Tatbestand:
Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen seine Verurteilung zur Zahlung der tatsächlichen (und für Berlin angemessenen)
Kosten der Unterkunft nach einem - seiner Meinung nach nicht erforderlichen - Umzug aus einer anderen Stadt.
Der 1953 geborene Kläger ist Pianist, Cellist, Musikpädagoge und Psychologe. Er bezog längere Zeit Leistungen von verschiedenen
JobCentern in Berlin. Ende 2006 verzog er nach in Bayern, dort wohnte er zuletzt zur Untermiete. Im Folgenden bezog er von
der ARGE E Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Kosten der Unterkunft (KdU), wobei mit dem letzten
in den Akten vorliegenden Bewilligungsbescheid vom 14. Dezember 2007 KdU in Höhe von 190,52 € berücksichtigt worden waren.
Am 18. Dezember 2007 lehnte es die ARGE Eab, einem Umzug des Klägers nach Berlin zuzustimmen, mit der Begründung, dass noch
kein Arbeitsvertrag vorliege.
Am 24. Januar 2008 stellte der Kläger bei dem Beklagten einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Er legte einen Mietvertrag über ein möbliertes Zimmer mit Bad und Küchenbenutzung in der G in Berlin vor, für das eine Miete
einschließlich Nebenkosten (Heizung, PC-Flatrate und Müllabfuhr) i. H. v. 300,00 € vereinbart war.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die
Zeit vom 1. Februar 2008 bis 30. Juni 2008 i. H. v. 540,10 € monatlich, wobei als KdU ein Betrag von 193,19 € anerkannt wurde.
Der Beklagte führte in dem Bescheid aus, dass die Kosten der Unterkunft gemäß § 22 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)
in Höhe der bisher gezahlten Miete übernommen würden, da eine Zustimmung zum Umzug nicht vorliege.
Mit Eingang bei dem Beklagten am 19. Februar 2008 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 25. Januar 2008 Widerspruch ein.
Er wandte sich gegen die Höhe der berücksichtigten KdU. Man habe ihm telefonisch beim Telefondienst der JobCenter in Berlin
gesagt, dass er ein Mietangebot in Berlin im Rahmen der dortigen Miethöhe, bis 360,00 € warm monatlich, einholen müsse. Mit
diesem solle er zu dem zuständigen JobCenter gehen und es genehmigen lassen und dann den Mietvertrag unterschreiben. Er habe
den Mietvertrag bereits unterschrieben, jedoch eine Klausel in diesem Vertrag gehabt, dass dieser bei Nichtbewilligung durch
das JobCenter noch am Tag der Vorsprache dort rückgängig gemacht werden könne. Bei dem Beklagten habe ihm die Sachbearbeiterin
gesagt, dass es ihm nichts nütze, ein Mietangebot vorzulegen, er brauche den Mietvertrag. Diesen habe er dann vorgelegt, die
Sachbearbeiterin habe nicht gesagt, dass der Mietvertrag falsch oder unzulässig sei. Am nächsten Tag sei ihm mitgeteilt worden,
dass nicht klar sei, was an Mietkosten übernommen werden würde. Er benötige eine Zustimmung zum Umzug von E. Bei der ARGE
in E habe man allerdings die Zustimmung zum Umzug verweigert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2008 hat der Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Er hat ausgeführt, dass der Umzug
nicht erforderlich gewesen sei. Die avisierte Arbeitsaufnahme in Berlin sei tatsächlich nicht erfolgt. Es sei dem Kläger zuzumuten
gewesen, zunächst die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit abzuwarten und dann erst eine Wohnung zu suchen bzw. diese zu wechseln.
Mit der am 2. April 2008 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Mit
seiner Klagebegründung machte er geltend, von den Mitarbeitern der Arbeitsagentur systematisch falsch informiert worden zu
sein.
Gleichzeitig mit der Klageerhebung hatte der Kläger einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt (Verfahren
S 157 AS 11252/08 ER). Mit Beschluss vom 5. Mai 2008 hat das Sozialgericht Berlin den Beklagten verpflichtet, dem Kläger die Kosten für Unterkunft
und Heizung für den Zeitraum vom 2. April 2008 bis zum 30. April 2008 i. H. v. 290,00 € und vom 1. Mai 2008 bis zum 31. Juli
2008 i. H. v. monatlich 300,00 € zu bewilligen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 2008 hat der Kläger die Klage in Höhe von 6,53 € zurückgenommen, da er nicht
angeben konnte, auf welche Weise die Warmwasserbereitung in seiner Wohnung in Berlin erfolgt.
