Zuschuss zu den Versicherungsbeiträgen an die private Kranken- und Pflegeversicherung für Bezieher von Arbeitslosengeld II;
Befreiung von der Versicherungspflicht; sozialrechtlicher Herstellungsanspruch wegen der Verletzung der Beratungspflicht durch
den Sozialleistungsträger
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin für den Zeitraum vom 1. Februar 2006 bis zum 31. Mai 2006 gegen die
Beklagte einen Anspruch auf Zuschuss zu den Beiträgen an die private Kranken- und Pflegeversicherung hat.
Unter dem Antragstag 3. November 2005 beantragte die 1969 geborene, allein erziehende Klägerin für sich und ihre beiden Söhne,
den 2003 geborenen J. und den 2005 geborenen S., die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch
- Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II); der Antrag selbst ging zusammen mit den beigefügten Unterlagen am 12. Januar
2006 bei der Beklagten ein.
Die Klägerin bewohnte mit ihren beiden Söhnen gemeinsam eine 3-Zimmer-Wohnung, für welche eine monatliche Kaltmiete in Höhe
von 446,00 EUR sowie eine Vorauszahlung auf die Betriebskosen in Höhe von 200,00 EUR zu zahlen waren. Die Klägerin bezog das
Kindergeld für die beiden minderjährigen Söhne sowie Unterhaltszahlungen in Höhe von je 177,00 EUR vom Kindsvater. Bis zum
20. Januar 2006 erhielt die Klägerin einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld in Höhe von 1.969,12 EUR.
Bereits im Antragsformular gab die Klägerin an, dass sie und ihre Söhne nicht in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert,
sondern bei der B. privat kranken- und pflegeversichert seien. Hierzu legte sie ein Schreiben der Beigeladenen vom 16. Januar
2001 vor, wonach sie gemäß §
8 Abs.
1 Nr.
1 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (
SGB V) wegen Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenze mit Wirkung zum 1. Januar 2001 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Krankenversicherung nach §
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V befreit worden war. Der Gesamtbeitrag für die private Kranken- und Pflegeversicherung belief ausweislich des Schreibens der
Beigeladenen vom 7. Dezember 2005 vom 1. Januar 2005 an auf 638,60 EUR monatlich.
Neben dem Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld beantragte die Klägerin bei der Beklagten wegen Befreiung von der Versicherungspflicht
die Gewährung eines Zuschusses zu den Beiträgen für die private Kranken- und Pflegeversicherung und machte die Klägerin für
ihren Sohn Jannik gemäß § 21 SGB II einen Mehrbedarf wegen einer Erkrankung an Neurodermitis geltend.
Mit einem Bescheid vom 7. Februar 2006 lehnte die Beklagte die Leistungsgewährung wegen übersteigendem Einkommen ab.
Mit weiterem Bescheid vom 7. Februar 2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin und ihren beiden mit ihr in Bedarfsgemeinschaft
lebenden Söhnen für die Zeit vom 1. Februar 2006 bis 31. Mai 2006 Leistungen in Höhe von 842,22 EUR monatlich. Unter den Hinweisen
auf der Rückseite dieses Bescheides war u. a. angegeben: "Während des Bezuges von Arbeitslosengeld II besteht in der Kranken-
und Pflegeversicherung Versicherungsschutz für Arp, Britta bei der DAK (Ost) 01.02.2006-31.05.2006 - pflichtversichert".
Hiergegen legte die Klägerin am 23. Februar 2006 Widerspruch ein. In dem Bescheid sei angegeben, dass sie als Pflichtversicherte
geführt werde. Aus den abgegebenen Unterlagen sei jedoch ersichtlich, dass sie mit Bescheid der Beigeladenen vom 16. Januar
2001 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung befreit worden sei.
Am 9. Juni 2006 beantragte die Klägerin die Fortzahlung der Leistung ab Juni 2006. Mit Bescheid vom 24. Juli 2006 bewilligte
die Beklagte für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis zum 30. Juni 2006 Leistungen in Höhe von 816,66 EUR und für den Zeitraum vom
1. Juli 2006 bis 30. November 2006 in Höhe von 851,66 EUR monatlich. Auch in diesem Bescheid befindet sich auf der zweiten
Seite ein Hinweis auf eine Pflichtversicherung der Klägerin bei der Beigeladenen.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 24. August 2006 mit derselben Begründung wie zuvor Widerspruch ein.
