Angemessenheit von Unterkunftskosten bei Leistungsgewährung nach dem SGB II
Produkttheorie zu Unterkunftskosten
Nachweis des tatsächlichen Hilfebedarfs bei Deckung des existenziellen Bedarfs
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners, ihm für die Zeit vom 19. Mai 2015 bis 30. Juni
2015 weitere monatliche Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von monatlich 393,37 Euro zu zahlen und im Wege der Antragserweiterung für die Zeit ab 1. Juli 2015 bis zur Entscheidung
in der Hauptsache monatliche Leistungen in Höhe von 1.063,37 Euro.
Der am 1963 geborene Antragsteller ist seit 2003 selbstständig als Industriedesigner tätig und seit 2014 als Life-Coach. Für
den Zeitraum Oktober bis Dezember 2014 gab er auch eine selbstständige Tätigkeit als Personaltrainer an. Er bezog jedenfalls
auch in den Jahren 2010 bis 2014 Leistungen auf der Grundlage des SGB II beim Antragsgegner. Der Antragsteller hat eine 88,23 m² große Drei-Zimmer-Wohnung in der Rstraße in B angemietet. Die Grundmiete
dieser Wohnung liegt bei 502,91 Euro, die Nebenkosten bei 77,64 Euro und die Heizkosten bei 83,82 Euro.
Dem Antragsteller floss im Mai und Juni 2015 jeweils ein Einstiegsgeld in Höhe von 273,70 Euro zu, das der Antragsteller nach
eigener Auskunft bis September 2015 erhält.
In seiner dem Fortzahlungsantrag aus Februar 2015 beigefügten vorläufigen Erklärung zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit
gab er hinsichtlich der Tätigkeit "Industriedesign" an, keine Einnahmen zu erwarten und hinsichtlich der selbstständigen Tätigkeit
"Life-Coach" monatlich 200,00 Euro. Hiervon rechnete er nicht weiter belegte Ausgaben (Steuern 25,00 Euro, Versicherungen
66,50 Euro, Büromaterial 10,00 Euro, Telefonkosten 5,00 Euro) ab, so dass er auf einen monatlichen Gewinn in Höhe von 93,50
Euro kam.
Auf einen Weiterbewilligungsantrag hin, der am 5. Februar 2015 beim Antragsgegner einging bewilligte der Antragsgegner dem
Antragsteller mit vorläufigem Bewilligungsbescheid vom 13. März 2015 für den Zeitraum 1. Februar bis 30. Juni 2015 vorläufig
Leistungen in Höhe von insgesamt 670,00 Euro monatlich, dabei einen Regelbedarf in Höhe von 239,00 Euro unter Anrechnung eines
monatlichen Einkommens in Höhe von 160,00 Euro und als Kosten für Unterkunft und Heizung monatlich 431,00 Euro. Mit Eingang
am 24. März 2015 legte der Antragsteller Widerspruch gegen den vorläufigen Bescheid vom 13. März 2015 ein. Zur Begründung
führte er aus, seine Kosten für Unterkunft und Heizung seien in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen, denn er habe im Monat
Januar 2015 bedarfsdeckende Einnahmen erzielt und keine Leistungen nach dem SGB II bezogen. Durch die Unterbrechung des Leistungsbezuges und die damit verbundene Überwindung der Hilfebedürftigkeit wirke eine
Kostenbeschränkung bei Eintritt eines neuen Leistungsfalls nicht fort. Auch sei die Einkommensanrechnung fehlerhaft.
Mit Eingang 19. Mai 2015 beantragte der Antragsteller bei dem Sozialgericht Berlin den Erlass einer einstweiligen Anordnung
mit der vorläufigen Verpflichtung, ihm ab Antragstellung weitere monatliche Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 393,37 Euro zu gewähren. Dies sei die Differenz zwischen den im vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 13. März
2015 bewilligten Leistungen zu den ihm tatsächlich zustehenden Leistungen für die tatsächlich zu erbringenden Kosten für Unterkunft
und Heizung sowie zur Höhe des vollen Regelsatzes. Er erziele kein Einkommen. Im Übrigen dürfe ihm eine Kostenbeschränkung
hinsichtlich der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung nicht entgegen gehalten werden. Das Einstiegsgeld könne zur
Bestreitung des Lebensunterhalts nicht verwendet werden, da es sich um eine zweckgerichtete Leistung zum Ausbau der Selbstständigkeit
handele, die bei zweckwidriger Verwendung der Rückforderung unterliege.