Mit Urteil vom 24. Juli 2008 hat das Sozialgericht Berlin den Beklagten verurteilt, dem Kläger Kosten der Unterkunft i. H.
v. weiteren 100,28 €, insgesamt i. H. v. 293,47 € zu bewilligen (ein Zeitraum ist im Urteil nicht genannt). Zur Begründung
hat das Gericht ausgeführt, dass § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II bei einem Umzug in ein Gebiet außerhalb desselben örtlichen Wohnungsmarktes
nicht einschlägig sei. Sinn und Zweck dieser Regelung sei es, die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die
bisherigen angemessenen Unterkunftskosten zu begrenzen, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen
Träger festgelegten Angemessenheitsgrenze für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten zögen
(Verweis auf Bundestagsdrucksache 16/1410, S. 23 zu Nr. 21). Eine solche Ausschöpfung der örtlichen Angemessenheitsgrenzen
könne aber nur bei Umzügen innerhalb desselben örtlichen Wohnungsmarktes stattfinden, der für die Bestimmung der Angemessenheit
im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II maßgeblich sei. Der Anwendungsbereich der Vorschrift sei unter Berücksichtigung des
Sinns und Zwecks der Regelung auf die Fälle zu reduzieren, in welchen ein Umzug innerhalb des gleichen Wohnungsmarktes erfolge.
Eine weitergehende Auslegung der Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II würde zu einer nicht gerechtfertigten und vom Gesetzgeber
nicht gewollten Einschränkung des Grundrechts der Freizügigkeit aus Art.
11 Grundgesetz (
GG) für diejenigen Bezieher von Arbeitslosengeld führen, die in einer Region mit geringem Mietniveau lebten. Denn sie könnten
bei einem Umzug im Bundesgebiet an "teureren" Zuzugsorten allenfalls eine unterdurchschnittliche Wohnung anmieten, wenn sie
unter diesem Umständen nicht ganz auf den Umzug verzichten wollten, während ein Arbeitslosengeld II- Bezieher aus einer Region
mit hohem Mietniveau unbeschränkt wäre in der Auswahl einer neuen Mietunterkunft.
Gegen das ihm am 6. August 2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 15. August 2008 die vom Sozialgericht zugelassene Berufung
eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II dem Begehren des Klägers entgegenstehe.
Sie nehme Bezug auf das Kriterium der Erforderlichkeit. Sei ein Umzug erforderlich, erteile das abgebende JobCenter die Zustimmung
hinsichtlich des Umzuges. In Absprache mit dem nunmehr zuständigen JobCenter würden bei Erteilung der Zustimmung nicht die
Angemessenheitskriterien des bisherigen Wohnortes, sondern vielmehr die der zukünftig bewohnten Kommune zugrunde gelegt, so
dass sehr wohl - so der Hilfebedürftige in eine Region mit höherem Mietniveau übersiedele - ein Überschreiten der in der abgebenden
Kommune ortsüblichen Angemessenheitsgrenzen möglich sei. Insoweit sei die Freizügigkeit nicht eingeschränkt.
