Anspruch auf Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung; Erforderlichkeit des Nachweises der Arbeitsunfähigkeit
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung von Krankengeld über den 30.07.2006 hinaus streitig.
Der 1972 geborene Kläger war vom 01.01. bis 18.03.2006 bei der Firma "K. Electronics GmbH" als Vertriebsmitarbeiter in Vollzeit
versicherungspflichtig beschäftigt. Er ist bei der Beklagten versichert.
Am 20.02.2006 erlitt der Kläger einen Unfall, der im weiteren Verlauf von der zuständigen Berufsgenossenschaft (BG) als Arbeitsunfall
anerkannt wurde. Bei dem Unfall erlitt der Kläger eine Rippenprellung, Wirbelsäulenprellung und eine Knöchelprellung links.
Deswegen befand er sich vom 20.02. bis 27.02.2006 in ambulanter Behandlung. Da anfänglich nicht feststand, ob es sich bei
dem Unfall vom 20.02.2006 um einen Arbeitsunfall handelte, zahlte die Beklagte zunächst nach dem Ende der Entgeltfortzahlung
durch den Arbeitgeber in der Zeit vom 19.03. bis 30.07.2006 Krankengeld und machte gegenüber der BG einen entsprechenden Erstattungsanspruch
geltend.
Nachdem die BG den Unfall als Arbeitsunfall anerkannt hatte mit einer Arbeitsunfähigkeit bis zum 19.06.2006, wurde der Erstattungsanspruch
der Beklagten für diesen Zeitraum befriedigt.
Laut Auszahlschein des M. A-Stadt vom 31.05.2006 wurde der Kläger am 31.05.2006 bis voraussichtlich 20.06.2006 arbeitsunfähig
geschrieben. Am 20.06.2006 sollte der Kläger beim M. erneut zu einer Untersuchung erscheinen, bei der die Dauer der Arbeitsunfähigkeit
für den zuständigen Unfallversicherungsträger geprüft werden sollte. Zu diesem Termin erschien der Kläger nicht, weshalb die
Arbeitsunfähigkeit (zunächst) über den 20.06.2006 hinaus nicht verlängert wurde.
Am 30.06.2006 verlängerte das M. die Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich 31.07.2006, woraufhin die Beklagte eine Begutachtung
des Klägers durch den MDK veranlasste.
Im MDK-Gutachten kam Frau Dr.B. nach einer ambulanten Untersuchung vom 21.07.2006 zu dem Ergebnis, der Kläger sei ab diesem
Tag nicht mehr arbeitsunfähig. Trotz geschilderter Schmerzen könne der Kläger leichte Arbeiten in Wechselhaltung ohne Notwendigkeit
des häufigen Bückens und schweren Tragens verrichten.
Mit streitigem Bescheid vom 26.07.2006 stellte die Beklagte daraufhin die Zahlung des Krankengeldes mit Ablauf des 30.07.2006
ein und wies den Kläger darauf hin, sich umgehend bei der Agentur für Arbeit zu melden, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.
Sein Arzt könne unter Darlegung seiner Gründe ein Zweitgutachten beantragen, wenn er der Meinung sei, dass aus medizinischer
Sicht eine Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht möglich sei bzw. der MDK den Sachverhalt unzutreffend wiedergegeben
habe. Der Kläger wandte sich daraufhin an die zuständige Agentur für Arbeit und bezog ab dem 01.08.2006 Alg-II-Leistungen.
Mit seinem Widerspruch gegen den Bescheid vom 26.07.2006 machte der Kläger im Wesentlichen geltend, er könne das Gutachten
des MDK nicht akzeptieren, da dies nicht sorgfältig erstellt worden sei. Im Übrigen habe er Folgetermine bei einem Neurologen
wegen weiterer Untersuchungen. Weiter sei auch nicht geklärt worden, ob durch den Unfall eine Verschlechterung der Dystrophie
in Betracht komme, da weder vom M. noch vom MDK darauf eingegangen worden sei.
Mit Auszahlschein vom 31.07.2006 wurde durch das M. A-Stadt die Arbeitsunfähigkeit bis 31.08.2006 verlängert. Ein medizinisch
begründeter Widerspruch durch den behandelnden Arzt erfolgte nicht. Nach einem Aktenvermerk der BG vom 06.11.2006 bescheinigte
der Arzt Dr. G. die Arbeitsunfähigkeit definitiv nur bis zum 20.06.2006. Der Kläger sei am 27.07.2006 wieder in der Praxis
erschienen und habe angegeben, dass die Arbeitsunfähigkeit vom MDK bis 31.07.2006 anerkannt worden sei. Bei dem Auszahlschein
sei ein Fehler unterlaufen, denn die Arzthelferin habe dem Arzt lediglich den Auszahlschein hingelegt und gesagt, dieser müsse
noch unterschrieben werden, was dann auch erfolgt sei. Dies habe aber nichts mit dem Unfall zu tun.
