Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Festsetzung eines Arzneikostenregresses gegen das Universitätsklinikum A. - die Beigeladene
zu 9) - für die Quartale III/01 - II/05 wegen der Verordnung des Wirkstoffs Sildenafil im Rahmen eines sog. Off-Label-Use.
Die Beigeladene zu 9) betreibt die Medizinische Klinik II in A-Stadt, die wiederum eine Ambulanz für pulmonale Hypertonie
betreibt. In den streitbefangenen Quartalen wurde in der Ambulanz für die am 3. September 1934 geborene und bei der Klägerin
versicherte Patientin U. W. das Medikament Viagra® mit dem Wirkstoff Sildenafil verordnet. Wegen dieser Verordnungen stellte
die Klägerin beim Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkasse in Hessen Anträge auf Festsetzung eines Arzneikostenregresses.
Zur Begründung führte die Klägerin aus, Viagra® sei bisher ausschließlich zur Behandlung der erektilen Dysfunktion zugelassen.
Derzeit lägen laut aktueller Aussage des Herstellers noch keine Daten aus großen placebokontrollierten Studien zu Wirksamkeit
und Unbedenklichkeit in der Behandlung der pulmonalen Hypertonie vor. Ein Einsatz von Viagra® bei dieser Indikation könne
auch außerhalb klinischer Studien von der Firma Pfizer nicht empfohlen werden. Zudem werde an eine Erweiterung der Zulassung
für Viagra® in Kombination mit Ilomedin zur Behandlung der pulmonalen Hypertonie zurzeit nicht gedacht. Sie beantragte die
Festsetzung eines sonstigen Schadens und meldete ihren Schadensersatzanspruch an.
Die Beigeladene zu 9) erklärte zu den Anträgen der Klägerin, sie verordne Viagra® in der Indikation pulmonale arterielle Hypertonie
(PAH) unter bestimmten Voraussetzungen, seitdem im Jahr 2000 eine Publikation auf eine sehr deutliche Besserung im Einzelfall
hingewiesen habe und sie eine signifikante akute Wirkung bei Katheteruntersuchung direkt habe nachweisen können. Sie sehe
in der klinischen Praxis sehr gute Erfolge und eine geringe Rate an Nebenwirkungen. Es gebe mittlerweile eine beträchtliche
Anzahl von Studien, die eine Wirksamkeit von Viagra® bei pulmonaler Hypertonie nahe legten. Sildenafil habe seine Orphan Drug
Indikation von der EMEA in der Indikation pulmonaler Hypertonie erhalten und es sei im Jahre 2004 ein Zulassungsantrag gestellt
worden. Es bestehe ein breiter Konsens auf Expertenseite bezüglich der Wirksamkeit von Sildenafil bei pulmonaler Hypertonie.
Bei der Patientin U.W. liege eine Ausnahmeindikation vor aufgrund einer lebensbedrohlichen schweren pulmonalen Hypertonie
mit drohender Rechtsherzdekompensation. Die Patientin sei seit 1997 zunächst mit inhalativem Ilomedin® erfolgreich behandelt
worden. Im weiteren Verlauf der Erkrankung sei es allerdings zu einer erneuten Verschlechterung gekommen, weshalb ab Januar
2001 zusätzlich Viagra verordnet worden sei. Darunter habe sich die Patientin erneut stabilisiert und sei nicht verstorben,
wie man sonst hätte erwarten müssen. Eine Therapie mit Prostacyclin führe sie seit 1998 nicht mehr durch, weil sie in keinem
Falle damit das Leben des betreffenden Patienten habe retten können und weil sie mit erheblichen Risiken und Nebenwirkungen
behaftet sei, sie in Deutschland in keiner Indikation zugelassen sei, keine ausreichende Erfahrung in Deutschland bestehe,
diese Therapie außerordentlich teuer sei und mit der Dauerinfusion von Ilomedin eine kostengünstigere Alternative bei gleicher
Wirkungsweise bestehe. Bis Mai 2002 hätten sie solche Patienten, für die als nächste Therapieoption nur noch die lebenslange
Dauerinfusion mit Ilomedin® oder Prostacyclin® zur Verfügung gestanden habe, auf Sildenafil eingestellt. Seit Mai 2002 stehe
nunmehr mit Tracleer® (Wirkstoff Bosentan) ein zugelassenes Medikament zur Behandlung der pulmonalen Hypertonie zur Verfügung.