Mit Beschluss vom 4. Juni 2015 lehnte das Sozialgericht Berlin den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ab. Es erkannte
weder hinsichtlich der begehrten Kosten für Unterkunft und Heizung noch hinsichtlich der vollen Regelleistung den notwendigen
Eilbedarf. Es seien keine Mietrückstände entstanden, der Antragsteller habe die volle Miete pünktlich und vollständig bezahlt.
Eine existenzielle Gefährdung sei diesbezüglich nicht ersichtlich. Hinsichtlich des Regelsatzes sei es dem Antragsteller zumutbar,
den monatlichen Fehlbetrag in Höhe von 160,00 Euro durch das gewährte Einstiegsgeld in Höhe von 273,70 Euro zu decken. Hinsichtlich
des sich anschließenden Bewilligungszeitraumes sei noch keine Entscheidung des Antragsgegners ergangen, der Weiterbewilligungsantrag
sei noch nicht beschieden. Es bestehe insoweit für den Antragsteller jederzeit die Möglichkeit, einen neuen Antrag auf einstweiligen
Rechtsschutz zu stellen. Zugleich lehnte das Sozialgericht Berlin in dem genannten Beschluss die Gewährung von Prozesskostenhilfe
ab.
Gegen diesen, dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 8. Juni 2015 zugestellten, Beschluss hat der Antragsteller
am 11. Juni 2015 sowohl in der Hauptsache als auch hinsichtlich der Ablehnung der Prozesskostenhilfe Beschwerde eingelegt.
Unter Vertiefung des antragsbegründenden Vorbringens in der ersten Instanz macht er geltend, dass selbst dann, wenn das Einstiegsgeld
als bereites Mittel zum Lebensunterhalt verwendet würde, immer noch eine monatliche Deckungslücke in Höhe von 119,67 Euro
bleibe, die im Wege der einstweiligen Anordnung geschlossen werden müsste. Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft sei zur
Begründung des Eilbedürfnisses eine konkrete Gefährdung der Wohnung nicht erforderlich.
Mit Eingang 1. Juli 2015 hat der Antragsteller den Beschwerdeantrag dahingehend erweitert, den Antragsgegner für die Zeit
ab 1. Juli 2015 vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, ihm monatliche Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 1.063,37 zu gewähren. Auf seinen Fortzahlungsantrag vom 11. Juni 2015 seien ihm weder Leistungen gewährt noch
ausgezahlt worden.
Der Antragsteller beantragt hiernach nunmehr sinngemäß,
1. den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 4. Juni 2015 aufzuheben und den Antragsgegner unter Abänderung des Bescheides
vom 13. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2015 zu verpflichten, ihm ab 19. Mai 2015 bis 30. Juni
2015 vorläufig weitere monatliche Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 393,37 Euro zu gewähren.
2. den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, ihm für die Zeit ab dem 1. Juli 2015 vorläufig bis zur Entscheidung in der
Hauptsache monatliche Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 1.063,37 Euro zu gewähren.
3. ihm unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 4. Juni 2015 Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche
Verfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt J zu gewähren.
4. ihm unter Beiordnung von Rechtsanwalt J Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerden zurückzuweisen.
Er verweist auf die den angefochtenen Beschluss tragenden Gründe, insbesondere auf die Einsetzbarkeit des Einstiegsgeldes.
Der Verbleib diverser Gelder im Zeitraum Dezember 2014 bis Mitte Mai 2015 sei unklar. Der Antragserweiterung wird vom Antragsgegner
widersprochen. Er hält auch eine Entscheidung über den nächsten Bewilligungszeitraum unter Umgehung der ersten Instanz nicht
für sachdienlich.
