Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Anspruch auf Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung eines Neugeborenen und die
Berechnung der zugrunde zu legenden Beatmungsstunden (CPAP - continous positive airway pressure).
Die Klägerin ist Trägerin des Universitätsklinikums A-Stadt (nachfolgend: Klinik). Die Beklagte ist die gesetzliche Krankenversicherung
des am xx. Dezember 2011 um 19:25 Uhr geborenen Patienten C. C. (nachfolgend: Versicherter). Bei dem Versicherten handelt
es sich um ein Frühgeborenes der 29+5 Schwangerschaftswoche, welches aufgrund einer mütterlichen Präeklampsie (hypertensive
Schwangerschaftserkrankung) entbunden werden musste. Die vorgeburtliche vorbereitende Lungenreifeinduktion konnte aufgrund
der Dynamik der mütterlichen Erkrankung nicht vor der Entbindung abgeschlossen werden. Der Versicherte wurde bereits im Kreissaal
ab 20:24 Uhr wegen eines persistierenden Sauerstoffbedarfs von 40 % mit einer CPAP-Atemhilfe behandelt. Radiologisch wurde
ein Atemnotsyndrom Grad I nachgewiesen. Im weiteren Verlauf kam es klinisch zu einer Verschlechterung des Gasaustauschs (Sauerstoffbedarf
bis 80 %, schwere Dyspnoe, Atemnotsyndrom Grad III). Der Versicherte wurde auf der Neo-Intensivstation am 18. Dezember 2011,
7:06 Uhr endotracheal intubiert. Die Extubation erfolgte am 19. Dezember 2011, 3:04 Uhr mit sofort anschließender Fortsetzung
der CPAP-Atemhilfe bis zum endgültigen Ende jeglicher Atemhilfe und Sauerstoffzufuhr am 21. Dezember 2011, 3:04 Uhr. Der Versicherte
befand sich bis zum 23. Dezember 2011 auf der Intensivstation. Am 24. Februar 2012 wurde er aus der stationären Behandlung
entlassen. Die CPAP-Atemhilfe ist eine Beatmungsform, die die Spontanatmung des Patienten mit einem dauerhaften, während Einatmung
und Ausatmung aufrechterhaltenen Überdruck (PEEP - positive end-expiratory pressure) kombiniert. Für die Anwendung einer CPAP-Atemhilfe
ist die Fähigkeit des Patienten zur eigenständigen Atmung die Grundvoraussetzung; der kontinuierliche Überdruck erleichtert
das Einatmen.
Mit Rechnung vom 2. Oktober 2012 rechnete die Klägerin unter Berücksichtigung einer Beatmungsdauer von 103 Stunden die DRG
P03C (ermittelt aus Hauptdiagnose P07.3 und weitere Nebendiagnosen) ab. Der Rechnungsbetrag in Höhe von insgesamt 39.061,05
EUR wurde zunächst von der Beklagten ausgeglichen.
Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) mit einer Überprüfung. Der Facharzt für Chirurgie
Dr. D. stellte mit Gutachten vom 1. Oktober 2012 fest, dass lediglich eine Beatmungszeit von 68 Stunden nachzuvollziehen sei.
Dem widersprach die Klägerin mit der Begründung, dass die Dauer der Atemunterstützung mit CPAP bei der Ermittlung der Beatmungsdauer
zu berücksichtigen sei.
Mit MDK-Gutachten vom 27. Februar 2014 führte Dr. D. aus, dass die CPAP-Beatmung nicht abgerechnet werden könne. Nach den
DKR 2011 könne die nasale CPAP-Therapie für die Ermittlung der Beatmungsstunden nur herangezogen werden, wenn die Therapie
im Rahmen eines Weanings erfolgt sei. Dies sei für die initial durchgeführte nasale CPAP-Therapie vom 16. bis 18. Dezember
2011 nicht der Fall, so dass lediglich 68 Stunden zu berücksichtigen seien.
Am 11. August 2015 verrechnete die Beklagte für die abgerechneten CPAP-Beatmungsstunden einen Betrag in Höhe von 5.808,42
EUR mit weiteren Forderungen der Klägerin. Die Beklagte setzte statt der von der Klägerin angenommenen DRG P03C die DRG P64Z
an.