Die Patientin U.W. würde bei einer Neueinstellung heute von ihr auf Tracleer® eingestellt werden. Die Patientin fühle sich
unter der bisherigen Therapie mit inhalativem Ilomedin® plus Viagra® aber wohl und die hämodynamischen Ergebnisse seien zufrieden
stellend. Die Patientin stehe einer Therapieumstellung skeptisch gegenüber. Die Therapieumstellung von einer sehr erfolgreichen
Therapie auf Bosentan sei risikoreich und solle niemals gegen den Willen des Patienten erzwungen werden. Bei der Therapie
mit Viagra® handele es sich mit Jahrestherapiekosten von ca. 12.000,00 EUR um eine vergleichsweise preiswerte Therapie. Im
Vergleich beliefen sich die Kosten für Tracleer® auf 45.000,00 EUR pro Jahr, für inhalatives Ilomedin® auf 30.000,00 EUR bis
60.000,00 EUR, für intravenöses Ilomedin® rund 90.000,00 EUR bis 180.000,00 EUR und für intravenöses Prostacyclin® auf 150.000,00
EUR bis 1,5 Mio. EUR. Als Ärzte könnten sie es ethisch nicht verantworten, dem Patienten eine Therapie vorzuenthalten, die
bei einer lebensbedrohlichen Krankheit im Einzelfall nachweisbar akut und chronisch wirksam sei.
Der Prüfungsausschuss lehnte die Anträge der Klägerin mit mehreren Bescheiden ab, die dagegen jeweils Widerspruch einlegte.
Die einzelnen Daten der Anträge, der Verordnungen, der Kosten der Verordnungen, die Daten der Bescheide des Prüfungsausschusses
und die Daten der Widerspruchsschreiben ergeben sich aus nachfolgender Übersicht:
Antrag v./Eingang beim Prüfungsausschuss am
|
Verordnung der Klinik v.
|
Betrag in EUR
|
Prüfungsausschuss Bescheid. v.
|
Widerspruch v.
|
20.09.2002/23.09.2002
|
05.09.2001
|
1.821,48
|
17.02.2003
|
10.03.2003
|
13.11.2001
|
|
455,37
|
|
|
03.03.2003/12.03.2003
|
07.01.2002
|
1.802,32
|
05.06.2003
|
16.06.2003
|
10.04.2002
|
|
1.501,93
|
|
|
19.06.2002
|
|
450,58
|
|
|
26.07.2002
|
|
1.501,03
|
|
|
16.09.2003/29.09.2003
|
01.10.2002
|
1.802,31
|
28.11.2003
|
09.12.2003
|
01.12.2003/22.12.2003
|
11.01.2003
|
1.333,30
|
12.08.2005
|
08.09.2005
|
09.04.2003
|
|
1.599,96
|
|
|
24.06.2004/29.06.2004
|
10.07.2003
|
1.599,96
|
|
|
08.10.2003
|
1.599,96
|
|
|
|
16.11.2004/22.12.2004
|
19.01.2004
|
1.263,36
|
|
|
20.05.2005/30.05.2005
|
07.04.2004
|
1.383,36
|
|
|
06.07.2004
|
|
806,96
|
|
|
07.10.2004
|
|
1.383,36
|
|
|
16.11.2005/02.12.2005
|
24.01.2005
|
1.152,50
|
05.04.2006
|
16.05.2006
|
28.02.2005
|
|
952,84
|
|
|
16.11.2005
|
19.04.2005
|
1.633,44
|
|
|
Die Gesamtregressforderung belief sich damit auf 24.044,02 EUR.
Der Prüfungsausschuss verwies in seiner Begründung auf von der Beigeladenen zu 9) kurzfristig vorgelegte Arbeiten aus dem
europäischen Ausland, welche die Wirksamkeit belegten. Es sei auch mit berücksichtigt worden, dass aus dem Blickwinkel eines
wirtschaftlichen Therapieverhaltens keine Beanstandungsgründe vorlägen.
Die Klägerin begründete ihre Widersprüche mit weitgehender Wiederholung ihrer Antragsbegründung. Erprobungen von Arzneimitteln
auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung seien unzulässig. Die Stellungnahme des Beigeladenen zu 9) lasse vermuten,
dass das Arzneimittel im Rahmen einer Studie verabreicht werde. Es liege kein austherapierter Einzelfall vor, sondern es bestünden
weitere Therapieoptionen. Bei der Therapie ihrer Versicherten handele es sich um eine reine Erprobung.
