Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit
Besonders grobe prozessuale Nachlässigkeit
Zurückweisung eines Antrags auf Anhörung eines bestimmten Sachverständigen
Zumutbare Tätigkeiten
Mehr-Stufen-Schema
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Der 1959 geborene Kläger erlernte von 1975 bis 1977 den Beruf des Landwirts und war nach bestandener Abschlussprüfung als
Aushilfe in einer Fleischerei bzw. in einem Holzhandel sowie von 1982 an als Arbeiter auf dem Bauhof der Gemeinde C. tätig.
Ab November 2008 war er durchgängig arbeitsunfähig erkrankt und bezog Krankengeld in gesetzlichem Umfang. Ausweislich des
zwischen den Beteiligten unstreitigen Versicherungsverlaufs vom 28. Mai 2014 sind die Kalendermonate ab 1. Januar 1984 im
Sinne des §
241 Abs.
2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI) durchgängig mit Pflichtbeitragszeiten belegt.
Am 17. Dezember 2009 beantragte der Kläger unter Vorlage zahlreicher Krankenunterlagen bei der Beklagten die Gewährung von
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte holte daraufhin eine beratungsärztliche Stellungnahme der Ärztin für
Innere Medizin - Sozialmedizin - Dr. med. D. vom 6. April 2010 ein und wies den Rentenantrag auf dieser Grundlage durch Bescheid
vom 22. April 2010 und Widerspruchsbescheid vom 12. November 2010 mit der Begründung zurück, dass der Kläger noch leichte,
zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen für die Dauer von arbeitstäglich sechs Stunden und mehr
verrichten könne und deshalb nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen nicht rentenberechtigt sei.
Der Kläger erhob daraufhin am 25. November 2010 Klage bei dem Sozialgericht Marburg und machte geltend, dass die bei ihm vorliegenden
Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht hinreichend gewürdigt worden seien. Er sei außer Stande, unter den konkurrierenden Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes noch einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Der Kläger legte aus einem bei der Unfallkasse
Hessen geführten Verwaltungsverfahren einen "fachärztlichgutachterlichen Widerspruch" des Arztes für Orthopädie und Unfallchirurgie
Dr. med. E. vom 11. Oktober 2010 sowie aus einem gegen die AOK Hessen geführten Rechtsstreit ein Gutachten des Arztes für
Neurologie und Psychiatrie - Psychotherapie - Prof. Dr. med. F. vom 22. März 2010 vor.
Die Beklagte berief sich demgegenüber darauf, dass eine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß bei dem Kläger auch
unter Berücksichtigung der eingeholten fachärztlichen Gutachten nicht als nachgewiesen angesehen werden könne.
Das Sozialgericht zog zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die den Kläger betreffenden Krankenunterlagen des Arztes für
Allgemeinmedizin G. sowie die Schwerbehindertenakten des Versorgungsamtes Kassel bei und erhob von Amts wegen Beweis durch
Einholung eines fachärztlichen Sachverständigengutachtens bei dem Arzt für Orthopädie sowie für Physikalische und Rehabilitative
Medizin - spezielle orthopädische Chirurgie, Chirotherapie, spezielle Schmerztherapie - Dr. med. H. Im Gutachten vom 18. August
2011 diagnostizierte Dr. med. H. im Anschluss an eine ambulante Untersuchung vom 10. August 2011 bei dem Kläger degenerative
Halswirbelsäulen-Veränderungen und mutete ihm noch leichte, teilweise auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen
(ohne Über-Kopf-Arbeiten, ohne häufiges Bücken sowie ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 20 kg Gewicht)
für die Dauer von arbeitstäglich sechs Stunden und mehr zu. Diese Beurteilung bekräftigte Dr. med. H. in einer ergänzenden
Stellungnahme vom 11. Oktober 2011.
Nachfolgend wurde auf Antrag des Klägers gemäß §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) der von ihm benannte Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie für Physikalische und Rehabilitative Medizin - spezielle
orthopädische Chirurgie, Rheumatologie, spezielle Schmerztherapie, Chirotherapie, Physikalische Medizin, Sportmedizin, Akupunktur,
Sozialmedizin - Prof. Dr. Dr. med. J. gutachtlich gehört. Im Sachverständigengutachten vom 27. April 2012 diagnostizierte
Prof. Dr. Dr. med. in J. im Anschluss an eine ambulante Untersuchung vom 19. April 2012 bei dem Kläger verdachtsweise eine
posttraumatische Instabilität im Bereich der Kopfgelenke C0 bis C2 (posttraumatisches Halswirbelsäulen-Syndrom), ein degeneratives
Halswirbelsäulen-Syndrom C3 bis C7, ein degeneratives Brustwirbelsäulensyndrom sowie eine Coxarthrose beidseits. Unter Berücksichtigung
dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen könne der Kläger noch leichte, gelegentlich auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten
mit Einschränkungen (ohne Über-Kopf-Arbeiten, ohne häufiges Bücken sowie ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten
über 20 kg Gewicht) im zeitlichen Umfang von "regelmäßig drei bis sechs Stunden täglich" verrichten.
Das Sozialgericht holte daraufhin ein Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Dr. med. H. vom 12. Dezember 2012 ein, welcher
in Bezug auf die von Prof. Dr. Dr. med. J. verdachtsweise gestellte Diagnose eines posttraumatischen Halswirbelsäulen-Syndroms
ebenso wie dieser die Einholung eines radiologischen Zusatzgutachtens empfahl.