Im Falle eines nicht erforderlichen Umzuges aber sei zum einen die Verpflichtung, die eigene Hilfsbedürftigkeit nicht zu vergrößern,
sondern zu vermindern, zu beachten. Der Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II gehe mit dieser grundsätzlich im SGB II-Bereich
bestehenden Verpflichtung konform und biete keine Grundlage für eine einschränkende Auslegung. Anderenfalls würde auch der
Sinn von § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausgehebelt, da bei kurzfristigem Rückzug in die ursprüngliche Kommune nunmehr eine Unterkunft
bis zur dortigen Angemessenheitsobergrenze angemietet werden könnte. Zum anderen ergäbe sich eine Bevorzugung erwerbsfähiger
Hilfebedürftiger gegenüber Erwerbsfähigen, nicht im Leistungsbezug stehenden Menschen, wenn etwa erstere - obwohl ihr Umzug
nicht erforderlich sei - in eine Gegend mit weit überdurchschnittlich hohem Mietniveau zögen und dann Kosten der neuen Unterkunft
in voller Höhe bewilligt erhielten, während letztere sich einen solchen Umzug keinesfalls leisten könnten. Dieser ohne Not
vorgenommene Umzug würde zu einem Missbrauch staatlicher Leistungen führen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juli 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Ergänzend hat er vorgetragen, dass seine Möglichkeiten, beruflich als
Pianist wieder Fuß zu fassen, in Berlin sehr viel größer seien als in E. Im Übrigen habe er seinen Lebensmittelpunkt seit
1973 immer in Berlin gehabt und habe von dort aus deutschlandweit und zeitweise sogar weltweit freiberuflich gearbeitet. In
E sei er nur ca. ein Jahr gewesen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat er vorgetragen, dass eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Beziehern von
Arbeitslosengeld II bestünde, die aus einer teureren - wenngleich noch angemessenen - Wohnung ohne Zusicherung des Leistungsträgers
umzögen, da sie höhere KdU in Anspruch nehmen könnten.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 29. Juni 2009 (u. a.) einen Vermerk übersandt, wonach der Kläger nach Auffassung der
für ihn zuständigen Mitarbeiterin des Beklagten an einer tief greifenden psychischen Erkrankung leidet, die therapeutisch
bearbeitet werden sollte. Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2009 hat der Beklagte das Protokoll einer Durchführung eines Hausbesuches
bei dem Kläger am 15. Juli 2009 übersandt, aus dem sich ergibt, dass der Kläger gegenüber dem Prüfer angegeben hat, an Spielsucht
zu leiden.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Senat den Beteiligten die Kopien verschiedener Unterkunftsangebote für Ein-Zimmerwohnungen
in Berlin übergeben und darauf hingewiesen, dass dem Kläger danach auf dem Berliner Wohnungsmarkt seinem bisherigen Wohnungsstandard
entsprechende Unterkünfte zur Verfügung stehen dürften. Wegen der Einzelheiten der Unterkunftsangebote wird auf Blatt 116
bis 121 der Gerichtsakten verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten
und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Die den Kläger betreffenden Leistungsakten des Beklagten, des JobCenters C-und der ARGE E sowie die Akten des Sozialgerichts
Berlin (Az.: S 157 AS 11252/08 ER und S 96 AS 22323/08) haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft. Streitgegenstand sind die mit Bescheid vom 25. Januar 2008 bewilligten KdU für die Zeit von Februar
2008 bis Juni 2008, und zwar in Höhe von weiteren 100,28 € monatlich, also fünfmal 100,28 €, was einen Betrag von 501,40 €
ergibt. Damit ist der Berufungswert des §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zwar nicht erreicht, das Sozialgericht hat jedoch die Berufung gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1
SGG zugelassen; an diese Zulassung ist der Senat gemäß §
144 Abs.
3 SGG gebunden.
Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt (§
151 SGG).
Streitgegenstand ist nur die Höhe der KdU. Die Beschränkung des Streitgegenstandes ist insoweit zulässig, als es sich bei
der Verfügung über Unterkunfts- und Heizungskosten um eine abtrennbare Verfügung des Gesamtbescheides handelt und damit das
Gericht bei entsprechendem Antrag auch lediglich über diese Position des Arbeitslosengeld-II-Anspruchs befinden muss (vgl.
Urteil des Bundessozialgerichts -BSG - vom 7. November 2006, Az. B 7b AS 8/06 R, Juris Rn. 18 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1). Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht lediglich den
Antrag gestellt, den Beklagten zu verurteilen, höhere Kosten der Unterkunft zu gewähren. Damit hat er den Streitgegenstand
auf die Höhe der KdU begrenzt.
Die Berufung ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 25. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.
März 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat er
keinen Anspruch auf Zahlung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Nach
dieser Vorschrift werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese
angemessen sind. Der Kläger ist zwar gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch dem Grunde nach berechtigt, Leistungen
nach dem SGB II zu erhalten. Er hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht,
er ist hilfebedürftig und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Er ist auch erwerbsfähig.
Ärztlich begründete Anhaltspunkte dafür, dass er aufgrund seiner Spielsucht oder der von der für den Kläger zuständigen Mitarbeiterin
des Beklagten vermuteten "tief greifenden psychischen Erkrankung" nicht erwerbsfähig sein könnte, sind nicht vorhanden.
Dem Anspruch auf Übernahme der KdU in voller Höhe steht die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.d.F. des Gesetzes zur
Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl I S. 1706) entgegen. Diese Vorschrift lautet:
Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen
weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht.