Der Beklagte verband alle Widerspruchsverfahren und wies die Widersprüche mit Beschluss vom 28. März 2007 (der Klägerin am
17. August 2007 zugestellt) als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, ausweislich der Literatur und einer Auskunft
des Bundesamtes für Arzneimittelzulassung und Medizinprodukte habe Viagra® zum Zeitpunkt der Verordnung für die Diagnose der
pulmonalen Hypertonie keine Zulassung gehabt. Das Bundessozialgericht habe aber klargestellt, dass der Ausschluss eines Off-Label-Gebrauchs
von Arzneimitteln in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ausnahmslos gelte. In den Jahren 2001 und 2002 habe es sich
bei der Verordnung von Viagra zwar um Off-Label-Use-Verordnungen gehandelt. Zu diesem Zeitpunkt habe es jedoch keine zugelassenen
therapeutischen Alternativen gegeben, allerdings eine Fülle von begründeten Ergebnissen, die zu dem Punkt geführt hätten,
der dann auch zu einem späteren Zeitpunkt eine bessere Erkenntnissituation ergeben habe und letztendlich auch die Zulassung
durch die FDA und EMEA zwingend nach sich gezogen habe. Zwar sei es richtig, dass die Verordnung von Sildenafil in den Jahren
2001 und 2002 noch nicht auf gesicherten Erkenntnissen beruht habe, danach habe sich aber das wissenschaftliche Erkenntnismaterial
erheblich gefestigt und spätestens mit der Zulassung von Sildenafil durch die FDA und EMEA werde die Handlungsweise der Beigeladenen
zu 9) gerechtfertigt. Obwohl sich aus einer Recherche der KBV vom 2. November 2004 noch keine gesicherten Empfehlungen für
Sildenafil zur Behandlung von pulmonaler Hypertonie ergeben hätten, sei schon ca. ein halbes Jahr nach Erhebung dieser Daten
in Amerika die Zulassung durch die FDA erteilt worden und auch die Zulassung der Europäischen Arzneimittelbehörde EMEA sei
am 4. November 2005 unter dem Namen Revatio® erfolgt. Revatio® habe den sogenannten "Orphan-drug"-Status erhalten. Zwar hätten
ab Mai 2002 die Alternativen Bosentan oder Iloprost zur Verfügung gestanden, da für diese Arzneimittel ab diesem Zeitpunkt
schon eine Zulassung vorgelegen habe, jedoch lägen die Therapiekosten für Bosentan und bei Iloprost ungleich höher. Außerdem
hätten die Ärzte glaubhaft angegeben, dass sie Viagra® bzw. den Wirkstoff Sildenafil nur in medizinisch begründeten Fällen
einsetzten, bei denen eine alternative Therapie nicht möglich bzw. nicht ausreichend sei. Ebenso wenig hätte in diesen Fällen
eine Erprobung von Arzneimitteln auf Kosten der Versicherungsträger stattgefunden.
Hiergegen hat die Klägerin am 6. September 2007 Klage erhoben und vorgetragen, entgegen der Ansicht des Beklagten hätten Therapiealternativen
zur Verfügung gestanden. Das Medikament Ilomedin® mit dem Wirkstoff Iloprost sei in Deutschland zur intravenösen Verabreichung
bei der Buerger-Krankheit zugelassen und habe in Neuseeland 2001 eine Indikationserweiterung für die intravenöse Behandlung
der primären und sekundären pulmonalen Hypertonie erhalten. In Deutschland sei dann im Mai 2002 die Zulassung von Tracleer®
(Wirkstoff Bosentan) für die Therapie der pulmonalen Hypertonie erfolgt. Seit 2003 stehe mit Ventavis® ein inhalatives Iloprost-Präparat
auf dem deutschen Markt zur Verfügung. Auch sei Flolan® (Wirkstoff Epoprostenol) seit 1995 in den USA sowie einigen europäischen
Ländern zugelassen. Eine Aussicht auf einen Behandlungserfolg mit Viagra® sei seinerzeit nicht gegeben gewesen. Es hätten
weder publizierte Daten einer Phase-III-Studie noch andere wissenschaftliche Publikationen bestanden, die zuverlässige und
wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen über Qualität, Wirksamkeit und Überlegenheit der Viagra®-Gabe zugelassen hätten. Entsprechend
habe sich auch der Hersteller geäußert. Daten einer klinischen Phase-III-Studie seien erst im November 2005 veröffentlicht
worden. Die Zulassung von Revatio® mit dem Wirkstoff Sildenafil sei erst im Oktober 2005 erfolgt. Die Kostengegenüberstellung,
wie sie der Beklagte vorgenommen habe, sei unzulässig und begründe keinen Leistungsanspruch. Berücksichtige man, dass Viagra®
in Kombination mit dem Wirkstoff Iloprost angewandt worden sei, so erhalte man neben den Kosten für Viagra® die zusätzliche
Summe von über 170.000,00 EUR. Zur Kombinationstherapie mit dem Wirkstoff Iloprost werde in der Fachinformation von Revatio®
gewarnt. Auch seien bis zum heutigen Zeitpunkt keine Veröffentlichungen von Phase-III-Studien für den Einsatz der Kombination
Ilomedin® und Viagra® bekannt. Es habe sich nur um eine Erprobung gehandelt.
