Zulässigkeit der gerichtlichen Hinterlegung von Rentenansprüchen bei Vollstreckungsverfahren mit europäischem Vollstreckungstitel
Gründe:
I. Der 1939 geborene aus Spanien stammende Antragsteller wendet sich mit seinem Begehren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
dagegen, dass die Antragsgegnerin seit Juli 2011 einen Teilbetrag der ihm gewährten Rente nicht mehr an ihn auszahlt, sondern
bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Osnabrück hinterlegt.
Der Antragsteller ist seit Jahrzehnten mit der weiterhin in Spanien lebenden Beigeladenen verheiratet. Die Eheleute haben
vier gemeinsame Kinder, die von der Beigeladenen großgezogen worden sind. Nach eigenen Angaben hat der Antragsteller seine
in Spanien lebende Familie letztmalig 1972 besucht. Jedenfalls seit etwa 1975 lebt der Antragsteller im Bundesgebiet mit einer
Partnerin in nichtehelicher Lebensgemeinschaft.
Der Antragsteller gibt an, dass er von 1964 bis Mitte der 80er Jahre Unterhaltszahlungen an seine in Spanien lebende Familie
erbracht habe.
Für die Jahre ab 2005 ist der Antragsteller von spanischen Gerichten zur Erbringung von Unterhaltszahlungen an die weiterhin
in Spanien lebende Beigeladene sowie an eine - nach Einschätzung der spanischen Gerichte behinderte - Tochter verurteilt worden.
Entsprechende Zahlungen hat der Antragsteller bislang nicht erbracht.
Im November 2010 wurde der Antragsgegnerin von dem spanischen Amtsgericht G. (Juzgado de primera Instancia e Instrucción de
Olivenza) eine vom 4. November 2010 datierende "Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel-Entscheidung" vorgelegt,
mit der zugunsten der Beigeladenen als Gläubigerin und zulasten des Antragstellers als Schuldner das Bestehen einer zu vollstreckenden
Geldforderung in Höhe von 17.296 EUR sowie seit dem 24. November 2009 monatlich fällig gewordener Raten in Höhe von jeweils
368 EUR bestätigt wurden.
Ferner erhielt die Antragsgegnerin vom Amtsgericht G. eine - nach Maßgabe der deutschen Übersetzung - "Anforderung auf Beschlagnahme
der Rente" des Antragstellers in einem Umfang von 30 % zur Begleichung der der Beigeladenen zustehenden Forderung in Höhe
von 17.296 EUR (zuzüglich Zinsen und Kosten).
Mit Bescheid vom 13. Mai 2011 (Bl. 235 Gerichtsakte), den der Antragsteller zunächst nicht erhalten haben will, nahm die Antragsgegnerin
eine "Neuberechnung" der dem Antragsteller gewährten Altersrente mit der Maßgabe vor, dass von dem bis dahin gewährten monatlichen
Nettozahlbetrag von 1.272,33 EUR jeweils 381,70 EUR (entsprechend 30 %) "aufgrund des spanischen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses"
ab 1. Juli 2011 "einbehalten" und damit lediglich 890,63 EUR zur Auszahlung gelangen sollten.
Angesichts des entsprechend geminderten Zahlungseinganges sprach der Antragsteller am 1. August 2011 bei der Beratungsstelle
der Antragsgegnerin vor und legte dort gegen den ihm bei der Beratung vorgelegten Bescheid vom 13. Mai 2011 Widerspruch ein.
Dieser ist bislang nicht beschieden worden.
Am 30. November 2011 hat der Antragsteller um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht.
Mit Antrag vom 27. Oktober 2011 hat die Antragsgegnerin beim Amtsgericht Osnabrück die Hinterlegung von 1.908,50 EUR (entsprechend
dem monatlichen Einbehalt von jeweils 381,70 EUR für die Monate Juli bis November 2011) und nachfolgend monatlich in Höhe
von jeweils 381,70 EUR begehrt. In dem Antrag erläuterte die Antragsgegnerin, dass die Hinterlegung "zur Abwendung der Vollstreckung
hinsichtlich der Kosten in erster Instanz" erfolgen solle. Im Hinblick auf §§
836 Abs.
2 ZPO,
409 BGB und Art. 5 EG-VO Nr. 805/2004 sehe sie sich außerstande, dem Begehren des Antragstellers entsprechend die Vollstreckungsmaßnahmen einzustellen.