Am 17. Dezember 2015 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Gießen Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass
die invasive Beatmung - soweit möglich - vermieden worden sei, da im Rahmen der Intubation Sauerstoffsättigungsabfälle, Blutdruckschwankungen,
Verletzungen an Larynx und Trachea sowie die Notwendigkeit einer Analgosedierung auftreten könnten. Die invasive Beatmung
stelle einen Risikofaktor für intraventrikuläre Hämorraghien (eine die weitere neurologische Entwicklung der Kinder bestimmende
Komplikation der Frühgeburtlichkeit) dar. Die Konnektion zum Versicherten sei mittels eines regulären Beatmungstubus, der
als nasaler Rachentubus aber nicht über die Stimmritze geführt werde, erfolgt. Der apparative Aufwand (Geräte und Material)
habe dem der invasiven Beatmung entsprochen. Die Klägerin habe Anspruch auf die eingeklagte Forderung, da keine Aufrechnungslage
vorgelegen habe. Die Dauer der CPAP-Atemunterstützung sei bei Neugeborenen und Säuglingen bereits nach den Deutschen Kodierrichtlinien
(DKR) 2011 zu berücksichtigen. Denn dort sei die CPAP-Beatmung als Unterpunkt der maschinellen Beatmung genannt. In den DKR
2013 sei wegen des Urteils des Landessozialgerichts Saarland vom 14. Dezember 2011 (L 2 KR 76/10) lediglich eine entsprechende
Klarstellung erfolgt. Es habe auch immer Einigkeit bestanden, dass die CPAP-Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen entsprechend
der DKR bei der Ermittlung der Beatmungsdauer berücksichtigt werde. Die Nichtberücksichtigung führe dazu, dass eine Versorgung
von Frühgeborenen nicht mehr finanzierbar sei. Die Klägerin hat auf das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 19.
November 2017 (L 1 KR 166/15) sowie auf das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 3. März 2016 (2 O 400/14) verwiesen.
Die Beklagte hat demgegenüber ausgeführt, die CPAP-Beatmung sei nach den DKR 2011 nicht als maschinelle Beatmung im Rahmen
der Beatmungsstunden zu berücksichtigen. Dies sei lediglich für eine CPAP im Rahmen einer Entwöhnung vorgesehen gewesen. Das
Bundessozialgericht habe entschieden, dass die CPAP-Beatmung nicht unter die maschinelle Beatmung falle. Die Abrechnungsbestimmungen
seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eng am Wortlaut und allenfalls ergänzend durch systematische Erwägungen
auszulegen. Die Ergänzung der DKR sei keine bloße Klarstellung, sondern eine Neuregelung, die daher erst ab dem Jahr 2013
gelte. Dem Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 19. November 2017 (L 1 KR 166/15) sei nicht zu folgen. Zwar treffe
es zu, dass seit 2011 die Atemunterstützung mittels High-flow-Nasenkanülen bei Neugeborenen und Säuglingen in bestimmten Fällen
mit dem OPS-Code 8-711.4 kodiert werden kann. Es sei jedoch zwischen der Kodierung einer Prozedur und der Berücksichtigung
der Beatmungsdauer zu unterscheiden. Wie bereits die Überschrift der Kodierrichtlinien 1001h zeige, seien grundsätzlich nur
die Zeiten einer maschinellen Beatmung bei der Ermittlung der Beatmungsdauer zu berücksichtigen. Die bloße Atemunterstützung
mittels CPAP könne nur als Entwöhnungszeit Berücksichtigung finden.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 26. April 2018 die Beklagte verurteilt, der Klägerin 5.808,42 EUR nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. August 2015 zu zahlen. Das Sozialgericht hat unter Verweis
auf die Rechtsgrundlagen im Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), im Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und in der Vereinbarung
zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2011 (FPV 2011) einen Anspruch auf die DRG P03C bejaht. Die DRG P03C
werde im Groupierungsvorgang angesteuert, wenn die CPAP-Beatmung bei der Berechnung der Beatmungsstunden nach dem OPS-Kode
8-711 heranzuziehen sei und sich eine Beatmungsdauer von über 95 Stunden ergebe. Dies sei vorliegend der Fall. Die CPAP-Beatmung
sei als maschinelle Beatmung zu berücksichtigen. Nach den DKR (Version 2011) sei bei 1001h "Maschinelle Beatmung" als Definition
aufgeführt: Maschinelle Beatmung ("künstliche Beatmung) sei danach ein Vorgang, bei dem Gase mittels einer mechanischen Vorrichtung
in die Lunge bewegt würden. Die Atmung werde unterstützt durch das Verstärken oder Ersetzen der eigenen Atemleistung des Patienten.