Bereits mit Schreiben vom 21. Juli 2006, das am 7. August 2006 abgesandt worden war, hatte die Beklagte der Klägerin mitgeteilt,
dass gegen die Pflichtversicherung während des Bezuges von Arbeitslosengeld II bei der Beigeladenen keine rechtlichen Einwände
bestünden. Die Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß §
8 Abs.
1 Nr.
1 SGB V beruhe auf den damaligen Einkommensverhältnissen der Klägerin. Die Befreiung sei keine generelle, sondern eine wegen der
Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenze. Da sie derzeit Arbeitslosengeld II erhielte und damit nicht mehr die Voraussetzungen
von §
8 Abs.
1 Nr.
1 SGB V erfülle, unterliege sie generell der gesetzlichen Versicherungspflicht nach §
5 Abs.
1 Nr.
2a SGB V und sei somit bei ihrer letzten gesetzlichen Krankenversicherung pflichtzuversichern.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. November 2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den bescheid vom 7. Februar
2006 als unbegründet zurück. Hierzu führte sie die entsprechenden Gründe wie im Schreiben vom 21. Juli 2006 an.
Die Klägerin hat am 7. Dezember 2006 Klage erhoben, mit der sie begehrt, den Bescheid vom 7. Februar 2006 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 7. November 2006 abzuändern und ihr einen Zuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung
zu zahlen. Sie habe von der Beigeladenen die Auskunft erhalten, auf Grund ihrer Befreiung von der Krankenversicherungspflicht
sei sie auch weiterhin befreit. Ein weiterer Antrag sei nicht erforderlich. Zum Zeitpunkt des Schreibens der Beklagten vom
4. August 2006 (gemeint ist das Schreiben vom 21. Juli 2006, als diese erstmals auf ihr Vorbringen reagiert habe, sei die
dreimonatige Antragsfrist des §
8 Abs.
2 SGB V bereits abgelaufen gewesen. Zudem sei auch die Rechtslage nach §
8 Abs.
1a SGB V nicht erläutert bzw. nicht auf die Rechtslage hingewiesen worden. Auf Grund des bei ihr offensichtlich bestehenden Beratungsbedarfes
hätte die Beklagte bereits nach Widerspruchseinlegung darauf hinweisen müssen, dass sie die Möglichkeit habe, sich weiterhin
von der Versicherungspflicht befreien zu lassen. Diesen Hinweis, der auf der Grundlage der §§
13,
14 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (
SGB I) geboten gewesen wäre, habe die Beklagte unterlassen. Mithin sei ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch gegeben.
Die mit Beschluss vom 27. April 2007 Beigeladene hat ausgeführt, die Klägerin sei während des Leistungsbezuges von Arbeitslosengeld
II in der Zeit vom 1. Februar 2006 bis zum 30. November 2006 bei der Beigeladenen gemäß §
5 Abs.
1 Nr.
2 SGB V pflichtversichert gewesen. In der mündlichen Verhandlung vom 21. August 2007 hat der Vertreter der Beigeladenen ergänzend
ausgeführt, die Beigeladene habe der Klägerin zweimal ein Schreiben zugesandt, in welchem diese aufgefordert worden sei, einen
Fragebogen zurückzusenden. Dieser Aufforderung sei die Klägerin jedoch nicht nachgekommen. Die Schreiben der Beigeladenen
seien zeitnah nach der Meldung der Beklagten bezüglich der Pflichtversicherung am 9. Februar 2006 an die Klägerin versandt
worden.
Durch Urteil vom 21. August 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ein Anspruch nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II bestehe
nicht, denn es habe keine Befreiung von der Versicherungspflicht vorgelegen. Zwar sei die Klägerin für die Zeit der Erwerbstätigkeit
von der Versicherungspflicht befreit gewesen (§
8 Abs.
1 Nr.
1 SGB V), nicht jedoch für die Zeit des Bezuges von Arbeitslosengeld II (§
8 Abs.
1 Nr.
1a SGB V). Hierfür hätte diese bis zum 30. April 2006 bei ihrer letzten Krankenkasse einen Befreiungsantrag stellen müssen. Dies habe
sie nicht getan. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-
und Pflegeversicherung gegenüber der Beklagten auf Grund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Eine Pflichtverletzung
des Leistungsträgers - namentlich eine fehlerhafte Beratung oder Auskunft - sei nicht gegeben. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen,
dass sie von der Beigeladenen eine falsche telefonische Auskunft erhalten habe. Sie könne sich auch nicht darauf berufen,
dass die Beklagte sie in dem Bescheid vom 7. Februar 2006 nicht über die Befreiungsmöglichkeit des §
8 Abs.
1 Nr.
1a SGB V informiert habe. Auf Grund dieses Bescheides hätte die Klägerin sich vielmehr bei der Beigeladenen erkundigen müssen, warum
sie trotz des Bescheides über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung
pflichtversichert worden sei.
