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LSG Bayern, Urteil vom 28.03.2017 - 20 VG 4/13
Leistungen nach dem OEG Begriff der Gewalt Tätlicher Angriff Verwirklichung eines Vermögensdelikts
1. Mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist der Senat der Auffassung, dass die Verletzungshandlung im OEG nach dem Willen des Gesetzgebers eigenständig und ohne direkte Bezugnahme auf das StGB geregelt ist, obwohl sich die Auslegung des Begriffs des "tätlichen Angriffs" auch an der im Strafrecht zu den §§ 113, 121 StGB gewonnenen Bedeutung orientiert.
2. Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff im Sinne des § 240 StGB wird der tätliche Angriff i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person geprägt und wirkt damit körperlich (physisch) auf einen anderen ein.
3. Dieses Verständnis der Norm entspricht am ehesten dem strafrechtlichen Begriff der Gewalt i.S. des § 113 Abs. 1 StGB als einer durch tätiges Handeln bewirkten Kraftäußerung, also einem tätigen Einsatz materieller Zwangsmittel wie körperlicher Kraft; damit liegt ein tätlicher Angriff nach § 1 OEG bei einer in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielenden gewaltsamen Einwirkung vor, wobei sich dieser grundsätzlich durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person auszeichnet.
4. Ein tätlicher Angriff i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG liegt im Regelfall bei einem gewaltsamen, handgreiflichen Vorgehen gegen eine Person vor, setzt jedoch nach seiner äußeren Gestalt nicht unbedingt ein aggressives Verhalten des Täters voraus; dahinter steht der Gedanke, dass auch nicht zum (körperlichen) Widerstand fähige Opfer von Straftaten den Schutz des OEG genießen sollen.
5. Andererseits reicht die bloße Verwirklichung eines Straftatbestandes, z.B. eines Vermögensdelikts, allein für die Annahme eines tätlichen Angriffs i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG nicht aus, auch wenn das Opfer über den eingetretenen Schaden "verzweifelt" und z.B. seelische Gesundheitsschäden davonträgt; mit Rücksicht auf die grundlegende gesetzgeberische Entscheidung, dass durch die Verwendung des Begriffs des tätlichen Angriffs i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG der allgemeine Gewaltbegriff im strafrechtlichen Sinn begrenzt und grundsätzlich eine Kraftentfaltung gegen eine Person erforderlich sein soll, ist nach der Rechtsprechung des BSG schon immer in Fällen der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt die Grenze der Wortlautinterpretation erreicht, wenn sich die auf das Opfer gerichteten Einwirkungen - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellen und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielen.
Normenkette:
StGB § 113 Abs. 1
, , ,
OEG § 1 Abs. 1 S. 1
Vorinstanzen: SG Bayreuth 27.11.2012 S 4 VG 13/12
Tenor
I.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 27. November 2012 wird zurückgewiesen.
II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.

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