Bei der künstlichen Beatmung sei der Patient in der Regel intubiert oder tracheotomiert und werde fortlaufend beatmet. Bei
intensivmedizinisch versorgten Patienten könne eine maschinelle Beatmung auch über Maskensysteme erfolgen, wenn diese an Stelle
der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt würden. Bei der Kodierung sei unter Ziffer 3 bestimmt, dass bei
Neugeborenen und Säuglingen zusätzlich ein Kode aus 8-711 "Maschinelle Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen" anzugeben
(ist). Ergänzend sei dazu angemerkt: "Bei Neugeborenen sind darüber hinaus auch andere atmungsunterstützende Maßnahmen wie
z.B. Sauerstoffzufuhr (8-720) zu verschlüsseln, soweit nicht eine maschinelle Beatmung erfolgt. Hier ist die Beatmungsdauer
nicht zu kodieren." Bei dem OPS-Kode 8-711 "Maschinelle Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen" würden als Unterpunkt nach
8-711.0 Atemunterstützung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck (CPAP), 8-711.1 Kontrollierte Beatmung bei Neugeborenen,
8-711.2 Assistierte Beatmung bei Neugeborenen und 8-711.3 Beatmung mit Negativdrucksystem (CNP) ("Eiserne Lunge"), bei Neugeborenen
unter 8-711.4 die Atemunterstützung durch Anwendung von High-Flow-Nasenkanülen (HFNC-System) aufgeführt. Das Hessische Landessozialgerichts
habe mit Urteil vom 19. November 2017 (L 1 KR 166/15) zu einer Beatmung eines Neugeborenen mit High-Flow-Nasenkanülen entschieden,
dass bei gebotener Auslegung durch die ausdrückliche Klassifizierung bzw. Zuordnung der Atemunterstützung durch ein HFNC-System
zur OPS-Klasse 8-711 (Maschinelle Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen) statt zur OPS-Klasse 8-720 (Sauerstoffzufuhr bei
Neugeborenen) bereits im Jahre 2011 eine Berücksichtigung des HFNC-Systems bei den Beatmungsstunden erfolgen müsse. Dass es
sich u.U. bei dem HFNC-System streng medizinisch-physikalisch nicht um eine maschinelle Beatmung im engeren Sinne der Definition
der DKR handele oder die Methode noch als relativ jung anzusehen sei, sei nach der Auffassung des Hessischen Landessozialgerichts
durch die klare definitorische Zuordnung zu der maschinellen Beatmung nicht maßgeblich und würde bei ihrer Berücksichtigung
im Rahmen der Auslegung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine unzulässige Bewertung darstellen. Der Wortlaut
der Regelungen sei insoweit eindeutig und durchgreifende systematische Erwägungen, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen
könnten, seien nicht ersichtlich. Diese vom Hessischen Landessozialgericht zu den High-Flow-Nasenkanülen dargelegten systematischen
Gesichtspunkte seien nach Auffassung des Gerichts auf die CPAP-Beatmung zu übertragen. Auch die Atemunterstützung mit kontinuierlichem
positivem Atemwegsdruck (CPAP) sei bei der maschinellen Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen eingeordnet und falle dadurch
unter die Definition der maschinellen Beatmung. Die Kammer schließe sich der Rechtsansicht des Hessischen Landessozialgericht
an. Das Bundessozialgericht habe im Beschluss vom 10. März 2015 (B 1 KR 82/14 B) zwar ausdrücklich verneint, dass die CPAP-Beatmung
eine maschinelle Beatmung im Sinne der DKR sei, aber dabei lediglich über die CPAP-Atemhilfe eines Erwachsenen entschieden.
Auch wenn es sich bei der CPAP-Beatmung nicht um eine maschinelle Beatmung im Sinne der Definition unter 1001h der Kodierrichtlinien
handele, gelte aufgrund der besonderen Regelungen unter dem OPS-Kode 8-711 im Falle der Beatmung Neugeborener und Säuglinge
etwas anderes: Die CPAP-Beatmung Neugeborener und Säuglinge (OPS 8-7011) sei unter den Kodes zur Maschinellen Beatmung aufgeführt.
