Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Zumutbarkeit der Verwertung von Vermögen; Münzsammlung
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Verpflichtung der Beklagten zur Bewilligung von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende für die
Zeit vom 10. August 2005 bis zum 28. Februar 2006 als Zuschuss.
Der am 23. Januar 1960 geborene Kläger beantragte am 10. August 2005 Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende. Im Rahmen
der Antragstellung gab er an, über Sparbücher mit einem Guthaben in Höhe von insgesamt 532,92 EUR und Bargeld in Höhe von
366,00 EUR zu verfügen. Ferner war er zu diesem Zeitpunkt Eigentümer der von ihm in der F. in G. bewohnten Wohnung zu 30 %;
die restlichen 70 % standen im Eigentum seiner Mutter. Seit dem Tod der Mutter am 17. Februar 2006 ist er als testamentarischer
Erbe Alleineigentümer geworden. Den Verkehrswert dieser Wohnung bezifferte er mit 55.000,00 EUR. Darüber hinaus ist er zu
einem Drittel Eigentümer einer vermieteten Eigentumswohnung in H ... Diese ist 1996 zu einem Kaufpreis in Höhe von (umgerechnet)
104.099,03 EUR erworben worden. Die Mieteinnahmen beliefen sich insgesamt auf 335,00 EUR monatlich. Dem Kläger stand ein Drittel
zu. Der Kläger gab ferner an, über eine Münz- und eine Briefmarkensammlung im Wert von ca. 30.000,00 EUR zu verfügen. Zu der
Münzsammlung legte er eine umfangreiche Aufstellung vor (Bl. 25 ff BA), in der er die Anschaffungskosten mit 53.609,70 DM
(27.410,20 EUR) bezifferte.
Die Beklagte lehnte die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende mit Bescheid vom 26. August 2005 ab.
Der Kläger sei nicht hilfebedürftig; er könne seinen Lebensunterhalt aus seinem zu berücksichtigenden Vermögen bestreiten.
Mit Widerspruch vom 23. September 2005 machte der Kläger geltend, dass das Sparbuch mit einem Guthaben in Höhe von 206,40
EUR zwar unter seinem Namen laufe. Dort sei jedoch Geld angelegt, das ihm sein Vater im Jahre 2002 vererbt habe, mit der Verpflichtung,
sich um die Familiengrabstätte zu kümmern und aus dem damals vererbten Betrag in Höhe von 15.000,00 DM die dafür anfallenden
Kosten zu tragen. Er habe von diesem Geld jedoch "darlehensweise" seinen Lebensunterhalt bestritten. Die Münzsammlung könne
wegen Unwirtschaftlichkeit beziehungsweise wegen einer besonderen Härte nicht als Vermögen berücksichtigt werden. Denn ein
zu erwartender Verkauferlös liege deutlich unter den Anschaffungskosten. So müsse er bei einem Verkauf über den Münzhandel
mit einem Abschlag von den Anschaffungskosten in Höhe von etwa 40 % rechnen. Bei einer Verwertung durch einen Auktionator
entstehe üblicherweise ein Verlust von etwa 20 %. Auf den Zuschlagspreis müsse jedoch für den Auktionator eine Vergütung in
Höhe von 20 % gezahlt werden, so dass sich etwa ein Verlust in Höhe von 35 % ergebe.
Die Beklagte ließ durch den Sachverständigen I. (Münzhandlung J. K.) eine Wertermittlung der Münzsammlung anhand der vom Kläger
vorgelegten Quittungen durchführen. Der Sachverständige gelangte mit Gutachten vom 24. Juli 2006 zu dem Ergebnis, dass der
Wert der Sammlung auf 21.432,00 EUR zu schätzen sei. Der Ermittlung zugrunde gelegt war der Ankaufswert der Münzen unter Berücksichtigung
der Auktionsergebnisse aus dem Jahr 2005 (vgl. Bl. 174 ff VA).
Mit Bescheid vom 12. Januar 2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Sie legte dabei ein zu berücksichtigendes
Vermögen in Höhe von insgesamt 12.580,92 EUR zugrunde (Bargeld nach eigenen Angaben des Klägers: 366,00 EUR, Sparbücher: 532,92
EUR, Münzsammlung: 21.432,00 EUR, insgesamt: 22.330,92 EUR abzüglich Freibeträge in Höhe von insgesamt 9.750,00 EUR). Eine
offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung der Münzsammlung bestehe nicht. Insoweit bestehe eine atypische Sachlage,
denn die Verwertung einer solchen Sammlung sei im Regelfall mit erheblichen Verlusten verbunden. Auch sei zu berücksichtigen,
dass ein Hilfebedürftiger zunächst alle Möglichkeiten zu nutzen habe, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften
zu bestreiten.
