Verschiebung des Bemessungszeitraums für die Elterngeldberechnung
Wegfall von Arbeitsentgelt aufgrund der Erkrankung eines älteren Kindes
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft das Begehren der Klägerin, für Betreuung und Erziehung ihrer Tochter E. A., geb. 01.08.2017, höheres
Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zu erhalten.
Die Klägerin hat ihren Wohnsitz seit jeher in Deutschland. Mit E.s Vater war sie im Elterngeld-Bezugszeitraum verheiratet
und lebte mit diesem in einem gemeinsamen Haushalt. Neben E. gehörte dem Haushalt der Familie A. auch das Kind B., geb. 26.09.2009,
an. B. ist von Geburt an schwer gesundheitlich beeinträchtigt, in erster Linie durch eine Hirnschädigung mit Entwicklungsrückstand.
Für ihn sind ein Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertenrecht von 100 sowie die Merkzeichen G, aG, B und H festgestellt.
Von 2010 an erlitt B. zahlreiche Knochenfrakturen, teilweise durch Bagatelltraumata verursacht. So kam der Verdacht auf, er
könnte an Osteogenesis Imperfekta (so genannte Glasknochenkrankheit) erkrankt sein. Dieser Verdacht hat sich aber bis heute
nicht bestätigt. Erwiesen ist jedoch, dass B. aufgrund einer schlechten beziehungsweise veränderten Knochenstruktur und seiner
Immobilität ein erhöhtes Risiko hat, Knochenfrakturen zu erleiden.
Vor E.s Geburt stand die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis mit der D. GmbH (im Folgenden: GmbH). Nach eigener Darstellung
betätigt sich die GmbH als Outsourcingpartner für hochwertige Kundendialoge (Callcenter). Die Klägerin übte eine Teilzeittätigkeit
im Umfang von 30 Wochenstunden aus.
Im Zeitraum 28.06. bis 04.10.2017 erhielt die Klägerin von ihrer Krankenkasse Mutterschaftsgeld in Höhe von 13 EUR täglich.
Parallel zahlte die GmbH einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld gemäß §
14 des
Mutterschutzgesetzes.
Die Klägerin beantragte am 15.08.2017 (Eingang beim Beklagten) Elterngeld für die Erziehung und Betreuung von E. in deren
Lebensmonaten eins bis zwölf. Sie bat zu berücksichtigen, dass aufgrund B.s Behinderung häufiger eine Betreuung durch sie
entweder in einem Krankenhaus oder zuhause notwendig sei. In diesem Fall kürze die GmbH das Gehalt um die Ausfallzeit; stattdessen
erhalte sie, die Klägerin, Leistungen von der Krankenkasse.
Die Klägerin reichte beim Beklagten Verdienstabrechnungen der GmbH für den Zeitraum Juni 2016 bis Mai 2017 ein. Die Vergütungen
setzten sich aus den jeweils als laufenden Arbeitslohn deklarierten Bestandteilen Gehalt, Zulage für Arbeiten zu besonderen
Zeiten sowie Arbeitgeberanteil zu vermögenswirksamen Leistungen zusammen. Letzterer betrug in jedem Monat konstant 20 EUR.
Die Komponente "Gehalt" war folgendermaßen ausgewiesen:
Juni 2016
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2.401,75 EUR
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Juli 2016
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2.161,57 EUR
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August 2016
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2.434,75 EUR bei einem Abzug von 243,48 EUR
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September 2016
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2.434,75 EUR
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Oktober 2016
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2.434,75 EUR bei einem Abzug von 243,48 EUR
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November 2016
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2.434,75 EUR
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Dezember 2016
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2.110,12 EUR
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Januar 2017
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2.434,75 EUR bei einem Abzug von 730,43 EUR
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Februar 2017
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2.434,75 EUR
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März 2017
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2.353,59 EUR bei einem Abzug von 730,42 EUR
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April 2017
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1.866,64 EUR
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Mai 2017
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2.434,75 EUR.
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Die Zulagen für Arbeit zu besonderen Zeiten betrugen im Juli 2016 1,50 EUR, im August 2016 4 EUR, im September 2016 2,25 EUR,
im Oktober 2016 1 EUR und im April 2017 0,75 EUR.
Neben diesen laufenden Bezügen tauchten in den Monaten Juni und Juli 2016 Kindergartenzuschüsse von jeweils 33 EUR monatlich
auf. Im März 2017 wurde Ersatz für Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 12 EUR geleistet, im April 2017 ein Sonntagszuschlag
von 25 EUR. Alle diese Entgeltkomponenten waren steuerfrei.
Die GmbH erstellte unter dem Datum 16.08.2017 eine Verdienstbescheinigung gemäß § 9 BEEG. Darin sind als laufendes steuerpflichtiges Bruttoeinkommen exakt die monatlichen Beträge angegeben, die sich jeweils bei
einer Addition sämtlicher in den Verdienstabrechnungen als laufenden Arbeitslohn ausgewiesenen Entgeltbestandteile - und bei
Berücksichtigung der im August 2016, Oktober 2016, Januar 2017 und März 2017 getätigten Abzüge - ergeben.
Zudem legte die Klägerin diverse Schreiben ihrer Krankenkasse vor. Zum Teil handelte es sich um Leistungsbewilligungen für
B. A., wobei jeweils Verdienstausfall für einen stationären Krankenhausaufenthalt - vermutlich auf der Grundlage von §
11 Abs.
3 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch (
SGB V) - gewährt wurde. Im Übrigen dokumentierten die Schreiben jeweils die Zahlung von Krankengeld an die Klägerin.