Diese Voraussetzungen sind im Falle des Klägers erfüllt. Die von dem Kläger geltend gemachten KdU in Höhe von 293,80 € monatlich
waren in dem streitgegenständlichen Zeitraum für eine allein stehende Person in Berlin angemessen. Es ist gerichtsbekannt,
dass der Beklagte in dem hier in Rede stehenden Zeitraum nach den "Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten
der Wohnung gemäß § 22 SGB II" - AV-Wohnen - vom 7. Juni 2005, zuletzt geändert mit Verwaltungsvorschriften vom 30. Mai 2006,
A Bl. für Berlin Seite 2062, regelmäßig für einen Ein-Personen-Haushalt eine Bruttowarmmiete in Höhe von 360 € als angemessen
ansah und ansieht. Da hierüber kein Streit besteht und auch der Senat von einer Angemessenheit der bei dem Kläger in Berlin
anfallenden KdU ausgeht, sind weitere Ausführungen hierzu entbehrlich.
Der Umzug von K nach Berlin war auch nicht erforderlich. Der Begriff "erforderlich" wird im Gesetz nicht definiert. Aus der
Gesetzesbegründung (Drucks. 16/1410 des Deutschen Bundestages, Seite 23, zu Nr. 21 [§ 22] zu Buchstabe a) ergibt sich, dass
die Begrenzung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II dann nicht gelten soll, wenn der Wohnungswechsel zur Eingliederung in Arbeit
oder aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen erfolgt. In der Rechtsprechung sind zum Beispiel eine ungünstige Wohnflächenaufteilung
bei bevorstehender Geburt eines Kindes, die bevorstehende Geburt eines weiteren Kindes bei Unzumutbarkeit der Wohnungssuche
kurz nach der Geburt, eine Summierung unterwertiger Wohnverhältnisse (schlechte sanitäre Verhältnisse und Ofenheizung bei
älterem, gesundheitlich angeschlagenen Leistungsbezieher) und Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses in einer Wohngemeinschaft
als Gründe für die Erforderlichkeit eines Umzuges angesehen worden (vgl. die Beispiele bei Wieland in Estelmann, Kommentar
zum SGB II, § 22 Rn. 53). Gründe, die einen Umzug des Klägers erforderlich gemacht hätten, sind nicht ersichtlich. Der Umzug
erfolgte insbesondere nicht zur Aufnahme einer Arbeit. Auch für die von ihm angestrebte Tätigkeit als Pianist muss der Kläger
nicht zwingend in Berlin wohnhaft seien. Es mag zwar zutreffen, dass er in Berlin etwas leichter persönliche Kontakte zu entsprechenden
Veranstaltern knüpfen kann, Konzerte werden jedoch nicht immer nur an einem Ort gegeben, sondern sind in aller Regel mit einer
Reisetätigkeit verbunden. Diese kann der Kläger auch von K aus organisieren, wenn dies auch von Berlin aus wegen besserer
Verkehrsanbindungen möglicherweise etwas leichter wäre. Eine mögliche Erleichterung der Erreichbarkeit von Konzertterminen,
von denen noch nicht feststeht, ob sie überhaupt stattfinden, reicht für die Annahme der Erforderlichkeit eines Umzuges jedoch
nicht aus.
Auch gesundheitliche Gründe, z.B. die von dem Kläger gegenüber dem Prüfer seiner Wohnverhältnisse angegebene Spielsucht, führen
nicht zur Annahme einer Erforderlichkeit des Umzugs. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Veränderung des Wohnortes Einfluss
auf diese Spielsucht haben könnte.
Weitere Gründe, zum Beispiel sozialer Art, sind nicht erkennbar und nicht dargetan. Eine Erforderlichkeit ergibt sich auch
nicht daraus, dass der Kläger seinen Lebensmittelpunkt früher in Berlin gehabt hat. Er hat nicht dargetan, dass er verwandtschaftliche
oder freundschaftliche Bindungen (nur) zu Berlin hat. Daher kann dahingestellt bleiben, ob, wenn dies so wäre, dies einen
Grund für die Erforderlichkeit des Umzugs darstellen könnte.
§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist auch nicht dahingehend auszulegen, dass er nur für einen Umzug innerhalb desselben örtlichen
Wohnungsmarktes, nicht aber für überörtliche Umzüge gilt. Die entgegenstehende Auffassung wird allerdings in Rechtsprechung
und Literatur vertreten (vgl. Urteil des Landessozialgerichts [LSG] Baden-Württemberg vom 17. Juli 2008, Aktenzeichen L 7 AS 1300/08, dokumentiert in Juris; Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26. Oktober 2007, dokumentiert in Juris, Lang/Link in
Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2. Aufl., § 22 Rn. 47b und Frank in Hohm (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum SGB
II, VI-§ 22 Rn. 45.1). Zur Begründung wird Bezug genommen auf die Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 16/1410 Seite 23 zu Nr.