Der Kläger hat dagegen am 02. Februar 2007 Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben, mit der er Leistungen für den Zeitraum vom 10. August 2005 bis zum 28. Februar 2006 begehrt hat. Zur Begründung
hat er im Wesentlichen geltend gemacht, dass eine Verwertung der Münzen wegen offensichtlicher Unwirtschaftlichkeit nicht
in Betracht komme.
Das SG Hannover hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15. Mai 2008 abgewiesen. Der Kläger sei aufgrund des vom ihm einzusetzenden
Vermögens nicht hilfebedürftig. Es sei nicht von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit und der Verwertung der Münzsammlung
auszugehen. Maßgeblich sei der Verkehrswert des Vermögens. Dieser sei hier durch den Sachverständigen ermittelt worden. Entgegen
dem Kläger könnten insoweit nicht die ursprünglichen Anschaffungskosten der Münzen zugrunde gelegt werden. Diese hätten mit
dem Verkehrswert nichts zu tun. Dass auf dem Markt nachgebende Preise festzustellen wären, gehe zu Lasten des Vermögensinhabers.
Der Kläger hat gegen den ihm am 23. Mai 2008 zugestellten Gerichtsbescheid am 20. Juni 2008 Berufung eingelegt.
Er ist weiterhin der Auffassung, dass maßgeblich der Anschaffungs- beziehungsweise ein Wiederbeschaffungspreis sei. Dieser
sei mit circa 27.400,00 EUR zu beziffern. Aufgrund der bei einer Veräußerung im Münzhandel beziehungsweise über ein Auktionshaus
zu erwartenden Verluste sei die Vermögensverwertung offensichtlich unwirtschaftlich. Von dem ihm von seinem Vater testamentarisch
für die Anschaffung und die Pflege des Familiengrabes ursprünglich vermachten 15.000,00 DM sei rechnerisch noch ein Betrag
in Höhe von umgerechnet 5.522,77 EUR übrig. Dieser sei als weiteres Schonvermögen der Verwertung entzogen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 15. Mai 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. August 2005 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm vom 10. August 2005
bis zum 28. Februar 2006 Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende in gesetzlicher Höhe als Zuschuss zu bewilligen.
Die Beklagte tritt dem Berufungsbegehren entgegen und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die mit der Veräußerung der Münzsammlung möglicherweise verbundenen Verluste in die Risikosphäre
des Klägers fallen. Im Übrigen habe dieser einen eigenhändigen Verkauf noch gar nicht versucht. Möglicherweise ließen sich
bei einem Verkauf z. B. über das Internet höhere Preise erzielen.
Mit Bescheid vom 30. September 2005 gewährte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 10. August 2005 bis zum 28. Februar
2006 Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende auf Darlehensbasis. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Bescheid
vom 26. Mai 2008 zurück. Das dagegen beim SG Hannover angestrengte Klageverfahren (Az.: S 46 AS 1770/08) ist mit Beschluss vom 05. August 2008 im Hinblick auf das vorliegende Verfahren ruhend gestellt worden. Eine weitere darlehensweise
Gewährung von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende für die Zeit vom 01. März bis 30. August 2006 erfolgte durch Bescheid
vom 13. Juli 2006. Soweit ersichtlich ist dagegen ein Widerspruch nicht erhoben worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakten des SG Hannover zu
den Verfahren S 46 AS 1770/08, S 46 AS 1760/08 ER und S 17 AS 1044/07 ER, die von der Beklagten als Verwaltungsvorgänge vorgelegten Unterlagen sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung
vom 10. August 2010 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG - statthafte und zulässige Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Hannover vom 15. Mai 2008 ist nicht begründet.
Die Voraussetzungen für die zuschussweise Gewährung von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende in der Zeit vom 10. August
2005 bis 28. Februar 2006 liegen nicht vor. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende
- SGB II - (in der hier anzuwendenden Fassung des 4. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003,
BGBl. I, S. 2954) erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet
haben (Nr. 1), erwerbsfähig sind (Nr. 2), hilfebedürftig sind (Nr. 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik
Deutschland haben (Nr. 4) (erwerbsfähige Hilfebedürftige).