Mit Bescheid vom 06.09.2017 bewilligte der Beklagte der Klägerin Elterngeld unter dem Vorbehalt des Widerrufs antragsgemäß
für E.s Lebensmonate eins bis zwölf. Die monatlichen Leistungen betrugen im ersten und zweiten Lebensmonat jeweils null, im
dritten 867,24 EUR und in den weiteren jeweils 995,80 EUR. Als Bemessungszeitraum zog der Beklagte den Zeitraum Juni 2016
bis Mai 2017 heran. In jedem der zwölf Monate des Bemessungszeitraums setzte er - in gänzlicher Übereinstimmung mit der Verdienstbescheinigung
gemäß § 9 BEEG - als zu berücksichtigendes Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit genau den Betrag an, der in den Verdienstabrechnungen
als laufender Arbeitslohn gekennzeichnet war, also das Gehalt, der Arbeitgeberanteil zu den vermögenswirksamen Leistungen
sowie die Zulagen für Arbeit zu besonderen Zeiten. Die übrigen Entgeltbestandteile fanden keine Berücksichtigung. Nach Abzug
des Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 83,33 EUR pro Monat ergab sich für das Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit
eine Summe von 25.238,65 EUR. Der Beklagte kam auf ein monatliches Elterngeld-Brutto von 2.103,23 EUR, woraus er wiederum
ein Elterngeld-Netto von monatlich 1.392,73 EUR errechnete; darauf wandte er einen Leistungssatz von 65% an. Schließlich wurde
ein Geschwisterbonus in Höhe von monatlich 90,53 EUR addiert.
Am 22.09.2017 legte die Klägerin gegen den Bewilligungsbescheid Widerspruch ein. Diesen begründete sie damit, bei Krankengeld,
das für die Betreuung eines Kindes gewährt werde, müsse nach verfassungsgemäßer Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung in gleicher
Weise eine Ausnahme im Hinblick auf die Verlagerung des Bemessungszeitraums gelten wie für schwangerschaftsbedingte Erkrankungen.
In beiden Fällen opfere sich die Mutter für ihre Kinder gleichermaßen auf. Der einzige Unterschied bestehe darin, dass sich
hier die Mutter für ein Kind aufopfere, das bereits auf der Welt sei.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2017 als unbegründet zurück. Er führte zur Begründung
aus, bei § 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG handle es sich um eine abschließende Aufzählung der Ausklammerungstatbestände. Der Bezug von Krankengeld für die Betreuung
des älteren Sohnes stelle somit keinen Ausklammerungstatbestand im Sinn der Bestimmungen des BEEG dar.
Am 02.11.2017 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Bayreuth erhoben. Im Zuge dessen hat sie eine Klageschrift in einem
zivilrechtlichen Schadensersatzprozess (B. A. als Kläger) sowie diverse medizinische Unterlagen, die B. betreffen, eingereicht.
Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren die Ansicht vertreten, es verkörpere ein verfassungswidriges Unterlassen des
Gesetzgebers, dass § 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG nicht den Fall des Bezugs von Krankengeld für die krankheitsbedingte Betreuung eines anderen Kindes aufführe. Es liege ein
Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vor.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 29.01.2019 ohne mündliche Verhandlung gemäß §
124 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) abgewiesen. Die von der Klägerin gewünschte Verlagerung des Bemessungszeitraums, so das Sozialgericht zur Begründung, sei
nicht möglich. Ein Tatbestand des § 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG sei nicht erfüllt. Die Aufzählung der Ausklammerungstatbestände sei auch nach der Gesetzesänderung zum 01.01.2015 abschließend.
§ 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG habe Ausnahmecharakter. Verfassungsrechtliche Bedenken deswegen seien im Hinblick auf Art.
3 Abs.
1 des
Grundgesetzes (
GG) nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber habe im Bereich des Sozialrechts einen weiten Gestaltungsspielraum. Weiterer Ausklammerungstatbestände
bedürfe es nicht. Das Sozialgericht hat insoweit auf einen Vorschlag des Deutschen Juristinnenbundes e. V. zum Entwurf eines
Ersten Gesetzes zur Änderung des BEEG hingewiesen. Da es sich, so das Sozialgericht weiter, beim Elterngeld um steuerfinanzierte Sozialleistungen handle, komme
dem Gesetzgeber bei seinen rechtspolitischen Entscheidungen ein besonders großer Einschätzungsspielraum zu. Außerdem dürfe
der Gesetzgeber insbesondere bei der Ordnung von Massenerscheinungen generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen
verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Die mit der
Typisierung verbundene Belastung sei hinzunehmen, wenn die durch sie eintretenden Härten oder Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig
kleine Zahl von Personen beträfen und nicht eine, wenn auch zahlenmäßig begrenzte, Gruppe typischer Fälle. Hinzunehmen sei
aber nur die mit einer Typisierung verbundene Belastung, wenn die mit ihr einhergehenden Härten nicht besonders schwer wögen
und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären. Von § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BEEG werde nur die unmittelbar schwangerschaftsbedingte Erkrankung der berechtigten Person erfasst mit dem daraus unmittelbar
folgenden Wegfall von Erwerbseinkommen. Der mittelbare Einkommenswegfall aus anderen Gründen enthalte keine vergleichbare
Sachlage, denn dieser beruhe auf einem eigenen Entschluss der betreuenden beziehungsweise pflegenden berechtigten Person.
Der Einkommensausfall realisiere sich in diesen Fällen aufgrund eines allgemeinen Erwerbsrisikos. Dieses solle gerade nicht
bei der Bemessung der Leistungshöhe berücksichtigt werden. Der Beklagte habe die Entgeltersatzleistungen der Krankenkasse
zu Recht nicht als bemessungsrelevant behandelt. Nach den klaren gesetzlichen Vorgaben des § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG seien nur solche positiven Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu berücksichtigen, die im Inland zu versteuern seien.
Der Gesetzgeber sei sich von Anfang an darüber im Klaren gewesen, mit dem Verweis auf den steuerrechtlichen Einkommensbegriff
steuerfreie Einnahmen von der Elterngeldbemessung auszunehmen.
Am 04.03.2019 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie bringt vor, der Gesetzgeber habe es verfassungswidrig unterlassen,
den bei der Klägerin vorliegenden Einkommenswegfall mit dem einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung gleich zu behandeln.