Es wurde daraufhin von Amts wegen ein radiologisches Sachverständigengutachten bei dem Arzt für Radiologie Dr. med. K. vom
1. Oktober 2013 eingeholt, in welchem dieser nach bildgebenden Untersuchungen vom 9. Juli 2013 zu dem Ergebnis gelangte, dass
bei dem Kläger in besonders ausgeprägter Weise eine typische Arthrose der Kopfhalsgelenke vorliege. Bei einem Alter von 54
Jahren, was dem aktuellen Lebensalter des Klägers entspreche, sei laut statistischen Angaben in einem Drittel bis zur Hälfte
der Fälle mit einer solchen Arthrose der Kopfhalsgelenke zu rechnen.
Nach Auswertung dieses Gutachtens wies der Arzt für Orthopädie sowie für Physikalische und Rehabilitative Medizin - Sozialmedizin,
Röntgendiagnostik, Chirotherapie, Sportmedizin, spezielle Schmerztherapie - Dr. med. L. in einer für die Beklagte verfassten
beratungsärztlichen Stellungnahme vom 20. November 2013 darauf hin, dass die vom Sachverständigen Prof. Dr. Dr. med. J. vermutete
Instabilität der Kopfgelenke durch das fachradiologische Gutachten widerlegt worden sei. Nach den Feststellungen in diesem
Gutachten liege keine Instabilität vor, sondern eine verminderte Beweglichkeit. Hieraus ergebe sich keine quantitative Leistungseinschränkung.
Diesem Befund sei vielmehr durch die bereits vom Sachverständigen Dr. med. H. genannten qualitativen Leistungseinschränkungen
hinreichend Rechnung getragen worden.
Auf der Grundlage dieser Ermittlungen hat das Sozialgericht die Klage durch Urteil vom 6. März 2014 mit der Begründung abgewiesen,
dass eine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß bei dem nach seinem beruflichen Werdegang auf das allgemeine Arbeitsfeld
verweisbaren Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht nachgewiesen sei.
Der Kläger hat gegen das ihm am 2. April 2014 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 6. Mai 2014 Berufung eingelegt. Hinsichtlich
der Versäumung der Berufungsfrist ist ihm durch Senatsbeschluss vom 28. November 2014 die Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand gewährt worden.
Der Kläger verfolgt sein Rentenbegehren weiter und macht unter Vorlage zusätzlicher Krankenunterlagen geltend, dass er wegen
der Vielzahl der bei ihm vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen außerstande sei, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Es liege bei ihm eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, so dass ihm der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen
sei. Im Hinblick auf seine abgeschlossene Berufsausbildung zum Landwirt bestehe zumindest ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 6. März 2014 aufzuheben
und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November
2010 zu verurteilen, ihm für die Zeit ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung,
hilfsweise,
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bzw. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich in ihrer Auffassung durch die erstinstanzliche Entscheidung sowie durch das Ergebnis der im Berufungsverfahren
durchgeführten Beweisaufnahme bestätigt.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen Beweis erhoben durch Einholung eines hals-nasen-ohrenärztlichen,
eines fachorthopädischen sowie eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens.
Der Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Prof. Dr. med. M. gelangt im Sachverständigengutachten vom 19. Februar 2015 im Anschluss
an eine ambulante Untersuchung vom 28. Januar 2015 von Seiten seines Fachgebiets zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger kein
krankhafter Befund zu erheben sei. Die Untersuchungen des Gleichgewichtsorgans hätten "völlige Normalbefunde bei adäquater
Reaktion der peripheren Gleichgewichtsorgane" gezeigt. In Anbetracht des absoluten Normalbefundes sei es von hals-nasen-ohren
ärztlicher Seite "zumindest mit hoher Sicherheit nachgewiesen", dass bei dem Kläger keinerlei Defizite der Hirnnerven vorlägen.
Die von ihm vorgebrachte Beschwerdesymptomatik mit Kopfschmerzen, Schwindel, Lähmungserscheinungen im Bereich der Extremitäten,
des Mundes und des Schluckaktes lasse sich klinisch nicht objektivieren und anhand der radiologisch nachweisbaren degenerativen
Veränderungen der Halswirbelsäule nur in Teilbereichen zuordnen. Im Ergebnis mutet Prof. Dr. med. N. dem Kläger noch leichte
bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit den von Seiten des orthopädischen Fachgebiets gebotenen qualitativen Leistungseinschränkungen
für die Dauer von arbeitstäglich sechs Stunden und mehr zu.
