Gründe:
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten für zwei optische Kohärenztomografien (OCT).
Die Klägerin ist 1954 geboren und versichertes Mitglied der Beklagten. Sie leidet an einer diabetischen Retinopathie und Makulopathie
mit einem diabetischen Makulaödem. Im Rahmen der Therapie erfolgt eine intravitreale operative Injektion von Medikamenten
(z.B. Ranibizumab ("Lucentis®") bzw. anderen Anti-VEGF-Präparaten) in den Glaskörper des Auges. Mittels der OCT, einem bildgebenden
Verfahren (digitale Darstellung sowie Schnittbild der Makula), wird eine Darstellung der Netzhautmorphologie mit hochauflösender
Tiefeninformation ermöglicht. Dabei wird ein Lichtstrahl auf die Netzhaut projiziert. Durch Messung des reflektierten und
erzeugten Lichts der verschiedenen Netzhautschichten erzeugt die Methode zwei- und dreidimensionale Aufnahmen, die eine objektive
und quantitative Beurteilung der Netzhaut ermöglichen. So können Strukturen wie Narbenprozesse, Veränderungen der Netzhautdicke,
aber auch Flüssigkeitsansammlungen beurteilt werden. Mit der Untersuchungsmethode soll die Verlaufskontrolle ergänzend zur
Visusmessung begleitend zur Behandlung (mit Injektionen) zur Steuerung des patientenindividuellen Behandlungsintervalls erfolgen.
Die Methode war keine zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Diagnostik. Auf den Antrag des Spitzenverbandes der Gesetzlichen
Krankenkassen (GKV-SV) vom 3. März 2015 hat der Gemeinsame Bundesauschuss (GBA) am 16. April 2015 das Beratungsverfahren eingeleitet.
Mit Beschluss vom 20. Dezember 2018 hat der GBA die OCT zur Diagnostik und Therapiesteuerung der neovaskulären altersbedingten
Makuladegeneration (nAMD) und des Makulaödems im Rahmen der diabetischen Retinopathie (DMÖ) in Anlage 1 der Richtlinie Methoden
vertragsärztliche Versorgung als Nummer 29 angefügt (BAnz AT 22. März 2019 B2).
Die Klägerin beantragte bei der Beklagten mit Schreiben vom 5. Mai 2015 die Kostenübernahme für eine geplante augenärztliche
Untersuchung per OCT, da diese über die Gesundheitskarte als neue Untersuchungsmethode nicht abrechenbar sei. Ein Anspruch
auf Kostenübernahme bestehe nach ihrer Auffassung unter dem Gesichtspunkt eines Systemversagens. Bis zum 3. Mai 2016 wurden
bei ihr alle zwei Monate Injektionen verabreicht und insgesamt 17 OCT-Untersuchungen beider Augen im Abstand von jeweils zwei
bis drei Monaten durchgeführt.
Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme auf den Antrag vom 5. Mai 2015 unter Berufung darauf ab, dass es sich um eine individuelle
Gesundheitsleistung (IGeL) handele, die nicht Teil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung sei und daher
nur privat abgerechnet werden könne. Den dagegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 30. Juli 2015 zurück, da es sich bei der OCT-Untersuchung um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode handele,
für die eine (positive) Empfehlung zur Notwendigkeit und dem therapeutischen Nutzen des GBA noch nicht vorliege. Anhaltspunkte
dafür, dass ein Systemversagen gegeben sei, weil das Fehlen einer positiven Aussage des GBA zu der neuen Methode darauf beruhe,
dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen
nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt werde, bestünden nicht.
Die Klägerin hat am 20. August 2015 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben und hat unter Übersendung von zwei Rechnungen die
Erstattung von jeweils 57,12 Euro für die am 11. Juni 2015 und am 30. Juli 2015 durchgeführte OCT begehrt. Die Untersuchungsmethode
habe sich seit ihrer Einführung im Jahr 2001 mindestens seit 2009 flächendeckend in allen Augenkliniken und ambulant operierenden
Augenzentren etabliert. Schließlich habe das Sozialgericht Rostock am 29. September 2014 ein Systemversagen in einem vergleichbaren
Fall anerkannt (S 15 KR 36/12). Es bestehe in der Fachwelt seit Jahren breiter Konsens, dass es sich bei der Methode um eine nützliche und etablierte Untersuchungsmethode
handele. Die zur Antragstellung beim GBA befugten Organisationen seien erstmals im Juli 2009 von Selbsthilfegruppen Betroffener
mit einer altersbedingten Makuladegeneration (AMD) aufgefordert worden, einen Antrag zu stellen.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des die Klägerin behandelnden Augenarztes Dr. H eingeholt, der MDK hat dazu in einem
Gutachten vom 13. Juni 2016 Stellung genommen. Das Sozialgericht hat von dem GKV-SV, dem GBA und der Kassenärztliche Bundesvereinigung
(KBV) je eine Stellungnahme zu den Umständen der Antragstellung beim GBA für die streitige Untersuchungsmethode eingeholt.