Als Empfangsberechtigte für die hinterlegten Beträge seien der Antragsteller sowie das Amtsgericht G. (für die Beigeladene)
in Betracht zu ziehen.
Mit Beschluss vom 17. Januar 2012, dem Antragsteller zugestellt am 24. Januar 2012, hat das Sozialgericht Osnabrück den Antrag
abgelehnt. Das spanische Amtsgericht G. habe die Pfändung und Überweisung von 30 % der monatlichen Rente des Antragstellers
angeordnet. Diese Entscheidung sei wirksam und binde die Antragsgegnerin. Als Europäischer Vollstreckungstitel habe diese
Entscheidung auch keiner Vollstreckbarerklärung auf der Grundlage des EuGVVO bedurft.
Mit seiner am 24. Februar 2012 eingelegten Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Der Antragsteller macht
insbesondere geltend, dass nach Art. 20 der VO (EG) Nr. 805/2004 für das Vollstreckungsverfahren das Recht des Vollstreckungsstaates
maßgebend sei. Eine Pfändung und Überweisung eines Teilbetrages seiner Rente hätte daher nur das deutsche Vollstreckungsgericht
aussprechen dürfen. Im Übrigen komme im vorliegenden Fall als Vollstreckungstitel nicht der Beschluss des Amtsgerichts G.
vom 24. November 2009, sondern lediglich dessen vorausgegangene Entscheidung vom 19. Dezember 2005 in Betracht.
Der Antragsteller hebt hervor, dass der nach der Entscheidung der Antragsgegnerin allein verbleibende Auszahlungsbetrag von
monatlich 890,70 EUR nicht ausreiche, um den notwendigen Lebensunterhalt für sich und seine - ihrerseits nur über ein monatliches
Renteneinkommen von ca. 130 EUR verfügende - Lebensgefährtin sicherzustellen.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Osnabrück vom 17. Januar 2012 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen
Anordnung zu verpflichten, die ihm zuerkannte Altersrente in ungekürzter Höhe zu gewähren und die ab Juli 2011 einbehaltenen
Beträge nachzuzahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Nach Auffassung der Antragsgegnerin folgt aus §
836 Abs.
2 ZPO und Art. 5 der VO (EG) Nr. 805/2004, dass auch von Gerichten anderer EU-Staaten erlassene Überweisungsbeschlüsse deutsche Drittschuldner
nach §
836 Abs.
2 ZPO binden würden.
Der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 13. Mai 2011 sei bereits unzulässig, da dieser keine Regelung beinhalte.
Die Beigeladene hebt in ihrer über die spanische Botschaft eingereichten Stellungnahme hervor, dass sie den gesamten ihr vom
spanischen Amtsgericht zugesprochenen Betrag beanspruche.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
II. Die zulässige Beschwerde hat teilweise Erfolg. Die Antragsgegnerin ist im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
künftig fällig werdende Rentenzahlungen an den Antragsteller in ungekürzter Höhe zu gewähren. Hingegen besteht kein rechtfertigender
Anlass, die Antragsgegnerin im Rahmen der vorliegenden vorläufigen Entscheidung dazu zu verpflichten, die in den vergangenen
Monaten seit Juli 2011 bereits einbehaltenen und beim Amtsgericht Osnabrück hinterlegten Teilbeträge noch einmal an den Antragsteller
auszuzahlen.