Die Ärztin für Orthopädie - Chirotherapie - Dr. med. O. diagnostiziert im Sachverständigengutachten vom 19. April 2015 im
Anschluss an eine ambulante Untersuchung vom 7. April 2015 bei dem Kläger auf orthopädischem Fachgebiet ein in alle Richtungen
eingeschränktes Bewegungsausmaß und eine verminderte Belastbarkeit der Halswirbelsäule bei bildgebend nachgewiesener degenerativer
Verschleißerkrankung ohne radikuläre Begleitsymptomatik, ein eingeschränktes Bewegungsausmaß und eine verminderte Belastbarkeit
der Brustwirbelsäule bei bildgebend nachgewiesener degenerativer Verschleißerkrankung ohne radikuläre Begleitsymptomatik,
ein in alle Richtungen eingeschränktes Bewegungsausmaß sowie eine verminderte Belastbarkeit der Lendenwirbelsäule bei degenerativer
Verschleißerkrankung ohne radikuläre Begleitsymptomatik, ein in alle Richtungen eingeschränktes Bewegungsausmaß sowie eine
verminderte Belastbarkeit des rechten Schultergelenks bei degenerativer Verschleißerkrankung der Rotatorenmanschette und Arthrose
des Schultereckgelenks, ein eingeschränktes Bewegungsausmaß sowie eine verminderte Belastbarkeit des linken Ellenbogengelenks
mit entsprechend funktionellen Defiziten, eine degenerative Verschleißerkrankung der Hüftgelenke mit Einschränkung des Bewegungsausmaßes
und verminderter Belastbarkeit, ein beginnendes Streckdefizit des rechten Kniegelenks, bisher ohne organ-pathologisches Korrelat,
mit verminderter Belastbarkeit sowie eine Senk-Spreizfuß-Deformität und Fehlstellung des ersten Zehenstrahls (Hallux valgus)
mit Großzehengrundgelenksarthrose und verminderter Belastbarkeit. Trotz dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen könne der Kläger
jedoch auch weiterhin noch leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (ohne dauerhaftes Gehen oder Stehen, ohne dauerhafte
Einnahme von gebückten, hockenden, knienden oder vornübergeneigten Zwangshaltungen, ohne Arbeiten vor dem Körper, in Schulterhöhe
und/oder über Kopf, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 5 bis 7 kg Gewicht, ohne Klettern oder Steigen
auf Leitern und Gerüsten sowie unter Vermeidung von Kälte, Hitze, starken Temperaturschwankungen, Zugluft oder Nässe) vollschichtig
verrichten. Aus ärztlicher Sicht könne der Kläger ohne die Gefahr einer Schädigung der Gesundheit noch mehr als sechs Stunden
täglich bzw. vollschichtig als Warensortierer, als Pförtner, als Poststellenmitarbeiter, als Büro- oder Verwaltungshilfskraft
sowie als Montierer arbeiten. Das so beschriebene Leistungsvermögen bestehe bereits seit dem Zeitpunkt der Rentenantragstellung.
Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie - spezielle Schmerztherapie - Dr. med. P. diagnostizierte im Sachverständigengutachten
vom 9. April 2015 im Anschluss an eine ambulante Untersuchung vom 7. April 2015 bei dem Kläger einen episodischen Kopfschmerz
vom Spannungstyp sowie eine leichtgradige depressive Episode. Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen
könne der Kläger noch leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (ohne Nacht- und Wechselschicht
sowie ohne besondere Anforderungen an die Kommunikations- und Kontaktfähigkeit) für die Dauer von arbeitstäglich sechs Stunden
und mehr an fünf Tagen in der Woche verrichten. Aus nervenärztlicher Sicht könne der Kläger noch ohne die Gefahr einer Schädigung
der Gesundheit regelmäßig ganztags Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als Warensortierer, als Warenaufmacher, als Pförtner,
als Telefonist, als Poststellenmitarbeiter, als Büro- und Verwaltungshilfskraft oder als Montierer in der Metall- und Elektroindustrie
verrichten.
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 8. Juni 2015 und vom 7. Juli 2015 darauf hingewiesen, dass das Landessozialgericht
die Berufung gemäß §
153 Abs.
4 SGG durch Beschluss zurückweisen kann, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich
hält.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird Bezug genommen
und auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Rentenakten.
II.
Der Senat hat nach Anhörung der Beteiligten von der in §
153 Abs.
4 SGG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht und zur Beschleunigung des Verfahrens durch Beschluss entschieden, weil er das
Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 6. März 2014 ist auch unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren durchgeführten
weiteren Aufklärung des Sachverhalts im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22. April
2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2010 ist zu Recht ergangen. Der Kläger hat gegen die Beklagte
keinen Anspruch auf Rente wegen (voller oder teilweiser) Erwerbsminderung.
Gemäß §
43 Abs.
1 und
2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung,
wenn sie
1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung
oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß §
43 Abs.
1 Satz 2
SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind gemäß §
43 Abs.
2 Satz 2
SGB VI demgegenüber Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen
Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach §
43 Abs.
2 Satz 3
SGB VI auch
1. Versicherte nach §
1 Satz 1 Nr. 2
SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen
Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Erwerbsgemindert ist der Vorschrift des §
43 Abs.
3 SGB VI zufolge nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig
sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, weil er weder teilweise erwerbsgemindert noch voll erwerbsgemindert
im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmungen ist. Er kann unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch
mindestens sechs Stunden täglich einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen.
Die Fähigkeit des Klägers, durch erlaubte Erwerbstätigkeit ein Arbeitsentgelt in nicht ganz unerheblichem Umfang zu erzielen
(Erwerbsfähigkeit), ist im vorliegenden Fall zwar durch verschiedene Gesundheitsbeeinträchtigungen beeinträchtigt. Zur Überzeugung
des Gerichts steht aber fest, dass der Kläger jedenfalls noch leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (ohne dauerhaftes
Gehen oder Stehen, ohne dauerhafte Einnahme von gebückten, hockenden, knienden oder vornübergeneigten Zwangshaltungen, ohne
Arbeiten vor dem Körper, in Schulterhöhe und/oder über Kopf, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 5 bis
7 kg Gewicht, ohne Klettern oder Steigen auf Leitern und Gerüsten, ohne Nacht- und Wechselschicht, ohne besondere Anforderungen
an die Kommunikations- und Kontaktfähigkeit sowie unter Vermeidung von Kälte, Hitze, starken Temperaturschwankungen, Zugluft
oder Nässe) für die Dauer von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Diese Beurteilung des Leistungsvermögens
ergibt sich unter Berücksichtigung aller Einzelumstände des vorliegenden Falles aus einer Gesamtschau der über den Gesundheitszustand
des Klägers vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und medizinischen Gutachten.