Entgegen dem Sozialgericht beruhe der Einkommenswegfall der Klägerin genauso wenig auf einem eigenen Entschluss oder auf der
Realisierung eines allgemeinen Erwerbsrisikos wie eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung. Denn in beiden Fällen erleide
die betroffene Person als Mutter unfreiwillig einen Einkommensverlust. Der Gesetzgeber habe den Fall der Klägerin vermutlich
übersehen. Der allgemeine Gleichheitssatz sei verletzt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 29.01.2019 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 06.09.2017
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2017 zu verurteilen, ihr höheres Elterngeld für den Zeitraum dritter bis
zwölfter Lebensmonat der Tochter E. (01.10.2017 bis 31.07.2018) zu gewähren und hierbei die Monate Juli, August, Oktober und
Dezember 2016 sowie Januar, März und April 2017 bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums auszuklammern.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des Sozialgerichts für richtig. Es könne nicht davon ausgegangen werden, so der Beklagte, dass der Gesetzgeber
den von der Klägerin geforderten Tatbestand vergessen habe.
Der Senat hat am 12.07.2019 einem Erörterungstermin durchgeführt. In diesem Rahmen hat er - in der Niederschrift festgehalten
- die Beteiligten davon in Kenntnis gesetzt, er beabsichtige, durch Beschluss nach §
153 Abs.
4 SGG zu entscheiden, und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Die Akten haben vorgelegen, sind als Streitstoff in das Verfahren eingeführt worden und Gegenstand der Entscheidungsfindung
gewesen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Der Senat entscheidet durch Beschluss gemäß §
153 Abs.
4 SGG. Er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich. Das Ergebnis des
Rechtsstreits erscheint klar und die Klägerin hatte in einem Erörterungstermin Gelegenheit, ihre Sicht der Dinge darzulegen.
Zudem hat das Sozialgericht durch Urteil entschieden; es liegt also kein Fall des §
105 Abs.
2 Satz 1
SGG vor (vgl. §
153 Abs.
4 Satz 1
SGG). Dass es sich bei der erstinstanzlichen Entscheidung um ein Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß §
124 Abs.
2 SGG handelt, steht einer Entscheidung durch Beschluss nach §
153 Abs.
4 SGG nicht entgegen (vgl. Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Aufl. 2017, §
153 Rn. 62; Keller in Meyer-Ladewig/ ders./Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Auflage 2017, §
153 Rn. 14). Die Beteiligten sind vorher gehört worden (§
153 Abs.
4 SGG). Einwände gegen eine Entscheidung durch Beschluss nach §
153 Abs.
4 SGG hat die Klägerin nicht erhoben.
Streitgegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist die Höhe des Elterngelds für den dritten bis zwölften
Lebensmonat von E.. Die Anfechtungsklage richtet sich gegen den Bewilligungsbescheid vom 06.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 10.10.2017. Bei dem hier vorliegenden Höhenstreit ist der Streitgegenstand grundsätzlich nicht auf ein einzelnes Berechnungselement
beschränkt. Vielmehr prüft der Senat innerhalb der Grenzen des klägerischen Antrags unter allen tatsächlichen und rechtlichen
Facetten, ob der Klägerin höhere Leistungen zustehen. So ist unerheblich, dass die Klägerin mit ihrem Vorbringen stets nur
am Bemessungszeitraum angesetzt, nie aber gefordert hat, die Entgeltersatzleistungen ihrer Krankenkasse müssten wie Erwerbseinkommen
bemessungsrelevant sein. Andererseits berücksichtigt der Senat auch solche Aspekte, die das von der Klägerin begehrte Optimum
auf anderem Weg wieder reduzieren.
Die Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs dem Grunde nach liegen unzweifelhaft vor. Dies ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Satz 1 BEEG in der seit 01.01.2015 geltenden Fassung. Danach hat Anspruch auf Elterngeld, wer
1. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
2. mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
Alle diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin. Sie hatte während des gesamten Bezugszeitraums ihren Wohnsitz und gewöhnlichen
Aufenthalt in Deutschland, lebte mit E. in einem Haushalt, betreute und erzog sie selbst und übte entsprechend ihrer Ankündigung
im Elterngeldantrag während des Bezugszeitraums keine Erwerbstätigkeit aus. Ein ordnungsgemäßer Antrag lag vor. Der Ausschlusstatbestand
des § 1 Abs. 8 BEEG ist nicht erfüllt, weil das zu versteuernde Einkommen beider Elternteile zusammen im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum
vor der Geburt unter 500.000 EUR blieb.
Entgegen der Ansicht der Klägerin hat der Beklagte die Höhe des Elterngelds zutreffend festgesetzt. Die Basisnorm für die
Bemessung des Elterngelds ist § 2 Abs. 1 und 2 BEEG. Soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung, lauten diese Regelungen wie folgt:
"(1) 1Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. 2Es wird
bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen
aus Erwerbstätigkeit hat. 3Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die
Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus
2 ...,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b
... hat.
(2) ... 2In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200 Euro war, sinkt der Prozentsatz
von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1.200 Euro überschreitet, auf bis
zu 65 Prozent."
Eine zeitliche Spezifizierung des Normteils "vor der Geburt des Kindes" erfolgt in § 2b Abs. 1 Satz 1 BEEG. Danach sind für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt die zwölf Kalendermonate
vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich. Eine Verschiebung des Bemessungszeitraums erfolgt hinsichtlich der Ermittlung
des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit unter den Voraussetzungen des § 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG:
Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz 1 bleiben Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person
1. im Zeitraum nach § 4 Absatz 1 Satz 1 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat,
2. während der Schutzfristen nach §
3 Absatz
2 oder §
6 Absatz
1 des
Mutterschutzgesetzes nicht beschäftigt werden durfte oder Mutterschaftsgeld nach dem
Fünften Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat,
3. eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war, oder
4. Wehrdienst nach dem Wehrpflichtgesetz in der bis zum 31. Mai 2011 geltenden Fassung oder nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes oder Zivildienst nach dem
Zivildienstgesetz geleistet hat und in den Fällen der Nummern 3 und 4 dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte.
Die Klägerin verlangt, dass bei ihr diejenigen Kalendermonate, in denen sie wegen der krankheitsbedingten Betreuung von B.
einen Verdienstausfall hinnehmen musste, nicht zum Bemessungszeitraum zählen und stattdessen eine entsprechende Rückverlagerung
des Referenzzeitraums erfolgt. Dafür existiert keine Rechtsgrundlage. § 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG stellt, wie das Sozialgericht zutreffend bemerkt hat, eine abschließende Regelung dar und sieht keinen den Fall der Klägerin
erfassenden Tatbestand für eine Verschiebung des Bemessungszeitraums vor. Nach allen Regeln juristischer Auslegung ist es
unmöglich, die Krankheit eines älteren Kindes unter einen der vier Tatbestände zu subsumieren, welche de lege lata eine Verlagerung
des Bemessungszeitraums bewirken.