1. Der von der Antragsgegnerin bislang nicht beschiedene Widerspruch des Antragstellers gegen den "Bescheid" vom 13. Mai 2011
hat aufschiebende Wirkung (§
86a SGG), im Übrigen hat die Antragsgegnerin nachfolgend keinen schlichten "Einbehalt" des streitigen Teilbetrages im Sinne dieses
"Bescheides" vorgenommen, sondern diesen beim Amtsgericht hinterlegt. Bezeichnenderweise macht auch die Antragsgegnerin selbst
nicht geltend, dass sich die angefochtene Hinterlegung als Umsetzung dieses "Bescheides" darstelle, sie misst dieser Maßnahme
vielmehr eine "vollstreckungsrechtliche Natur" bei (obwohl das Vollstreckungsrecht keine Vollstreckung in Form eines "Einbehaltes"
durch den Drittschuldner oder einer Hinterlegung kennt). Hiervon ausgehend besteht kein Anlass, den Antrag auf Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes im Sinne eines Begehrens auf Anordnung oder Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen
den "Bescheid" vom 13. Mai 2011 zu interpretieren.
Der Senat weist daher nur ergänzend darauf hin, dass gerade ausgehend von der von Seiten der Antragsgegnerin im Schriftsatz
vom 4. Juni 2012 dargelegten Auffassung, wonach dieser "Bescheid" keine Regelungen im Sinne des § 31 SGB X beinhalte, dieser mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Akt als Schein-Verwaltungsakt zu qualifizieren und als solcher
von der Antragsgegnerin mangels Rechtsgrundlage aufzuheben wäre.
2. Nach §
86b Abs.
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die
Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt
oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug
auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Je schwerer die Belastungen des Betroffenen wiegen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbunden sind, umso
weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt
werden. Art.
19 Abs.
4 GG verlangt auch bei Vornahmesachen jedenfalls dann vorläufigen Rechtsschutz, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders
nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in
der Lage wäre (BVerfG, Beschluss v. 25. Februar 2009 - 1 BvR 120/09 - NZS 2009, 674).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
künftig fällig werdende Rentenzahlungen an den Antragsteller in ungekürzter Höhe zu gewähren. Zwischen den Beteiligten steht
außer Streit, dass der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin einen monatlichen Altersrentenanspruch in Höhe von (netto nach
dem Stand vom 13. Mai 2011) 1.272,33 EUR hat. Auch von Seiten der Antragsgegnerin sind keine Umstände aufgezeigt worden, die
diese nach derzeitigem Sach- und Streitstand dazu berechtigen könnten, Teilbeträge der monatlichen Rentenzahlungen nicht direkt
an den Antragsteller zu erbringen, sondern einzubehalten (oder an Dritte wie namentlich die Beigeladene auszuzahlen). Es liegt
bislang insbesondere weder eine Übertragung eines Rententeilbetrages noch eine rechtswirksame Pfändung und Überweisung vor.
Dies gilt auch unter der Annahme, dass von Seiten der spanischen Gerichte eine vollstreckbare Entscheidung über Unterhaltsansprüche
der Beigeladenen als Gläubigerin gegenüber dem Antragsteller als Schuldner erlassen worden ist. Allein das Vorliegen einer
gerichtlichen Entscheidung über das Bestehen einer Zahlungspflicht eines ihrer Rentenbezieher berechtigt die Antragsgegnerin
noch nicht dazu, auch nur Teilbeträge der Rente an den Gläubiger auszuzahlen oder gerichtlich zu hinterlegen. Dies gilt unabhängig
davon, ob eine entsprechende Entscheidung von einem deutschen oder einem ausländischen Gericht getroffen worden ist.
Der Gesetzgeber hat aus wohl erwogenen Gründen davon abgesehen, Schuldner dazu zu berechtigen, ihre Verpflichtungen gegenüber
dem jeweiligen Gläubiger mit befreiender Wirkung auch an solche Personen erbringen zu können, die ihrerseits (titulierte oder
sogar nur nicht titulierte) Forderungen gegenüber dem Gläubiger haben.