Mit Urteil vom 16. April 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat sich den Ausführungen in dem angefochten
Beschluss angeschlossen und ergänzend auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (SozR 4-2500
§ 27 Nr. 5 = BVerfGE 115, 25) hingewiesen. Danach sei es unzulässig, einen Versicherten, der an einer lebensbedrohlichen oder sogar regelmäßig tödlichen
Erkrankung leide, für die schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht vorlägen, von der Leistung einer bestimmten Behandlungsmethode
durch die Krankenkasse auszuschließen und ihn auf eine Finanzierung der Behandlung außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung
zu verweisen, sofern die vom Versicherten gewählte andere Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern
liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspreche.
Ein solcher Fall liege hier vor. Bei der pulmonalen Hypertonie, an der die Patientin U. W. erkrankt sei, handele es sich um
eine lebensbedrohliche Erkrankung mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von drei Jahren. Zu Beginn des hier strittigen
Behandlungszeitraums habe auch keine Behandlungsalternative bestanden, wie die mündliche Verhandlung ergeben habe. Im Jahr
2001 habe nur die Möglichkeit zur Gabe von Ilomedin®, entweder intravenös oder inhalativ, bestanden. Die Patientin sei zunächst
mit Ilomedin® inhalativ behandelt worden und habe sich darunter zunächst stabilisiert, ihr Gesundheitszustand habe sich dann
aber im Jahr 2001 verschlechtert und eine Therapieerweiterung sei erforderlich gewesen. Als Alternative sei die intravenöse
Gabe von Ilomedin® in Betracht gekommen; diese Medikation geht aber mit vielen weiteren Problemen einher. Alternativ habe
zusätzlich, eben als Kombination, Sildenafil eingesetzt werden können. Eine andere Möglichkeit habe auch aus heutiger medizinischer
Sicht zum damaligen Zeitpunkt nicht bestanden, wie der die Klägerin in der Folgezeit behandelnde Arzt Dr. R. in der mündlichen
Verhandlung für die Beigeladene zu 9) im Einzelnen erläutert habe. Bosentan sei erst ein Jahr später verfügbar gewesen. Eine
Umstellung sei der Patientin dann aber aus medizinischen Gründen nicht mehr zumutbar gewesen, da sie dies auch nicht gewünscht
habe. Die Patientin hatte sich unter der Gabe von inhalativem Ilomedin® in der Kombination mit Sildenafil so gut stabilisiert,
dass eine Änderung der Therapie medizinisch nicht zu rechtfertigen gewesen sei. Die Behandlung sei auch nicht im Rahmen einer
klinischen Studie erfolgt. Von daher habe die Patientin einen Anspruch auf Versorgung mit Sildenafil gegenüber der Klägerin
gehabt. Soweit aber ein Versorgungsanspruch bestehe, sei ein Arzneikostenregress ausgeschlossen.
Gegen das ihr am 22. April 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20. Mai 2008 Berufung eingelegt.
Sie führt - gestützt auf ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 4. September 2009 - aus, das
Sozialgericht gehe unzutreffend von einem zulässigen Off-Label-Use aus. Es hätten Therapiealternativen zu Viagra® zur Verfügung
gestanden. Bereits 2001 sei eine intravenöse Gabe von Ilomedin® in Betracht gekommen; weshalb dies nicht angewandt worden
sei, sei nicht nachvollziehbar. Ebenfalls habe seit 1995 Flolan® mit dem Wirkstoff Epoprostenol existiert. Die Behauptung,
eine Umstellung auf das zugelassene und sichere Medikament Tracleer ® ab 2002 sei aus medizinischen Gründen nicht zumutbar
gewesen, entbehre der Grundlage. Medizinische Gründe gegen eine Umstellung hätten nicht vorgelegen; der vom Sozialgericht
angeführte Wunsch der Patientin, nicht umgestellt zu werden, sei allein nicht ausreichend. Schließlich habe auch für den Einsatz
von Viagra keine ausreichende Aussicht auf einen Behandlungserfolg bestanden. Das Sozialgericht setze sich überhaupt nicht
mit der Datenlage zum Verordnungszeitpunkt bezüglich der Behandlungsaussichten auseinander.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 16. April 2008 sowie den Beschluss des Beklagten vom 23. August 2007 aufzuheben
und den Beklagten zu verpflichten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er meint, ausschlaggebend seien die individuellen patientenbezogenen Verordnungsgründe, die das Sozialgericht überzeugend
dargelegt habe.