Der Antragsgegner hat mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2015 den Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom
13. März 2015 als unbegründet zurückgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der hier vorliegenden
Verwaltungsakten (Bände II und III) des Antragsgegners verwiesen.
II.
Gemäß §
86 b Abs.
2 Satz 2
SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft,
wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Voraussetzung hierfür ist regelmäßig,
dass sowohl ein Anordnungsanspruch im Sinne der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen
Leistungsanspruchs sowie ein Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile
gem. §
86 b Abs.
2 Satz 4
SGG in Verbindung mit §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) glaubhaft gemacht sind. Nach den neuesten Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in diesem Zusammenhang verlangt die Gewährung
effektiven Rechtsschutzes grundsätzlich die Möglichkeit eines Eilverfahrens, wenn ansonsten dem Betroffenen eine erhebliche,
über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechte droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt
werden kann. Dies gilt gleichfalls für Anfechtungs- wie für Vornahmesachen. Die Entscheidungen dürfen sowohl auf eine Folgenabwägung
wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Hierbei ist dem Gewicht der
in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung
von Grundrechten nach Möglichkeit zu verhindern. Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit
ist, desto intensiver hat dabei die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes zu erfolgen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 6. August 2014 - 1 BvR 1453/12-, zitiert nach juris).
Eine erhebliche Verletzung seiner grundgesetzlich gewährleisteten Ansprüche auf Sicherung seines Existenzminimums in diesem
Sinne lag bei dem Antragsteller in den Monaten Mai und Juni nicht vor.
Hinsichtlich der begehrten Differenz zwischen den mit vorläufigem Bewilligungsbescheid vom 13. März 2015 bewilligten Kosten
für Unterkunft und Heizung, auf die nach § 22 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bei entsprechendem Hilfebedarf im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II ein Anspruch in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen besteht, soweit diese angemessen sind, in Höhe von 431,00 Euro monatlich
zu den tatsächlichen Kosten in Höhe von 664,37 Euro, nämlich 233,37 Euro, folgt dies daraus, dass der existenzielle Wohnbedarf
des Antragstellers gesichert und in keiner Weise bedroht ist. Er hat die tatsächlichen Mietzahlungen regelmäßig pünktlich
und vollständig aus den Gewinnen aus seiner selbstständigen Tätigkeit begleichen können. Auch bereits im Jahr 2014 war der
Antragsteller in der Lage, die Differenz von rund 240,00 Euro zwischen den Bewilligungen des Antragsgegners und seinen tatsächlichen
Kosten pünktlich und regelmäßig zu decken. Im Ergebnis hat der Antragsteller damit für seinen Unterkunftsbedarf in den hier
streitgegenständlichen Monaten Mai und Juni 2015 eine existenzielle Notlage nicht nachgewiesen.
Unabhängig davon ist die 88,23 m² große und insgesamt 664,37 Euro monatlich teure Wohnung des Antragstellers bei summarischer
Prüfung nicht angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Hierbei ist zunächst die Bruttokaltmiete des Antragstellers ins Auge zu fassen, die bei einer Grundmiete von 502,91 Euro
und Nebenkosten in Höhe von 77,64 Euro insgesamt bei 580,55 Euro liegt. Das Gericht folgt dabei der grundlegend im Urteil
vom 7. November 2006 (- B 7 b AS 18/06 R -zitiert nach juris) durch das Bundessozialgericht entwickelten Produkttheorie, wonach sich die Angemessenheit einer Wohnung
aus dem Produkt aus Wohnfläche und Standard ergibt. Bei der Festsetzung der angemessenen Wohnungsgröße ist dabei auf die für
Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße abzustellen, wobei für Berlin die Bekanntmachung der
Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen vom 20. Oktober 1995 (Amtsblatt für Berlin 1995, 4462) maßgeblich ist. Danach
ist für einen Einpersonenhaushalt eine Wohnfläche von bis zum 50 m² zugrunde zu legen. Bei der Feststellung des angemessenen
Wohnstandards legt der Senat zum einen den örtlichen, gem. den §§
558 c und
558 d Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) qualifizierten Mietspiegel des Landes Berlin 2015 (Berliner Mietspiegel 2015 vom 18. Mai 2015, Amtsblatt Nr. 20/18. Mai
