Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren; Prüfung der Erfolgsaussicht im Zeitpunkt der Entscheidungsreife
Gründe
Die am 10. Juni 2011 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) eingelegte Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des SG vom 2. Mai 2011 - soweit Prozesskostenhilfe abgelehnt ist -, ihm zugestellt am 16. Mai 2011, ist zulässig, insbesondere entgegen
der Rechtsmittelbelehrung im Beschluss des SG statthaft.
Statthaft ist eine solche Beschwerde nach §
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
127 Abs.
2 S. 2 2. Hs.
ZPO, wenn in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt werden kann. Das ist nach §
144 Abs.
1 SGG der Fall, wenn eine Beschwer von mehr als 750,00 EUR vorliegt oder Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind.
Auf die vorläufige Zahlungseinstellung nach Auszahlung des Arbeitslosengeldes für November 2009 am 26. des Monats hat der
Antragsteller mit Schriftsatz vom 20. Januar 2010 wörtlich beantragt, die zustehenden Leistungen in Höhe von 685,80 EUR monatlich
zur Auszahlung zu bringen. Unter Berücksichtigung der Regelung in §
331 Abs.
2 SGB III, nach der eine vorläufige Zahlungseinstellung nur innerhalb von zwei Monaten ohne Aufhebungsbescheid erfolgen darf, ist davon
auszugehen, dass sich die einstweilige Anordnung jedenfalls auf den danach möglichen Zeitraum erstreckt hat, so dass ein Wert
von mehr als 750,00 EUR erreicht wird. Dagegen spricht nicht, dass im Betreff der Antragsschrift die Zahlungseinstellung Januar
2010 angegeben ist, weil damit nur der Anlass für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung benannt ist, ohne entgegen
einer ausdrücklichen Beschränkung im Antrag selbst eine solche im Betrefffeld vornehmen zu wollen.
In der Sache liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter anwaltlicher Beiordnung allerdings
nicht vor.
Gemäß §
114 S. 1
ZPO, der über die Verweisungsnorm des §
73a Abs.
1 S. 1
SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren gilt, ist einem Beteiligten auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, der nach seinen
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen
kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig
erscheint.
Maßgeblich für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung ist grundsätzlich
die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Antrages auf Prozesskostenhilfe. Auch im Beschwerdeverfahren
können nur Änderungen, die sich zugunsten des Antragstellers bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens in der Hauptsache
ergeben haben, berücksichtigt werden (Senat, Beschluss vom 21. Oktober 2010 - L 7 SO 67/10 B). Entscheidungsreife ist regelmäßig
gegeben, wenn der Antrag entsprechend den Vorgaben in §
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
117 ZPO insbesondere unter Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und der erforderlichen Belege
gestellt ist und die übrigen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt haben (§
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
118 Abs.
1 S. 1
ZPO).
Ist danach der Zeitpunkt der Entscheidungsreife erst eingetreten, als die Antragserwiderung der Antragsgegnerin bei dem SG eingegangen ist, haben hinreichende Erfolgsaussichten schon deshalb nicht - mehr - bestanden, weil zu diesem Zeitpunkt für
das SG erkennbar die Antragsgegnerin die Zahlung wieder aufgenommen hat.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Antragsgegnerin bis zum Eintritt der Entscheidungsreife die
Kosten des Rechtsstreits zurechenbar veranlasst haben kann. Soweit der Antragsteller aus diesem Grunde den Beurteilungszeitpunkt
vorverlegt wissen will oder meint, insoweit käme es auf hinreichende Erfolgsaussichten nicht an, verkennt er die Reichweite
des Prozesskostenhilfe-Bewilligungsverfahrens. Es handelt sich dabei nicht um ein kontradiktorisches Verfahren zwischen den
Beteiligten in der Hauptsache. Beteiligt sind allein der hilfebedürftige Rechtsschutzsuchende und das Gericht, welches den
grundrechtlich verbürgten Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit als staatliche Bewilligungsstelle wahren soll. Den weiteren
Beteiligten ist nur nach §
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
118 Abs.
1 ZPO rechtliches Gehör zu gewähren, ohne dass sie in das Verfahren selber in der Stellung eines Beteiligten einbezogen sind (BGH,
15.7.2009 - I ZB 118/08 m.w.N.).
Ist damit die Antragsgegnerin in das Verfahren nicht einbezogen, kann das sogenannte Kostenveranlassungsprinzip, dass alleine
eine sachgerechte Verteilung der Kosten zwischen den Beteiligten sicherstellen soll, nicht greifen.
Hinreichender Schutz besteht für den unbemittelten Rechtsschutzsuchenden gleichwohl, weil bei der Entscheidung nach §
193 Abs.
1 S. 3
SGG über die Kostentragungspflicht zwischen den Beteiligten in der Hauptsache, für die im Gegensatz zum Zivilprozess eine Rücknahme
des Rechtsschutzgesuchs nach Erledigung des Rechtsstreits nicht vorgreiflich ist, das Kostenveranlassungsprinzip gilt. Folglich
haben die übrigen Beteiligten, in der Regel die Gegenseite, die Kosten des unbemittelten Beteiligten zu übernehmen, soweit
sie vor Entscheidungsreife - im Prozesskostenhilfe-Bewilligungsverfahren - die Kosten des Rechtsstreits veranlasst haben.
Die Kostenentscheidung des SG nach §
193 Abs.
1 S. 3
SGG ist nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens, so dass der Senat nicht veranlasst ist, diese auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.
Eine anwaltliche Beiordnung nach §
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
121 Abs.
2 ZPO kommt daher nicht in Betracht.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da das Bewilligungsverfahren wie das Hauptsacheverfahren kostenfrei ist (§
183 SGG) und eine Erstattung der dem Gegner entstandenen Kosten ausgeschlossen ist (§
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
118 Abs.
1 S. 4
ZPO, für Beschwerdeverfahren: §
127 Abs.
4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit einer weiteren Beschwerde angefochten werden (§
177 SGG).