Gegenüber dem Unfallversicherungsträger wurde vom M. am 22.06.2006 bestätigt, dass der Kläger am 20.06.2006 aus der ambulanten
Behandlung entlassen worden und ab diesem Zeitpunkt arbeitsfähig gewesen sei. Eine weitere ärztliche Behandlung sei nicht
mehr erforderlich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit der dagegen zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Nach Beiziehung von Befundberichten hat das Gericht Beweis
erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Dr. A. vom 13.12.2007. Zusammengefasst kam der Sachverständige
zu dem Ergebnis, der Kläger habe in der Zeit nach dem 30.07.2006 sowohl eine Tätigkeit als Vertriebsmitarbeiter oder eine
vergleichbare Tätigkeit wie auch eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten können. Im
Normalfall würden die Prellungen, die der Kläger am 20.02.2006 erlitten habe, innerhalb von 18 Wochen folgenlos ausheilen.
Gegebenenfalls habe die beim Kläger bestehende Muskelerkrankung zu einem verzögertem Heilungsverlauf geführt, wobei bei der
Begutachtung durch Frau Dr. B. jedoch ein vollschichtiges Leistungsvermögen vorgelegen habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.01.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Da das zur Arbeitsunfähigkeit führende Ereignis, nämlich der Arbeitsunfall vom 20.02.2006, als entschädigungspflichtiger
Arbeitsunfall anerkannt wurde, seien Leistungen anlässlich der durch den Arbeitsunfall ausgelösten Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich
vom Unfallversicherungsträger zu erbringen. Dieser habe die Arbeitsunfähigkeit bis zum 19.06.2006 anerkannt. Hiergegen sei
der Kläger rechtlich nicht vorgegangen, so dass insoweit ein bestandskräftiger Bescheid vorläge. Ein Anspruch gegen den Träger
der gesetzlichen Krankenversicherung käme deshalb allenfalls dann in Betracht, wenn es sich um eine neue, vom Arbeitsunfall
unabhängige Erkrankung handeln würde. Hierfür lägen aber keine Anhaltspunkte vor. Dies gelte selbst für den Fall, dass aufgrund
der beim Kläger vorhandenen Muskeldystrophie eine Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes eingetreten wäre bzw. es zu
einer verzögerten Heilung der erlittenen Prellungen gekommen wäre.
Unabhängig von dem generellen Ausschluss eines Leistungsanspruchs wegen §
11 Abs.4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) sei auch objektiv festzustellen, dass eine Arbeitsunfähigkeit über den von der Beklagten bereits anerkannten Zeitpunkt 30.07.2006
hinaus nicht nachgewiesen werden könne. Der Sachverständige habe auch unter Beachtung der beim Kläger offenbar bestehenden,
allerdings in der Akte nicht dokumentierten Muskeldystrophie, eine Arbeitsfähigkeit spätestens zum Zeitpunkt der Begutachtung
durch den MDK festgestellt. Es sei nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen, dass er zum fraglichen Zeitpunkt
wegen seiner Muskeldystrophie in ärztlicher Behandlung gewesen sei, so dass auch insoweit nicht vom Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit
des Klägers für leichte Tätigkeiten wie die Tätigkeit als Vertriebsmitarbeiter oder eine vergleichbare leichte Tätigkeit des
allgemeinen Arbeitsmarktes angenommen werden könne.
Gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 03.01.2008 richtet sich die Berufung des Klägers. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen weist er darauf hin, im November
2006 einen Termin bei Dr. P. M. in A-Stadt gehabt zu haben. Dieser habe ihn sofort wieder krank geschrieben mit den Worten,
dass es unmöglich sei, dass er eine Schulungsmaßnahme im Sitzen absolvieren solle. Es wurden vorgelegt Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
beginnend ab 21.11.2006.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 03.01.2008 sowie den zugrunde liegenden Bescheid der Beklagten vom 26.07.2006
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 30.07.2006
hinaus bis in den November 2006 Krankengeld zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Ergänzend verweist sie auf einen Versicherungsverlauf des Klägers,
woraus sich u.a. ergibt, dass sich dieser vom 01.08. bis 30.11.2006 im Alg-II-Bezug befand.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der beigezogenen Akten sowie der gewechselten
Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -). Auch ist der Beschwerdewert des §
144 Abs.1 Nr.1
SGG erreicht, da der Senat davon ausgeht, dass der Kläger eine Krankengeldzahlung bis in den November 2006 von der Beklagten
begehrt.