Um die Durchsetzung der in der
ZPO normierten Schuldnerschutzbestimmungen sicherzustellen, um Doppelvollstreckungen zu vermeiden und um die erforderliche Rechtssicherheit
(auch zur Vermeidung von Unklarheiten über die jeweilige Person des Berechtigten, wie sie dann ihrerseits Anlass zu einer
Hinterlegung nach §
372 Satz 2
BGB geben könnten) zu gewährleisten, sieht das Gesetz (nach Erwirken eines vollstreckungsfähigen Titels) für eine Forderungsvollstreckung
vielmehr das Erfordernis einer vollstreckungsgerichtlichen Entscheidung vor, mit der die im Verhältnis vom Schuldner zum Drittschuldner
bestehende Forderung nach §
829 ZPO gepfändet und dem Gläubiger nach §
835 ZPO überwiesen wird.
Dabei kann ein entsprechender Pfändungs- und Überweisungsbeschluss jedenfalls für - wie im vorliegenden Fall - in Deutschland
begründete und von einem deutschen Schuldner an einen in Deutschland lebenden Gläubiger zu begleichende Forderungen nach der
klaren Vorgabe des §
828 ZPO nur von einem deutschen Amtsgericht erlassen werden.
Der Beschlagnahmezugriff auf innerhalb seines Hoheitsgebiets befindliche Gegenstände gehört zu den ausschließlichen Angelegenheiten
eines Staates, soweit nicht ausnahmsweise (im vorliegenden Zusammenhang nicht einschlägige) allgemeine Regeln des Völkerrechts,
wie etwa Immunitäten oder diplomatische Unverletzlichkeiten, oder vertragliche Regelungen eingreifen. Dem völkerrechtlich
anerkannten und von anderen Staaten zu achtenden Ausschließlichkeitsanspruch des jeweiligen Staats für einen derartigen Zugriff
entspricht das Recht, einen solchen Zugriff vorzunehmen und über ihn autonom zu entscheiden. Dies gilt insbesondere auch für
bewegliches Vermögen, mithin auch für Forderungen (BVerfG, Beschluss vom 12. April 1983 - 2 BvR 678/81, 2 BvR 679/81, 2 BvR 680/81, 2 BvR 681/81, 2 BvR 683/81 - E 64, 1, Juris-Rz 67; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann,
ZPO, 70. Aufl., §
828, Rn. 1; vgl. ferner BAG, U.v. 19. März 1996 - 9 AZR 656/94 - E 82, 243 mit Nachweisen auch zur reichsgerichtlichen Rechtsprechung).
Auch das europäische Recht eröffnet keine Möglichkeit, dass entsprechende Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse von ausländischen
Gerichten getroffen werden könnten. Vielmehr schreibt auch Art. 20 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) zur Einführung eines
europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (VO (EG) Nr. 805/2004) ausdrücklich vor, dass für das Vollstreckungsverfahren
das Recht des jeweiligen Vollstreckungsmitgliedstaates gilt. Eine als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidung
ist unter den gleichen Bedingungen zu vollstrecken wie eine im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangene Entscheidung (Satz 2).
Art. 20 Abs. 2 VO (EG) Nr. 805/2004 normiert hieran anknüpfend ausdrücklich, dass der eine Vollstreckung wünschende Gläubiger
(also nicht das Gericht, das den zu vollstreckenden Titel erlassen hat) der "zuständigen Vollstreckungsbehörde" die dort im
Einzelnen aufgeführten Unterlagen vorzulegen hat. Zuständige Vollstreckungsbehörde ist im vorliegenden Zusammenhang nach §
828 Abs.
2 ZPO dasjenige Amtsgericht als Vollstreckungsgericht, bei dem der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (d.h.
angesichts des Wohnsitzes des Antragstellers in Osnabrück: das Amtsgericht Osnabrück, vgl. §
13 ZPO) oder sonst das Amtsgericht, bei dem nach §
23 ZPO gegen den Schuldner Klage erhoben werden kann. Die Antragsgegnerin stellt hingegen nach dem maßgeblichen deutschen Recht
keine Vollstreckungsbehörde im Sinne des Art. 20 Abs. 2 VO (EG) Nr. 805/2004 dar.
Dementsprechend ist auch nicht von Seiten der Antragsgegnerin, sondern bei entsprechender Befassung von Seiten des Vollstreckungsgerichts
nach den gesetzlicher Vorgaben insbesondere der §§ 850d ff.