21). Dort heißt es: "Mit der Regelung werden die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die bisherigen angemessenen
Unterkunftskosten begrenzt, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen
für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten ziehen". Motiv der Neuregelung sei es mithin gewesen,
Kostensteigerungen zu Lasten des kommunalen Trägers entgegenzuwirken, die dadurch entstünden, dass Hilfebedürftige durch Umzug
die maßgebliche Angemessenheitsgrenze "ohne Not" voll ausschöpften, obwohl sie bereits in einer angemessenen - aber preiswerteren
- Wohnung lebten. Die Regelung beziehe sich auf die örtlich angemessenen Unterkunftskosten, zu deren Ermittlung (nach der
Rechtsprechung des BSG) in der Regel auf den Wohnortbereich abzustellen sei. Jeder Leistungsträger habe demnach die angemessenen
Kosten der Unterkunft und Heizung für seinen jeweiligen Zuständigkeitsbereich selbst zu ermitteln; es gälten - anders als
beispielsweise im Wohngeldrecht - keine bundesweiten Vorgaben. Auch die Gesetzesbegründung beziehe sich nur auf die durch
"den" kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen. Damit könne im Zusammenhang nur der für den bisherigen Wohnort
zuständige Träger gemeint sein. Maßgeblich sei also, dass die Angemessenheitsgrenze ausgeschöpft werden sollte, die durch
diesen Träger festgelegt sei. Ziehe der Hilfebedürftige jedoch in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Trägers, bzw. in
einen Wohnortbereich, für den eine abweichende Angemessenheitsgrenze gelte, könne die ursprünglich geltende gerade nicht mehr
"ausgeschöpft" werden. Der vom Gesetzgeber in den Blick genommene "Missbrauchsfall" könne also nicht entstehen (vgl. LSG Baden-Württemberg,
aaO., Rn. 28). Untermauert wird diese Auslegung jeweils damit, dass verfassungsrechtliche Erwägungen hierfür sprächen (vgl.
LSG Baden-Württemberg, aaO., Rn. 29f), bzw. bei einer anderen Auslegung eine umfassende Einschränkung des Rechts auf Freizügigkeit
vorgenommen würde (vgl. LSG Niedersachsen- Bremen, aaO., Rn. 19), bzw., dass der Vorwurf der Ausschöpfung der Angemessenheitsgrenzen
nicht erhoben werden könne, wenn der Hilfebedürftige von seinem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf freie Wohnortwahl
Gebrauch mache (Lang/Link, aaO.).
Der Senat vermag sich dieser Auslegung nicht anzuschließen. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift umfasst ihr Anwendungsbereich
auch Umzüge aus einer Wohnortgemeinde, für die ein anderer Angemessenheitsmaßstab gilt. Auch mit den Gesetzesmaterialien lässt
sich eine teleologische Reduzierung nicht stützen. Der Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist die Vornahme einer Kostenersparnis
bzw. die Verhinderung von Mehrkosten für die öffentliche Hand, die sich ergeben könnten, wenn nicht erforderliche Umzüge vorgenommen
werden und sich die KdU dadurch erhöhen, auch wenn sie noch im angemessenen Bereich verbleiben. Dieses Ziel der Einsparung
von Kosten kann genauso bei Umzügen innerhalb der Wohnortgemeinde als auch außerhalb der Wohnortgemeinde erreicht werden.
