Gründe:
I.
Die klagende Krankenkasse fordert von der beklagten Krankenkasse Erstattung in Höhe von 219,55 Euro.
Die im Jahre 1999 geborene A M L war von ihrer Geburt an bis zum 6. Februar 2011 bei der Klägerin über ihren Vater krankenversichert.
Ab dem 7. Februar 2011 war sie bei der Beklagten krankenversichert. Diese genehmigte mit dem Kassenwechsel eine bereits zuvor
begonnene kieferorthopädische Behandlung. In seiner an die Kassenzahnärztliche Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern (KZV) gerichteten
Abrechnung für das Quartal IV/12 rechnete der behandelnde Kieferorthopäde insoweit 270,27 Euro ab.
Für das Quartal IV/12 richtete die KZV Anfang April 2013 eine Sammelabrechnung an die Klägerin. Diese Abrechnung sollte sämtliche
Versicherten der Klägerin betreffen, die im fraglichen Quartal im Bereich der KZV behandelt wurden.
Maßgeblich dafür war die zwischen der Klägerin und der KZV abgeschlossene Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2012 vom 8.
Februar 2012. Die Vereinbarung sah die Vergütung zahnärztlicher Leistungen nach einem festen Punktwert vor. Zugleich wurde
für das Vertragsjahr 2012 eine Gesamtvergütung pro Mitglied von 114,74 Euro festgelegt. Für den Fall der Überschreitung der
Budgetobergrenze (114,74 Euro multipliziert mit der Anzahl der Mitglieder) war eine Rückzahlung des Überschreitungsbetrages
an die Klägerin vereinbart.
Eine zwischen der Beklagten und der KZV für das Jahr 2012 abgeschlossene Vergütungsvereinbarung vom 20. Dezember 2012 sah
ebenfalls die Vergütung zahnärztlicher Leistungen nach einem festen Punktwert vor. Für das Vertragsjahr 2012 wurde eine Budgetobergrenze
von 153,92 Euro je Mitglied festgelegt. Auch hier war für den Fall der Überschreitung der Budgetobergrenze eine Rückzahlung
des Überschreitungsbetrages an die Beklagte vereinbart. Für das Jahr 2012 erhielt die Beklagte infolge einer Budgetüberschreitung
eine Rückzahlung in Höhe von 202.594,54 Euro (Schreiben der KZV an die Beklagte vom 17. Juli 2013).
In der Folgezeit erschloss sich der Klägerin, dass in der nicht namensbezogenen Sammelabrechnung der KZV für das Quartal IV/12
auch die kieferorthopädische Behandlung der A M L enthalten war, für die sie irrtümlich eine Zahlung in Höhe von 219,55 Euro
(270,27 Euro abzüglich Eigenanteil in Höhe von 50,72 Euro) an die KZV geleistet hatte.
Mit Schreiben vom 17. April 2013 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten eine Erstattungsforderung in Höhe von 219,55
Euro geltend.
Die Beklagte trat dem entgegen und führte an, für das Quartal IV/12 schon an die KZV geleistet und dabei die Budgetobergrenze
ausgeschöpft zu haben. Daher komme eine Begleichung der Erstattungsforderung nicht in Betracht. § 105 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) greife nur, wenn der erstattungspflichtige Träger nicht bereits selbst geleistet habe. Letzteres sei mit der Entrichtung
der Gesamtvergütung aber gegeben.
Mit der am 29. Oktober 2013 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihre Erstattungsforderung auf der Grundlage von § 105 Abs. 1 SGB X weiter. Die von der Beklagten angeführte Budgetüberschreitung sei ohne rechtliche Relevanz.
Mit Urteil vom 7. Oktober 2015 hat das Sozialgericht Potsdam die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Ein Erstattungsanspruch auf der Grundlage von § 105 Abs. 1 SGB X scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin mit der Zahlung an die KZV keine "Sozialleistung" erbracht habe. Aber auch wenn
man in der Zahlung der Klägerin an die KZV eine Sozialleistung sähe, bestehe kein Erstattungsanspruch, denn dann sei die Beklagte
befreit, weil sie bereits selbst an die KZV geleistet habe, bevor sie von der Leistung der Klägerin Kenntnis gehabt habe.