Das Leistungsvermögen des mittlerweile 56 Jahre alten Klägers ist bereits während des Rentenantragsverfahrens sowie während
des nachfolgenden sozialgerichtlichen Verfahrens durch Einholung von mehreren ausführlichen ärztlichen Stellungnahmen und
Gutachten eingehend überprüft worden. Auf der Grundlage der von Amts wegen eingeholten Sachverständigengutachten des Arztes
für Orthopädie sowie für Physikalische und Rehabilitative Medizin - spezielle orthopädische Chirurgie, Chirotherapie, spezielle
Schmerztherapie - Dr. med. H. vom 18. August 2011 und des Arztes für Radiologie Dr. med. K. vom 1. Oktober 2013 sowie unter
Berücksichtigung der weiteren Befundunterlagen und ärztlichen Stellungnahmen hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil
vom 6. März 2014 bereits ausführlich dargelegt, dass das Leistungsvermögen des Klägers insbesondere wegen dessen Halswirbelsäule-Beschwerden
zwar in qualitativer, nicht jedoch in quantitativer Hinsicht eingeschränkt ist. Wie das Sozialgericht im Einzelnen zutreffend
dargelegt hat, ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers unter Berücksichtigung eines dementsprechenden Leistungsvermögens zwar
beeinträchtigt, aber noch nicht in rentenberechtigendem Grade herabgemindert.
Die Richtigkeit der vom Sozialgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Leistungsbeurteilung ist durch die im Berufungsverfahren
vom Senat eingeholten drei Sachverständigengutachten eindrucksvoll bestätigt worden. Sowohl der Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
Prof. Dr. med. M. (Sachverständigengutachten vom 19. Februar 2015) als auch die Ärztin für Orthopädie - Chirotherapie - Dr.
med. O. (Sachverständigengutachten vom 19. April 2015) und der Arzt für Neurologie und Psychiatrie - spezielle Schmerztherapie
- Dr. med. P. (Sachverständigengutachten vom 9. April 2015) gelangen im Falle des Klägers zur Annahme eines in quantitativer
Hinsicht nicht beeinträchtigten Leistungsvermögens. Die speziell in der Begutachtung von Rentenbewerbern langjährig und besonders
erfahrenen Sachverständigen muten dem Kläger übereinstimmend bei Beachtung einer Reihe von qualitativen Leistungseinschränkungen
zumindest noch leichte körperliche Tätigkeiten für die Dauer von arbeitstäglich sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der
Woche zu. Der in den drei umfangreichen Sachverständigengutachten ausführlich begründeten Leistungsbeurteilung vermochte letztlich
auch der Kläger selbst keine substanziellen Einwände entgegenzusetzen.
Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer, in den eingeholten Gutachten bislang nicht berücksichtigter Gesundheitsbeeinträchtigungen
von erwerbsminderndem Dauereinfluss sind weder vom Kläger aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich. Der Senat hält deshalb
das Leistungsvermögen des Klägers mit den von medizinischer Seite insgesamt getroffenen Feststellungen für ausreichend aufgeklärt
und weitere Begutachtungen von Amts wegen für nicht mehr geboten. Zweifel an der in den von Amts wegen zum Leistungsvermögen
des Klägers erstatteten Gutachten vertretenen Leistungsbeurteilung ergeben sich für den Senat nicht. Die ärztlichen Äußerungen
sind in sich schlüssig, widerspruchsfrei und überzeugend. Die Leistungsbeurteilung wird darin nach eingehender Befunderhebung
mit nachvollziehbarer und für den Senat einleuchtender Begründung aus den gestellten Diagnosen abgeleitet. Die einzelnen Gutachten
stützen einander hinsichtlich der Einschätzung des Restleistungsvermögens und stehen überdies auch im Einklang mit den übrigen
Befundunterlagen der den Kläger behandelnden Ärzte. Auch bei dem Kläger besonders wohlwollender Betrachtungsweise ergeben
sich zur Überzeugung des Gerichts keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens, die über die in den
genannten Gutachten insgesamt genannten qualitativen Leistungseinschränkungen hinausgeht und die Annahme einer Leistungsminderung
auch in quantitativer, d.h. zeitlicher Hinsicht rechtfertigen würde. Bei dieser Sachlage brauchte der Senat sich zu weiteren
Ermittlungen auf medizinischem Fachgebiet nicht gedrängt zu fühlen.
Die von dem Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie für Physikalische und Rehabilitative Medizin - spezielle orthopädische
Chirurgie, Rheumatologie, spezielle Schmerztherapie, Chirotherapie, Physikalische Medizin, Sportmedizin, Akupunktur, Sozialmedizin
- Prof. Dr. Dr. med. J. in dem gemäß §
109 SGG erstatteten Sachverständigengutachten vom 27. April 2012 vertretene Auffassung, dass der Kläger nur noch "regelmäßig drei
bis sechs Stunden täglich" leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten verrichten könne, gebietet keine
andere Sicht der Dinge. Dem Wortsinn nach hat Prof. Dr. Dr. med. J. dem Kläger damit nämlich bescheinigt, dass er (auch) noch
volle sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, was der unmissverständlichen Regelung in §
43 Abs.
3 SGB VI zufolge bedeutet, dass von Gesetzes wegen gerade kein Fall einer rentenberechtigenden Erwerbsminderung gegeben ist.