Mit Urteil vom 13. Dezember 2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Ein Kostenerstattungsanspruch
gemäß §
13 Abs.
3 SGB V bestehe nicht, weil es an einem Sachleistungsanspruch fehle, der von der Beklagten zu Unrecht abgelehnt worden sei. Es handele
sich bei der OCT um eine ärztliche Untersuchungsmethode i.S. der gesetzlichen Krankenversicherung, da dem Verfahren ein eigenes
theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liege, das es von anderen Untersuchungsverfahren unterscheide und seine systematische
Anwendung in der Erkennung von Krankheiten rechtfertigen solle. Die Methode sei neu, da sie nicht als abrechnungsfähige Leistung
im einheitlichen Bewertungsmaßstab für die vertragsärztliche Versorgung (EBM) enthalten sei. Eine Empfehlung des GBA i.S.
des §
135 SGB V liege noch nicht vor, da derzeit das Beratungsverfahren durchgeführt werde.
Es liege auch kein Ausnahmefall vor, aufgrund dessen trotz fehlender Empfehlung des GBA ein Sachleistungsanspruch bestehen
könne. Ein Anspruch gemäß §
2 Abs.
1a SGB V komme nicht in Betracht, da bei der Klägerin keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung oder eine zumindest
gleichwertige Erkrankung bestehe. Außerdem stünden nach der Stellungnahme des MDK diverse alternative Untersuchungsmethoden
zur OCT zur Verfügung, wie z.B. der Amsler-Test, die biometrische Untersuchung des Auges mittels Spaltlampe zur Beurteilung
des hinteren Augenabschnitts, die binokulare Funduskopie, die eine Beurteilung des Makulaödems im Verlauf mit fotografischer
Dokumentation ermögliche sowie die Gesichtsfelduntersuchung und die Fluoreszenzangiografie. Eine Erkrankung, die so selten
auftrete, dass ihre systematische Erforschung praktisch ausscheide (sog. Seltenheitsfall), liege bei der Klägerin ebenfalls
nicht vor.
Auch ein Systemversagen sei nicht nachgewiesen. Ein solches begründe ausnahmsweise eine Leistungspflicht der Krankenkasse
ungeachtet des Verbotsvorbehaltes in §
135 SGB V, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode darauf zurückzuführen sei, dass das Verfahren
vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht
zeitgerecht durchgeführt worden sei. Dies müsse auf eine willkürliche oder sachfremde Untätigkeit oder Verfahrensverzögerung
zurückzuführen sein. Ein solcher Fall sei bisher von der Rechtsprechung angenommen worden, wenn der GBA aufgrund eines Bewertungsverfahrens
für den stationären Behandlungsbereich nach §
137c SGB V Erkenntnisse habe, die er im Rahmen des Verfahrens nach §
135 SGB V nicht nutze und deshalb keine Empfehlung für den ambulanten Versorgungsbereich abgebe. Ein willkürliches Unterlassen einer
Antragstellung durch einen Antragsberechtigten beim GBA liege im Fall der Klägerin nicht vor. Eine Antragspflicht bestehe
nur dann, wenn nach dem Stand der medizinischen Erkenntnisse eine positive Abschätzung des diagnostischen oder therapeutischen
Nutzens der neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode durch den GBA wahrscheinlich sei und eine positive Bewertung der Methode
nicht aus anderen Gründen (fehlende Wirtschaftlichkeit) ausgeschlossen erscheine. Dies sei bei der OCT nicht der Fall. Bis
zum Zeitpunkt des Urteils liege keine Studienlage vor, welche die antragsberechtigten Organisationen verpflichtet hätte, einen
Antrag zu stellen. Auch das nunmehr im Verfahren der Methodenbewertung vom GBA eingeschaltete IQWiG habe gemäß seinem Abschlussbericht
zur der Methode vom 7. Juli 2017 nur insgesamt vier Studien zur Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration (nAMD) und
zwei Studien zur Diabetischen Retinopathie mit Makulaödem (DMÖ) heranziehen können. Es habe sich weder ein Nutzen noch ein
Schaden im Vergleich zu anderen Verfahren der Therapiesteuerung ergeben. Darüber hinaus hätten die antragsberechtigten Organe
des GKV-SV und der KBV die Studienlage überwacht und aufgrund sachlicher Erwägungen erst im März 2015 einen Antrag gestellt.