Daraus, dass die Gesetzesbegründung die Fälle nicht nennt, in denen ein Umzug außerhalb der aktuellen Wohnortgemeinde erfolgt,
kann nicht geschlossen werden, dass sie, obwohl vom Wortlaut des Gesetzes umfasst, ausgeschlossen sein sollten. Die Gesetzesbegründung
ist sehr knapp gehalten, möglicherweise wollte der Gesetzgeber nur den am häufigsten eintretenden Missbrauchsfall benennen,
da ein Umzug innerhalb des örtlichen Bereichs häufiger vorgenommen werden dürfte als in Orte außerhalb dieses Bereichs. Wollte
man § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II dahingehend auszulegen, dass er sich nur auf Umzüge innerhalb der aktuellen Wohnortgemeinde
bezieht, wäre auch der zweite Teil der Gesetzesbegründung nicht erklärlich, wonach diese Begrenzung insbesondere dann nicht
gilt, wenn der Wohnungswechsel zur Eingliederung in Arbeit erforderlich ist. Ein Umzug zur Eingliederung in Arbeit ist innerhalb
des örtlichen Bereichs in aller Regel nicht erforderlich, da die Arbeitsstelle dann ohne weiteres, aufgrund geringer Entfernungen,
erreicht werden kann. Auch der Hinweis darauf, dass nach der Rechtsprechung des BSG der Maßstab der Angemessenheit stets der
aktuelle Wohnort sein muss (vgl. Urteil des BSG vom 7. November 2006, Aktenzeichen B 7b AS 10/06 R, Rn. 26 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 2), kann als Argument für die Auffassung, dass § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nur für Umzüge
innerhalb der aktuellen Wohnortgemeinde gilt, nach Meinung des Senats nicht herangezogen werden, da sich die genannte Entscheidung
des BSG auf einen Fall vor Inkrafttreten des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II bezieht und in dem Urteil ausdrücklich offen gelassen
wurde, ob diese Regelung für einen Wohnungswechsel innerhalb des für die Bestimmung der Angemessenheit maßgeblichen örtlichen
Bereichs, also üblicherweise innerhalb des jeweiligen Wohnorts, gilt. Das BSG hat lediglich ausgeführt, dass jedenfalls für
die Zeit vor ihrem Inkrafttreten dieser Regelung keine Einschränkung für einen Umzug in einen neuen Wohnort dergestalt entnommen
werden kann, dass die Unterkunftskosten, wenn sie sich im Rahmen des neuen Wohnorts als angemessen zeigen, gleichwohl unangemessen
sind, wenn sie sich nicht innerhalb des für den früheren Wohnort geltenden Angemessenheitsrahmens halten (vgl. BSG, aaO.,
in Juris Rn. 27).
Eine Auslegung der Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II dahingehend, dass sie nur für einen Umzug innerhalb der jeweiligen
aktuellen Wohnortgemeinde gilt, ist auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen notwendig (so auch S. Knickrehm, Kommentar
zum Sozialrecht, § 22 Rn. 21; Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, Stuttgart 2009, S. 21;
Ähnlich auch Lauterbach in Gagel, Kommentar zum SGB II/SGB III, § 22 SGB II Rn. 44,). Die oben zitierten Auffassungen, die
eine solche Auslegung für notwendig halten, gehen offensichtlich davon aus, dass die Reduzierung auf die bisher gezahlten
KdU bei einem Umzug in einen anderen Ort gegen Art.
11 Grundgesetz (
GG), der das Recht auf Freizügigkeit schützt, verstoßen würde. Art.
11 GG lautet:
(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.
(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine
ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen
es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand und die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines
Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend
vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist.
Nach der Definition des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) bedeutet Freizügigkeit "das Recht, ungehindert durch die deutsche
Staatsgewalt an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen" und zudem auch "zu diesem Zweck
in das Bundesgebiet einzureisen" (vgl. Durner in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Kommentar zum
Grundgesetz, Stand 54. Lieferung Januar 2009, Rn. 71 m.w. N.). Dazu gehört auch die Freizügigkeit zwischen Ländern, Gemeinden und innerhalb
einer Gemeinde (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. März 2004, Az. 1 BvR 1266/00 = BVerfGE 110, 177 [191]).
Wie kaum bei einem anderen Grundrecht zeigen sich im Rahmen des Art.
11 Abs.
1 GG massive Unsicherheiten im Hinblick auf die Frage, wann bei Einwirkungen auf das im Schutzbereich der Freizügigkeitsgarantie
erfasste Verhalten ein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff in das Freizügigkeitsrecht anzunehmen ist (vgl. Durner, aaO., Rn.
111). Ein rechtfertigungsbedürftiges Handeln ist jedenfalls im Falle eines klassischen hoheitlichen Eingriffs gegeben, bei
dem der Staat gegenüber dem Bürger zielgerichtet, unmittelbar, rechtsförmlich und unter Anwendung von Zwang Verhaltensweisen
behindert, die dem Schutzbereich des Art.