Auch das Bundessozialgericht habe in der Entscheidung vom 10. März 2015 (B 1 KR 82/14 B) bereits auf die besonderen Regelungen
zur Einbeziehung der CPAP-Beatmung in die Kodierung der künstlichen Beatmung unter Kode 8-711.0 hingewiesen. Zwar werde in
den Kodierrichtlinien unter "Kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck (CPAP)" ausgeführt, dass der Kode 8-711.0 (Atemunterstützung
mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck (CPAP) nur bei Neugeborenen und Säuglingen zu kodieren sei, unabhängig von der
Beatmungsdauer. Nach dem Wortlaut dieser Regelung werde hier aber nur eine Regelung zur Kodierung und gerade nicht zur Frage
der Berücksichtigung bei der Beatmungsdauer im Übrigen getroffen. Eine Berücksichtigung der CPAP-Beatmung im Rahmen der Beatmungszeit
der maschinellen Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen schließe diese Regelung damit nicht aus. Ähnliches gelte für die
Regelung zur Entwöhnung, d.h. wenn CPAP bzw. Masken-CPAP als Entwöhnungsmethode von der Beatmung verwendet würde, dann seien
Kodes aus 8 711.0 und 8-712.0 nicht zu verwenden; die Beatmungsdauer sei nach den Kodierrichtlinien hingegen zu berücksichtigen,
d.h. zur gesamten Beatmungsdauer hinzuzurechnen. Auch diese Regelung treffe nach ihrem Wortlaut keine Aussage zur Berücksichtigung
der CPAP-Beatmung von Neugeborenen und Säuglingen außerhalb der Entwöhnung bei der Beatmungsdauer. Zudem änderten beide Regelungen
nichts daran, dass die CPAP-Beatmung bei der maschinellen Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen eingeordnet sei und dadurch
faktisch der Definition der maschinellen Beatmung unterfalle.
Die Beklagte hat gegen den ihr am 3. Mai 2018 zugestellten Gerichtsbescheid am 22. Mai 2018 vor dem Hessischen Landessozialgericht
Berufung eingelegt.
Der Senat hat auf Antrag der Beklagten mit Beschluss vom 11. September 2018 das Ruhen des Verfahrens angeordnet und nach Vorlage
der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30. Juli 2019 (B 1 KR 13/18 R) zur Berücksichtigung der Atemunterstützung mittels
High-Flow-Nasenkanüle das Verfahren fortgesetzt. Das Bundessozialgericht hat mit Urteilen vom 30. Juli 2019 (B 1 KR 13/18
R; B 1 KR 11/19 R) entschieden, dass ein Krankenhaus Zeiten der Atemunterstützung eines Säuglings oder Frühgeborenen mittels
High-Flow-Nasenkanüle nicht als Zeiten der maschinellen Beatmung zusätzlich vergütet erhält und angemerkt, dass auch die CPAP-Therapie
keine maschinelle Beatmung im Sinne der DKR 1001h (2009) sei (B 1 KR 13/18 R).
Die Beklagte hat daraufhin zur Berufungsbegründung ergänzend vorgetragen, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
allein entscheidend sei, ob die konkrete Form der Beatmung die Definition der maschinellen Beatmung im Sinne der DKR erfülle,
wobei die Kodierregeln der DKR den Regelungen und Hinweisen der OPS vorrangig seien. Nach dem eindeutigen Wortlaut der DKR
sei bei CPAP die Beatmungsdauer nur dann zu berücksichtigen, wenn diese als Entwöhnungsmethode von der Beatmung verwendet
werde, was vorliegend eindeutig nicht der Fall sei. Auch aus der Stellungnahme von Prof. Dr. E./PD Dr. F. vom 28. Januar 2020
gehe hervor, dass vorliegend nur 68 Stunden Beatmungszeit in Absatz zu bringen seien.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 26. April 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und hat eine Stellungnahme von Prof. Dr. E./PD Dr. F. von der klägerischen
Klinik vom 28. Januar 2020 vorgelegt. Danach ist der Versicherte am xx. Dezember 2011 ab 19:25 Uhr (Geburt) bis 18. Dezember
2011 7:16 Uhr mit CPAP (nichtinvasiv), vom 18. Dezember 2011 7:16 Uhr bis 19. Dezember 2011 15:04 mit SIV (invasiv mit Intubation
nach Atemnotsyndrom) sowie vom 19. Dezember 2011 15:04 Uhr bis 21. Dezember 2011 3:04 Uhr (nichtinvasiv) beatmet worden. Eine
Unterbrechung der Beatmung sei nicht erfolgt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand
der Beratung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten mit dieser Vorgehensweise
einverstanden erklärt haben, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Das Sozialgericht Gießen hat mit Gerichtsbescheid vom 26. April 2018 der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klägerin hat keinen
Anspruch auf eine weitere Vergütung für die Behandlung des Versicherten der Beklagten C. C. Die Beklagte war berechtigt, gegenüber
anderen Forderungen der Klägerin die Aufrechnung in Höhe von 5.808,42 EUR zu erklären.
