Anspruch auf Arbeitslosengeld II für eine Wohnungserstausstattung; Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes im sozialgerichtlichen
Verfahren
1. Für die Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes ist es unerheblich, ob der Anspruch dem Grunde oder der Höhe nach
besteht oder bestehen kann. Lediglich im Fall des Rechtsmissbrauches, das heißt wenn ein Prozessantrag nur deshalb - entgegen
einer eindeutigen gesetzlichen Regelung - gestellt wird, um die Berufungsfähigkeit zu erreichen, ist der Antrag im Klageverfahren
nicht zu berücksichtigen.
2. Es kann für die Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes in einem Verfahren, in dem eine Wohnungserstausstattung
begehrt wird, nicht auf die Pauschalen in der Richtlinie eines kommunalen Trägers zurückgegriffen werden. Eine Pauschale für
eine Wohnungserstausstattung ist allenfalls geeignet, einen groben Anhaltspunkt für den Wert des Beschwerdegegenstandes zu
bieten.
1. Für die Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes ist es unerheblich, ob der Anspruch dem Grunde oder der Höhe nach
besteht oder bestehen kann. Lediglich im Fall des Rechtsmissbrauches, das heißt wenn ein Prozessantrag nur deshalb - entgegen
einer eindeutigen gesetzlichen Regelung - gestellt wird, um die Berufungsfähigkeit zu erreichen, ist der Antrag im Klageverfahren
nicht zu berücksichtigen.
2. Es kann für die Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes in einem Verfahren, in dem eine Wohnungserstausstattung
begehrt wird, nicht auf die Pauschalen in der Richtlinie eines kommunalen Trägers zurückgegriffen werden. Eine Pauschale für
eine Wohnungserstausstattung ist allenfalls geeignet, einen groben Anhaltspunkt für den Wert des Beschwerdegegenstandes zu
bieten. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Gründe:
Gemäß §
143 SGG findet gegen die Urteile der Sozialgerichte die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften
dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt. Etwas anders ergibt sich aus §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG. Danach bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der
Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt
betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt gemäß §
144 Abs.
1 Satz 2
SGG nicht, wenn die Berufung - was vorliegend nicht der Fall ist - wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr
betrifft.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes im Sinne von aus §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG ist danach zu bestimmen, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen
weiterverfolgt wird (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], §
144 Rdnr 14, m. w. N.). Bei einem unbezifferten Antrag muss, ebenso wie bei einem Feststellungsurteil, einem Grundurteil oder
Bescheidungsklage, das Gericht den Wert ermitteln (vgl. Leitherer, aaO., Rdnr 15b, m. w. N.).
Der Kläger hatte gegenüber der ARGE D... zunächst mit Schreiben vom 30. Juli 2008 eine Erstausstattung für Bekleidung und
eine Wohnungserstausstattung beantragt. Mit der Klageschrift machte er nur noch die Erstausstattung für seine Wohnung geltend.
Auch der inzwischen mandatierte Klägerbevollmächtigte beantragten in der mündlichen Verhandlung vom 8. Januar 2010 nur Leistungen
nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) in Bezug auf eine vollständige Wohnungserstausstattung. Nach der Feststellung des Sozialgerichtes im angefochtenen Urteil
bezifferte der Kläger den Erstausstattungsbedarf auf 4.000,00 EUR bis 5.000,00 EUR. Diesem Klagebegehren entsprach das Sozialgericht
nur in Bezug auf eine vollständige Erstausstattung für das Schlafzimmer. Damit blieb dem Kläger bislang die Leistung für die
Erstausstattung der übrigen Teile der Wohnung versagt.
Da konkrete Betrags- oder Wertangaben fehlen, schätzt der erkennende Senat den Wert des nicht anerkannten Klageteils auf etwa
die Hälfte des vom Kläger angegebenen Bedarfs, das heißt auf etwa 2.000,00 EUR bis 2.500,00 EUR. Der Schätzung liegen die
vom Kläger im Schreiben vom 30. Juli 2008 benannten Einrichtungsgegenstände zugrunde, nämlich "Herd/Kochgelegenheit, Kühlschrank,
Waschmaschine, Hausrat, für Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Sonstiges, Bett komplett, Tisch, Lampen, Schlafzimmer, Sitzmöbel,
Elektrogeräte, Säuberungshilfsmittel" sowie Gegenstände für die Nachrichtenübermittlung und für Computer. Selbst nach den
vom Klägerbevollmächtigten im Schriftsatz vom 9. April 2010 mitgeteilten Einzelbeträgen unter anderem für Wohnzimmereinrichtung
(ca. 500,00 EUR) und Kücheneinrichtung (ca. 600,00 EUR) wäre der Grenzwert aus §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG überschritten.
