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LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.03.2016 - 13 VJ 59/14
Feststellung von Schädigungsfolgen einer Schutzimpfung Poliomyelitisschutzimpfung Hirnschaden Versorgungsmedizinverordnung
1. Die Impfung und sowohl die als Impfkomplikation in Betracht kommende als auch die dauerhafte Gesundheitsstörung sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - im sogenannten Vollbeweis - festzustellen, während allein für die zwischen diesen Merkmalen erforderlichen Ursachenzusammenhänge das Beweismaß der Wahrscheinlichkeit ausreicht.
2. Die Feststellung einer Impfkomplikation im Sinne einer impfbedingten Primärschädigung hat mithin grundsätzlich in zwei Schritten zu erfolgen; zunächst muss ein nach der Impfung aufgetretenes Krankheitsgeschehen als erwiesen erachtet werden, sodann ist die Beurteilung erforderlich, dass diese Erscheinungen mit Wahrscheinlichkeit auf die betreffende Impfung zurückzuführen sind.
3. Die seit dem 1. Januar 2009 an die Stelle der AHP getretene Versorgungsmedizinverordnung (VersmedV) ist eine allgemeinverbindliche Rechtsverordnung, die indessen, sofern sie Verstöße gegen höherrangige, etwa gesetzliche Vorschriften aufweist, jedenfalls durch die Gerichte nicht angewendet werden darf.
4. Anders als die AHP enthält die VersmedV keine Bestimmungen über die Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitsbildern, so dass insoweit entweder auf die letzte Fassung der AHP aus dem Jahr 2008 zurückgegriffen werden muss oder weil Anzeichen dafür, dass diese den aktuellen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr beinhalten, andere Erkenntnisquellen, insbesondere Sachverständigengutachten, genutzt werden müssen.
Normenkette:
ImpfG § 60 Abs. 1
,
BseuchG § 51 Abs. 1
Vorinstanzen: SG Neuruppin 19.12.2012 S 3 VJ 83/06
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 19. Dezember 2009 geändert. Der Beklagte wird unter Änderung seines Bescheides vom 15. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2006 verpflichtet, den Bescheid vom 9. Dezember 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 1995 zu ändern und festzustellen, dass der Hirnschaden mit Störungen des Bewegungsvermögens und der geistigen Entwicklung sowie Anfallsleiden Folge der Poliomyelitisschutzimpfung der Klägerin vom 9. Januar 1989 ist.
Der Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.

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