Zurückweisung eines Zwangsgeldantrages
Verpflichtungen aus einer einstweiligen Anordnung
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Zurückweisung seines Antrages vom 14. Februar 2019, der Antragsgegnerin gemäß §§
199,
201 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ein Zwangsgeld anzudrohen und dieses nach fruchtlosem Fristablauf festzusetzen.
Der anwaltlich vertretene Antragsteller beantragte am 9. Oktober 2018 beim Sozialgericht Potsdam (wörtlich), die Antragsgegnerin
zu verpflichten, dem Antragsteller bis 31. Dezember 2018 Leistungen für den Fall der Verhinderung des O B aus Gründen wie
sie in § 64 Buchst. c SGB XII bezeichnet sind für insgesamt 42 Kalendertage im Umfang von 6 Stunden je Kalendertag zu gewähren und hierfür als Aufwendungen
der Pflegeperson, welche die Verhinderungspflege durchführt, je volle Zeitstunde der tatsächlich ausgeführten Verhinderungspflege
einen Betrag von höchstens 15 Euro sowie je Kalendertag der tatsächlich ausgeführten Verhinderungspflege Fahrtkosten zu berücksichtigen.
Mit Beschluss vom 22. November 2018 verpflichtete das Sozialgericht Potsdam die Antragsgegnerin über das von ihr abgegebene
Teilanerkenntnis hinaus im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung, dem Antragsteller bis zum 31. Dezember 2018 Leistungen
für den Fall der Verhinderung des O B aus Gründen, wie sie in § 64 c SGB XII bezeichnet sind, für max. 42 Kalendertage im Umfang von 6 Stunden je Kalendertag zu gewähren und hierfür als Aufwendungen
der Person, welche die Verhinderungspflege ausführt, je volle Zeitstunde der tatsächlich ausgeführten Verhinderungspflege
einen Betrag von höchstens 12 Euro zu berücksichtigen.
Mit Bescheid vom 10. Dezember 2018 sicherte die Antragsgegnerin dem Antragsteller zu, die Kosten der notwendigen, angemessenen
und erbrachten Verhinderungspflege im Umfang von 6 Stunden je Kalendertag zu höchstens 12 Euro je voller Zeitstunde als Erstattungsleistung
zu übernehmen. Überdies wurde die Zusicherung erteilt, je Kalendertag der tatsächlich ausgeführten Verhinderungspflege Fahrtkosten
zu übernehmen. Die Leistungsbeträge seien Erstattungsbeträge und könnten daher erst nach erbrachter Leistung und Abrechnung
gezahlt werden. Am 6. und am 18. Dezember 2018 führte die Antragsgegnerin zwei Hausbesuche beim Antragsteller zur Feststellung
der Durchführung der Verhinderungspflege durch.
Mit Bescheid vom 4. Februar 2019 lehnte die Antragstellerin eine Vergütung der Verhinderungspflege nach § 64 c SGB XII mit der Begründung ab, dass bei den unangemeldeten Hausbesuchen keine Inanspruchnahme einer Verhinderungspflege habe festgestellt
werden können. Den eingereichten Abrechnungen habe auch entnommen werden können, dass die Verhinderungspflege und die Erbringung
der Entlastungsleistungen oftmals zeitgleich erbracht worden seien. Der Behörde sei es trotz Ausschöpfung sämtlicher verfügbarer
Erkenntnisquellen nicht möglich gewesen, festzustellen, ob die Abrechnung der Verhinderungspflege den Tatsachen entspreche.
Die Unaufklärbarkeit des Sachverhaltes gehe zulasten des Leistungsbegehrenden. Den hiergegen vom Antragsteller am 13. Februar
2019 erhobenen Widerspruch wies die Antragstellerin mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2019 zurück, hiergegen ist ein
Klageverfahren beim SG Potsdam zum Geschäftszeichen S 20 SO 40/19 anhängig.