Die Beigeladenen zu 1) bis 8) stellen keine Anträge und haben sich zur Sache inhaltlich nicht geäußert.
Die Beigeladene zu 9) trägt vor, eine Zulassung für eine intravenöse Dauerinfusion von Ilomedin® habe weder damals noch heute
in Deutschland bestanden, so dass es sich ebenfalls um einen Off-Label-Use gehandelt hätte. Es handele sich um eine nachgewiesen
wirksame Therapie, die jedoch mit ungleich ausgeprägteren und gefährlicheren Nebenwirkungen einhergehe und zudem für den Patienten
wegen der Dauerkatheterisierung ungleich stärker belastend und mit Risiken (z.B. Infektionsgefahren) verbunden sei. Die Jahrestherapiekosten
seien um den Faktor 5 höher als bei Sildenafil. Gleiches gelte für intravenöses Flolan®, welches die erste Therapie für die
idiopathische PAH gewesen sei; Ilomedin sei ein "weiterentwickeltes" Flolan® mit längerer Wirkungszeit. Schon im Jahre 2002
hätten nach ihrer Auffassung ausreichende Studienergebnisse vorgelegen, die eine gute klinische Wirksamkeit von Sildenafil
nahe gelegt hätten. Die Patientin sei mit Sildenafil gut behandelt und stabil gewesen. Es sei einheitliche Meinung der internationalen
PAH-Spezialisten, dass eine Therapieumstellung von einer Substanzgruppe auf eine andere nicht ohne zwingende medizinische
Gründe erfolgen dürfe, da die individuelle Ansprache auf die Medikation nicht voraussagbar sei und eine klinische Verschlechterung
nach einem solchen Umstellungsversuch teilweise nicht mehr aufgefangen werden könne. Bei ungenügendem Ansprechen auf eine
Therapie oder Verschlechterung unter Therapie würden die Substanzen nicht gegen eine andere Gruppe gewechselt, sondern um
eine weitere Substanzgruppe ergänzt. Dieses Vorgehen werde auch in der aktuellsten Therapieempfehlung, basierend auf dem World
Meeting for PAH in Dana Point 2008, wiedergegeben. Vor dem Hintergrund des natürlichen Verlaufs der Erkrankung ohne Therapie
(50% verstorben in 2,5 Jahren) sei im Nachhinein der vergleichsweise gute Zustand der Patientin nach nunmehr fast 10jähriger
Therapie mit Sildenafil als großer therapeutischer Erfolg zu werten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten
des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz des Ausbleibens der Beigeladenen zu 1) bis 9) aufgrund der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil
die Beigeladenen ordnungsgemäß zum Termin geladen und mit der Ladung darauf hingewiesen worden sind, dass auch im Falle ihres
Nichterscheinens verhandelt und entschieden werden kann (§
110 Abs.
1 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz -
SGG).
Die zulässige Berufung der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts kann keinen Bestand haben.
Der angegriffene Beschluss des Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Beklagte ist verpflichtet,
über den Antrag auf Festsetzung eines Arzneikostenregresses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Nach §
106 SGB V wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arzt-bezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter
Leistungen, und zwar entweder nach Durchschnittswerten oder anhand von Richtgrößenvolumina und/oder auf der Grundlage von
Stichproben geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen mit den Kassenärztlichen
Vereinigungen gemäß §
106 Abs
2 Satz 4
SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren (vgl. zusammenfassend BSG SozR 4-2500 §
106 Nr. 17 RdNr. 12 f m.w.N.). Diese Prüfvereinbarungen ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen. Diese waren auch
in §§ 13, 14 der hier einschlägigen Prüfvereinbarung vom 21. Dezember 1992 (PV) vorgesehen.
Vorliegend hat der Beklagte es zu Unrecht abgelehnt, gegen die Beigeladene zu 9) einen Regress wegen der Verordnung von Viagra®
in der Zeit zwischen September 2001 und April 2005 vorzunehmen. Denn dieses Arzneimittel durfte nicht im Rahmen der gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV) verordnet werden; insoweit bestand weder eine Leistungspflicht der Krankenkassen noch ein Versorgungsanspruch
der Versicherten (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2009 - B 6 KA 3/08 R - Juris RdNr. 25).