Gegen dieses ihr am 28. August zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. September 2007 Berufung eingelegt. Die Beklagte
sei als Sozialleistungsträger verpflichtet gewesen, sie im Zusammenhang mit ihrem Leistungsantrag umfassend über die hieraus
entstehenden Rechte und Pflichten zu beraten. Dies hätte vorausgesetzt, dass bezüglich der Befreiung von der Versicherungspflicht
die entsprechenden Regelungen des
SGB V entweder erläutert oder aber der Kontakt mit der Krankenversicherung umgehend hergestellt würde. Da die Beklagte jedoch erst
mit Schreiben vom 21. Juli 2006 auf das Begehren der Klägerin reagiert habe, sei die 3-monatige Antragsfrist des §
8 Abs.
2 SGB V bereits mehrere Monate verstrichen gewesen. Es sei ihr nicht mehr möglich, für diesen Zeitpunkt bei der Beigeladenen eine
rückwirkende Befreiung herbeizuführen. Zudem seien die Fragebögen der Beigeladenen ebenfalls erstmals nach Ablauf der 3-Monatsfrist
an sie versandt worden und hätten keinen Hinweis zu dem konkret bestehenden Versicherungsverhältnis enthalten.
Hierzu hat die Beklagte zunächst ausgeführt, der Klägerin sei im Rahmen der Antragstellung das Zusatzblatt "Sozialversicherung
der Bezieher von Arbeitslosengeld II" ausgehändigt worden. Dieses sei von ihr am 9. November 2005 unterzeichnet worden. Mit
dem Bescheid vom 7. Februar 2006 sei ihr mitgeteilt worden, dass sie bei der Beigeladenen pflichtversichert sei. Dass die
Klägerin die entsprechenden Schreiben der Beigeladenen als "Werbepost" abgetan habe, könne weder der Beigeladenen noch der
Beklagten zum Nachteil gereichen. Im Übrigen sei die Beklagte auch nicht verpflichtet, über die Regelungen des
SGB V zu informieren. Nach §
13 SGB I seien die Leistungsträger verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit über Rechte und Pflichten nach diesem Buch aufzuklären.
Die Beklagte habe in dem Zusatzblatt im Rahmen der Antragstellung auf die Möglichkeit der Bezuschussung nach § 26 SGB II hingewiesen.
Nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II erhielten Bezieher von Arbeitslosengeld II, die von der Versicherungspflicht nach §
8 Abs.
1 Nr.
1a SGB V befreit seien, einen Zuschuss zu den Beiträgen der privaten Krankenversicherung. Nach dem eindeutigen Wortlaut müsse sich
die Befreiung nach §
8 Abs.
1 Nr.
1a SGB V auf den Leistungsbezug nach dem SGB II beziehen. Die Klägerin sei jedoch nach §
8 Abs.
1 Nr.
1 SGB V befreit gewesen. Diese Befreiung sei für die Zeit des Bezuges von Arbeitslosengeld II nicht einschlägig. Daher sei zutreffend
eine Pflichtversicherung gemäß §
5 Abs.
1 Nr.
2a SGB V erfolgt. Die Beklagte sei nicht gehalten gewesen zu prüfen, ob eine weitere Möglichkeit der Befreiung bestanden hätte. Die
diesbezügliche Beratung wäre Aufgabe der Krankenkasse gewesen. Bei dieser hätte die Klägerin Erkundigungen einziehen müssen.
Wenn die Klägerin die Kontaktaufnahme durch die Beigeladene nicht wahrgenommen habe, könne sie sich nicht nunmehr darauf berufen,
die notwendigen Belehrungen seien durch Verschulden der Beklagten unterblieben.
Auf ergänzende gerichtliche Anfrage hat die Beklagte weiter ausgeführt, dass nach § 26 Abs. 1 SGB II allein entscheidend sei,
ob im Zeitpunkt der Antragstellung eine Befreiung nach §
8 Abs.
1 Nr.
1a SGB V vorliege. Soweit dies nicht der Fall sei, bestehe kein Anspruch auf einen Zuschuss nach § 26 SGB II und der jeweilige Antragsteller
sei pflichtzuversichern. Dementsprechend enthalte der Zusatzfragebogen 6 auch keinen gesonderten Hinweis auf §