Das bedeutet für die Klägerin, dass lediglich die Zeit des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots vor der Geburt -
also die Zeit ab 28.06.2017 - gemäß § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BEEG zu einer entsprechenden Verschiebung des Bemessungszeitraums führt. Der Beklagte hat demnach zutreffend die Phase Juni 2016
bis Mai 2017 als Bemessungszeitraum herangezogen.
Und er hat richtiger Weise davon abgesehen, die währenddessen von der Krankenkasse gewährten Entgeltersatzleistungen - einerseits
Ersatz von Verdienstausfall auf der Grundlage von §
11 Abs.
3 SGB V, andererseits so genanntes Kinderkrankengeld nach §
45 SGB V - bei der Leistungsbemessung zu berücksichtigen. Denn diese Entgeltersatzleistungen gehören nicht zu den nach § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG bemessungsrelevanten Einkünften. Auf der Basis der BSG-Rechtsprechung zum Krankengeld, Arbeitslosengeld und Verletztengeld (Urteile vom 17.02.2011 - B 10 EG 20/09 R, Rn. 24 ff. des juris-Dokuments; vom 17.02.2011 - B 10 EG 21/09 R, Rn. 23 ff. des juris-Dokuments; vom 18.08.2011 - B 10 EG 8/10 R, Rn. 19 ff. des juris-Dokuments) können auch die Entgeltersatzleistungen nach §
11 Abs.
3 und §
45 SGB V nicht zum Arbeitslohn im Sinn von §
19 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 des
Einkommensteuergesetzes (
EStG) gezählt werden. Überdies wären sie gemäß §
3 Nr. 1 Buchstabe a
EStG steuerfrei, weswegen sie wiederum nicht der Summe der positiven Einkünfte im Sinn von § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG zugerechnet werden können (vgl. nur BSG, Urteil vom 25.06.2009 - B 10 EG 9/08 R, Rn. 22 ff. des juris-Dokuments).
Das gesetzte Recht bietet somit keine Handhabe, bezüglich des Elterngelds den Nachteil der Klägerin, der mit dem Verdienstausfall
im Zeitraum Juni 2016 bis Mai 2017 einhergeht, abzuwenden. Dieser Effekt kann auch nicht über eine analoge Anwendung gesetzlicher
Vorschriften erzielt werden. Entsprechend den rechtlichen Ursachen dieses elterngeld-rechtlichen Nachteils sind für eine analoge
Gesetzesanwendung zwei Modelle denkbar: einmal die analoge Anwendung einer der Tatbestände des § 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG, zum andern die analoge Anwendung von § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG, um die Krankengeldleistungen quasi als Erwerbseinkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit zu fingieren. Beide Ansatzpunkte
gehen ins Leere.
Die analoge Anwendung von Gesetzen stellt ein anerkanntes und grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässiges Instrument der
Rechtsfindung dar (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 14.02.1973 - 1 BvR 112/65). Das gilt in erster Linie für das Zivilrecht. Aber auch im Sozialrecht sind Gesetzesanalogien nicht ausgeschlossen, sofern
die grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte sowie der im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gesetzesvorbehalt gewahrt bleiben. Während
mit Hilfe der Auslegung von Gesetzen der Inhalt des positiv Geregelten ermittelt wird, betrifft die Gesetzesanalogie Rechtsbereiche,
in denen es an einer gesetzlichen Regelung fehlt. Unter bestimmten Voraussetzungen können und müssen Regelungslücken dadurch
geschlossen werden, dass vergleichbare positive Regelungen entsprechend herangezogen werden (vgl. Senatsurteil vom 04.12.2018,
L 9 EG 12/17, Rn. 53 des juris-Dokuments). Die analoge Anwendung von Gesetzen hat ein wesentliches Anwendungsfeld dort, wo es darum geht,
mit Hilfe dieser juristischen Methode das Verdikt der Verfassungswidrigkeit einer unvollständigen Regelung zu vermeiden; sie
tritt aber keineswegs ausschließlich im Kontext verfassungsrechtlicher Probleme auf. Um die Gefahr zu minimieren, dass Gerichte
bei der Schaffung von "Richterrecht" die durch Art.
20 Abs.
3 GG definierten Grenzen ihrer Kompetenz zum Nachteil der legislativen Gewalt überschreiten, sind Gesetzesanalogien nicht ohne
weiteres zulässig. Das gilt schon für das Zivilrecht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.02.1973 - 1 BvR 112/65, Rn. 40 des juris-Dokuments) und erst recht im öffentlichen Recht. Die Voraussetzungen für eine Gesetzesanalogie liegen vor,
wenn eine (anfängliche oder nachträgliche) Gesetzeslücke besteht, der nicht geregelte Tatbestand dem gesetzlich festgelegten
ähnlich ist und beide Tatbestände wegen ihrer Ähnlichkeit gleich zu bewerten sind (vgl. BSG, Urteil vom 26.07.1989 - 11/7 RAr 87/87; stRspr).
Im vorliegenden Fall fehlt es schon an der ersten Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Analogie im Sinn der Klägerin,
nämlich an einer Gesetzeslücke. Eine relevante Gesetzeslücke liegt nicht schon bei jeglichem Regelungsdefizit vor. Vielmehr
muss es sich um eine "planwidrige" Regelungslücke handeln (vgl. BSG, Urteil vom 28.07.1999 - B 9 V 18/98 R). Das ist dann der Fall, wenn das betreffende Gesetz etwas nicht regelt, was es nach seinem Regelungskonzept und seiner Entstehungsgeschichte
"eigentlich" hätte regeln sollen (vgl. BSG, Urteil vom 26.06.2007 - B 4 R 19/07 R). Eine solche planwidrige Regelungslücke des BEEG vermag der Senat nicht zu erkennen.