Ein Anspruch auf Versorgung besteht im Rahmen der GKV nur nach Maßgabe des §
27 Abs.
1 Satz 2 Nr.
3 i. V. m. §
31 Abs.
1 SGB V. Diese Bestimmungen ergeben im Kontext mit den allgemeinen Regelungen der §
2 Abs.
1 Satz 3, §
12 Abs.
1 SGB V, dass im Rahmen der GKV nur solche Verordnungen zulässig sind, die die Gewähr für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit,
jeweils nach Maßgabe des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse, bieten. Dafür sind zuverlässige wissenschaftlich
nachprüfbare Aussagen über das Arzneimittel in dem Sinne erforderlich, dass der Erfolg der Behandlung mit ihm durch eine ausreichende
Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl. BSG, Urteil vom 27. September 2005 - B 1 KR 6/04 R - BSGE 95, 132 RdNr. 18 f. = SozR 4-2500 § 31 Nr. 3 RdNr. 25 f).
Aufgrund der Datenlage bestand keine hinreichend begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg mit Viagra® (Wirkstoff Sildenafil).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSGE 89, 184, 192 = SozR 3-2500 § 31 Nr. 8; SozR 4-2500 § 31 Nr. 5) kann von hinreichenden Erfolgsaussichten dann ausgegangen werden,
wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen
werden kann. Dies kann angenommen werden, wenn entweder (a) die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt worden ist und
Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht worden sind
und eine klinisch relevante Wirksamkeit respektive einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder
(b) außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlicht worden sind, die über Qualität und Wirksamkeit
des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen und aufgrund
derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne besteht. Diese
Voraussetzungen lagen in Bezug auf die Behandlung der primären schweren pulmonalen Hypertonie mit Sildenafil nicht vor. Es
gab im Zeitraum der streitigen Verordnungen noch keine Erkenntnisse, die über Qualität und Wirksamkeit dieses Mittels in dem
neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zuließen und aufgrund deren in den einschlägigen
Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne bestand. Es existierten lediglich einzelne
unkontrollierte Studien und Fallbeobachtungen; kontrollierte, randomisierte Studien wurden erst Ende 2004 publiziert (Prasad
u.a., New England Journal of Medizin 2000, 343 (18): 1342; Ghofrani u.a., Journal of the american College of Cardiology, Vol.
42, Nr. 1 (2003); Galiè u.a., Journal of the american College of Cardiology, Vol. 43, Nr. 12, 2004, S. 82 ff.). Der Beklagte
hat in dem angegriffenen Beschluss vom 16. August 2007 darauf hingewiesen, dass nach einer Recherche der KBV vom 2. November
2004 noch zu diesem Zeitpunkt keine gesicherten Empfehlungen für Sildenafil zur Behandlung bei pulmonaler Hypertonie vorlagen.
Insofern ist es auch unbeachtlich, dass das Medikament Revatio® (Wirkstoff Sildenafil) Ende 2005 eine Zulassung für die Behandlung
der pulmonalen Hypertonie erhielt. Für die Frage eines zulässigen Off-Label-use kommt es nämlich auf die wissenschaftlichen
Erkenntnisse im Zeitpunkt der streitigen Behandlung an (stRspr, vgl z.B. BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 1; Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 5/05 R, Juris).
Vor allem war aber der Nutzen einer Kombinationstherapie von zwei Substanzen mit unterschiedlichem Wirkmechanismus, wie hier
bei der Kombination von inhalativem Ilomedin® mit Viagra®, zur Behandlung der pulmonalen Hypertonie ungeklärt. Im Jahr 2004
wurden derartige Kombinationen in den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie zur Diagnose und Therapie der
PAH (Galiè u.a., Eurpean Heart Journal 2004; 25: 2243-2278) nach Maßgabe evidenzbasierter Bewertung mit IIb C bewertet, also
als Therapien, für die keine Daten aus randomisierten Studien vorlagen und bei denen die Meinung der Experten zum Nutzen dieser
Therapie divergent war. Bezüglich der Kombination von inhalativem Iloprost mit Sildenafil existierten bis 2005 lediglich drei
kleinere unkontrollierte Studien (vgl. Schering GmbH (Hsgb.): Iloprost aktuell Nr. 19, S. 11, Heidelberg 2006). Noch im Jahr
2006 wurde in der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie&8722;, Herz&8722; und Kreislaufforschung, der Deutschen
Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin und der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Kardiologie festgestellt,
dass kontrollierte Studien zu Kombinationstherapien ausstünden (Pneumologie 2006; 60; 749, 766). Lediglich für die Kombination
von inhalativem Iloprost kombiniert mit Bosentan gab es ab dem Jahr 2005 mit der sog. STEP-Studie einen Nachweis der Wirksamkeit
dieses Behandlungsansatzes (vgl. Iloprost aktuell Nr. 19, S. 14, Heidelberg 2006). Zu Recht weist die Klägerin darauf hin,
dass die Firma Pfizer Pharma GmbH noch in ihrer Produktinformation zu REVATIO vom Mai 2006 darauf aufmerksam machte, dass
die Wirksamkeit und Sicherheit von Sildenafil bei gleichzeitiger Anwendung mit anderen Arzneimitteln zur Behandlung der pulmonalen
Hypertonie (z.B. Bosentan, Epoprostenol, Iloprost) bisher nicht in kontrollierten Studien untersucht worden sei und eine gleichzeitige
Gabe von Sildenafil zusammen mit diesen Arzneimitteln deshalb nicht empfohlen werden könne.