8 Abs.
1 Nr.
1a SGB V. Die Antragsteller würden mit diesem zur Vorlage der entsprechenden Versicherungsbescheide aufgefordert. Aus diesen ergäbe
sich dann der jeweilige Befreiungstatbestand. Anschließend sei der Sozialleistungsträger gehalten zu prüfen, ob die gemachten
Angaben und Nachweise zu einer Zuschussmöglichkeit führten. Da die Klägerin unstreitig nicht nach §
8 Abs.
1 Nr.
1a SGB V befreit gewesen sei, sei sie entsprechend pflichtzuversichern gewesen. Auch ein Unterlassen führe jedoch nicht zu einem sozialrechtlichen
Herstellungsanspruch. Denn der Klägerin sei es möglich gewesen, von dem erforderlichen Befreiungsantrag durch die Beigeladene
Kenntnis zu erhalten.
Die Beigeladene hat weiter ausgeführt, dass die Klägerin ausweislich des Befreiungsbescheides vom 18. August 2001 mit Wirkung
vom 1. Januar 2001 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze von der Versicherungspflicht als Beschäftigte nach
§
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V befreit worden sei. Da der Befreiungstatbestand konkret bezeichnet worden sei, habe es im Nachhinein nicht des Hinweises
bedurft, dass sich diese am 18. Februar 2001 ausgesprochene Befreiung nicht auf die Versicherungspflicht gemäß §
5 Abs.
1 Nr.
2 SGB V erstrecke. Hierzu hat die Beigeladene ein Exemplar der typischerweise versandten Anschreiben sowie des Fragebogen-Formulars
zur Mitgliedschaft bei ihr vorgelegt. Diese Angaben würden zur Prüfung der Versicherungspflicht und Kassenzuständigkeit benötigt.
Deshalb erfolge im Zusammenhang mit deren Verwendung auch noch kein Hinweis auf eine eventuelle Befreiungsmöglichkeit. Es
könne allerdings heute nicht mehr belegt werden, dass diese Vordrucke versandt worden seien. Es sei aber sicher davon auszugehen,
dass sie die Klägerin im Falle einer Rücksendung auf die Befreiungsmöglichkeit nach §
8 Abs.
1 Nr.
1a SGB V hingewiesen hätte, denn sie hätte dann auf der Rückseite angegeben, dass bereits eine Befreiung bestünde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 21. August 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 7.
Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2006 dahingehend abzuändern, dass ihr für die Zeit
vom 1. Februar 2006 bis 31. Mai 2006 ein Zuschuss zu der bestehenden privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat von einer Antragstellung abgesehen.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten
verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 des
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) in der hier maßgebenden, bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung statthaft. Der Beschwerdewert übersteigt den Betrag von
500,00 EUR, weil sich die für den streitigen Zeitraum als Zuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu erbringenden
Leistungen auf 544,04 EUR belaufen.
Die Berufung ist im Übrigen gemäß §§
143,
144 SGG statthaft, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§
151 Abs.
1 SGG).
II. Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Denn die Klägerin hat einen Anspruch
auf den Zuschuss nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches.
1. Einen unmittelbaren Anspruch auf Zuschuss zu den Versicherungsbeiträgen gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II hat die Klägerin
nicht. Denn Anspruchsvoraussetzung ist, dass der Bezieher von Arbeitslosengeld II nach §
8 Abs.
1 Nr.
1a SGB V von der Versicherungspflicht befreit ist. §
8 Abs.
1 Nr.
1a SGB V wiederum bezieht sich auf die Regelungen über die Versicherungspflicht nach §
5 Abs.
1 Nr.
2 und
2a SGB V. Die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht war aber demgegenüber auf der Grundlage von § 8 Abs. 1 Nr.
1 i. V. m. §
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V erfolgt.
Auf einen Befreiungsantrag gemäß § 8 Abs. 1 Nr.
1a i. V. m. §
5 Abs.
1 Nr.
2a SGB V konnte im Hinblick auf die vorangegangene Befreiungsentscheidung nach §
8 Abs. 1 Nr.
1 i. V. m. §
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V nicht verzichtet werden, weil es keine Regelung über die Erstreckung einer auf einen bestimmten Befreiungstatbestand gestützten
Entscheidung für den Fall des Eintritts der Voraussetzungen eines anderen Befreiungstatbestandes gibt.
Die Klägerin hat auch keinen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 8 Abs. 1 Nr.
1a i. V. m. §
5 Abs.
1 Nr.
2a SGB V gestellt. Ein solcher Antrag ist gemäß §
8 Abs.
2 Satz 1
SGB V innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht zu stellen. Die Versicherungspflicht begann hier mit dem
Bezug von Leistungen nach dem SGB II, also am 1. Februar 2006. Folglich hätte die Klägerin bis zum 30. April 2006 einen entsprechenden
Antrag stellen müssen, was jedoch nicht geschehen ist.