Dass sich die Methode in der augenärztlichen Praxis durchgesetzt habe, wäre allein dann von Bedeutung, wenn die genannten
Organisationen und die Organe des GBA die ihnen obliegende Aufgabe der kontinuierlichen Überwachung der Studienlage nicht
wahrgenommen hätten. Allein die Verbreitung in der Praxis könne den wissenschaftlich einwandfrei geführten Beleg aber nicht
ersetzen. Das gelte auch bei Berücksichtigung selektivvertraglicher Regelungen und einzelvertraglicher gebundener Augenärzte,
die praktisch zu einer Abgabe der Leistungen an Versicherte geführt hätten. Die genannten Vertragsgestaltungen erlaubten geringere
Anforderungen an die Bewertung von Nutzen und Risiken. Anhaltspunkte für eine andere Bewertung des Systemversagens ergäben
sich aus ihnen zudem nur dann, wenn trotz ausreichender positiver Erkenntnisse über den Nutzen ein Antrag beim GBA unterlieben
wäre.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 18. Januar 2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. Februar 2018 Berufung eingelegt.
Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Der GBA habe zwischenzeitlich in seinem Beschluss vom 20. Dezember
2018 bestätigt, dass das OCT-Verfahren seit 2002 in Deutschland Verbreitung gefunden habe und seit etwa 2006 flächendeckend
praktiziert werde. Die Entscheidung des GBA aus dem Jahr 2018, die Leistung als Kassenleistung anzuerkennen, hätte bereits
früher getroffen werden können, wenn der GBA tätig geworden wäre. Neue wissenschaftliche Studien lägen seiner Entscheidung
gerade nicht zugrunde.
Das Systemversagen bestehe in diesem speziellen Fall darin, dass die Krankenkassen das gesetzlich vorgesehene System massiv
zugunsten von Verträgen nach §
73a SGB V a.F. und §
140a SGB unterwandert hätten. Speziell das GBA-Verfahren sei damit bewusst und flächendeckend von den Krankenkassen umgangen worden.
Denn für diese Verträge hätte gar kein Bedarf bestanden, da die Versorgung mit intravitrealer operativer Medikamenteneingabe
(IVOM) als ärztliche Leistung seit Oktober 2014 im EBM abgebildet sei. Tatsächlich sei es in diesen Verträgen darum gegangen,
die Versorgung mit dem nicht zugelassenen Arzneimittels Avastin® anstelle von Lucentis® zu erreichen. Ein Antrag beim GBA
sei nicht gestellt worden, um bestehende Verträge zu schützen. Außerdem liege seit Einführung der Untersuchungsmethode im
Jahr 2001 eine derartig breite Versorgung durch Ärzte vor, dass auch deshalb Veranlassung bestanden habe, die allgemein geltenden
Voraussetzungen für ein Systemversagen entsprechend zu modifizieren. Schließlich sei ein Systemversagen von der BARMER in
anderen vergleichbaren Fällen anerkannt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Dezember 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom
8. Mai 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2015 zu verpflichten, der Klägerin die von ihr verauslagten
Kosten für jeweils eine OCT-Untersuchung am 11. Juni 2015 und am 30. Juli 2015 in Höhe von insgesamt 114,24 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen sowie die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Die 2015 bestehenden
regionalen Selektivverträge hätten nicht die Versorgung mit OCT-Leistungen bezweckt, vielmehr die Behandlung der näher benannten
Augenerkrankungen mittels intravitrealer Eingabe von VEGF-Hemmern oder Glucocorticoiden; die OCT sei dabei nur unselbständiger
Bestandteil des Behandlungskonzepts. Eine Teilnahme an den genannten Verträgen habe allen DAK-Versicherten offen gestanden,
so diese sich in die jeweiligen Behandlungsprogramme eingeschrieben hätten und der behandelnde Augenarzt bestimmte Qualifikationen
hätte nachweisen können. Das Antragsschreiben der Klägerin vom 5. Mai 2015 an die Beklagte habe auch keine ausreichenden Anhaltspunkte
dafür gegeben, dass die Klägerin eine Behandlung im Rahmen der bereits 2015 bestehenden regionalen Verträge in NRW oder Hamburg
gewollt habe.