- Dass die streitigen Leistungen der Krankenkasse an die Klägerin nicht in analoger Anwendung von § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG bemessungsrelevant gestaltet werden können, erschließt sich schon auf den ersten Blick. Denn mit einer solchen Analogie würde
keine planwidrige Regelungslücke geschlossen, sondern die ausdrückliche, positive und bewusste Regelung des Gesetzgebers,
eben ausschließlich Erwerbseinkommen und nur bestimmte steuerrechtliche Einkunftsarten zu berücksichtigen, schlichtweg ignoriert.
- Anders als die Klägerin meint, liegt auch im Hinblick auf die Verschiebetatbestände des § 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG keine planwidrige Regelungslücke vor (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 10 EG 1/08 R, Rn. 20 des juris-Dokuments). Das Sozialgericht hat überzeugend begründet, dass es Ansicht des Gesetzgebers war und ist,
weiterer Ausklammerungstatbestände bedürfe es nicht. Sämtliche Gesetzgebungsmaterialien, die den Bemessungszeitraum betreffen,
belegen, dass die Frage der Ausklammerungstatbestände oder Verschiebetatbestände ständig Thema gewesen ist und den Gesetzgeber
permanent und in ihrer gesamten Bandbreite beschäftigt hat. Allein die vom Sozialgericht zitierte Stellungnahme des Deutschen
Juristinnenbundes vom 01.09.2008 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BT-Drucksache 16/9415) belegt eindrucksvoll, wie frühzeitig und wie detailliert und facettenreich die Gesetzgebungsverfahren
mit entsprechenden Problemen "belastet" waren. Vor diesem Hintergrund mutet es lebensfremd und allzu sehr am Klageerfolg orientiert
an, dass die Klägerin weiterhin behauptet, der Gesetzgeber habe die bei ihr gegebene Problemkonstellation schlichtweg vergessen.
Das am Maßstab des einfachen Gesetzesrechts gewonnene eindeutige Ergebnis wird nicht durch Verfassungsrecht in Frage gestellt.
Dass das Gesetz keine Regelung enthält, wonach Kalendermonate, die mit Verdienstausfall belegt sind, der aufgrund der Krankheit
eines älteren Kindes entstanden ist, nicht zum Bemessungszeitraum zählen, verstößt nicht gegen Art.
3 Abs.
1 GG. Zur Begründung bezieht sich der Senat voll und ganz auf die vorhandene ausführliche BSG-Rechtsprechung zu sozialrechtlichen Entgeltersatzleistungen: Urteil vom 17.02.2011 - B 10 EG 20/09 R, Rn. 34 ff. des juris-Dokuments (Krankengeld); Urteil vom 17.02.2011 - B 10 EG 21/09 R, Rn. 33 ff. des juris-Dokuments (Arbeitslosengeld); Urteil vom 18.08.2011 - B 10 EG 8/10 R, Rn. 26 ff. des juris-Dokuments (Verletztengeld); Urteil vom 21.02.2013 - B 10 EG 12/12 R, Rn. 71 ff. des juris-Dokuments (Insolvenzgeld). Die dortigen Ausführungen des BSG zur verfassungsrechtlichen Problematik passen voll auch auf die hier streitigen Entgeltersatzleistungen gemäß §
11 Abs.
3 und §
45 SGB V.
An der verfassungsrechtlichen Beurteilung ändert nichts, dass der Klägerin Verdienstausfall gerade aus der "Aufopferung für
ein Kind" - wie sie es in der Widerspruchsbegründung formuliert hat - entstanden ist.
(a) Der Regelungsspielraum des Gesetzgebers ist in sozialleistungsrechtlichen Sektoren wie dem Elterngeldrecht, das - außerhalb
eines Versicherungsmodells - allein auf staatlicher Gewährleistung beruht und keineswegs als letztes soziales Auffangnetz
dient, denkbar weit. Das Elterngeld ist geschaffen worden, um für erwerbstätige Eltern - auch Besserverdiener - einen finanziellen
Anreiz zu schaffen, ihre Erwerbstätigkeit zugunsten von Betreuung und Erziehung eines Kleinkindes zu unterbrechen. Es handelt
sich um eine besondere staatliche Vergünstigung, um das Elternsein "attraktiver" zu machen. Zum Grundrecht auf Gewährleistung
eines menschenwürdigen Existenzminimums bestehen keinerlei rechtliche Assoziationen, was die Gesetzgebung - wie etwa im Grundsicherungsrecht
- in der Tat stark determinieren und lenken würde. Im Gegenteil: Nutznießer des Elterngelds sind sehr häufig Personen, die
nicht wirklich bedürftig im engeren Sinn sind. Es handelt sich um eine Sonderzuwendung, zu der der Staat nicht gezwungen ist.
Angesichts seines großen Spielraums darf der Gesetzgeber selbstredend auch typisierende und pauschalierende Regelungen treffen.
Ausnahmslose Einzelfallgerechtigkeit muss und kann er nicht herstellen. Von daher kann auch nicht gefordert werden, das Elterngeldrecht
müsse eine allgemeine Härteregelung vorsehen, über die die Verwaltung im Einzelfall zu befinden habe; der damit verbundene
Verwaltungsaufwand wäre unvertretbar, die damit verbundenen Probleme in Bezug auf die Wahrung des allgemeinen Gleichheitssatzes
wären immens. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass auch Art.
6 Abs.
1 GG in keiner Weise das sozialrechtliche Institut Elterngeld gebietet und auf diese Weise den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers
limitiert. Art.
6 Abs.
1 GG verlangt lediglich, dass überhaupt ein Lastenausgleich stattfindet. Die konkrete Ausgestaltung - zum Beispiel die Art der
Leistungen oder deren Höhe - beeinflusst er dagegen nahezu nicht.
Nach alldem könnte die Klägerin mit ihrer Argumentation auf der Ebene des Verfassungsrechts nur dann durchdringen, wenn der
Gesetzgeber willkürlich entweder den Verdienstausfall aufgrund der Erkrankung eines älteren Kindes nicht als Tatbestand für
die Verschiebung des Bemessungszeitraums normiert oder willkürlich die im vorliegenden Fall betroffenen Leistungen nach dem
SGB V nicht als bemessungsrelevant ausgestaltet hat. Keinesfalls - diesen Fehler begeht die Klägerin - darf das BEEG daraufhin untersucht werden, ob es die gerechteste oder zweckmäßigste Lösung gewählt hat. Die Gerichte dürfen lediglich die
Einhaltung eines rechtlichen Rahmens prüfen. Und dieser Rahmen ist bei einer Willkürprüfung, wie sie hier vorzunehmen ist,
außerordentlich weit gezogen.