Selbst wenn man annimmt, dass Prof. Dr. Dr. med. J. gemeint haben könnte, der Kläger sei nur noch regelmäßig drei bis unter
sechs Stunden täglich einsetzbar, kann freilich nicht übersehen werden, dass dessen Leitungsbeurteilung ganz wesentlich auf
der Annahme beruht, es liege bei dem Kläger eine posttraumatische Instabilität im Bereich der Kopfgelenke C0 bis C2 im Sinne
eines posttraumatischen Halswirbelsäulen-Syndroms vor. Die entsprechende Verdachtsdiagnose ist indes bereits durch das vom
Sozialgericht bei Dr. med. K. eingeholte radiologische Sachverständigengutachten vom 1. Oktober 2013 widerlegt worden. Der
Arzt für Orthopädie sowie für Physikalische und Rehabilitative Medizin - Sozialmedizin, Röntgendiagnostik, Chirotherapie,
Sportmedizin, spezielle Schmerztherapie - Dr. med. L. hat angesichts dessen bereits in der von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen
Stellungnahme vom 20. November 2013 zu Recht darauf hingewiesen, dass bei dem Kläger entgegen der von Prof. Dr. Dr. med. J.
geäußerten Vermutung gerade keine Instabilität der Kopfgelenke vorliegt, sondern im Gegenteil eine verminderte Beweglichkeit.
Ausgehend von den beim Kläger gesicherten Gesundheitsbeeinträchtigungen auf orthopädischen Fachgebiet ergeben sich freilich
nur die bereits oben genannten qualitativen Leistungseinschränkungen, nicht hingegen auch eine Einschränkung des Leistungsvermögens
in quantitativer Hinsicht. Das haben die Sachverständigen Dr. med. H. und Dr. med. O. mit eingehender Begründung überzeugend
ausgeführt.
Dem vom Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 21. Juli 2015 gestellten Antrag, gemäß §
109 SGG im Berufungsverfahren ein (weiteres) sozialmedizinisches Gutachten einzuholen, brauchte der Senat nicht zu entsprechen. Abgesehen
davon, dass der Antrag nicht der gesetzlichen Form entspricht, weil der gutachtlich anzuhörende Arzt entgegen der ausdrücklichen
Formulierung in §
109 Abs.
1 Satz 1
SGG nicht namentlich benannt wurde, ist dieser Antrag nämlich zur Überzeugung des Senats aus grober Nachlässigkeit nicht früher
vorgebracht worden und deshalb gemäß §
109 Abs.
2 SGG als verspätet gestellt abzulehnen.
Es steht dem Versicherten zwar grundsätzlich frei, gemäß §
109 SGG im Verfahren die gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes (seines besonderen Vertrauens) zu beantragen. Nach §
109 Abs.
2 SGG kann das Gericht einen solchen Antrag allerdings ablehnen, wenn durch dessen Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert
werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht das Verfahren zu verschleppen oder aus
grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Diese Voraussetzungen für eine Ablehnung des Antrags nach §
109 SGG sind im vorliegenden Fall erfüllt.
Dass der Kläger seinen mit Schriftsatz vom 21. Juli 2015 gestellten Antrag gemäß §
109 SGG nicht schon früher gestellt und im Übrigen auch nicht durch namentliche Benennung des gutachtlich anzuhörenden Arztes konkretisiert
hat, muss zur Überzeugung des Senats als Ausdruck einer besonders groben Nachlässigkeit angesehen werden. Ein solcher Fall
ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn jede nach sorgfältiger Prozessführung erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen worden
und das nicht getan worden ist, was im gegebenen Falle jedem einleuchten musste (BSGE 7, 221; BSG KOV 66, 194; Rohwer-Kahlmann,
SGG, §
109 Rdn. 25). Zur Überzeugung des Senats hat der durch eine Fachanwältin für Sozialrecht als Prozessbevollmächtigte besonders
sachkundig vertretene Kläger seinen Antrag gemäß §
109 SGG in diesem Sinne aus grober Fahrlässigkeit verspätet gestellt.
Denn bei dem Kläger ist bereits anlässlich der Übersendung der Sachverständigengutachten vom 9. April 2015 und vom 19. April
2015 seitens des Senats mit Schreiben vom 28. April 2015 angefragt worden, ob die Berufung unter Berücksichtigung des Ergebnisses
der drei durchgeführten Begutachtungen aufrechterhalten bleibe. Der Kläger hat diese Anfrage allerdings zunächst unbeantwortet
gelassen. Er ist daraufhin mit weiterem Schreiben des Gerichts vom 8. Juni 2015 unter Fristsetzung bis zum 5. Juli 2015 darüber
informiert worden, dass gemäß §
153 Abs.
4 SGG eine Zurückweisung der Berufung im Beschlussverfahren beabsichtigt sei. Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste einem mit der
erforderlichen Sorgfalt prozessierenden - und im Hinblick auf die anwaltliche Vertretung auch mit den hinsichtlich dieses
Antragsrechts einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen vertrauten - Verfahrensbeteiligten klar sein, dass eine weitere Aufklärung
des Sachverhalts vom Senat nicht beabsichtigt war und dass ein in dieser Situation nicht zeitnah gestellter Antrag gemäß §
109 SGG zu einem späteren Zeitpunkt die Ablehnung eines solchen Antrags als verspätet im Sinne des §
109 Abs.
2 SGG nach sich ziehen können würde.
Wer in einer solchen prozessualen Ausgangskonstellation zunächst einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten völlig tatenlos
verstreichen lässt und wie der Kläger mit Telefax vom 6. Juli 2015 zunächst nur (überhaupt erstmals) eine Stellungnahme zum
Ergebnis der durchgeführten Begutachtungen bei Prof. Dr. med. M., bei Dr. med. P. und bei Dr. med. O. vorlegt, bevor er nach
nochmaligem Hinweis auf die beabsichtigte Entscheidung im Beschlussverfahren schließlich einen Antrag gemäß §
109 SGG stellt, der muss sich zur Überzeugung des Senats ein grob nachlässiges Prozessverhalten vorhalten lassen und kann nicht erwarten,
dass dieser Antrag zugelassen und die hierdurch zwangsläufig eintretende (weitere) Verzögerung des entscheidungsreifen Rechtsstreits