Die Beklagte hat auf Veranlassung des Senats die Verträge der DAK-Gesundheit mit dem Bundesverband Deutscher Ophthalmochirurgen
(BDOC) zur Behandlung der feuchten altersabhängigen Makuladegeneration (nAMD), von diabetischen Makulaödemen (DMÖ) sowie Makulaödemen
nach retinalen Venenverschlüssen (RVV) mittels intravitrealer Eingabe von VEGF-Hemmern oder Glucocorticoiden für die Vertragsgebiete
Nordrhein-Westfalen (vom 28. Februar 2013) sowie zwischen der DAK - Unternehmen Leben für das Vertragsgebiet Hamburg (ohne
Datum) übersandt.
Der Senat hat die Beteiligten am 14. April 2020 davon in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt ist, die Berufung ohne mündliche
Verhandlung durch Beschluss als unbegründet zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten
verwiesen.
II.
A. Der Senat konnte die Berufung gemäß §
153 Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet sowie eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich
hält und die Beteiligten vorher angehört worden sind.
B. Die nach §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG vom Sozialgericht zugelassene Berufung bleibt ohne Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2015 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 30. Juli 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten; die Beklagte hat
zu Recht eine Kostenerstattung für die beiden im Juni und Juli 2015 durchgeführten diagnostischen OCT-Behandlungen abgelehnt.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung ihrer aufgewendeten Kosten in Höhe von insgesamt 114,24 Euro für die zwei
Untersuchungen. Es handelte sich 2015 noch um außervertragliche Leistungen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat
Bezug auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§
153 Abs.
2 SGG). Das Sozialgericht hat sorgfältig und detailliert unter Berücksichtigung der durch die höchstrichterliche Rechtsprechung
entwickelten Grundsätze und aufgrund seiner eigenen Ermittlungen bei den maßgeblichen Organisationen ausgeführt, dass die
Voraussetzungen eines Ausnahmefalles in Gestalt eines Systemversagens im Fall der Klägerin nicht nachgewiesen sind. Dem hat
die Begründung der Berufung nichts im Ergebnis Überzeugendes entgegen gesetzt.
Es bleibt zu ergänzen: Der Fall der Klägerin bietet keine Veranlassung, weitere nicht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung
entwickelte Kriterien für ein Systemversagen herauszubilden. Dies gilt in Ansehung der Tatsache, dass im Jahr 2015, damit
zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der streitigen Leistungen durch die Klägerin, die Beklagte und mehrere andere Krankenkassen
in Kollektiv- und Einzelverträgen nach §
140a SGB V (bis zum 22. Juli 2015 auch gemäß §§ 73a, 73c
SGB V a.F.) für die Versicherten u.a. mit diabetischen Makulaödemen auch die Versorgung mit der OCT als Kassenleistung eröffneten.