2015 mit Berichtigung Amtsblatt Nr. 22/29. Mai 2015), der für die hier streitgegenständliche Zeit (19. Mai 2015 bis 30. Juni
2015) bereits galt und einen gewichteten arithmetischen Mittelwert nach Verteilung der in der Gesamtheit abgebildeten Wohnungen
der maßgeblichen Größe und des Ausstattungsstandards in der jeweiligen Baualtersklasse zugrunde (vgl. hierzu: Schifferdecker/Irgang/Silbermann,
Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 2010, Seite 28; BSG, Urteile vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 50/10 R und vom 13. April 2011 - B 14 AS 85/09 R, bei zitiert nach juris). Hiernach sind im Ergebnis für eine Person und eine Wohnungsgröße von 50 m² pro qm 5,71 Euro Kaltmiete
und 1,58 Euro kalte Betriebskosten angemessen, mithin eine Bruttokaltmiete in Höhe von 364,50 Euro. Auch die monatlichen Heizkosten
des Antragstellers in Höhe von 83,82 Euro dürften nach summarischer Prüfung des Senats unangemessen sein. Zur Bestimmung eines
entsprechenden Grenzwertes bei einer - wie hier - mit Erdgas beheizten Wohnung ist mangels eines kommunalen Heizspiegels für
Berlin der "bundesweite Heizspiegel" maßgeblich (vgl. BSG, Urteil vom 16. April 2013 - B 14 AS 28/12 R und vom 12. Juni 2013 - B 14 AS 60/12 R; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. April 2014 - L 34 AS 1050/15, alle zitiert nach juris). Für den hier zu betrachtenden Zeitraum Mai und Juni 2015 ist der am 13. Oktober 2014 veröffentlichte
Heizkostenspiegel 2014 heranzuziehen. Maßgeblich ist stets der Heizspiegel, der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung
bereits veröffentlicht war. Den Grenzwert der Angemessenheit bildet das Produkt aus der für den Haushalt des Leistungsberechtigten
abstrakt angemessenen Wohnfläche und dem Wert, ab dem - bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage
- "extrem hohe" Heizkosten anfallen. Dies ist vorliegend für die Erdgas beheizte Wohnung des Antragstellers, die sich in einem
Gebäude mit einer Gesamtgebäudefläche von 2.547,590 m² befindet ein monatlicher Betrag in Höhe von 72,92 Euro. Warum der Antragsgegner
hier nur 61,76 Euro anerkannt hat erschließt sich dem Gericht nicht. Insgesamt errechnen sich damit als wohl als angemessen
anzuerkennende Kosten der Unterkunft und Heizung im Fall des Antragstellers 437,42 Euro. Für den streitgegenständlichen Zeitraum
bewilligt hat der Antragsgegner insgesamt 431,00 Euro. Die Differenz von rund 6,00 Euro kann der Antragsteller zumutbar bis
zu einer bestandskräftigen Entscheidung der Hauptsache tragen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers hält der Senat nicht
dafür, dass dem Antragsteller die Unangemessenheit seiner tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung auf der Grundlage
der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 9. April 2014 - B 14 AS 23/13 R, zitiert nach juris) nicht entgegen gehalten werden kann. Der von dem Bundessozialgericht im Urteil vom 9. April 2014 entschiedene
Fall ist insoweit dem hier vorliegenden nicht gleichzusetzen, weil das BSG dort über die Deckelung der Leistungen auf eine zuvor bewohnte Wohnung nach einem für nicht erforderlich gehaltenen Umzug
bei Überwindung des Hilfebedarfs für den dort streitigen Bewilligungsabschnitt von einem Monat entschieden hatte und gerade
nicht für den Fall einer Kostensenkungsaufforderung, die im dortigen Fall nicht vorlag (vgl. aaO., Rn 33). Selbst wenn man
dem genannten Urteil folgend für den neuen Bewilligungsabschnitt ab Februar 2015 die Fortwirkung einer Kostensenkungsaufforderung
bzw. des Hinweises auf die vom Antragsgegner für angemessen gehaltenen Kosten nicht mehr gegeben sehen will, hält es das Gericht
im vorliegenden Einzelfall nicht für gerechtfertigt, dem Antragsgegner und damit dem Steuerzahler zuzumuten, die deutlich
überhöhten tatsächlichen Unterkunftskosten des Antragstellers für den Regelzeitraum von 6 weiteren Monaten im Sinne des §
22 Abs. 1 Satz 3 SGB II zu übernehmen. Dies insbesondere nicht vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller bereits langjährig (immer wieder), zuletzt
durchgehend auch im Jahr 2014, im Leistungsbezug des Antragsgegners stand und ihm daher die vom Antragsgegner für angemessen
erachteten Unterkunftskosten bekannt sind. Bemühungen, diese Kosten zu senken, sind für den vergangenen Zeitraum, insbesondere
auch das Jahr 2014 weder vorgetragen noch ersichtlich.