Am 14. Februar 2019 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers beim SG Potsdam, gegen die Beklagte gemäß §§
199,
201 SGG ein Zwangsgeld anzudrohen und nach fruchtlosem Fristablauf festzusetzen. Die Antragsgegnerin komme ihrer Verpflichtung, wie
sie sich aus dem Beschluss des Sozialgerichts zur vorläufigen Leistungserbringung ergebe, nicht nach. Unter Berücksichtigung
des im Rahmen des Eilverfahrens zugesprochenen Stundensatzes ergebe sich ein zu zahlender Betrag von über 3.024 Euro.
Das Sozialgericht hat diesen Antrag nach Zeugenvernehmung im Rahmen von 2 Erörterungsterminen durch Beschluss vom 28. Juni
2019 im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die vom Antragsteller behauptet
durchgeführte Verhinderungspflege im Zeitraum vom 1. November 2018 bis einschließlich 31. Dezember 2018 nicht stattgefunden
habe.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 12. Juli 2019 zugestellten Beschluss richtet sich die am 30. Juli 2019 eingelegte
Beschwerde. Ziel der Beschwerde sei die Auszahlung der dem Antragsteller für die im November und Dezember 2018 geleistete
Verhinderungspflege entstandenen Kosten. Zwar sei der Antragsgegner mit dem Tenor des Sozialgerichtes nur verpflichtet worden,
Leistungen unter der Bedingung zu gewähren, dass die Verhinderungspflege tatsächlich stattgefunden hat. Es sei schon damals
erwogen worden, gegen diesen Beschluss, weil er nicht ohne weiteres der Vollstreckung zugänglich sei, die Beschwerde einzulegen.
Da aber absehbar gewesen sei, dass die Beschwerde, wenn das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg endlich über sie entschieden
hätte, wegen eines dann in der Vergangenheit liegenden Zeitraums zurückgewiesen worden wäre, sei hiervon abgesehen worden.
Nunmehr könne effektiver Rechtsschutz im Sinne des Art.
19 Abs.
4 GG nur noch über die Androhung eines Zwangsgeldes erreicht werden. Dem Antragsteller gehe es darum, dass die Antragsgegnerin
ihm die Kosten für die von Herrn A K im November Dezember 2018 erbrachte Verhinderungspflege erst einmal auszahle, damit er
diesen dann bezahlen könne. Darüber, ob die Verhinderungspflege tatsächlich stattgefunden habe, könnte sich dann im Hauptsacheverfahren
gestritten werden. Sollte sich dann herausstellen, dass die Verhinderungspflege tatsächlich nicht stattgefunden habe, könne
die Beschwerdegegnerin die nur unter Vorbehalt geleisteten Zahlungen zurückverlangen. Dem Antragsteller entstehe anderweitig
ein unwiederbringlicher Schaden, wenn er Herrn K erst nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens bezahlen könne, weil er dann
niemanden mehr finden werde, der bereit sei, die Verhinderungspflege zu übernehmen.
Sein Antrag sei daher so auszulegen dass er begehre, dass
die Beschwerdegegnerin verpflichtet wird, 3.024 Euro an den Antragsteller als Vorschuss (§
42 SGB I) zu zahlen.
Ein so formulierter Antrag wäre beim Sozialgericht Potsdam gestellt worden, wenn das Sozialgericht auf die Unzulässigkeit
eines Antrags auf Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes hingewiesen hätte.
Die Antragsgegnerin hat beantragt, die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam zurückzuweisen.
Der Senat hat den Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin aus dem anhängigen Beschwerdeverfahren L 15 SO 194/19 B ER beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf dessen Inhalt und den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 28. Juni 2019 ist zulässig, aber unbegründet.