hingenommen wird. Auf die Frage, ob der Antrag gemäß §
109 SGG mit Verschleppungsabsicht gestellt worden ist, kommt es in einem solchen Falle nicht mehr an.
Unter Berücksichtigung des damit nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme noch vorhandenen Leistungsvermögens ist der Kläger nicht
erwerbsgemindert im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen. Denn er kann trotz seiner - lediglich in qualitativer, nicht hingegen
auch in quantitativer Hinsicht - herabgeminderten Erwerbsfähigkeit noch mindestens sechs Stunden täglich unter den in den
Betrieben üblichen Arbeitsbedingungen einer Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nachgehen und mehr als nur geringfügige
Einkünfte durch diese Erwerbstätigkeit erzielen. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist insoweit grundsätzlich
nicht geboten. Denn es gibt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Vielzahl von (ungelernten) Tätigkeiten, die nur mit leichten
körperlichen Anforderungen verbunden sind. Das ist offenkundig und braucht nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
grundsätzlich nicht in jedem Einzelfall aufs Neue belegt zu werden. Es kann vielmehr davon ausgegangen werden, dass es in
der Regel auch für Versicherte, deren Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist, noch Einsatzmöglichkeiten auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang gibt (vgl. BSGE 44, 39 = SozR 2200 § 1246 Nr. 19; BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 22, 30, BSG Großer Senat in BSGE 80, 241 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).
Bei dem Kläger liegen unter Berücksichtigung des vom Senat festgestellten Leistungsvermögens auch keine besonderen Umstände
vor, welche die Ausübung solcher Tätigkeiten in ungewöhnlicher Weise erschweren. Im Rahmen der - bezüglich des hier streitigen
Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung allein maßgeblichen - Frage nach dem Bestehen realer Erwerbsmöglichkeiten auf dem
allgemeinen Arbeitsfeld ist die konkrete Bezeichnung von Verweisungstätigkeiten nur dann erforderlich, wenn eine Summierung
ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine spezifische Leistungsbehinderung festgestellt ist (vgl. BSG vom 1. März 1984 - 4 RJ 43/83 = SozR 2200 § 1246 Nr. 117 unter Hinweis auf BSG vom 30. November 1982 - 4 RJ 1/82) oder wenn der Rentenbewerber wegen eines besonders gearteten Berufslebens deutlich aus dem Kreis vergleichbarer Versicherter
herausfällt (vgl. BSG vom 18. Februar 1981 - 1 RJ 124/79; BSG vom 27. April 1982 - 1 RJ 132/80). Gravierende Einschränkungen in diesem Sinne liegen bei dem Kläger aber ganz offenkundig (noch) nicht vor.
Der Kläger macht zwar geltend, dass bei ihm Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gegeben sei; die nach dem Ergebnis
der Beweisaufnahme in seinem Falle zu beachtenden qualitativen Leistungseinschränkungen (ohne dauerhaftes Gehen oder Stehen,
ohne dauerhafte Einnahme von gebückten, hockenden, knienden oder vornübergeneigten Zwangshaltungen, ohne Arbeiten vor dem
Körper, in Schulterhöhe und/oder über Kopf, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 5 bis 7 kg Gewicht, ohne
Klettern oder Steigen auf Leitern und Gerüsten, ohne Nacht- und Wechselschicht, ohne besondere Anforderungen an die Kommunikations-
und Kontaktfähigkeit sowie unter Vermeidung von Kälte, Hitze, starken Temperaturschwankungen, Zugluft oder Nässe) sind jedoch
ganz offenkundig nicht "ungewöhnlich" im Sinne der von der Rechtsprechung (vgl. BSG vom 1. März 1984 - 4 RJ 43/83 = SozR 2200 § 1246 Nr. 117, BSG vom 6. Juni 1986 - 5b RJ 42/85 = SozR 2200 § 1246 Nr. 136; BSG vom 28. August 1991 - 13/5 RJ 47/90 = SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8; BSG vom 31. März 1993 -13 RJ 65/91 = SozR 3-2200 § 1247 Nr. 14; BSG vom 19. April 1978 - 4 RJ 55/77 = SozR 2200 § 1246 Nr. 30; BSG vom 19. August 1997 - 13 RJ 1/94 = SozR 3-2200 § 1247 Nr. 23 sowie BSG vom 11. Mai 1999 - B 13 RJ 71/97 R = SozR 3-2600 § 43 Nr. 21) insoweit herausgearbeiteten Fallgruppen.
Auch unter Berücksichtigung seiner eingeschränkten Belastbarkeit könnte der Kläger z.B. noch die die sog. klassischen leichten
körperlichen Tätigkeiten als Poststellenmitarbeiter sowie als Büro- oder Verwaltungshilfskraft verrichten, die in vergleichbaren
Fällen regelmäßig von der in berufskundlichen Fragen mit besonderer Sachkunde versehenen Arbeitsverwaltung als sog. Verweisungstätigkeiten
benannt werden. Das haben die Sachverständigen Dr. med. O. und Dr. med. P. aus ärztlicher Sicht ausdrücklich bestätigt. Für
den Senat ergeben sich insoweit auch keine Zweifel daran, dass die Sachverständigen über die entsprechenden beruflichen Belastungen
in den benannten Tätigkeiten im Hinblick auf ihre langjährigen Erfahrungen in der Begutachtung von Rentenbewerbern hinreichend
informiert sind.