ZPO zu klären, welcher Teilbetrag der Renteneinkünfte des Antragstellers der Pfändbarkeit unterliegt und ob dieser ggf. unter
Berücksichtigung der geltend gemachten Unterhaltszahlungen zugunsten der Lebensgefährtin des Antragstellers zu erhöhen sein
mag (vgl. zu dieser Rechtsproblematik etwa LG Darmstadt, Beschluss vom 02. Januar 2003 - 5 T 684/02 - InVo 2003, 293-295).
Soweit ein Europäischer Vollstreckungstitel zu ihren Gunsten erlassen worden ist, kann mithin die Beigeladene beim zuständigen
deutschen Vollstreckungsgericht (unter Beifügung der nach Art. 20 Abs. 2 VO (EG) Nr. 805/2004 erforderlichen Unterlagen) die
Pfändung und Überweisung der Rentenansprüche des Antragstellers in gleicher Weise zur Durchsetzung ihrer Forderung beantragen
als wenn sie einen entsprechenden Titel in Deutschland erstritten hätte. Der spanische Titel vermag aber die Notwendigkeit
eines solchen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ebenso wenig wie ein von einem deutschen Gericht erlassenes Leistungsurteil
zu ersetzen.
Gegenteiliges ergibt sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch nicht aus der Regelung des Art. 5 VO (EG) Nr. 805/2004.
Diese Norm regelt lediglich die Entbehrlichkeit einer gesonderten - einer Vollstreckung vorgeschalteten - Vollstreckbarerklärung
(etwa nach Art. 38 der Verordnung des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (VO (EG) Nr. 44/2001, EuGVVO), lässt aber ansonsten die nationalen Regelungen über die Zuständigkeit und das Verfahren bezüglich der Vollstreckung aus
gerichtlichen Entscheidungen unberührt.
Hiervon ausgehend erstreckt sich auch der mit einem Überweisungsbeschluss verbundene Schutz des gutgläubigen Drittschuldners
gemäß §
836 Abs.
2 ZPO nach Wortlaut, Systematik und Zweck dieser Regelung nur auf von deutschen Vollstreckungsgerichten erlassene Überweisungsbeschlüsse.
Die vom Amtsgericht G. ausgesprochene "Anforderung auf Beschlagnahme der Rente" beinhaltet damit keinen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss,
dem in Deutschland Rechtswirkungen beizumessen wären. Dieser Akt ist auch von vornherein nicht geeignet, auf Seiten der Antragsgegnerin
ein schutzwürdiges Vertrauen hinsichtlich der Existenz einer nach deutschem Recht rechtswirksamen Pfändung zu begründen.
Jedenfalls angesichts der eher beengten finanziellen Verhältnisse des Antragstellers und des Umstandes, dass dieser nach seinen
glaubhaften Angaben auch einen erheblichen Teil der Lebenshaltungskosten seiner Lebensgefährtin trägt, ist unter weiterer
Berücksichtigung der einer Altersrente zukommenden existenzsichernden Funktion auch ein Anordnungsgrund bezüglich der künftig
fällig werdenden Rentenzahlungen festzustellen.
Schutzwürdige Interessen auf Seiten der Beigeladenen gebieten diesbezüglich keine abweichende Entscheidung, da es dieser freigestanden
hat und weiterhin freisteht, den erläuterten gesetzlich vorgesehenen Weg zur Durchsetzung des von dem spanischen Gericht erlassenen
Unterhaltstitels zu beschreiten. Insbesondere kann sie in dem dafür vorgesehenen Verfahren einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss
hinsichtlich des der Pfändung unterliegenden Teils der Rentenansprüche des Antragstellers beim zuständigen deutschen Vollstreckungsgericht
beantragen.
Es liegt letztlich auch im wohlverstandenen eigenen Interesse der Beigeladenen, sie diesbezüglich auf die gesetzlich vorgesehenen
Vollstreckungsmöglichkeiten zu verweisen. Allein auf diesem Wege kann die auch im Interesse der Beigeladenen anzustrebende
Rechtssicherheit hergestellt werden. Demgegenüber widerspricht das gesetzeswidrige Vorgehen der Antragsgegnerin auch den Interessen
der Beigeladenen. Die Antragsgegnerin hat zwar aufgrund des von der Beigeladenen erstrittenen Unterhaltstitels Teile der Rentenansprüche
des Antragstellers beim Amtsgericht hinterlegt; bislang ist der Beigeladenen jedoch nach Aktenlage noch kein Cent zugeflossen.