Für die Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes ist es demgegenüber unerheblich, ob der Anspruch dem Grunde oder
der Höhe nach besteht oder bestehen kann. Lediglich im Fall des Rechtsmissbrauches, das heißt wenn ein Prozessantrag nur deshalb
- entgegen einer eindeutigen gesetzlichen Regelung - gestellt wird, um die Berufungsfähigkeit zu erreichen, ist der Antrag
im Klageverfahren nicht zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 1990 - 10 RKg 29/88 - BSGE 67, 194 [195] = JURIS-Dokument Rdnr. 14). Dafür, dass der Kläger rechtsmissbräuchlich seinen Bedarf in Bezug auf die Wohnungserstausstattung
beschrieben hätte, ist nichts ersichtlich.
Es kann für die Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes in einem Verfahren, in dem eine Wohnungserstausstattung begehrt
wird, auch nicht auf die Pauschalen in der Richtlinie eines kommunalen Trägers zurückgegriffen werden (vgl. LSG Sachsen-Anhalt,
Beschluss vom 21. Januar 2009 - L 5 B 345/07 AS - JURIS-Dokument Rdnr. 16). Zwar besteht ein Auswahlermessen, ob die Leistung als Sachleistung oder Geldleistung, auch
in Form von Pauschalbeträgen, erbracht wird (vgl. § 23 Abs. 3 Satz 5 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung; § 24 Abs. 3 Satz 5 SGB II in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung). Jedoch sind bei der Bemessung der Pauschalbeträge geeignete Angaben über die
erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen (vgl. § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung; § 24 Abs. 3 Satz 6 SGB II in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung). Dies hat nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zur Folge, dass
dem Grundsicherungsträger bei der Festsetzung der Höhe der Pauschale nur ein eingeschränkter Beurteilungsspielraum zusteht
(vgl. BSG, Urteil vom 20. August 2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr. 5 Rdnr. 20 = JURIS-Dokument Rdnr. 20). Eine Pauschale für eine Wohnungserstausstattung ist deshalb
allenfalls geeignet, einen groben Anhaltspunkt für den Wert des Beschwerdegegenstandes zu bieten.
Auch die (fehlerhafte) Rechtsmittelbelehrung durch das Sozialgericht führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn weder wird die
sich aus dem Gesetz ergebende Statthaftigkeit der Berufung durch die Rechtsmittelbelehrung aufgehoben (vgl. Sächs. LSG, Urteil
vom 6. Dezember 2010 - L 3 AS 800/09 NZB - JURIS-Dokument Rdnr 43; Udsching: in: Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens [6. Aufl., 20128],
VIII. Kap. Rdnr 46) noch führt sie zur Statthaftigkeit eines von Gesetzes wegen nicht zugelassenen Rechtsmittels (ständige
Rspr. des BSG: vgl. BSG, Urteil vom 20. Mai 1003 - B 1 KR 25/01 R - SozR 4-1500 § 158 Nr. 1 Rdnr 11 = JURIS-Dokument Rdnr. 18; vgl. auch: Sächs. LSG, Beschluss vom 14. Mai 2013 - L 3 AS 1139/11 B PKH - JURIS-Dokument Rdnr. 5, m. w. N.; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], Vor §
143 Rdnr. 14b, m. w. N.).
Schließlich kann die Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht in eine Berufung umgedeutet werden. Denn nach der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichtes besteht für eine Umdeutung eines eindeutig bezeichneten Rechtsmittels in ein anderes Rechtsmittel
kein Raum (vgl. eingehend hierzu: BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 - B 1 KR 25/01 R - SozR 4-1500 § 158 Nr. 1 Rdnr. 11 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 18 ff.; vgl. auch z. B. BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 7 AL 104/03 R - SozR 4-1500 § 144 Nr. 2 Rdnr. 9 = JURIS-Dokument Rdnr. 16; Sächs. LSG, Urteil vom 3. November 2010 - L 1 AL 127/10 - JURIS-Rdnr. 36, m. w. N. auch zum Schrifttum). Der Ausschluss der Umdeutung gilt sowohl für den rechtskundig vertretenen
Rechtsmittelführer als auch für den nicht vertretenen (vgl. BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 - B 1 KR 25/01 R - SozR 4-1500 § 158 Nr. 1 Rdnr. 15 = JURIS-Dokument Rdnr. 22).
II. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 Abs.
1 Satz 1
SGG.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil die nach §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i. V. m. §
114 ZPO erforderliche hinreichend Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung nicht gegeben war. Sie war bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung
nicht gegeben.
IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, §
177 SGG.