11 Abs.
1 GG unterfallen. Insbesondere das Vorliegen eines hoheitlichen Zwangselementes begründet in aller Regel einen Grundrechtseingriff,
zum Beispiel strafrechtliche Auflagen zum Aufenthaltsort (vgl. Durner, aaO., Rn. 114).
Ein entsprechender Grundrechtseingriff liegt mit der in Rede stehenden Regelung nicht vor, da es dem Hilfebedürftigen nicht
verwehrt ist, seinen jeweiligen Wohnort bzw. Aufenthaltsort zu verlassen. Nach der Rechtsprechung des BVerfG können jedoch
auch staatliche Maßnahmen, die eine mittelbare oder faktische Wirkung entfalten, Grundrechte beeinträchtigen und müssen daher
von Verfassungs wegen hinreichend gerechtfertigt sein. Solche Maßnahmen können in ihrer Zielsetzung und Wirkung einem normativen
und direkten Eingriff gleichkommen und müssen dann wie dieser behandelt werden (Urteil vom 17. März 2004, aaO.). In seiner
Entscheidung vom 26. Februar 2002, Az. 1 BvR 558/91 und 1 BvR 1428/91 hat das Bundesverfassungsgericht (zu Art.
12 GG) ausgeführt, dass insbesondere eine staatliche (Informations-) Tätigkeit eine Beeinträchtigung im Gewährleistungsbereich
des Grundrechts sein könne, wenn sie in der Zielsetzung und ihren Wirkungen Ersatz für eine staatliche Maßnahme ist, die als
Grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre (juris Rn. 62 = BVerfGE 105, 252 [273]; vgl. zur Frage der Finalität auch die Ausführungen bei Durner, aaO., Rn. 111ff, 115).
Einen solchen Eingriff hatte das BVerfG in § 3 Abs. 1 Satz. 2 Wohnortzuweisungsgesetz (WoZuG) gesehen, wonach Spätaussiedler
regelmäßig von der Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt ausgeschlossen waren, wenn sie ihren Wohnort abweichend von der
Zuweisung wählten. Die Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) waren dann auf die nach den Umständen unabweisbar gebotene Hilfe beschränkt. Das BVerfG sah darin eine mittelbare zielgerichtete
Beeinträchtigung des Grundrechts nach Art.
11 Abs.
1 GG, da die Regelung des § 3a WoZuG für die Sozialhilfebezieher an die Ausübung des Grundrechts der Freizügigkeit einen wirtschaftlich spürbaren Nachteil
knüpften, um damit den Inhaber des Grundrechts an den Zuweisungsort zu binden.
Ein Grundrechtseingriff liegt in der Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II schon deshalb nicht, weil sie nicht auf die Einschränkung
der Freizügigkeit zielt. Zweck dieser Vorschrift ist es nicht, Hilfebedürftige an einen bestimmten Ort zu binden, etwa um,
wie bei § 3a WoZuG, eine gleichmäßige Verteilung der Aussiedler auf das Gebiet der Bundesrepublik zu gewährleisten und das
Entstehen von Siedlungsschwerpunkten für Spätaussiedler zu verhindern und so den Gemeinden eine vorausschauende Planung ihrer
infrastrukturellen und integrativen Maßnahmen möglich zu machen. § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II zielt (lediglich) dahin, nach Auffassung
des Gesetzgebers ungerechtfertigte und unnötige Kosten für die Unterkunft zu vermeiden. Ein Grundrechtseingriff liegt bei
mittelbaren Beeinträchtigungen, wie sie hier allenfalls in Betracht kämen, wie oben erläutert jedoch nur vor, wenn die Beeinträchtigung
Ziel des staatlichen Handelns beziehungsweise der staatlichen Regelung ist. Bezüglich der Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2
SGB II ist, anders als z.B. bei § 3a WoZuG, das Ziel des Gesetzes nicht, die Freizügigkeit einzuschränken.
Hinzu kommt, dass der Kläger tatsächlich nicht gehindert war, nach Berlin zu ziehen, auch wenn er an den von der ARGE E bewilligten
KdU festgehalten wird. Bei einer Recherche bei "I" und "I" am 2. September 2009 fanden sich Wohnungsangebote, die zum Teil
bezüglich der Warmmiete noch unter den von dem Beklagten jetzt berücksichtigten KdU lagen und die dem von den Kläger bisher
innegehabten Wohnstandard entsprechen beziehungsweise diesen sogar übertreffen. Zwar liegen keine Angebote für den hier in
Rede stehenden Bewilligungszeitraum vor, der Senat geht jedoch davon aus, dass, sofern zum jetzigen Zeitpunkt solche Wohnungen
in Berlin am Markt vorhanden sind, dies auch zu einem früheren Zeitpunkt der Fall war, da sich die Mieten in aller Regel -
und auch in Berlin- nicht nach unten sondern nach oben entwickeln.