Soweit der Kläger geltend macht, dass er als Poststellenmitarbeiter nicht mehr arbeiten könne, weil zum Tätigkeitsumfang auch
das Heben und Tragen von Post gehöre, muss er sich entgegen halten lassen, dass Poststücke von mehr als 5 bis 7 kg Gewicht
eher die Ausnahme sind und dass solche schwereren Lasten in einer Poststelle mit Mehrfachbesetzung überdies auch im Zusammenwirken
mehrerer Poststellenmitarbeiter bewegt werden können. Auch der Einwand des Klägers, dass er für eine Tätigkeit als Büro- oder
Verwaltungshilfskraft im Hinblick auf fehlende administrative, organisatorische und kommunikative Fähigkeiten nicht in Betracht
komme, geht in der Sache fehl. Denn in Rede steht vorliegend nicht etwa die Verweisung des Klägers auf eine höher qualifizierte
Tätigkeit als kaufmännische Fachkraft für Bürokommunikation und/oder Textverarbeitung, sondern allein die Verweisunfg auf
eine Tätigkeit als Hilfskraft in Büro bzw. Verwaltung. Es handelt sich deshalb bei den vom Senat ohnehin nur höchst vorsorglich
und beispielhaft genannten (einfachen) Hilfstätigkeiten um Erwerbsmöglichkeiten, die unter Berücksichtigung der zu beachtenden
qualitativen Leistungseinschränkungen durchaus dem Restleistungsvermögen des Klägers entsprechen. Es ist im Übrigen auch offenkundig,
dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang Arbeitsgelegenheiten als Poststellenmitarbeiter sowie als Büro-
oder Verwaltungshilfskraft zur Verfügung stehen.
Der Kläger kann im Übrigen auch nicht damit gehört werden, dass seine Resterwerbsfähigkeit im Arbeitsleben wegen der Verhältnisse
auf dem Arbeitsmarkt praktisch nicht mehr verwertbar sei. Denn es gibt zur Überzeugung des Gerichts auf dem für den Kläger
in Betracht kommenden Arbeitsmarkt noch eine nennenswerte Zahl von Tätigkeiten, die er trotz seines eingeschränkten Leistungsvermögens
noch vollwertig ausüben könnte. Unter Berücksichtigung des festgestellten Leistungsvermögens liegen bei dem Kläger insbesondere
auch keine ins Gewicht fallenden besonderen Umstände vor, welche die Ausübung einer leichten körperlichen Tätigkeit in ungewöhnlicher
Weise erschweren. Denn nach dem Ergebnis der Sachaufklärung besteht bei ihm ganz offenkundig weder eine Summierung ungewöhnlicher
Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung.
Ob die betreffenden Arbeitsplätze frei sind oder besetzt, ist für die Entscheidung des vorliegenden Falles unerheblich, denn
die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten, der wie der Kläger zumindest noch für die Dauer von arbeitstäglich sechs Stunden
einsatzfähig ist, hängt nicht davon ab, ob das Vorhandensein von für ihn offenen Arbeitsplätzen für die in Betracht kommenden
Erwerbstätigkeiten konkret festgestellt werden kann oder nicht. Der im Sinne der sog. konkreten Betrachtungsweise auf die
tatsächliche Verwertbarkeit der Resterwerbsfähigkeit abstellende Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (vgl.
BSG vom 10. Dezember 1976 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) kann bei noch sechststündig einsatzfähigen Versicherten grundsätzlich nicht herangezogen werden. Das hat der Gesetzgeber
in §
43 Abs.
3 SGB VI nochmals ausdrücklich mit dem Hinweis darauf klargestellt, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer - ungeachtet der jeweiligen
Arbeitsmarktlage - unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig
sein kann. Ausnahmen können allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein Versicherter nach seinem Gesundheitszustand nicht
dazu in der Lage ist, die an sich zumutbaren Arbeiten unter den in der Regel in den Betrieben üblichen Bedingungen zu verrichten,
oder wenn er außerstande ist, Arbeitsplätze dieser Art von seiner Wohnung aus aufzusuchen (vgl. BSG vom 27. Februar 1980 - 1 RJ 32/79). Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend jedoch ganz offenkundig nicht erfüllt. Wenn der Kläger gleichwohl keinen Arbeitsplatz
findet, den er nach seinem Leistungsvermögen noch ausfüllen kann, so ergibt sich daraus allenfalls ein Anspruch gegen den
Träger der Arbeitslosenversicherung bzw. der Grundsicherung für Arbeitsuchende, nicht aber ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung
gegen die Beklagte als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der 1959 geborene Kläger hat im Übrigen auch keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben gemäß §
240 Abs.
1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze diejenigen Versicherten, die
1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und
2. berufsunfähig
sind.
