Erstattung von Leistungen nach dem SGB II nach Einkommensanrechnung
Unzulässige Berufung mangels Erreichens des Beschwerdewerts
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen eine von dem Beklagten geltend ge-machte Erstattungsforderung nach endgültiger
Festsetzung von Leistungen zur Si-cherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende
- (SGB II) für die Zeit von Dezember 2017 bis Mai 2018 iHv insge-samt 370,70 EUR (Bescheid vom 27. September 2018 in der Gestalt des
Widerspruchs-bescheides vom 10. Oktober 2018), wobei sie höhere endgültige Leistungen für den Monat März 2018 unter Berücksichtigung
eines monatlichen Durchschnittseinkom-mens iHv 606,18 EUR anstatt von 894,88 EUR begehrt.
Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2019 verurteilt, für den Monat März 2019 ein monatliches
Durch-schnittseinkommen von 516,42 EUR zugrunde zulegen und die Erstattungsentscheidung entsprechend zu ändern. Der von den
zur Entscheidung berufenen ehrenamtlichen Richtern und dem Kammervorsitzenden handschriftlich unterzeichnete Urteilstenor
enthält keine Entscheidung über die Zulassung der Berufung. In den Entscheidungs-gründen des vom Kammervorsitzenden unterschriebenen
schriftlichen Urteils heißt es im letzten Absatz, der entscheidungserheblichen Rechtsfrage komme grundsätzli-che Bedeutung
zu, "so dass die Berufung gemäß §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG eröffnet ist".
Der Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen dieses Urteil und geht von einer wirksamen Zulassung der Berufung aus.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Beklagten ist unzulässig und war nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens und Anhörung der Beteiligten durch
Beschluss ohne mündliche Verhand-lung als unzulässig zu verwerfen (vgl §
158 Sätze 1 und 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG)). Die Berufung ist mangels Erreichens eines Beschwerdewerts von mehr als 750,- nicht zulässig, weil die Klage einen auf
eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt (§
144 Abs.
1 Satz 1 Nr
1 SGG) und keine wiederkehrenden oder laufenden Leistun-gen für mehr als ein Jahr betrifft (§
144 Abs.
1 Satz 2
SGG) und vom SG auch nicht zugelassen worden ist. Die Verwendung einer entsprechenden Rechtsmittelbeleh-rung genügt nicht (st Rspr, vgl die
Nachweise in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl §
144 Rn 40). Die Bindungswirkung des §
144 Abs.
3 SGG tritt nicht durch eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung ein, sondern nur durch Berufungszulassung in der Urteilsformel;
ausnahmsweise auch durch eine eindeutig ausgesprochene Zulassung in den Entscheidungsgründen (Bundessozialgericht (BSG) vom 29. Juli 1977 = SozR 1500 § 161 Nr 16; BSG, Ur-teil vom 26. April 1989 - 7 RAr 124/88 - juris) oder einen eindeutigen Zusatz in der formularmäßigen Rechtsmittelbelehrung. Schon Letzteres ist vorliegend nicht
der Fall, weil ein Hinweis darauf, dass die Berufung "eröffnet ist", keine eindeutige Zulas-sungsentscheidung darstellt. Hinzu
kommt aber, dass sich aus dem Wortlaut des Urteils nicht ergibt, dass das zur Entscheidung berufene SG in voller Kammerbesetzung, nicht nur der Kammervorsit-zende, die Zulassung beschlossen hat (vgl BSG, Urteil vom 18. Januar 1990 - 4 RA 40/89 - juris - Rn 11). Eine Zulassungsentscheidung lässt sich dem von allen Kam-mermitgliedern handschriftlich unterzeichneten,
schriftlich fixierten Urteilstenor nicht entnehmen, sondern allenfalls dem (gemäß §
134 Abs.
1 SGG) vom Kammervorsit-zenden unterschriebenen Urteil. Dies genügt indes nicht als Nachweis einer eindeu-tigen Zulassungsentscheidung
aller Kammermitglieder (vgl BGH, Urteil vom 20. April 2012 - LwZR 5/11 = NJW-RR 2012, 879-880). Diese setzt vielmehr bei einem Kolle-gialgericht voraus, dass (auch insoweit) eine Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter
in einer für das Berufungsgericht nachprüfbaren Weise dokumentiert ist, was hier nicht der Fall ist und auch nicht durch eine
nachträgliche Befragung des Kammervor-sitzenden - wie von dem Beklagten angeregt - ersetzt werden kann. Die Berufung war daher
als unzulässig zu verwerfen. Eine Umdeutung der unzuläs-sigen Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde kommt nicht in Betracht
(st Rspr, vgl die Nachweise bei Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl §
144 Rn 45). Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von §
193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.