Für den Anspruch der Klägerin ist maßgeblich, ob im Behandlungsfall des Versicherten mehr als 95 Beatmungsstunden kodiert
werden durften, denn nur dann sind die Voraussetzungen der von der Klägerin abgerechneten Fallpauschale P03C erfüllt. Hieran
fehlt es vorliegend.
Hinsichtlich der Rechtsgrundlagen wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichtsbescheids
verwiesen.
Die Klägerin durfte die Zeit der Atemunterstützung mit nasaler CPAP nicht als Beatmungsstunden kodieren, denn die CPAP-Atemhilfe
ist keine maschinelle Beatmung im Sinne der Kodierregel DKR 1001h in der hier maßgeblichen Fassung von 2011. Diese bestimmt
u.a., dass maschinelle Beatmung ("künstliche Beatmung") ein Vorgang ist, bei dem Gase mittels einer mechanischen Vorrichtung
in die Lunge bewegt werden (Satz 1). Die Atmung wird unterstützt durch das Verstärken oder Ersetzen der eigenen Atemleistung
des Patienten (Satz 2). Bei der künstlichen Beatmung ist der Patient in der Regel intubiert oder tracheotomiert und wird fortlaufend
beatmet (Satz 3). Bei intensivmedizinisch versorgten Patienten kann eine maschinelle Beatmung auch über Maskensysteme erfolgen,
wenn diese an Stelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden (Satz 4).
Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 30. Juli 2019 (B 1 KR 13/18 R) ist die CPAP-Atemunterstützung grundsätzlich keine
maschinelle Beatmung im Sinne der DKR (2009) 1001h. Im Verfahren vor dem Bundessozialgericht war streitig, ob ein Krankenhaus
Vergütung für Zeiten der Atemunterstützung eines Säuglings mittels High-Flow-Nasenkanüle als maschinelle Beatmung verlangen
kann. Das Bundessozialgericht hat dies verneint und gleichlautende Feststellungen für die CPAP-Atemhilfe gemacht. Die hier
einschlägigen Formulierungen sowohl der Prozeduren in OPS Untergruppe 8-711.0 (i.d.F. der Bekanntmachung des BMG gemäß §§
295 und 301 SGB V zur Anwendung des OPS vom 21. Oktober 2010, BAnz Nr. 169 vom 9. November 2010, Seite 3752, in Kraft getreten
am 1. Januar 2011) als auch der DKR 2011 enthalten hinsichtlich der CPAP-Atemhilfe identische Formulierungen wie die Vorgängerregelungen,
die das Bundessozialgerichts im Urteil vom 30. Juli 2019 (B 1 KR 13/18 R) anzuwenden hatte.
Unter Berücksichtigung der Feststellungen im Urteil des Bundessozialgerichts vom 30. Juli 2019 (B 1 KR 13/18 R), welchen sich
der Senat aus eigener Überzeugung anschließt, gilt vorliegend:
Die maschinelle Beatmung ("künstliche Beatmung") setzt gemäß Kodierregel DKR 1001h (2011) nach Wortlaut und Regelungssystem
voraus, dass der Patient intubiert oder tracheotomiert ist oder bei intensivmedizinischer Versorgung die Beatmung über ein
Maskensystem erfolgt, wenn dieses an Stelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt wird. Im Rahmen der
hier streitigen nasalen CPAP findet eine Intubation oder Tracheotomie jedoch nicht statt; die nasale CPAP ersetzt auch kein
Maskensystem mit der Funktion einer Intubation oder Tracheotomie.