(b) Von Willkür kann im vorliegenden Fall nicht ansatzweise die Rede sein. Mit dem Elterngeld hat der Gesetzgeber, wie oben
bereits erwähnt, eine Sozialleistung eingeführt, die den Entgeltausfall aufgrund der Betreuung und Erziehung eines Kleinkindes
zum Teil kompensieren soll. Er wollte damit auch für besserverdienende Personen einen Anreiz setzen, sich für ein Kind zu
entscheiden und die Erwerbstätigkeit vorübergehend zugunsten von Betreuung und Erziehung des Kindes zu unterbrechen. Dieses
Leitmotiv ist verfassungsrechtlich in keiner Weise zu beanstanden. Wenn also gerade der Einkommensverlust Erwerbstätiger partiell
aufgefangen werden soll, dann erscheint es nur konsequent und in sich schlüssig, dass bemessungsrelevant ausschließlich das
Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist, wie es § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG regelt. Darauf aufbauend hat der Gesetzgeber in § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG zur Ausfüllung und Konkretisierung des Begriffs "Einkommen aus Erwerbstätigkeit" verfassungsrechtlich unbedenklich auf diejenigen
Einkunftskategorien des Einkommensteuerrechts Bezug genommen, die typischer Weise mit persönlichem Einsatz verbunden sind;
darin liegt eine zulässige Typisierung. Dieses Modell ist in sich widerspruchsfrei und gut geeignet, das Leitmotiv des Gesetzgebers
umzusetzen.
Der Gesetzgeber durfte hinsichtlich der berücksichtigungsfähigen Einkünfte eine Trennlinie setzen, die sich ganz strikt am
Vorliegen einer der relevanten einkommensteuerrechtlichen Einkunftsarten ausrichtet (vgl. nur BSG, Urteil vom 17.02.2011 - B 10 EG 17/09 R, Rn. 82 ff. des juris-Dokuments). Es war ihm unbenommen, die Linie zu verfolgen, keinerlei Ausnahmen davon zuzulassen. Insbesondere
war er nicht gehalten, irgendwelche Entgeltersatzleistungen von Sozialleistungsträgern ebenfalls als Bemessungsentgelt zu
berücksichtigen. Allein schon das Leitmotiv des Gesetzgebers, Kompensation für eine unterbrochene Berufstätigkeit zu leisten,
hätte ihn zu einer solchen Vorgehensweise berechtigt, ohne sich im Entferntesten dem Vorwurf der Willkür aussetzen zu müssen.
Dabei spielt keine Rolle, aus welchen Gründen der Entgeltausfall entstanden ist. Das gilt umso mehr, als die Einbeziehung
von Entgeltersatzleistungen in das Bemessungsentgelt das Bewilligungsverfahren unvertretbar erschweren und aufblähen würde.
Denn es wäre nicht mehr damit getan, lediglich Erkundigungen beim Arbeitgeber der betroffenen Person einzuholen; auch Sozialleistungsträger
müssten kontaktiert werden.
Des Weiteren durfte der Gesetzgeber als Referenzzeitraum die letzten zwölf Kalendermonate vor der Geburt bestimmen. Zweifellos
ist es sinnvoll und plausibel, gerade die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse der betroffenen Person für die Höhe der
Entgeltersatzleistung Elterngeld maßgebend sein zu lassen und nicht einen längst vergangenen Zustand zu "reanimieren". Nach
der Überzeugung des Senats wäre der Gesetzgeber vor dem Hintergrund seines großen Gestaltungsspielraums auch insoweit nicht
gehalten gewesen, überhaupt irgendwelche Tatbestände zur Verschiebung des Bemessungszeitraums vorzusehen. Hätte er darauf
verzichtet, hätte dies wiederum dazu beigetragen, das Elterngeldrecht in der Praxis besser handhabbar zu machen.
(c) Nichtsdestotrotz hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, überobligatorisch an einige wenige Fallgestaltungen rechtlich
eine Verschiebung des Bemessungszeitraums zu knüpfen. Wenn der Gesetzgeber hier aber höchst limitiert Ausnahmen vorsieht,
wo er von Verfassungs wegen eigentlich keine Ausnahmen statuieren müsste, dann ist die auf Extension ausgelegte Denkweise
der Klägerin - "Wenn schon ..., dann aber auch ..." - unangebracht. Nur weil der Gesetzgeber singuläre Ausnahmen zugelassen
hat, trifft ihn nicht die Pflicht, auch andere Fallgestaltungen zu begünstigen. Eine derartige Ingerenz oder gar Zwangsläufigkeit
existiert nicht; dafür ist die Materie zu sehr für den Gesetzgeber disponibel.
Die Klägerin hingegen konstruiert in Bezug auf den Verschiebetatbestand des § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BEEG (schwangerschaftsbedingte Erkrankung) ein eigenes, zum gegenteiligen Ergebnis führendes Begründungsmodell, das allerdings
mit den verfassungsrechtlichen Gegebenheiten nicht übereinstimmt. Sie hat es unternommen, einen gemeinsamen Oberbegriff für
ihre Situation und den vom Gesetz aufgegriffenen Fall der schwangerschaftsbedingten Erkrankung zu bilden, nämlich den unfreiwilligen
Einkommensverlust als Mutter sowie die Aufopferung für das Kind. Dieses Gedankenspiel hat jedoch keinen juristischen Wert.
Denn es lassen sich für die meisten in der Lebenswirklichkeit vorkommenden Vergleichsobjekte irgendwelche gemeinsamen Oberbegriffe
finden, ohne dass damit eine Vergleichbarkeit von der Qualität festgestellt wäre, die auch eine gleiche Behandlung durch den
Staat gebietet. In Bezug auf den allgemeinen Gleichheitssatz hat die Klägerin mit dem Kreieren des gemeinsamen Oberbegriffs
lediglich begrifflich dargelegt, dass überhaupt eine Gemeinsamkeit besteht. Dass daraus aber auch eine staatliche Pflicht
zur Gleichbehandlung erwächst, hat sie bei weitem nicht plausibel machen können.