Es ist nicht einmal ersichtlich, dass die Antragsgegnerin der Beigeladenen einen praktikablen Weg aufgezeigt hat oder auch
nur aufzeigen könnte, wie diese zeitnah und mit möglichst geringem weiteren Aufwand über die hinterlegte Summe tatsächlich
verfügen könnte.
3. Soweit in den vergangenen Monaten seit Juli 2011 der streitbetroffene Teilbetrag von 381,70 EUR der Altersrente nicht an
den Antragsteller ausgezahlt, sondern beim Amtsgericht Osnabrück hinterlegt worden ist, besteht kein rechtfertigender Anlass
zu einer zeitnahen Korrektur der Entscheidung der Antragsgegnerin im Wege der begehrten einstweiligen Anordnung. Soweit der
Antragsteller die Auszahlung des bereits einbehaltenen Betrages zu seinen Gunsten (sinngemäß: bei Verzicht auf seine durch
die Hinterlegung begründete Rechtsposition) begehrt, ist ihm vielmehr die Inanspruchnahme von Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren
zuzumuten.
Die Verpflichtung zur ungekürzten Auszahlung künftig fällig werdender Beträge sichert bereits für die kommende Zeit den Lebensunterhalt
des Antragstellers und seiner Lebensgefährtin. Die Hinterlegung lässt ohnehin die Frage nach der materiellrechtlichen Berechtigung
an den hinterlegten Beträgen im Ergebnis offen.
Im Rahmen der insoweit gebotenen Interessenabwägung ist im Übrigen auch maßgeblich zu berücksichtigen, dass es dem Antragsteller
bislang keineswegs gelungen ist, substantiiert darzulegen, dass er alle in Betracht kommenden Rechtsbehelfe gegen die von
ihm im vorliegenden Verfahren in Zweifel gezogenen Unterhaltsentscheidungen des spanischen Gerichts eingelegt hat. Namentlich
ist nicht erkennbar, dass er unverzüglich und substantiiert im Sinne des Art. 19 VO (EG) Nr. 805/2004 eine Überprüfung der
als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigten oder ggf. noch zu bestätigenden spanischen Gerichtsentscheidung beantragt
hat. So hat der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin am 1. August 2011 erläutert, dass er bereits im September 2010
in Spanien "Einspruch" eingelegt habe, mithin also jedenfalls seinerzeit Kenntnis von den Unterhaltsentscheidungen hatte,
eine vom Antragsteller ausgesprochene Bevollmächtigung mehrerer Rechtsanwältinnen (und weiterer Personen) datierte sogar schon
von Januar 2010. Nach Maßgabe der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Entscheidung des spanischen Amtsgerichts (nach Maßgabe
der von dem Antragsteller datierenden Übersetzung: vom 29. März 2012) und der Angaben im Schriftsatz vom 15. März 2012 ist
eine - letztlich unsubstantiierte - förmliche "Beschwerde" jedoch erst im November 2011 bei dem spanischen Gericht eingereicht
worden.
Ebenso wenig hat der Antragsteller substantiiert darzulegen vermocht, dass nach Maßgabe des spanischen (oder auch nur des
deutschen) Rechts überhaupt keine Unterhaltsansprüche der Beigeladenen begründet seien; er dürfte vielmehr letztlich mit Schriftsatz
vom 15. März 2012 das Bestehen jedenfalls eines monatlichen Unterhaltsanspruchs von 250 EUR eingeräumt haben. Auch unabhängig
von Vollstreckungsmaßnahmen ist der Antragsteller selbstverständlich verpflichtet, seinen Zahlungsverpflichtungen jedenfalls
im Rahmen des einer Pfändung unterliegenden Einkommensanteils nachzukommen. Auf §
170 Abs.
1 StGB hat der Senat bereits vorsorglich hingewiesen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).