Die Klägerin, die innerhalb der 3-Monats-Frist keinen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach §
5 Abs.
1 Nr.
2 SGB V gestellt hat, ist grundsätzlich an der darin liegenden Entscheidung zu Gunsten der Krankenversicherung der Arbeitslosen festzuhalten.
Das Bundessozialgericht hat insoweit im Urteil vom 11. November 2003 (Az.: B 12 KR 3/03 R, SozR 4-2500 §
8 Nr.
1 Rdnr. 16) ausgeführt, dass §
8 Abs.
2 SGB V die Befreiung bei bestimmten, im Gesetz abschließend aufgeführten Versicherungspflichttatbeständen nur innerhalb einer 3-Monats-Frist
zulässt. Innerhalb dieser Frist soll sich der Versicherungspflichtige darüber klar werden, ob er der gesetzlichen Krankenversicherung
angehören will. Allerdings wird er an seiner Wahl auch dann festgehalten, wenn er später glaubt, dass eine andere Entscheidung
vorteilhafter gewesen wäre. Für den Fall, dass sich der Versicherte für die Befreiung von der Versicherungspflicht entscheidet,
ist dies dadurch klargestellt, dass §
8 Abs.
2 Satz 3
SGB V den Widerruf der Befreiung ausschließt. Wer umgekehrt - wie hier die Klägerin - die Befreiungsfrist verstreichen lässt, wird
an der darin liegenden "Entscheidung" für die gesetzliche Krankenversicherung in gleicher Weise festgehalten.
2. Der Anspruch der Klägerin auf einen Zuschuss nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II folgt jedoch aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch.
Dieses von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ergänzend zu den vorhandenen Korrekturmöglichkeiten bei fehlerhaftem
Verwaltungshandeln entwickelte Rechtsinstitut tritt - im Sinne des öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs - ein, wenn
ein Leistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialleistungsverhältnis obliegenden Haupt- oder Nebenpflicht, insbesondere
zur Auskunft und Beratung, nachteilige Folgen für die Rechtspositionen des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Rechtsfolgen
durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln beseitigt werden können (ständige Rechtsprechung; vgl. statt vieler: BSG, Urteil
vom 5. April 2000 - B 5 RJ 50/98 R - SozR 3-1200 § 14 Nr. 29 S. 95, m. w. N.). Demgemäß ist ein Herstellungsanspruch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
bejaht worden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: a) Vorliegen einer Pflichtverletzung, die sich der Sozialleistungsträger
im Verhältnis zum Berechtigten zurechnen lassen muss, b) Eintritt eines rechtlichen Schadens beim Berechtigten, c) Kausalzusammenhang
zwischen der Pflichtverletzung und dem Schadenseintritt und d) Möglichkeit der Herstellung des Zustands, der ohne die Pflichtverletzung
eingetreten wäre. Diese Voraussetzungen liegen - entgegen der Auffassung der Beklagten - hier vor:
a) Die Beratungspflicht nach §
14 SGB I bezieht sich auf die Rechte und Pflichten des Bürgers nach dem Sozialgesetzbuch, wobei der Gegenstand der Beratung durch
die Zuständigkeit des Leistungsträgers begrenzt ist. Demgemäß ist die Beratungspflicht der Beklagten im Grundsatz auf die
Angelegenheiten des SGB II beschränkt. Ausnahmsweise muss der Sozialleistungsträger aber im Rahmen seiner Beratung auch über
seinen Zuständigkeitsbereich hinausgehen (vgl. Seewald, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht [Stand: 57. Erf.-Lfg.,
April 2008], § §
14 SGB I Rdnr. 20, m. w. N.). Eine solche erweitere Beratungspflicht hat das Bundessozialgericht beispielsweise bei einem Rentenversicherungsträger
bejaht, der wegen des Konkurrenzverhältnisses von Kindergeld und Kinderzuschuss arbeitsteilig in das Kindergeldverfahren eingeschaltet
war (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 1985 - 10 RKg 5/84 - SozR 1200 § 14 Nr. 19 S. 47).
Vorliegend bestand eine Beratungspflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin, weil die Frage nach der Befreiung von der Krankenversicherungspflicht
den Zuständigkeitsbereich der Beklagten betraf. Bei einem Antrag nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II auf Zuschuss zu den
Versicherungsbeiträgen darf sich die zuständige Behörde nicht darauf beschränken zu prüfen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen
vorliegen, und, sofern dies nicht der Fall sein sollte, den Antrag abzulehnen. Vielmehr muss sie den Antragsteller, wenn eine
Befreiung gemäß des in § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr.