Eine solche Pflicht zur Gleichbehandlung ist auch nicht im Ansatz zu erkennen. Trotz der von der Klägerin gefundenen Oberbegriffe
unterscheiden sich die bei dieser vorliegende Konstellation und die von den gesetzlich normierten Tatbeständen erfassten Sachverhalte
ganz erheblich. Im vorliegenden Fall geht es um eine Erkrankung eines anderen Kindes, in den Tatbeständen nach § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 BEEG stehen hingegen gesundheitliche Beeinträchtigungen des Elternteils inmitten; so betrachtet läge eine Parallele zum Bezug
von regulärem Krankengeld eigentlich näher. Die de lege lata in den Ausklammerungstatbeständen aufgegriffenen gesundheitlichen
Unzuträglichkeiten stehen allesamt in engem Zusammenhang mit der Schwangerschaft mit demjenigen Kind, für das Elterngeld gewährt
wird. Die von der Klägerin ins Feld geführten Erkrankungen von B. haben dagegen nichts mit der Schwangerschaft mit E. zu tun.
Auch wenn das BSG entschieden hat, dass der Tatbestand des § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BEEG nicht nur hinsichtlich desjenigen Kindes zur Anwendung kommen kann, welches den Elterngeldbezug auslöst, so darf doch nicht
verkannt werden, dass er ganz primär auf die aktuelle Schwangerschaft abzielt. Somit erscheint es unangebracht zu argumentieren,
jeglicher altruistische Einsatz für ein Kind - die Klägerin spricht von "Aufopferung" - müsse zu einer Verschiebung des Bemessungszeitraums
führen. Das wird insbesondere durch § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BEEG bekräftigt. Auffallender Weise wird dort nicht die Kindesbetreuung als solche, sondern nur der Bezug von Elterngeld privilegiert
(vgl. dazu BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 10 EG 1/08 R). Den altruistisch motivierten Verdienstausfall wegen der Betreuung eines Kindes hat der Gesetzgeber also gerade nicht samt
und sonders als privilegierungswürdig angesehen.
Die Tatbestände nach § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 BEEG dienen offenkundig dazu, die Leistung Elterngeld nicht gerade durch denjenigen Sachverhalt, der die Leistung eigentlich auslöst,
oder durch das Institut Elterngeld als solches zu unterminieren. Daher erscheint es nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber
in § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BEEG den Bezug von Elterngeld für ein älteres Kind nicht hat leistungsschädlich sein lassen wollen. Die Sozialleistung Elterngeld
soll nicht ihre eigene Effektivität untergraben. Und § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BEEG verhindert die Perplexität, dass die geförderte Schwangerschaft als solche sich nachteilig auf das Elterngeld auswirkt. Alle
diese Motivationslagen bestehen im Fall der Klägerin nicht. Zwar mag diese einwenden, die Handhabung der Beklagten, Verdienstausfälle
für die Betreuung eines älteren kranken Kindes nicht auf die Höhe des Elterngelds durchschlagen zu lassen, wirke generell
abschreckend, sich für eine Familie mit Kindern zu entscheiden. Erstens aber dürfte davon nicht wirklich eine abschreckende
Wirkung ausgehen und zweitens erweist sich die Benachteiligung der Klägerin als weitaus mittelbarer mit der Geburt eines Kindes
zusammenhängend als bei den Tatbeständen des § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 BEEG, aber auch Nr. 3 BEEG. Zu dem Tatbestand des § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BEEG vermag der Senat von vornherein keine Parallelen zu erkennen.
Der Senat hat zwar Verständnis dafür, dass die Klägerin sich dafür bestraft sieht, dass sie sich um ein sehr schwer behindertes
Kind kümmern muss. Falsch ist aber, für dessen Betreuung generell eine "Tür öffnende" Wirkung zu reklamieren. Die Kriterien,
nach denen sich die "Privilegierungswürdigkeit" beurteilt, sind vielmehr andere. An dieser Stelle kann es nicht darum gehen,
für die Klägerin in Rechnung zu stellen, dass sie vielleicht zeitlebens durch die Betreuung des behinderten Kindes gebunden
sein wird. Der Senat hat zwar größten Respekt vor deren Lebensleistung. Würde man aber auf die Lebensleistung abstellen, wählte
man eine falsche zeitliche Bezugsgröße. Maßgebend für die Frage, ob und inwieweit Entgeltausfälle im Rahmen der Bemessung
des Elterngelds zu korrigieren sind, ist vielmehr das Kriterium, die wirtschaftlichen Lebensverhältnisse innerhalb eines eng
begrenzten Referenzzeitraums möglichst authentisch abzubilden. Insoweit sieht der Senat im Fall der Klägerin keinen drängenderen
Anlass für eine Ausnahmeregelung als beim regulären Krankengeld.
(d) Der Senat bekräftigt seine Bekundung im Erörterungstermin, würde der Gesetzgeber den Fall der Klägerin privilegieren,
sähe er sich mit weiteren Forderungen konfrontiert, dies in anderen Fällen ebenso zu handhaben. Allein schon deshalb, so die
Aussage im Erörterungstermin, könne ihm nicht abverlangt werden, sich auf das Petitum der Klägerin einzulassen. Entgegen den
Vorwürfen der Klägerin im Erörterungstermin betreibt der Senat damit keine Sozialpolitik, sondern bewegt sich lediglich im
Rahmen einer umfassenden verfassungsrechtlichen Prüfung. Dass dabei mitunter Gesichtspunkte zum Tragen kommen, die politisch
anmuten, liegt in der Natur der Sache.