Versteht man den Beschluss des Sozialgerichts vom 22. November 2018, wie vom Prozessbevollmächtigten des Antragstellers nunmehr
gewünscht, als vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zu Erbringung einer Geldforderung, kommt die beantragte Festsetzung
eines Zwangsgeldes nach §
201 SGG schon deshalb nicht in Betracht, weil sich die Vollstreckung einer Geldforderung nach §
198 Abs.
1 SGG i.V.m. §
882 a ZPO richtet. Zuständig sind die ordentlichen Gerichte.
Versteht man den Beschluss des Sozialgerichts als vorläufige Verpflichtung zur Erbringung einer Sachleistung (Sachleistungsverschaffung),
kann eine solche Sachleistung für Dezember 2018 nicht mehr erbracht werden, weshalb ein Zwangsgeld ins Leere ginge.
Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für die Auferlegung eines Zwangsgeldes nach §
201 SGG aus folgenden Gründen nicht vor:
Nach §
201 SGG kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung ein Zwangsgeld bis zu tausend Euro durch Beschluss androhen,
wenn die Behörde in den Fällen des §
131 SGG der im Urteil auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt. Die Vorschrift findet nach allgemeiner Auffassung auch auf Verpflichtungen
aus einer einstweiligen Anordnung Anwendung (vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, Komm. 12. Aufl., §
201 Rn. 2a mit weiteren Nachweisen). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Wie der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers zutreffend erkannt hat, hat der Tenor des sozialgerichtlichen Beschlusses
vom 22. November 2018 keinen im Sinne des Begehrens des Antragstellers (Zahlung von 3.024 Euro) vollstreckbaren Inhalt. Im
Übrigen ist die Antragsgegnerin der Verpflichtung aus dem Beschluss vom 22. November 2018, dem Antragsteller bis zum 31. Dezember
2018 "für den Fall der Verhinderung" des O B aus Gründen, wie sie in § 64 c SGB XII bezeichnet sind, Leistungen zu gewähren und hierfür einen Betrag von höchstens 12 Euro je volle Zeitstunde der tatsächlich
ausgeführten Verhinderungspflege zu berücksichtigen, bereits mit Erlass des Bescheides vom 10. Dezember 2018 nachgekommen.
Wird mit einer einstweiligen Anordnung die Verpflichtung ausgesprochen, einem Antragsteller Leistungen zu "gewähren", ist
der Antragsgegner damit zur Erteilung eines Bescheides verpflichtet worden. Mit dem Bescheid vom 10. Dezember 2018 hat die
Antragsgegnerin eine Zusicherung zur Übernahme der tatsächlich geleisteten Verhinderungspflege entsprechend und in dem Umfang
der ihr durch den sozialgerichtlichen Beschluss auferlegten Verpflichtung erteilt. Ob die Bedingung, unter der diese Verpflichtung
auferlegt wurde, nämlich eine Verhinderung des O B und eine tatsächlich durchgeführte Verhinderungspflege, eingetreten ist,
ist Streitgegenstand im inzwischen beim Sozialgericht Potsdam anhängigen Rechtsstreit zum Geschäftszeichen S 20 SO 40/19 und
in diesem zu klären.
Im Übrigen käme, selbst wenn sich aus dem Tenor des Beschlusses vom 22. November 2018 - entgegen seinem eindeutigen Wortlaut
- eine unbedingte Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Sachleistungsverschaffung der Verhinderungspflege für den Zeitraum
bis zum 31. Dezember 2018 ergeben sollte, eine Durchsetzung dieser Verpflichtung nach Ablauf des streitgegenständlichen Zeitraums,
d.h. bis zum 31. Dezember 2018, nicht mehr in Betracht. Eine im Rahmen des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach §
86 b Abs.
2 SGG für einen festgelegten Zeitraum ausgesprochene vorläufige Verpflichtung kann nach Ablauf dieses Zeitraums nicht mehr zwangsweise
durchgesetzt werden. Eine Klärung des Anspruchs ist dann vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war abzulehnen, da die Rechtsverfolgung keine
hinreichende Aussicht auf Erfolg bot (§
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
114 Abs.
1 Satz 1
ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).