Berufsunfähig sind der Vorschrift des §
240 Abs.
2 Satz 1
SGB VI zufolge Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich,
geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger
als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen
ist, umfasst gemäß §
240 Abs.
2 Satz 2
SGB VI alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs
ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet
werden können. Zumutbar ist gemäß §
240 Abs.
2 Satz 3
SGB VI stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder
umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist der Vorschrift des §
240 Abs.
2 Satz 4
SGB VI zufolge nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage
nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger ist nicht berufsunfähig im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung. Wie oben bereits dargelegt worden ist, kann er
noch zumindest sechs Stunden täglich einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen. Objektiv zumutbar ist dem Kläger unter Berücksichtigung
seines Gesundheitszustandes - wie oben bereits ausgeführt - unter anderem noch eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter sowie
als Büro- oder Verwaltungshilfskraft. Allein der Umstand, dass der Kläger seine ursprünglich erlernte Tätigkeit als Landwirt
bzw. seine zuletzt langjährig ausgeübte Tätigkeit als Bauhofarbeiter aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten kann,
führt noch nicht zum Vorliegen von Berufsunfähigkeit. Das Gesetz räumt den Versicherten einen Anspruch auf Gewährung von Rente
wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nämlich nicht bereits dann ein, wenn sie ihren - versicherungspflichtig ausgeübten
- "bisherigen Beruf" bzw. ihre "bisherige Berufstätigkeit" aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können. Vielmehr
wird von den Versicherten verlangt, dass sie - immer bezogen auf ihren "bisherigen Beruf" - auch einen "zumutbaren" beruflichen
Abstieg in Kauf nehmen und sich vor Inanspruchnahme der Rente mit einer (gegebenenfalls auch) geringerwertigen Erwerbstätigkeit
zufrieden geben (vgl. BSGE 41, 129, 131 = SozR 2200 § 1246 Nr. 11). Nur wer sich nicht in dieser Weise auf einen anderen, ihm subjektiv zumutbaren Beruf "verweisen"
lassen muss, ist berufsunfähig im Sinne des Gesetzes.
"Zugemutet werden" im Sinne des §
240 Abs.
2 Satz 2
SGB VI können den Versicherten alle von ihnen nach ihren gesundheitlichen Kräften und ihren beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten
ausführbaren, auch "berufsfremden" Tätigkeiten, die nach der im Gesetz angeführten positiven Kennzeichnung - Ausbildung und
deren Dauer, besondere Anforderungen, Bedeutung des Berufs im Betrieb, d.h. nach ihrer Qualität - dem bisherigen Beruf nicht
zu fern stehen (vgl. z.B. BSG SozR Nr. 22 zu § 45 RKG; BSGE 38, 153 = SozR 2200 § 1246 Nr. 4; BSGE 41, 129, 132 = SozR 2200 § 1246 Nr. 11; BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 27, 29 - ständige Rechtsprechung).
Zur praktischen Ausfüllung dieser Rechtssätze ist das Bundessozialgericht aufgrund einer Beobachtung der tatsächlichen Gegebenheiten
der Arbeits- und Berufswelt, wie sie unter anderem auch in Tarifverträgen Ausdruck finden, zu der generellen Feststellung
gelangt, dass sich die Arbeiterberufe in vier nach ihrer Leistungsqualität - nicht nach der Entlohnung oder nach dem Prestige
- hierarchisch geordnete Gruppen aufgliedern: Die unterste Gruppe mit dem Leitberuf der Ungelernten, die Gruppe mit dem Leitberuf
der Angelernten (mit "sonstiger", d.h. nicht den Facharbeitern entsprechender Ausbildung), die Gruppe mit dem Leitberuf der
Facharbeiter (mit einer Regelausbildung von mehr - nicht: mindestens - als zwei, regelmäßig von drei Jahren) sowie die - zahlenmäßig
kleine - Gruppe mit dem Leitberuf der Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion, denen die besonders qualifizierten Facharbeiter
gleichzubehandeln sind ("Mehr-Stufen-Schema", vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 16, 27, 29, 51, 85, 86, 95, 126 und 132 - ständige Rechtsprechung). Als im Sinne von §
240 Abs.
2 SGB VI zumutbaren beruflichen Abstieg hat die Rechtsprechung des BSG jeweils den Abstieg zur nächstniedrigeren Gruppe angenommen. Hiernach können z.B. Versicherte, die nach ihrem bisherigen
Beruf in die Gruppe mit dem Leitberuf der Facharbeiter fallen, auf Tätigkeiten aus der Gruppe mit dem Leitberuf der Angelernten
(sonstigen Ausbildungsberufe) verwiesen werden, nicht jedoch ohne Weiteres auch auf Tätigkeiten aus der Gruppe mit dem Leitberuf
der Ungelernten (vgl. BSGE 43, 243, 246 = SozR 2200 § 1246 Nr. 16; BSGE 55, 45 = SozR 2200 § 1246 Nr. 107 m.w.N. - ständige Rechtsprechung).
Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum sog. Mehr-Stufen-Schema, der sich der Senat angeschlossen hat,
kann der Kläger keinen besonderen sog. Berufsschutz für sich beanspruchen. Denn er hat sich bereits kurze Zeit nach Abschluss
der Ausbildung zum Landwirt von diesem erlernten Facharbeiterberuf gelöst und danach langjährig nur noch ungelernte, bestenfalls
angelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichtet. Diese Tätigkeiten - insbesondere die zuletzt ausgeübte Tätigkeit
als Bauhofarbeiter - haben seinem versicherten Erwerbsleben erkennbar das Gepräge gegeben, so dass der Kläger sich als bestenfalls
in den unteren Bereich der Gruppe mit dem Leitberuf des sonstigen Ausbildungsberufs einzuordnender Versicherter zur Verwertung
seines Restleistungsvermögens sozial zumutbar auf alle ihm nach seinem Gesundheitszustand noch möglichen (ungelernten) Tätigkeiten
des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen muss. Einen besonderen sog. qualifizierter Berufsschutz kann der Kläger unter
Berücksichtigung seines beruflichen Werdegangs nicht beanspruchen, so dass die Voraussetzungen für die Annahme von Berufsunfähigkeit
im Falle des Klägers ganz offenkundig nicht gegeben sind.
Die Berufung des Klägers konnte deshalb insgesamt keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht erfüllt sind.