Der Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 03.01.2008 ist zutreffend und gibt die Rechtslage korrekt wieder, der Senat nimmt
darauf Bezug (§
153 Abs.2
SGG).
Zutreffend hat das SG festgestellt, dass der Kläger über den 30.07.2006 hinaus keinen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld hat. Nochmals wird ausdrücklich
auf das Ergebnis des vom SG eingeholten Sachverständigengutachtens von Dr. A. vom 13.12.2007 verwiesen. Danach steht fest, dass der Kläger in der Zeit
nach dem 30.07.2006 sowohl eine Tätigkeit als Vertriebsmitarbeiter oder eine vergleichbare Tätigkeit wie auch eine leichte
Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten konnte. Der Sachverständige hat in seine Beurteilung insbesondere
auch den Befundbericht von Dr. G. vom 15.10.2007 mit einbezogen. Danach ergaben sowohl der Unfallhergang als auch die komplett
durchgeführte Diagnostik keinen Hinweis auf wesentliche unfallbedingte Veränderungen, so dass aus der Sicht von Dr. G. die
Arbeitsfähigkeit "eigentlich" zum April 2006 hätte wieder eintreten müssen. Insbesondere fanden sich auch bei der Erstuntersuchung
keine wesentlichen Prellmarken und es waren insbesondere auch keine neurologischen Störungen zu bemerken. Am Außenknöchel
bestand keine nennenswerte Schwellung, keine Bewegungseinschränkung, der Bandhalt war fest und es bestand keine wesentliche
Schmerzhaftigkeit. Die periphere Durchblutung und Sensibilität waren intakt. Auch die sofort durchgeführte Röntgendiagnostik
an Brust- und Lendenwirbelsäule, an der linken Thoraxhälfte und am linken Sprunggelenk erbrachten keine knöcherne Verletzung.
Auch Frau Dr. B. vom MDK vertrat anlässlich der ambulanten Untersuchung des Klägers am 21.07.2006 die Auffassung, dass unter
Berücksichtigung des erhobenen Untersuchungsbefundes sowie vorliegender fachärztlicher Befunde der Kläger nicht mehr arbeitsunfähig
sei. Trotz Schmerzangabe seien leichte Arbeiten in Wechselhaltung, ohne Notwendigkeit des häufigen Bückens und schweren Tragens
zumutbar.
Unabhängig von den genannten eindeutigen medizinischen Befunden liegen aber auch für die Krankengeldzahlung über den 30.07.2006
hinaus die erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen nicht vor.
Nach §
44 Abs.1 Satz 1
SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse
stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§
23 Abs.4, §§
24,
40 Abs.2 und §
41 SGB V) behandelt werden.
Anspruch auf Krankengeld entsteht nach § 46 Satz 1 von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit
folgt. Unabdingbare Voraussetzung ist somit eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Über den 30.07.2006 hinaus
liegt zwar der Auszahlungsschein vom 31.07.2006 vor, wonach Arbeitsunfähigkeit bis 31.08.2006 bescheinigt wurde. Vom behandelnden
Arzt Dr. G. wurde jedoch am 06.11.2006 mitgeteilt, dass der Auszahlungsschein fehlerhaft und lediglich versehentlich erstellt
worden sei.
Hinzu kommt, dass gemäß §
11 Abs.4
SGB V auf die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch auf Krankengeld dann kein Anspruch besteht, wenn sie
als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind.
Da das zur Arbeitsunfähigkeit führende Ereignis, nämlich der Arbeitsunfall vom 20.02.2006, als entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall
vom zuständigen Unfallversicherungsträger anerkannt wurde, sind Leistungen anlässlich der durch den Arbeitsunfall ausgelösten
Arbeitsunfähigkeit vom Unfallversicherungsträger zu erbringen. Dieser hat vorliegend Arbeitsunfähigkeit bis zum 19.06.2006
anerkannt, wogegen sich der Kläger auch nicht gewandt hat.
Insgesamt steht somit dem Kläger unter keinem Aspekt Krankengeld über den 30.07.2006 hinaus zu, weshalb die Berufung gegen
den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 03.01.2008 zurückzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.
Gründe, die Revision gemäß §
160 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.