nicht gesondert in Rechnung gestellt werden.
Hier hat der Antragsteller in seiner Eigenschaft als "Hilfskraft" des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. H. sich
des Medizinischen Versorgungszentrums W. als weitere "Hilfskraft" im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG bedient. Dessen
Rechnung vom 29.09.2009 über 139,40 Euro ist, wie bereits erwähnt, antragsgemäß beglichen worden.
§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG ist es jedoch fremd, dass eine hinzugezogene Hilfskraft sich weiterer Hilfskräfte bedient, um
die hier gewünschte Laboruntersuchung (vgl. Nachricht von Dr. H. vom 24.07.2009) durchzuführen. Es geht daher zu Lasten des
Antragstellers, dass der wesentliche Anteil seiner Vergütung bereits von dem Medizinischen Versorgungszentrum W. liquidiert
worden ist.
Soweit der Antragsteller darüber hinaus eine zweiseitige Zusammenfassung und Beurteilung der Laborwerte mit Schreiben vom
26.09.2009 an Dr. H. übermittelt hat, handelt es sich unabhängig davon, dass diese nicht in das Hauptsacheverfahren eingeführt
worden ist, nicht um eine gutachterliche Beantwortung in Hinblick auf die Beweisfragen des BayLSG vom 20.07.2009 zur Einsatzfähigkeit
des Klägers unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses, die nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG und den dort
vorgesehenen Honorargruppen M 1 bis M 3 entschädigt werden könnte. Vielmehr liegt nur eine zusammenfassende Beschreibung und
Beurteilung der erhobenen Laborwerte vor. Nach Nr. 1 der "Allgemeinen Bestimmungen" zu Abschnitt M der GOÄ sind mit den Gebühren für die Leistungen auch die Befundmitteilung und der einfache Befundbericht abgegolten.
Zugunsten des Antragstellers kann auch nicht berücksichtigt werden, dass Dr. H. den ihm zustehenden Vergütungsrahmen nach
dem JVEG nicht ausgeschöpft hat und im Vergleich zu anderen Sachverständigen kostengünstig tätig geworden ist. Denn der Antragsteller
als "Hilfskraft" und das Medizinische Versorgungszentrum W. als "weitere Hilfskraft" haben ihre jeweiligen Ansprüche nicht
gegenüber Dr. H. geltend gemacht, sondern direkt gegenüber dem BayLSG. Dies entspricht zwar nicht der Systematik von § 12
Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG, ist jedoch auch nicht gesetzlich ausgeschlossen. Eine Vergleichsberechnung in Fällen wie dem vorliegenden
ist jedoch nicht mehr möglich, wenn es sich um unterschiedliche Antragsteller handelt.
Nach alledem entspricht die Nachricht des Kostenbeamten des BayLSG vom 13.11.2009 der Sach- und Rechtslage.
Das BayLSG hat hierüber gemäß § 4 Abs. 7 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.
Die Entscheidung ist gemäß §
177 SGG endgültig. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§
4 Abs. 8 JVEG).