Das Sozialgericht hat die Berufung wegen einer angenommenen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Gegen das ihr am 21. Oktober 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17. November 2015 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht
habe es versäumt, die Klageforderung ergänzend im Lichte des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zu prüfen. Zudem
hätte das Sozialgericht Potsdam aufklären müssen, ob die von ihr an die KZV entrichtete Zahlung i.H.v. 219,55 Euro als Einzelleistung
unmittelbar an den abrechnenden Zahnarzt weiter geflossen oder ob die Zahlung im Zuge der Honorarverteilung verteilt worden
sei. Denn wenn eine echte Einzelleistung vorliege, liege hierin auch eine Sozialleistung. Tatsächlich sei sie - die Klägerin
- durch die Zahlung an die KZV belastet gewesen. Eine Erstattung an sie durch die KZV habe nicht stattgefunden. Indem sie
geleistet habe, sei die Beklagte als zuständige Krankenversicherung um diesen Wert bereichert, jedenfalls zum Zeitpunkt der
Leistungserbringung und der Abrechnung. Grundsätzlich sei das System der Gesamtvergütung vom Erstattungsanspruch zu trennen,
um Systembrüche und Zweckwidrigkeiten zu vermeiden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 7. Oktober 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 219,55 Euro an sie zu
erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Die Klägerin begehre eine Erstattung von Teilen der an die KZV
entrichteten Gesamtvergütung; diese sei aber keine "Sozialleistung" im Sinne von § 105 Abs. 1 SGB X. Hier habe die KZV nicht etwa nur eine Zahlung der Klägerin an den Leistungserbringer "weitergeleitet"; vielmehr handele
es sich um eine Spielart der Gesamtvergütung. Ein ergänzender Rückgriff auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch
sei nicht statthaft, da der Gesetzgeber mit den Vorschriften der §§ 102 ff. SGB X eine geschlossene Lösung bezweckt habe.
Der Berichterstatter hat den Rechtsstreit am 23. Februar 2018 mit den Beteiligten erörtert.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs
der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
II.
Der Senat darf über die Berufung nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss entscheiden, weil er sie einstimmig für unbegründet
und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§
153 Abs.
4 Satz 1 und
2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die
Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der streitigen Summe.
1. Als Rechtsgrundlage für das Zahlungsbegehren kommt nur § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Danach gilt: "Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen
von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser
nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat."
Hier hat die Klägerin als unzuständiger Leistungsträger eine Leistung erbracht, denn im Quartal IV/12 war das Kind A M L nicht
mehr bei ihr, sondern bei der Beklagten krankenversichert, die mithin der zuständige Leistungsträger war. Auch lagen nicht
die Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 SGB X vor, denn die Klägerin erbrachte die Leistung nicht nur vorläufig.
Allerdings hat die Klägerin mit der Zahlung an die KZV keine "Sozialleistung" erbracht, so dass es an einem entscheidenden
Tatbestandsmerkmal der Erstattungsnorm fehlt.
Der Begriff der "Sozialleistung" ist in § 11 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch legal definiert. Sozialleistungen sind danach
die im Sozialgesetzbuch "vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen". Es liegt auf der Hand, dass danach zum Beispiel
die Zahlung von Krankengeld (§ 44 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch) seitens der Krankenkasse an einen Versicherten als "Sozialleistung"
gelten muss, ebenso wie etwa Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch. In der vorliegend erfolgten Zahlung der Klägerin an die KZV kann indessen keine "Sozialleistung" gesehen werden. Das Bundessozialgericht
hat in seinem Urteil vom 24. November 1998 (B 1 KR 21/96 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 12) insoweit ausgeführt:
"Die Gewährung der ambulanten medizinischen Versorgung als Sachleistung geschieht in der Weise, dass die Krankenkasse die
benötigte Behandlung durch einen Vertragsarzt kostenfrei zur Verfügung stellt (vgl. §