Für eine maschinelle Beatmung reicht es nach dem Wortlaut der Definition zwar aus, wenn eine moderne Beatmungsmaschine Atemanstrengungen
des passiven Patienten erkennt und diese aktiv unterstützt (Atemassistenz) (BSG, Urteil vom 30. Juli 2019, B 1 KR 13/18 R,
Rn. 18). Die nasale CPAP unterstützt die Atembewegungen aber nicht aktiv, auch nicht intermittierend. Der Patient - und nicht
eine künstlich beatmende Beatmungsmaschine - leistet die Atemarbeit. Der Patient atmet spontan. Selbst wenn die Beatmungsmaschine
sicherstellt, dass der Atemwegsdruck nie unter ein bestimmtes Niveau fällt - wie bei der CPAP-Atemhilfe üblich - erfolgt damit
keine maschinelle Beatmung im Sinne der DKR 1001h (BSG, a.a.O. unter Verweis auf BSG, Beschluss vom 10. März 2015, B1 KR 82/14
B, JurionRS 2015, S. 13518).
Die Definition der maschinellen Atmung in DKR 1001h (2011) unterscheidet auch nicht danach, ob ein Neugeborenes (0. bis 28.
Lebenstag), ein Säugling (29. bis 365. Lebenstag oder ein älteres Kind oder Erwachsener beatmet wird (BSG, Urteil vom 30.
Juli 2019, B 1 KR 13/18 R, juris, Rn. 18).
Die Beatmung des Versicherten mittels nasaler CPAP wird weder durch den Verweis der DKR 1001h (2011) auf die im OPS unter
dem Kode 8-711 (Maschinelle Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen) erfassten Beatmungsformen, noch durch die Sonderregelung
zur CPAP-Atemhilfe bei Neugeborenen und Säuglingen einer maschinellen Beatmung gleichgestellt, welche die Kodierung von Beatmungsstunden
erlaubt (BSG, a.a.O., juris, Rn. 19 ff.).
Nur dann, wenn eine maschinelle Beatmung die Definition der DKR 1001h (2011) erfüllt, ist bei der Kodierung bei Neugeborenen
und Säuglingen zusätzlich ein Kode aus 8-711 (Maschinelle Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen) anzugeben. Der OPS 8-711
umfasst in der hier maßgeblichen Fassung von 2011 u.a. die Untergruppe 8-711.0 (Atemunterstützung mit kontinuierlichem positiven
Atemwegsdruck (CPAP) (mit den Untergruppen: 8-711.00 bei Neugeborenen (0. bis 28. Lebenstag) und 8-711.01 bei Säuglingen (29.
bis 365. Lebenstag)). Schon aus dem Wortlaut der DKR 1001h ("Wenn eine maschinelle Beatmung diese Definition erfüllt ") folgt,
dass allein die Zuordnung einer Beatmungsmethode zu den bei Neugeborenen und Säuglingen "zusätzlich" zu kodierenden Kodes
aus OPS 8-711 (Maschinelle Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen) keine Gleichstellung mit einer maschinellen Beatmung
bewirkt. Entscheidend ist allein, ob die konkrete Form der Beatmung - zuvor - die Definition der maschinellen Beatmung im
Sinne der DKR 1001h (2011) erfüllt (zum Vorrang der Kodierregeln der DKR vor den Regelungen und Hinweisen des OPS vgl. BSG
SozR 4-5562 § 9 Nr. 9 RdNr. 19 sowie die Hinweise für die Benutzung - Anwendungsbereich - zum OPS Version 201). Nur dann ist
die Beatmungsdauer zu kodieren und ein OPS aus 8-711 anzugeben. Raum für systematische Erwägungen besteht angesichts des eindeutigen
Wortlauts nicht (BSG, Urteil vom 30. Juli 2019, B 1 KR 13/18 R, juris, Rn. 20).
Nichts anderes gilt, soweit die DKR 1001h für das Jahr 2011 besondere Regelungen zur Kodierung von Kodes aus 8-711.0 (Atemunterstützung
mit kontinuierlichem positiven Atemwegsdruck (CPAP)) trifft. Danach sind diese Kodes nur bei Neugeborenen und Säuglingen zu
kodieren, unabhängig von der Behandlungsdauer (also auch unter 24 Stunden). Wenn bei Erwachsenen und Kindern eine Störung
wie Schlafapnoe mit CPAP behandelt wird, sind Kodes aus 8-711.0 sowie die Beatmungsdauer nicht zu verschlüsseln. Die Ersteinstellung
einer CPAP-Therapie sowie die Kontrolle oder Optimierung einer früher eingeleiteten CPAP-Therapie werden mit einem Kode aus
8-717 (Einstellung einer nasalen oder oronasalen Überdrucktherapie bei schlafbezogenen Atemstörungen) verschlüsselt. Ferner
bestimmt DKR 1001h, dass Kodes aus 8-711.0 nicht zu verwenden sind, wenn CPAP bzw. Masken-CPAP als Entwöhnungsmethode von
der Beatmung verwendet wird; die Beatmungsdauer ist hingegen zu berücksichtigen, d.h. zur gesamten Beatmungsdauer dazuzurechnen
(BSG, a.a.O., juris, Rn. 21).