Das Bestehen solcher Verträge ist kein Indiz für ein Systemversagen. Das gilt auch, wenn eine Mehr- oder Vielzahl solcher
Verträge bestehen. Dies rechtfertigt nicht die Einschätzung, allein aufgrund ihrer großen Verbreitung und der damit auch praktisch
u.U. weitreichenden Versorgung großer Gruppen von Versicherten mit einer bestimmten außervertraglichen Leistung sei ein Antrag
auf Aufnahme der Leistung an den GBA schon geboten. Maßgeblich sind wissenschaftlich einwandfrei geführte Studien zum diagnostischen
und/oder therapeutischen Nutzen gemessen an §
135 SGB V. Nicht entschieden werden muss, ob die gezielte Nutzung der genannten Verträge in dem Bestreben, für eine bestimmte neue
Untersuchungs- und Behandlungsmethode keinen Antrag auf Durchführung eines Bewertungsverfahrens nach §
135 SGB V zu stellen, einen Fall des Systemversagens darstellen könnte. Es muss insoweit auch nicht geklärt werden, ob ein solches
Verhalten eine neue Fallgruppe rechtfertigte oder ob es eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung darstellte, die deshalb zumindest
auch als eine sachfremde Untätigkeit i.S. der Grundsätze des BSG zum Systemversagen zu qualifizieren wäre. Denn im Fall der Klägerin fehlt bereits ein überzeugender Nachweis dafür, dass
eine solche Sachlage gegeben war und einen früheren Antrag beim GBA für die OCT vor März 2015 verhinderte. Die dafür bemühte
klägerische Argumentation zu möglichen Beweggründen einzelner Antragsberechtigter im Hinblick auf die bestehenden Selektiv-/Einzel-Verträge
bewegt sich teilweise im Bereich des Spekulativen. Das gilt auch mit Blick auf die herangezogenen Vermutungen einzelner Akteure,
wie z.B. des Verbraucherzentrale Bundesverbands e.V., zu den Motiven anderer Antragsberechtigter. Solche bloßen Behauptungen
und Vermutungen können ohne Beleg das Bestehen sachfremder Erwägungen nicht nachweisen. Dies gilt umso mehr, wenn gleichzeitig
berücksichtigt wird, dass angesichts fehlender vergleichender Studien zur OCT und eines 2014 zwar nicht auszuschließenden,
aber nicht belegten Nutzens (so das Gutachten Deutsches Cochrane Zentrum Freiburg), auch nachvollziehbare äußere Gründe bestanden,
noch keinen Antrag auf Methodenbewertung zu stellen. So konzediert der Klägerbevollmächtigte selbst, dass die OCT-Methodik
(bis 2018) wenig wissenschaftlich erforscht war und es nur wissenschaftliche Untersuchungen gab, bei welchen die OCT bereits
einen maßgeblichen Bestandteil der Methodik bildete (z.B. in seinem Schriftsatz vom 18. April 2018, vom 27. Juli 2018).
Die auf der Grundlage unterschiedlicher Regionalverträge bis zur Anerkennung durch den GBA erfolgende Versorgung Versicherter
stellt keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar. Indem das Gesetz den Krankenkassen und den an der Versorgung
Beteiligten die o.g. Vertragsformen eröffnet, nimmt es in Kauf, dass eine unterschiedliche Versorgung der Versicherten, je
nach Wohnort, behandelndem Vertragsarzt/Vertragsärztin und beteiligter Krankenkasse eintritt. Die Vielfalt war und ist im
Interesse eines Wettbewerbs um die beste Versorgung der Versicherten zwischen den Kassen, aber auch den Leistungserbringern
gewollt (BT-Drs. 14/1245, S. 1; BT-Drs. 16/3100, S. 87 und 114).
Ein Kostenerstattungsanspruch ergibt sich schließlich nicht aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, weil die Beklagte
die Klägerin 2015 nicht auf die Möglichkeit hingewiesen hat, die begehrte Leistung z.B. in NRW oder Hamburg in Anspruch zu
nehmen. Es mangelt an der für den Herstellungsanspruch erforderlichen Kausalität. Eine Verletzung einer sozialrechtlich der
Klägerin gegenüber bestehenden Beratungspflicht (aus §
14 Erstes Buch/Sozialgesetzbuch -
SGB I) hätte nur dann bestehen können, wenn die Beklagte aufgrund des Antrags Veranlassung hätte haben müssen, die Klägerin auf
die Versorgung in anderen Bundesländern zu verweisen. Dagegen könnte sprechen, dass die Klägerin bereits bei Antragstellung
sachkundig vertreten war. Jedenfalls wäre aber ein unterlassener Hinweis nicht kausal für die entstandenen Kosten. Die Klägerin
hat mitgeteilt, dass sie die OCT-Untersuchung als unselbständigen Teil der invasiven Behandlung (IVOM) nicht außerhalb Berlins
in Anspruch genommen hätte (Schriftsatz vom 28. Mai 2018).
Dass andere Krankenkassen einen Kostenerstattungsanspruch in vergleichbaren Fällen bereits anerkannt haben, bindet die Beklagte
schließlich nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§
160 Abs.
2 SGG).