Auch hinsichtlich der Regelleistungen besteht eine für das einstweilige Rechtsschutzverfahren notwendige, existentielle Notlage
des Antragstellers in den Monaten Mai und Juni 2015 nicht. Dem alleinstehenden Antragsteller steht nach der Bekanntmachung
über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 des SGB II für die Zeit ab 1. Januar 2015 vom 15. Oktober 2014 (BGBl 2014 Teil 1 Nr. 47 S. 1620) ein monatlicher Regelsatz in Höhe von
399,00 Euro zu. Im vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 13. März 2015 hat der Antragsgegner ihm monatlich 239,00 Euro bewilligt.
Im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes hält es der Senat für geboten und zumutbar, das dem Antragsteller in beiden streitgegenständlichen
Monaten zugeflossene Einstiegsgeld in Höhe von 273,70 Euro für seinen Lebensunterhalt zu verwenden. Zwar soll das Einstiegsgeld
nach § 11 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 11 a Abs. 1 Nr. 1 SGB II grundsätzlich von einer Einkommensanrechnung frei bleiben. Da für seine Höhe gem. § 16 b Abs. 2, Satz 3 SGB II in Verbindung mit der Einstiegsgeldverordnung (vgl. § 1 ESGV in der Fassung vom 24. März 2011 BGBl. I S. 453) aber auch der maßgebliche Regelbedarf Orientierungsgröße ist, kann hieraus gefolgert werden, dass das Einstiegsgeld nicht
allein bezweckt, die Kosten abzudecken, die für den Aufbau einer selbstständigen Tätigkeit anfallen, sondern auch bedarfsbezogene
Aspekte im Hinblick auf die Hilfe zum Lebensunterhalt berücksichtigt (so auch Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom
6. Oktober 2011 - L 11 AS 146/11 B ER, L 11 AS 146/11 PKH, zitiert nach juris). Dem Antragsteller ist es damit zuzumuten, die Differenz zwischen vorläufig bewilligtem Regelsatz
in Höhe von 239,00 Euro und dem vollen Regelsatz in Höhe von 399,00 Euro, also 160,00 Euro, aus dem monatlichen Einstiegsgeld
kurzfristig zur Überbrückung der behaupteten Notlage zu verwenden.
Soweit aber - wie vorliegend - der existenzielle Bedarf für die Bewertung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gedeckt ist,
ist es dem Antragsteller zumutbar, bei dem Antragsgegner die endgültige Leistungsbewilligung für den streitgegenständlichen
Zeitraum (bzw. den abgelaufenen Bewilligungsabschnitt) unter Nachweis seines tatsächlichen Hilfebedarfs durch Einreichen der
abschließenden Einkommenserklärung nebst Belegen zu beantragen.
Nicht zulässigerweise Streitgegenstand des hiesigen Beschwerdeverfahrens ist der Bewilligungszeitraum ab 1. Juli 2015. Der
entsprechende Antrag war deshalb abzulehnen. Der Streitgegenstand eines Eilverfahrens in Vornahmesachen bezieht sich auf das
zu sichernde Recht, also die Sicherung des Hauptsacheanspruchs (vgl. §
86 b Abs.