Eine Regelung zur Berücksichtigung der Beatmungsdauer bei einer CPAP-Atemhilfe von Neugeborenen und Säuglingen außerhalb der
Fälle der Entwöhnung und der Fälle der Beatmung über ein Maskensystem bei intensivmedizinischer Versorgung treffen die DKR
für das Jahr 2011 nach ihrem Wortlaut nicht. Eine solche kann auch nicht im Wege eines Umkehrschlusses der Formulierung "sind
Kodes aus 8-711.0 ( ) sowie die Beatmungsdauer nicht zu verschlüsseln" betreffend die Kodierung der CPAP-Therapie bei der
Behandlung einer Störung wie Schlafapnoe entnommen werden. Erst in der Version von 2013 wurde die DKR 1001l (ehemals DKR 1001h)
um den Zusatz ergänzt "Die Dauer der Atemunterstützung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck (CPAP) ist bei Neugeborenen
und Säuglingen bei der Ermittlung der Beatmungsdauer zu berücksichtigen". Soweit Anhang B der DKR 2013 (Zusammenfassung der
Änderungen - Deutsche Kodierrichtlinien Version 2013 gegenüber der Vorversionen 2012 und 2011) die Änderung als "Klarstellung"
bezeichnet, ist dies für die Auslegung der DKR 2011 ohne Belang. Der Regelung in DKR 2013 kommt insbesondere keine Rückwirkung
zu. Denn Abrechnungsbestimmungen sind wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines
vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und nur unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine
Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck
nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und
keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als
jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs. 2 S 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden
Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen.
Dies ist hier mit Wirkung vom 1. Januar 2013 durch die DKR 2013 geschehen. Da wertende Betrachtungen zu unterbleiben haben,
verbietet sich die Heranziehung solcher späteren Änderungen zur Auslegung früherer DKR. Dem Wortlaut der Sonderregelung zur
CPAP in der Kodierregel DKR 1001h (2011) ist bis zur Fassung 2013 keine Aussage zur Berücksichtigung der CPAP-Therapie bei
den Beatmungsstunden zu entnehmen. Denn die Regelung dient der Abgrenzung zum einen zur Behandlung der Schlafapnoe bei Erwachsenen
und Kindern, zum anderen zum Einsatz der CPAP als Entwöhnungsmethode von der Beatmung - die vorliegend nicht streitbefangen
war - (BSG, a.a.O., juris, Rn. 22, 24).
Der Senat hält an seiner mit Urteil vom 9. November 2017 vertretenen Auffassung, dass die CPAP-Atemunterstützung sowie die
Beatmung mittels High-Flow-Nasenkanüle nach der DRK 1001h DRK (2011) eine maschinelle Beatmung darstellt (L 1 KR 166/15, juris
Rn. 40), vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 30. Juli 2019, B 1 KR 13/18 R) nicht
fest.
Medizinische Erwägungen im Einzelfall, wie vorliegend die Durchführung der nasalen CPAP-Beatmung aufgrund extrem schwieriger
Intubation bzw. zur Vermeidung intubationsbedingter Schwellungen im Nasen-Rachen-Raum infolge besonderer anatomischer Verhältnisse
des Versicherten, rechtfertigen keine andere Auslegung der DKR 1001h (2011). Auch insoweit gilt: Die Abrechnungsbestimmungen
sind wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems
eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die
routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein
streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen
sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem
systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (st. Rspr. zuletzt: BSG,
Urteil vom 17. Dezember 2019, B 1 KR 19/19 R).
Die Klägerin kann daher keine weitere Vergütung der Beatmungsstunden mit nasaler CPAP-Atemhilfe verlangen. Der Berufung der
Beklagten war daher stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG werden, wenn in einem Verfahren weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten
kostenrechtlich privilegierten Personen gehört, Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben. Da
der Rechtsstreit eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, war der Streitwert in
Höhe der Geldleistung festzusetzen (§§ 47, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG)).