1 SGB II in Bezug genommenen §
8 Abs.
1 Nr.
1a SGB V nicht vorliegt, auf die Möglichkeit einer solchen Befreiung, insbesondere deren Voraussetzungen und Antragsfristen, hinweisen.
Denn zu den Beratungspflichten nach §
14 Satz 1
SGB I über die Rechte gehört es auch, nicht nur über einen Anspruch dem Grunde nach zu informieren, sondern auch über dessen Voraussetzungen,
zum Beispiel über bei anderen Behörden einzuholende Bescheide oder Erklärungen. Ob etwas anderes gilt, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen
für den geltend gemachten Anspruch offensichtlich nicht mehr erfüllt werden können, kann dahingestellt bleiben. Denn vorliegend
hätte die Klägerin bei einer rechtzeitigen Beratung durch die Beklagte noch den für den Zuschuss nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr.
1 SGB II erforderlichen Befreiungsantrag nach §
8 Abs.
1 Nr.
1a SGB V stellen können.
Selbst wenn eine Beratungspflicht der Beklagten wegen einer Angelegenheit aus dem eigenen Zuständigkeitsbereich verneint würde,
hätte im vorliegenden Fall eine erweiterte Beratungspflicht bestanden. Denn auf Grund der Verweisung in § 26 Abs. 2 Satz 1
Nr.
1 SGB II auf §
8 Abs.
1 Nr.
1a SGB V besteht eine teilweise Verzahnung der Regelungen über Leistungsansprüche nach dem SGB II und den Befreiungsregelungen im
SGB V. Auf Grund dieser Verzahnung wäre die nach dem SGB II zuständige Behörde im Rahmen der oben beschriebenen erweiterten Beratungspflicht
im falle eines Antrages nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr.
1 SGB II auf §
8 Abs.
1 Nr.
1a SGB V verpflichtet, über die "falsche" und die "richtige" Befreiung zu beraten.
Die Beklagte hätte deshalb die Klägerin bereits unmittelbar nach dem Antrag auf Gewährung des Zuschusses am 12. Januar 2006,
spätestens aber nach deren Widerspruch vom 23. Februar 2006, darauf hinweisen müssen, dass die vorliegende Befreiung von der
Versicherungspflicht nach §
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V für den beantragten Zuschuss nicht ausreichend ist, sondern dass es vielmehr gemäß §
8 Abs.
1 Nr.
1a, Abs.
2 SGB V i. V. m. §
5 Abs.
1 Nr.
2 SGB V einer Befreiung von der Versicherungspflicht der Arbeitslosen bedürfe. Bereits im Antragsformular hatte die Klägerin darauf
hingewiesen, dass sie von der Versicherungspflicht befreit sei. Hierzu hat sie dann am 12. Januar 2006 weitere Unterlagen
vorgelegt. Bei diesen Unterlagen befindet sich auch der Befreiungsbescheid vom 16. Januar 2001, welcher sich allerdings auf
die Versicherungspflicht nach §
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V bezieht. Zudem hat die Klägerin die Beitragsanforderung der B. vom Dezember 2005 für das Jahr 2006 vorgelegt. Und schließlich
hat sie am 12. Januar 2006 einen Antrag auf Zuschuss zu den Beiträgen der privaten Kranken- und Pflegeversicherung gestellt.
Hierzu hat sie angekreuzt, sie habe die Befreiungsbescheide beigefügt. Die irrtümliche Vorstellung der Klägerin wurde weiterhin
aus ihrem Widerspruchsschreiben vom 21. Februar 2006 deutlich. Denn in diesem führte sie aus, sie sei mit Bescheid der Beigeladenen
vom 16. Januar 2001 von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung befreit worden. Hieraus wird deutlich, dass die
Klägerin davon ausging, diese Befreiung sei auch für ihre jetzige Situation ausreichend. Auch nach diesem Widerspruch hätte
die Beklagte noch Zeit und Gelegenheit gehabt, die Klägerin innerhalb von drei Monaten nach Beginn des Leistungsbezuges auf
ihre Fehlvorstellung hinzuweisen.
