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LSG Chemnitz, Urteil vom 26.05.2011 - 3 AL 120/09
Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Übernahme von Weiterbildungskosten für eine Bildungsmaßnahme auf Grund einer Eingliederungsvereinbarung; Wirksamkeit als öffentlich-rechtlicher Vertrag; Kündigung wegen wesentlicher Änderungen; Vermeidung unbilliger Härten bei der Antragstellung; Ermessen der Bundesagentur für Arbeit
1. Die Eingliederungsvereinbarung gemäß § 15 SGB II ist ein subordinationsrechtlicher öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne von §§ 53ff SGB X.
2. Der Wegfall der Hilfebedürftigkeit stellt eine wesentliche Änderung dar, der die Anpassung oder Kündigung einer Eingliederungsvereinbarung rechtfertigt.
3. § 59 SGB X findet keine Anwendung, wenn eine Rechtsänderung direkt in einen bestehenden Vertrag eingreift. Die Anhebung der Altersgrenze in § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II zum 1.7.2006 stellte keine solche Rechtsänderung dar.
3. Die Darlehensregelung des § 16 Abs. 4 SGB II ist im Sinne einer teleologischen Reduktion restriktiv als subsidiäre Regelung zu begreifen, die nur dann zum Tragen kommt, wenn kein Anspruch gegenüber einem anderen Leistungsträger auf die begehrte zuschussweise Förderung besteht.
4. Nach einer Kündigung einer Eingliederungsvereinbarung gemäß § 15 SGB II durch die zuständige SGB II-Behörde kann ein Anspruch auf zuschussweise Weiterförderung der Eingliederungsmaßnahme gemäß §§ 77ff SGB III gegenüber der Bundesagentur für Arbeit bestehen.
5. Als leistungsbegründendes Ereignis im Sinne von § 324 Abs. 1 S. 1 SGB III ist regelmäßig das Ereignis anzusehen, das als zuletzt eintretendes Ereignis den Leistungsfall auslöst. Bei Leistungen der aktiven Arbeitsförderung ist dies in der Regel das Ereignis, das erst den unmittelbaren Leistungsfall auslöst und den Anfall der Kosten bewirkt, die die Agentur für Arbeit übernehmen soll. Bei einem Anspruch auf Übernahme der Weiterbildungskosten ist der Antritt der Weiterbildungsmaßnahme das bedarfsauslösende Ereignis.
6. Zum Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne von § 324 Abs. 1 S. 2 SGB III.
7. Die von der SGB II-Behörde vor dem Abschluss der Eingliederungsvereinbarung getroffene Prognoseentscheidung in Bezug auf die Notwendigkeit der Weiterbildung wird nach der Kündigung der Eingliederungsvereinbarung im Falle eines Zuständigkeitswechsels der Bundesagentur für Arbeit zugerechnet.
8. Das Ermessen, das gemäß § 324 Abs. 1 S. 2 SGB III der Bundesagentur für Arbeit eingeräumt ist, ist auf Null reduziert, wenn es dem Hilfebedürftigen wegen seiner ursprünglich bestehenden Hilfebedürftigkeit nicht möglich war, mit Aussicht auf Erfolg vor Antritt der Maßnahme einen Förderungsantrag zu stellen. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Normenkette:
SGB X § 58
,
SGB X § 59 Abs. 1
,
SGB X §§ 53ff
,
SGB II § 15 Abs. 1 S. 1
,
SGB II § 16 Abs. 4
,
SGB II § 40 Abs. 1 S. 1
,
SGB II § 7 Abs. 3 Nr. 2
,
SGB III § 323 Abs. 1 S. 1
,
SGB III § 324 Abs. 1 S. 1
,
SGB III § 324 Abs. 1 S. 2
,
SGB III §§ 77ff
Vorinstanzen: SG Dresden 06.05.2009 S 31 AL 246/07
I. Das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 6. Mai 2009 wird aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 28. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2007 verurteilt, an den Kläger für die Kosten seiner Weiterbildung zum CNC-Fräser vom 1. Oktober 2006 bis 21. Dezember 2006 einen Betrag in Höhe von 2.408,64 EUR zu zahlen.
II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
III. Die Revision wird zugelassen

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