Von der Fixierung des Bemessungszeitraums auf die letzten 12 Kalendermonate vor der Geburt werden andere Personengruppen viel
härter getroffen als die Klägerin. Dieser war es immerhin möglich, trotz B.s schwerer Behinderung im Bemessungszeitraum einer
abhängigen Beschäftigung im Umfang von 30 Wochenstunden nachzugehen. Die bei ihr zu verzeichnenden Entgeltausfälle während
des Bemessungszeitraums halten sich zudem ausgesprochen in Grenzen. Ungleich härter ist zweifellos tangiert, wer im Bemessungszeitraum
einen Arbeitsunfall erleidet und deshalb über viele Monate hinweg Verletztengeld bezieht (vgl. BSG, Urteil vom 18.08.2011 - B 10 EG 8/10 R) - solche Fälle waren beim Senat auch anhängig. Jene Person muss monetär sehr empfindliche Einbußen hinnehmen, die das Maß,
das bei der Klägerin gegeben ist, um ein Vielfaches übersteigen. Außerdem ist bei der von einem Arbeitsunfall betroffenen
Person die Unmöglichkeit, weiterhin bemessungsrelevantes Erwerbseinkommen erzielen, ja gerade im Zuge des Bemühens entstanden,
selbiges zu tun; die Unmöglichkeit ist unmittelbar durch die Erwerbstätigkeit bedingt und nicht, wie bei der Klägerin oder
allgemein bei Beziehern von Krankengeld, durch Umstände, die der allgemeinen Lebenssphäre zuzurechnen sind. Solche Personenkreise
hätten ungleich mehr als die Klägerin Anlass, eine Begünstigung bei der Festlegung des Bemessungszeitraums zu verlangen. Schließlich
geschieht ein Arbeitsunfall stets zur Gänze unerwartet und unkalkulierbar; das Arbeitsentgelt fällt weg, ohne dass dies vorher
in irgendeiner Weise abzusehen war. Der Klägerin hingegen musste, als sie sich nach B.s Geburt wieder in das Arbeitsleben
begab, klar sein, dass es immer wieder zu Unterbrechungen mit Verdienstausfällen kommen würde. Denn wie die von der Klägerin
in erster Instanz vorgelegten medizinischen Unterlagen eindrucksvoll belegen, erlitt B. von 2010 an in vergleichsweise kurzen
Abständen immer wieder Knochenfrakturen, welche die Klägerin dazu zwangen, den Jungen im Rahmen des Genesungsprozesses intensiv
zu betreuen. Von Anfang an war klar, dass eine erhebliche Gefahr dafür auch im hier maßgebenden Bemessungszeitraum bestehen
würde. Vor diesem Hintergrund sind die Erwerbseinkünfte, die der Klägerin aufgrund B.s Krankheitsphasen entgangen sind, wesentlich
weniger prägend als diejenigen, die einer Person deswegen entgehen, weil sie einen Arbeitsunfall erleidet.
Der Gesetzgeber könnte sich auch schwer Forderungen erwehren, die Erziehung von Kindern müsse allgemein zu einer Verschiebung
des Bemessungszeitraums führen. Insoweit sieht die Klägerin eine klare Zäsur dergestalt, dass sie sich gerade für eine Berufstätigkeit
entschieden hat, während Elternteile, die auf eine Berufstätigkeit verzichtet hätten, um sich ganz um ihre Kinder zu kümmern,
sich freiwillig und bewusst auf die Einkommenslosigkeit eingelassen hätten. Die Klägerin sieht dies allzu sehr "durch die
eigene Brille". Wenn der Staat auch nur kleinste Verdienstausfälle von berufstätigen Elternteilen kompensieren würde, bei
denjenigen aber, die ganz für ihre Kinder da sein wollen, sich zu keinerlei Kompensation veranlasst sähe, würde damit ein
Erziehungsmodell offen diskriminiert, welches unbestreitbar zumindest bis zur Vollendung des dritten Lebensjahrs die größten
Vorteile für das Kindeswohl bietet. Für solche Eltern wäre dies "ein Schlag ins Gesicht". Nach Ansicht des Senats hätte eine
derartige Bevorzugung berufstätiger Eltern sogar das Potenzial, in gewissem Umfang den sozialen Frieden zu gefährden. Das
gilt umso mehr, als die Fälle, dass Leistungen nach §
11 Abs.
3 oder §
45 SGB V ausgekehrt werden, ja keineswegs nur bei so schwer beeinträchtigten Kindern wie B. auftreten.
Es mutet als wenig durchdachte Vereinfachung an, wenn die Klägerin lapidar meint, Eltern, die zugunsten der Betreuung von
Kindern auf eine Berufstätigkeit verzichteten, würden dies ja freiwillig tun. Typischer Weise handelt es sich bei deren Entscheidungen
vielmehr um Ergebnisse verantwortungsvoller, sorgfältiger Abwägungsprozesse unter Einbeziehung sowohl des Kindeswohls als
auch des eigenen Interesses an einer Fortsetzung der Erwerbstätigkeit einschließlich der Konsequenzen drohender finanzieller
Einbußen. Es kann keine Rede davon sein, dass die Motivlage solcher Eltern mit dem Adverb "freiwillig" zutreffend beschrieben
ist. Geradezu leichtfertig mutet die Sichtweise der Klägerin an, wenn man solche Konstellationen in die Überlegungen einbezieht,
wo mindestens ein Elternteil keiner Berufstätigkeit nachgeht beziehungsweise nachgehen kann, weil in der Familie ein auf das
Schwerste behindertes Kind lebt. Der Senat verfügt aus dem Versorgungsrecht über umfangreiche Erfahrungen mit Familien, in
denen ein Elternteil komplett an das Haus gebunden ist, weil das behinderte Kind, anders als B., nicht ohne elterliche Begleitung
aus dem Haus gehen geschweige denn eine Schule besuchen kann. Solchen Eltern vorzuhalten, sie hätten sich ja freiwillig gegen
eine Berufstätigkeit entschieden, wäre komplett deplatziert. Der von der Klägerin selbst bemühte Tatbestand der "Aufopferung
für das Kind" liegt dort noch deutlich ausgeprägter vor als bei der Klägerin selbst.
Zusammenfassend bleibt zu konstatieren, dass die Lebenswirklichkeit zahlreiche Fallkonstellationen hervorbringt, die noch
weitaus härter als die der Klägerin anmuten. Vor diesem Hintergrund könnte der Gesetzgeber eine Erweiterung von § 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG nicht auf solche Sachverhalte beschränken, wie sie bei der Klägerin vorliegen. Einen damit zusammenhängenden "Dammbruch"
muss der Gesetzgeber nicht riskieren.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.