Dem Vorstehenden steht nicht das von der Beklagten benannte Urteil des Bundessozialgerichts vom 24. März 2003 (Az.: B 12 KR 2/03 B, JURIS-Dokument) entgegen. In diesem Urteil ist als Kernsatz ausgeführt, aus der allgemeinen Aufklärungspflicht der Sozialverwaltung
nach §
13 SGB I erwachse grundsätzlich kein im Klagewege verfolgbares subjektiv-öffentliches Recht auf persönliche Aufklärung (JURIS-Dokument
Rdnr. 5). Dem zu Grunde lag ein Sachverhalt, nach welchem über Jahre hinweg keine Beiträge an die Kranken- und Pflegeversicherung
entrichtet worden waren. Die Klägerin dieses Rechtsstreits hatte sich jedoch zu keinem Zeitpunkt an den Rentenversicherungsträger
(die Beklagte des dortigen Rechtsstreits) noch an die Krankenversicherung gewandt. Auf der Grundlage einer solchen Situation
ging das Bundessozialgericht davon aus, dass aus dem bloßen Unterlassen des Hinweises auf die Rechtslage noch keine Pflichtverletzung
folge. Denn die Klägerin hat sich mit ihrem Antrag auf Gewährung des Zuschusses und ihrem Widerspruch gerade an die Beklagte
gewandt. Hiermit hat sie ihr Begehren deutlich gemacht. Die Beklagte hätte sich damit befassen müssen und der Klägerin zur
Behebung ihres erkennbaren Irrtums einen entsprechenden Hinweis geben müssen.
Obwohl nach alledem eine Beratungspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin bestand und für die Beklagte auch ein Beratungsbedarf
seitens der Klägerin erkennbar wurde, kam die Beklagte ihrer Beratungspflicht nicht nach.
b) Auf Grund der unterlassenen Beratung hat die Klägerin mangels eines Befreiungsantrages keinen Zuschuss zu den Beiträgen
der privaten Krankenversicherung erhalten. Durch die ausgebliebene Zahlung ist ihr ein rechtlicher und wirtschaftlicher Schaden
entstanden.
c) Der Senat ist auch vom Bestehen des notwendigen Kausalzusammenhangs zwischen der Pflichtverletzung und dem Schadenseintritt
überzeugt. Die Kausalität muss beim Herstellungsanspruch nach der im Sozialrecht herrschenden Kausaltheorie der wesentlichen
Bedingung unter Abwägung der vom Sozialleistungsträger und dem Versicherten selbst gesetzten Ursachen geprüft werden (vgl.
beispielhaft: BSG, Urteil vom 6. März 2003 - B 4 RA 38/02 R - SozR 4-2600 § 115 Nr. 1 Rdnr. 61, 62). Durch die unterlassene Beratung der Beklagten wurde die Klägerin davon abgehalten,
rechtzeitig bei der Beigeladenen die weitere Befreiung von der Krankenversicherung der Arbeitslosen zu beantragen. Wäre die
Klägerin hierauf hingewiesen worden, hätte sie diesen Antrag umgehend rechtzeitig gestellt. Hierzu wäre ihr noch ausreichend
Zeit verblieben. Dies ergibt sich aus sämtlichen Erklärungen der Klägerin. Denn sie wollte offenbar auch weiterhin - während
des Bezugs von Arbeitslosengeld II - von der gesetzlichen Versicherungspflicht befreit sein und bleiben. Andernfalls wäre
es bereits nicht nachvollziehbar, weshalb sie einen Antrag auf Zahlung eines Zuschusses zu den Krankenversicherungsbeiträgen
gestellt hat.
Dem steht auch kein eigenes Verschulden der Klägerin entgegen. Denn durch die Beigeladene konnte letztlich nicht nachgewiesen
werden, wann und insbesondere mit welchem genauen Inhalt Anschreiben der Klägerin zugegangen sind. Die Klägerin bestreitet
nicht, ein Schreiben der Beigeladenen erhalten zu haben, sie führt aber hierzu aus, dieses sei inhaltlich so gefasst gewesen,
dass sie hieraus keine persönliche Betroffenheit habe erkennen können. Zum Nachweis des Inhalts ist das von der Beigeladenen
zugesandte Beispielsschreiben nicht ausreichend. Im Übrigen wäre es nachvollziehbar, wenn die Klägerin das vorgelegte Formular
"Ich wähle die Mitgliedschaft in der DAK" nicht auf sich bezogen hätte, denn sie beabsichtigte gerade nicht, Mitglied einer
gesetzlichen Krankenversicherung zu werden, sondern wollte weiter privat versichert bleiben. Danach konnte sie davon ausgehen,
dass für sie keine Veranlassung bestehe, ein solches Formular auszufüllen.