Da damit keine Beeinträchtigung des Freizügigkeitsrechts vorliegt, ist eine verfassungskonforme Auslegung von § 22 Abs. 1
Satz 2 SGB II nicht notwendig und die Regelung kann entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift auch auf Umzüge außerhalb des
aktuellen Wohnortbereiches angewandt werden.
Der Senat sieht bezüglich der Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II die Problematik nicht in einer Frage der Beschränkung
des Grundrechts auf Freizügigkeit, sondern eher darin, dass, worauf der Kläger in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat,
derjenige Empfänger von Leistungen nach dem SGB II bei einem nicht erforderlichen Umzug besser gestellt wird, der bereits
vorher eine höhere, wenngleich auch noch an seinem Wohnort angemessene Miete gezahlt hat. Dies bedeutet, dass jemand, der
eine bescheidenere Unterkunft innehatte, an diesem bescheidenen Maßstab festgehalten wird. Der Senat sieht gleichwohl hierin
kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art.
3 Abs.
1 GG. Die Beeinträchtigung dieser Vorschrift setzt eine Ungleichbehandlung voraus, d.h. eine unterschiedliche Behandlung zweier
vergleichbarer Sachverhalte. Allerdings liegt eine Verletzung von Art.
3 Abs.
1 GG nicht vor, wenn die Ungleichbehandlung durch einen hinreichend gewichtigen Grund gerechtfertigt ist (vgl. Jarass, Kommentar
zum
Grundgesetz, 10. Aufl., Art.
3 Rn. 14 m.w.N.). Als Grund für die Ungleichbehandlung (Differenzierungsgrund) kommt jede vernünftige Erwägung in Betracht.
Eine solche ist hier gegeben. Wie oben bereits erläutert, ist es Sinn der Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II, die Kosten
der Unterkunft für die öffentliche Hand zu begrenzen. Darin sieht der Senat einen vernünftigen Grund auch für eine Ungleichbehandlung,
die darauf hinausläuft, einen Bezieher von Leistungen nach einem nicht erforderlichen Umzug an einem bescheideneren - allerdings
in der Regel vorher selbst gewählten - Wohnstandard festzuhalten.
Auch aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch lässt sich ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der tatsächlich anfallenden
KdU nicht herleiten. Voraussetzung für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ist die Pflichtverletzung
eines Leistungsträgers, die zu einem (rechtlichen) Schaden in Form des Ausbleibens von Vorteilen (insbesondere Anwartschaften,
Ansprüchen, Leistungen) geführt hat, die an sich im Sozialrecht vorgesehen sind und insbesondere dem betroffenen Bürger zugute
kommen sollen (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, vor §§
38 bis
47 SGB I, Rn. 30). Selbst bei Vorliegen einer Falschberatung - wie sie der Kläger vorträgt - könnte ein Herstellungsanspruch nicht
entstehen, da Ziel dieses Anspruchs die Herstellung des Zustandes ist, der eingetreten wäre, wenn die Verwaltung sich nicht
rechtswidrig verhalten hätte. Da der Kläger auch bei richtiger Beratung keinen Anspruch auf Übernahme der KdU in tatsächlicher
Höhe gehabt hätte, da dem, wie oben erläutert, §
22 Abs.
1 Satz 2
SGG entgegensteht, kommt ein Herstellungsanspruch vorliegend nicht in Betracht.
Da die Voraussetzungen für die Anwendung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II damit vorliegend erfüllt sind, hat der Beklagte die
KdU zu Recht auf 193,52 € begrenzt, wobei er bereits über den von der ARGE E laut Bescheid vom 14. Dezember 2007 als KdU gezahlten
Betrag von 190,52 € hinausgegangen ist. Nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist bei Vorliegen seiner Voraussetzungen
die KdU auf die bisher zu tragenden Aufwendungen zu begrenzen. Bei den bisher zu tragenden Aufwendungen handelt es sich um
diejenigen, die die ARGE E mit bindendem Bescheid vom 14. Dezember 2007 festgelegt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG. Sie entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision war gemäß §
160 Abs.
1 und Abs.
2 Nr.
1 SGG zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.