Auch unter Berücksichtigung des Verfassungsrechts war der Beigeladene zu 9) nicht berechtigt, die Patientin U.W. mit einer
Kombination von inhalativem Iloprost und Sildenafil zu Lasten der Klägerin zu behandeln. Allerdings geht die Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R) davon aus, dass die Regelungen des Leistungsrechts der GKV zur Arzneimittelversorgung aufgrund des Beschlusses des BVerfG
vom 6. Dezember 2005 einer verfassungskonformen Auslegung bedürfen, wenn Versicherte an einer lebensbedrohlichen Erkrankung
leiden, bei der die Anwendung der üblichen Standardbehandlung aus medizinischen Gründen ausscheidet und andere Behandlungsmöglichkeiten
nicht zur Verfügung stehen. Vorliegend stand jedoch eine anerkannte Standardbehandlung zur Verfügung, und zwar in Form der
intravenösen Gabe von Epoprostenol. Zwar war auch dieses Medikament in Deutschland für die Behandlung der schweren pulmonalen
Hypertonie nicht zugelassen. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts verlangt vor der
Anwendung eines Medikaments, dessen Wirksamkeit in dem entsprechenden Anwendungsgebiet nicht durch kontrollierte Studien nachgewiesen
ist, auch die Prüfung, ob andere Medikamente im Rahmen eines nach den dargestellten Grundsätzen zulässigen Off-Label-Use angewandt
werden können. Denn eine aus dem Gesichtspunkt des Verfassungsrechts zum Schutz der Patienten in notstandsähnlichen Situationen
geschuldete Erweiterung der leistungsrechtlichen Vorschriften des
SGB V auf Therapien, für die es bisher keinen Wirksamkeitsnachweis gibt, sondern lediglich ernsthafte Hinweise auf einen nicht
ganz entfernt liegenden Erfolg der Heilung oder auch nur auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf im
konkreten Einzelfall, hat das Bundesverfassungsgericht nur für solche Situationen gefordert, in denen eine dem allgemein anerkannten
medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode nicht existiert (vgl. BVerfGE 115, 25 ff. = Juris Rdnr. 67). Gibt es aber eine solche - zwar nur "off-label" verfügbare, aber anerkannt wirksame Therapie -, so
hat diese den Vorrang (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 2006, B 1 KR 1/06 R).
Die Behandlung von Patienten mit idiopathischer pulmonaler Hypertonie im Stadium III mit dem Wirkstoff Epoprostenol stellt
eine anerkannte Standardbehandlung dar (vgl. Galiè u.a., European Heart Journal 2004; 25: 2243, 2262). Aus der Stellungnahme
der Beigeladenen zu 9) vom 10. Juni 2009 ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass eine Behandlung der Patientin U.W. mit Epoprostenol
aus individuellen medizinischen Gründen ausgeschieden wäre. Eine Behandlung mit Epoprostenol durch die Beigeladene zu 9) wäre
auch tatsächlich möglich gewesen, weil dieses Medikament im Rahmen eines zulässigen Einzelimports aus dem Ausland nach § 73 Abs. 3 AMG hätte beschafft werden können (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 26. September 2006, B 1 KR 1/06 R, Juris Rdnr. 28).