Weiter kann der Klägerin auch nicht entgegengehalten werden, sie hätte sich zunächst vorrangig an die Beigeladene wenden und
bei dieser eine genaue Information über die Rechtslage beantragen müssen. Eine solche Auffassung kann - entgegen der Auffassung
der Beigeladenen - nicht auf das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 1. März 2007 (Az.: L 3 EG 4/05, JURIS-Dokument Rdnr. 36) gestützt werden. Denn in dieser Entscheidung, die die Frage einer Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand und das etwaige Verschulden der Klägerin betraf, hat der erkennende Senat lediglich die Auffassung vertreten, dass allein
die juristische Ausbildung noch keine Gewähr für eine Fachkompetenz im Erziehungsgeldrecht gebe und daher die bloße Erkundigung
bei einem Volljuristen für die Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht ausreichend sei (vgl. hierzu auch die Revisionsentscheidung:
BSG, Urteil vom 23. Januar 2008 - B 10 EG 6/07 R - NJ 2008, 381 ff. = JURIS-Dokument). Hier jedoch hat sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Gewährung eines Zuschusses und ihrem Widerspruch
an die zuständige Behörde, die Beklagte, gewandt. Denn diese musste bei dem Antrag nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II gerade prüfen,
ob eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach §
8 Abs.
1 Nr.
1a SGB V vorliegt. Ein Hinweis darauf, dass ebendiese Befreiung bislang nicht gegeben ist, hätte die Klägerin dazu veranlasst, rechtzeitig
die für sie maßgebende Befreiung zu beantragen.
Auch wären die Voraussetzungen für eine solche Befreiung nach §
8 Abs.
1 Nr.
1a SGB V gegeben gewesen. Denn die Klägerin war bereits seit über fünf Jahren nicht mehr Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung,
hatte jedoch einen neuen Versicherungsschutz bezüglich Krankheit und Pflegebedürftigkeit, welcher dem gesetzlichen gleichkommt.
d) Schließlich besteht auch die rechtliche Möglichkeit, den Zustand herzustellen bzw. zu fingieren, der ohne die Pflichtverletzung
der Beklagten bestünde. Die angestrebte Herstellung des Rechtsfolgezustandes muss durch ein Verwaltungshandeln erfolgen können,
das seiner Art, Bezeichnung, Struktur und Inhalt nach im Gesetz vorgesehen ist (BSG, Urteil vom 15. Oktober 1985 - 11a RA
39/84 - SozR 1200 § 14 Nr. 21 S. 53). Hierzu können gelegentlich auch mehrere Handlungen nötig sein. Hier handelt es sich
um die Entgegennahme einer Willenserklärung, nämlich des Antrages, den Erlass des Befreiungsbescheides nach §
8 Abs.
1 Nr.
1a SGB V sowie die Gewährung des Zuschusses für die private Kranken- und Pflegeversicherung, also die Zahlung einer höheren Leistung.
Allerdings geht die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Herstellungsanspruch zunächst von dem Grundsatz der Verantwortlichkeit
nur für die eigenen Fehler eines Sozialversicherungsträgers aus. Hierzu hat die Rechtsprechung jedoch Ausnahmen für Fallgestaltungen
zugelassen, bei denen der fehlerhaft handelnde Leistungsträger mit dem zur Leistung verpflichteten Leistungsträger zur gemeinsamen
Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe verbunden ist, bei denen eine Mitwirkung und Zusammenarbeit fordernde Verknüpfung verschiedener
Leistungsbereiche oder die arbeitsteilige Aufteilung einer Aufgabenerfüllung auf mehrere Verwaltungsträger im Sinne einer
Funktionseinheit gegeben ist oder bei denen sich aus einem konkreten Verwaltungskontakt zwischen dem Bürger und einem Leistungsträger
ein Beratungsbedarf für einen Leistungsbereich außerhalb dieses Leistungsträgers ergibt (vgl. statt vieler: BSG, Urteil vom
26. April 2005 - B 5 RJ 6/04 R - SozR 4-2600 § 4 Nr. 2 Rdnr. 29 = JURIS-Dokument Rdnr. 29, m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen kam es vorliegend - wie oben beschrieben wurde - zu einem Beratungsfehler der Beklagten, der wegen
der Verzahnung der Regelungen über Leistungsansprüche nach dem SGB II und Befreiungsmöglichkeiten nach dem
SGB V auch der Beigeladenen zuzurechnen ist. Die Beigeladene war somit in die Beratungspflichtverletzung der Beklagten im Rahmen
der gesetzlichen Prüfungspflicht unmittelbar einbezogen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
4. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben, §
160 Abs.
2 SGG.