2 Satz 1
SGG) und kann deshalb auch nicht über diesen, in einer Klage geltend zu machenden Anspruch hinausgehen. Damit ist der Streitgegenstand
eines Eilverfahrens zeitlich begrenzt auf den Gegenstand eines entsprechenden Hauptsacheverfahrens, das dem Eilverfahren zugrunde
liegt bzw. zugrunde liegen könnte (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 16. Juli 2012 - L 11 AS 323/12 B ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. September 2012 - L 13 AS 2976/12 ER B mit weiteren Nachweisen; beide zitiert nach juris). Vorliegend kann ein mögliches Hauptsacheverfahren zulässigerweise
nur bezüglich des vorläufigen Leistungsbescheides vom 13. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2015
angestrengt werden. Dieser Bescheid betrifft den Bewilligungszeitraum 1. Februar 2015 bis 30. Juni 2015. Der Antragsgegner
hat hier gerade keine unbegrenzt in die Zukunft wirkende Ablehnungsentscheidung getroffen. In einem möglicherweise durch den
Antragsteller anzustrengenden Klageverfahren gegen die genannten streitgegenständlichen Entscheidungen kann ein Bescheid über
einen nachfolgenden Zeitraum nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht gem. §
96 SGG Gegenstand dieses Verfahrens werden (vgl. Urteile vom 7. November 2006 - B 7 B AS 14/06 R, 23. November 2006 - B 11 B AS 9/06 R und 5. September 2007 - B 11 B AS 15/06 R, alle veröffentlicht in juris). Dementsprechend hat auch das Sozialgericht Berlin im Beschluss vom 4. Juni 2015 nicht über
den Zeitraum ab Juli 2015 entschieden.
Die für den nachfolgenden Bewilligungszeitraum ab 1. Juli 2015 eingegangene Antragserweiterung ist unabhängig davon, ob die
unmittelbar nur für Klage und Berufung geltende Regelung des §
99 SGG (vgl. §§
99 und
153 Abs.
1 SGG) überhaupt auf das einstweilige Rechtsschutzverfahren, hier das Beschwerdeverfahren, zu übertragen ist, nicht sachdienlich.
Denn das diesbezüglich angegangene Landessozialgericht ist gem. §
29 SGG hierfür nicht instanzlich zuständig. Nach §
29 Abs.
1 entscheiden die Landessozialgerichte im zweiten Rechtszug über die Berufung gegen die Urteile und die Beschwerden gegen andere
Entscheidungen der Sozialgerichte. Wie dargelegt, ist in der ersten Instanz der Antrag nicht anhängig gewesen und das Sozialgericht
hat auch nicht über ihn entschieden. Wie ebenfalls dargelegt, kann die geltend gemachte Antragserweiterung auch nicht zulässigerweise
Gegenstand des dem ursprünglichen einstweiligen Rechtsschutzbegehren zugrundeliegenden, möglichen Hauptsacheverfahrens werden
(vgl. LSG Thüringen, Beschluss vom 24. April 2013 - L 4 AS 55/13 B ER; Beschluss vom 22. Februar 2012 - L 4 AS 1825/11 B ER und BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 - B 4 RA 3/01 R, alle zitiert nach juris). Ein Sonderfall der ausnahmsweisen erstinstanzlichen Zuständigkeit des Landessozialgerichts nach
§
29 Abs.
2 oder 4
SGG liegt nicht vor.
Der Antragsgegner hat der Antragserweiterung aus eben diesem Grund auch widersprochen, vgl. §
99 Abs.
2 SGG.
Mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg hat das Sozialgericht auch den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu
Recht abgelehnt.
An den mangelnden Erfolgsaussichten, wie oben dargelegt, scheitert auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
für das Beschwerdeverfahren (§
73 a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
114 ZPO).
Die Kostenentscheidung bezüglich der einstweiligen Anordnung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG. Für das Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe folgt sie aus §
73 a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
127 Abs.
4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, §
177 SGG.