Als Behandlungsalternative zu Sildenalfil kam zudem das Medikament Ilomedin® (Wirkstoff Iloprost) in intravenöser (statt wie
bis dahin in inhalativer) Anwendung in Betracht. Dr. RR. hat als Vertreter der Beigeladenen zu 9) vor dem Sozialgericht erklärt,
dass diese Behandlungsmöglichkeit bestand. In ihrer Stellungnahme vom 10. Juni 2009 hat die Beigeladene zu 9) ausgeführt,
dass es sich bei dieser Therapie um eine durch Therapiestudien und offene Beobachtungsstudien nachgewiesen wirksame Therapie
bei der idiopathischen pulmonalarterilellen Hypertonie handele. Allerdings war die Behandlung mit Ilomedin® intravenös im
Jahr 2001 keine durch kontrollierte Studien nachgewiesen wirksame Therapie der pulmonalen Hypertonie. In der Leitlinie der
Deutschen Gesellschaft für Kardiologie&8722;, Herz&8722; und Kreislaufforschung, der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie
und Beatmungsmedizin und der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Kardiologie (Pneumologie 2006; 60; 749-771) wird diese
Behandlungsform mit der Evidenzstufe IIa C bewertet, also als Konsensus&8722;Meinung von Experten basierend auf Studien und
klinischer Erfahrung, bei der Nutzen/Effektivität einer Maßnahme mit positiver Tendenz beurteilt wurde. Es wird darauf hingewiesen,
dass Ilomedin intravenös in mehreren nichtkontrollierten Studien vergleichbare Wirkungen und Nebenwirkungen wie intravenöses
Epoprostenol gezeigt habe, dabei aber aufgrund seiner chemischen Stabilität erhebliche praktische Vorteile und einen Vorteil
bei unbeabsichtigten Therapieunterbrechungen biete, weshalb es in Deutschland bevorzugt werde (aaO., S. 764 f.); in diesem
Zusammenhang wird auch auf den außerordentlich hohen Preis für Epoprostenol hingewiesen. Auch wenn Ilomedin intravenös somit
kein nachgewiesen wirksames Medikament bei der Behandlung der pulmonalen Hypertonie war, so bleibt doch festzuhalten, dass
es unter Experten aufgrund von Studien und klinischer Erfahrung eine positive Bewertung hatte, während für die von der Beigeladenen
zu 9) gewählte Kombinationstherapie zum damaligen Zeitpunkt überhaupt keine belastbaren Erkenntnisse über eine Wirksamkeit
vorlagen und der Nutzen dieser Therapie unter Experten divergent beurteilt wurde.
Soweit die Beigeladene zu 9) in diesem Zusammenhang auf mögliche Nebenwirkungen der Behandlung mit intravenösem Epoprostenol
bzw. Ilomedin und die Erschwernisse für den Patienten, die sich aus der bei dieser Behandlungsform nötigen Anlage eines Dauerkatheders
ergeben, hinweist, sind diese Einwände nicht geeignet, die Voraussetzungen für einen zulässigen off-label-use von Sildenafil
in der Kombination mit Ilomedin zu begründen. Eine Kontraindikation gegen Epoprostenol oder Ilomedin intravenös bestand bei
der Patientin nicht. Die potentiellen Gesundheitsgefahren, die im Rahmen einer nachgewiesen wirksamen Therapie von der Notwendigkeit
der Anlage eines Dauerkatheters ausgehen, können keinen Vorrang zugunsten einer hinsichtlich ihrer Wirksamkeit ungeklärten
Therapie begründen. Deshalb reicht auch der Gebrauchsvorteil, der aus der oralen Anwendung von Viagra gegenüber der intravenösen
Anwendung von Iloprost folgt, nicht aus, um einen zulässigen off-label-use zu begründen. Denn letztlich würde über eine derartige
Argumentation der unbegrenzte Einsatz nicht ausreichend erprobter Medikamente ermöglicht, weil alternative Therapien typischerweise
damit werben, dass sie für den Patienten weniger belastend sind. Ebenso wenig kommt es auf Kostenvorteile der Therapie mit
Viagra an. Eine derartige Betrachtungsweise würde die Frage der Zulässigkeit des Einsatzes von Arzneimitteln außerhalb ihres
zugelassenen Anwendungsbereichs allein von einem Kostenvergleich abhängig machen und damit den Anwendungsvorrang nachgewiesen
wirksamer Medikamente grundlegend unterlaufen.
Steht damit fest, dass die Beigeladene zu 9) bereits bei der Erstverordnung von Viagra im Jahr 2001 unwirtschaftlich gehandelt
hat, bedarf es keiner Prüfung der zwischen den Beteiligten umstrittenen Frage, ob die Patientin U.W. ab Mai 2002 auf das ab
diesem Zeitpunkt zur Behandlung der PAH zugelassene Medikament Tracleer® hätte eingestellt werden können.
Gründe für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.