2 Abs.
2 Satz 1
SGB V). Zur vollständigen Abwicklung des Leistungsfalls gehört auch die Bezahlung des Leistungserbringers, die jedoch mit der Leistungsgewährung
als solcher nicht gleichzusetzen ist. Soweit das Bundessozialgericht im Rahmen von § 111 SGB X den Zeitpunkt der Zahlung als den maßgeblichen Zeitpunkt der Leistungserbringung angesehen hat ( ), hat es damit nicht ausgesprochen,
dass sich die Leistungsgewährung in der Kostenübernahme erschöpft. Vielmehr ist geprüft worden, welchem Leistungsträger die
vorherige Erbringung der Leistung rechtlich zuzurechnen war ( ). Ob und unter welchen Voraussetzungen der Entrichtung einer
Vergütung die Bedeutung beigemessen werden kann, dass der zahlende Leistungsträger die zunächst zu Lasten eines anderen Trägers
erbrachte Leistung als eigene übernimmt, bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls kann davon nicht ausgegangen werden,
wenn die Vergütung der ärztlichen Leistungen wie hier nicht direkt gegenüber dem Arzt und bezogen auf den konkreten Behandlungsfall,
sondern durch Zahlung einer für die gesamte vertragsärztliche Versorgung eines Quartals an die Kassenärztliche Vereinigung
zu entrichtenden Gesamtvergütung erfolgt. Bei dieser Art der Abwicklung lässt sich die Vergütung der ärztlichen Leistungen
durch die Krankenkasse nicht dem einzelnen Versicherten zuordnen. Das versteht sich bei allen pauschalierenden Vergütungsformen
(Berechnung der Gesamtvergütung als Festbetrag, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System,
das sich aus der Verbindung dieser Berechnungsformen ergibt; vgl. derzeit: §
85 Abs.
2 Satz 9
SGB V) von selbst, da dort nicht die jeweilige Leistung, sondern ein pauschaler Berechnungsfaktor Anknüpfungspunkt ist. So hat
die Beklagte im konkreten Fall bei der Zahlung der nach dem Kopfpauschalsystem berechneten Gesamtvergütung nicht mit Bezug
auf die tatsächlich durchgeführten Behandlungen geleistet. Nicht die gegenüber dem Beigeladenen und anderen Versicherten erbrachten
Leistungen, sondern die für das Abrechnungsquartal ermittelte durchschnittliche Mitgliederzahl der Beklagten bildete die Grundlage
für die Berechnung der Gesamtvergütung. Deren Höhe konnte durch die nachträgliche Begründung der Mitgliedschaft des Beigeladenen
nicht beeinflusst werden. Nichts anderes gilt aber auch, wenn die Vergütung auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabs nach
Einzelleistungen berechnet wird. Auch dann zahlt die Krankenkasse nicht für einzelne, individualisierbare Behandlungen, sondern
für die Gesamtheit aller vertragsärztlichen Leistungen. Erst im Zuge der anschließenden Honorarverteilung durch die KÄV wird
die Vergütung für den einzelnen Leistungsfall konkretisiert."
Diesen Erwägungen schließt der Senat sich nach eigener Sachprüfung an. Auch im vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht etwa
individualisiert eine Rechnung direkt gegenüber dem Vertragszahnarzt beglichen, sondern auf eine anonyme Sammelabrechnung
geleistet, der nicht einmal zu entnehmen war, dass darin die Behandlung des Kindes A M L enthalten war. Hierin liegt keine
erstattungsfähige Sozialleistung im Sinne von § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
2. Der Senat lässt offen, ob die §§ 102 ff. SGB X die Leistungsansprüche zwischen den beiden beteiligten Krankenkassen vorliegend abschließend regeln oder ob ein ergänzender
Rückgriff auf den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Betracht kommt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil
vom 18. November 2014, B 1 KR 12/14 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 24). Denn auch der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch griffe nicht durch. Durch die
(irrtümliche) Leistung der Klägerin an die KZV hat nämlich die Beklagte nichts ohne rechtlichen Grund erlangt. Vielmehr hat
die Beklagte für das Quartal IV/12 bereits mit befreiender Wirkung an die KZV geleistet und damit auch die kieferorthopädische
Behandlung der Versicherten vergütet. Bereichert ist damit allenfalls die KZV, die auf dieselbe kieferorthopädische Abrechnung
sowohl Leistungen der Klägerin als auch - über die von ihr erbrachte Gesamtvergütung - Leistungen der Beklagten erhalten hat.