Anspruch auf Sozialhilfe; Berücksichtigung von Kindergeld als Einkommen
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) im Wege des
einstweiligen Rechtsschutzes.
Der 1957 geborene Antragsteller (Ast) ist allein erziehender Vater von vier Kindern. Mit Bescheid vom 17.04.2009 und mit Wirkung
ab 01.05.2009 hob die Arge A-Stadt die vorhergehende Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) auf, da nach ärztlicher Feststellung die Erwerbsfähigkeit des Ast verneint
worden war.
Den Antrag des Ast auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 27 ff. SGB XII lehnte die Antragsgegnerin (Ag) mit Bescheid vom
12.05.2009 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) ab. Es errechne sich ein Bedarf an Hilfe zum Lebensunterhalt iHv 220,48 EUR. Es sei
aber zu berücksichtigen, dass der vorab berechnete Wohngeldanspruch des Ast diesen Betrag übersteige. Der Ast werde daher
gebeten, Wohngeld zu beantragen.
Auf den Antrag vom 15.05.2009 gewährte die Stadt A-Stadt dem Ast für die Zeit vom 01.05.2009 bis 31.07.2009 ein monatliches
Wohngeld (Mietzuschuss) iHv 390,00 EUR (Bescheid vom 22.05.2009).
Am 10.06.2009 hat der Ast beim Sozialgericht (SG) Nürnberg die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Hilfe zum Lebensunterhalt erhalte er weder von der Arge A-Stadt
noch von der Ag. Er beziehe Wohngeld (390,00 EUR), Kindergeld (722,00 EUR), Witwer- und Waisenrente (ca. 1.100,00 EUR) und
BAFöG-Leistungen iHv ca. 212,00 EUR für seinen ältesten Sohn, der bis Ende Juli 2009 eine Berufsfachschule besuche. Dann entfalle
auch das Kindergeld für diesen Sohn, weil dieser bereits 19 Jahre alt sei. An monatlichen Ausgaben habe er Mietzahlungen iHv
592,37 EUR (ab Juli 2009 614,66 EUR) und Abschlagszahlungen für Strom und Warmwasser (230,00 EUR) zu bestreiten. Die Ag sei
zu verpflichten, ihm Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe des bisher von der ARGE A-Stadt geleisteten Betrages (789,66 EUR) zu
gewähren.
Mit Beschluss vom 26.06.2009 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Ast habe weder das Vorliegen eines Anordnungsanspruches,
den begehrten materiellen Anspruch, noch die besondere Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Entscheidung (Anordnungsgrund)
glaubhaft gemacht. Abgesehen von dem zu niedrig angesetzten Wohngeldanspruch habe die Ag zutreffend den Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft
sowie das diesem Gesamtbedarf gegenüberstehende Gesamteinkommen ermittelt. Die Stromkosten seien in den der Berechnung zugrunde
gelegten Regelbedarfen enthalten; die Kosten für die Warmwasserbereitung seien ebenfalls von den Regelbedarfen umfasst und
daher von den Heizkosten in Abzug zu bringen. Das Gesamteinkommen in Höhe von 1870,12 EUR (unter Zugrundelegung des tatsächlichen
Wohngeldanspruchs in Höhe von 390,00 EUR) übersteige den Gesamtbedarf in Höhe von 1.700,60 EUR.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Ast. Da er 20 Jahre in Deutschland gearbeitet habe und nicht mehr erwerbsfähig sei,
gehe es ihm eigentlich um die Gewährung von Rente. Die Kindergeldzahlungen und die Waisenrenten stünden seinen Kindern zu
und könnten daher nicht für Miete und Strom verwendet werden. Er habe kein Geld zur Verfügung.
Die Ag hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat zu Recht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Senat nimmt zur Begründung Bezug auf die Ausführungen
des SG. Im Beschwerdeverfahren haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, die zu einer anderen Beurteilung führen können. Soweit es
dem Ast um Rentenleistungen geht, ist er auf die Zuständigkeit der Rentenversicherungsträger hinzuweisen.
Der Anordnungsanspruch und insbesondere ein Anordnungsgrund für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung gemäß §
86b Abs
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ist nicht in der erforderlichen Weise glaubhaft gemacht, unabhängig davon, ob Leistungen nach dem dritten oder vierten Kapitel
des SGB XII beansprucht werden können. Die Bedarfsgemeinschaft verfügt über Einkommen, das oberhalb der Bedarfsgrenze nach
dem SGB XII liegt. Das Kindergeld ist entgegen der Auffassung des Ast als Einkommen zu berücksichtigen. Es ist bei Minderjährigen
dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes benötigt
wird (vgl. § 82 Abs 1 Satz 2 SGB XII). Der nicht für den Bedarf des Kindes benötigte Betrag ist als Einkommen des Ast, dem
Kindergeldberechtigten, anzusehen. Die (Halb-)Waisenrenten sind ebenfalls als Einkommen anzurechnen, da diese Leistungen nicht
im Sinne des § 83 Abs 1 SGB XII zu einem ausdrücklich genannten und von der Sozialhilfe abweichenden Zweck erbracht werden
und daher als Einkommen zu berücksichtigen sind (vgl. § 82 Abs 1 SGB XII).
Eine Folgenabwägung in Hinblick auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes ist nicht anzustellen, da nicht ersichtlich ist,
dass ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes dem Ast schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen
entstehen, die durch ein etwaiges Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (vgl. BVerfG Beschluss vom 12.05.2005
- 1 BvR 569/05 = NVwZ 2005, 927).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, §
177 SGG.