Der Kläger war zu Beginn des streitbefangenen Zeitraumes 46 Jahre alt. Anhaltspunkte für eine fehlende Erwerbsfähigkeit bestehen
nicht. Der Kläger war jedoch nicht hilfebedürftig. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen und den Lebensunterhalt
der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht ausreichend aus eigenen Mitteln und Kräften, vor allem nicht
durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr. 1), aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr. 2) sichern
kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere nicht von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen
erhält.
Hinsichtlich des Bedarfs sind zugunsten des Klägers die Werte zugrunde zu legen, die die Beklagte im Rahmen der darlehensweisen
Gewährung von Leistungen ermittelt hat. Für die Zeit vom 10. bis zum 31. August 2005 waren dies 571,08 EUR, für die Zeit vom
01. September bis 30. September 2005 703,25 EUR und für die Zeit vom 01. Oktober 2005 bis zum 28. Februar 2006 778,75 EUR.
Für den Streitzeitraum ergibt sich somit ein Gesamtbedarf in Höhe von 5.168,08 EUR. Bei Berücksichtigung der dem Kläger gewährten
monatlichen Wohngeldleistungen in Höhe von 186,00 EUR (vgl. Bl. 98, 123 VA) und der von ihm selbst erklärten Mieteinkünfte
aus der Eigentumswohnung in H. in Höhe von 111,67 EUR monatlich (335,00 EUR: 3), dürfte sich ein niedrigerer Bedarf errechnen.
Der Kläger war in der Lage, diesen Bedarf mit vorhandenem Vermögen zu decken. Bis zum vollständigen Verbrauch des Vermögens
besteht keine Hilfebedürftigkeit (vgl. Mecke in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 9 Rdnr. 20). Gemäß §
12 Abs.
1 SGB II (in der hier anzuwendenden Fassung des 4.
SGB III-Änderungsgesetzes vom 19.11.2004, BGBl. I, S. 2902, 2904) sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Unter den Begriff des Vermögens fällt der gesamte
Bestand an Sachen und Rechten in Geld oder Geldeswert in der Hand des Berechtigten (BSG, Urteil vom 27.01.2009 - B 14 AS 42
42/07 R -; vgl. Mecke, aaO. § 12 Rdnr. 13 m. w. N. Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand: 10. Erg-Lfg. IX/08, K § 12
Rn. 30). Dies sind hier die Münzsammlung, das Spar- und das Barvermögen des Klägers.
Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können. Ist der Inhaber dagegen
in der Verfügung über den Gegenstand beschränkt und kann er die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen, ist von der Unverwertbarkeit
des Vermögens auszugehen. Mithin hat der Begriff der Verwertbarkeit in § 12 Abs. 1 SGB II den Bedeutungsgehalt, den das BSG
bereits in seiner früheren Rechtsprechung zum Recht der Arbeitslosenhilfe (Alhi) mit dem Begriff der Möglichkeit des "Versilberns"
umschrieben hat (vgl. BSG, Urteil vom 06.12.2007 - B 14/7b AS 46/06 R -; Urteil vom 08.06.1989 - 7 RAr 34/88 -). Darüber hinaus muss die Verwertung für den Betroffenen einen Ertrag bringen, durch den er, wenn auch nur kurzzeitig,
seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Dies zugrunde gelegt, bestehen zunächst an der Verwertbarkeit der Münzen keine Bedenken.
Insbesondere hat der Kläger vorgetragen, bereits Münzen veräußert zu haben. Dass ein Verkauf zum maßgeblichen Zeitpunkt der
Beantragung von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende möglich war, folgt auch aus dem Wertermittlungsgutachten. Den
dort getroffenen Feststellungen sind die Ankaufspreise auf der Basis der Auktionsergebnisse aus dem Jahr 2005 zugrunde gelegt.
Dies belegt, dass ein Handel mit den zur Sammlung zählenden Münzen stattfand und daher ein Verkauf möglich war.
Da somit eine Verkaufsmöglichkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt festzustellen ist, kommt auch kein Anspruch des Klägers auf eine
zuschussweise Gewährung von Leistungen wegen eines nicht absehbaren Zeitpunktes einer Verwertungsmöglichkeit in Betracht.
Zur Abgrenzung der Bewilligung von Leistungen als Zuschuss gegenüber der darlehensweisen Gewährung nach §§ 9 Abs. 4, 23 Abs.
5 SGB II hat das BSG entschieden, dass nicht lediglich ein Darlehen sondern ein Zuschuss zu gewähren ist, wenn in dem Zeitpunkt,
in dem die Darlehensgewährung erfolgen soll, bis auf weiteres nicht absehbar ist, ob der Hilfebedürftige einen wirtschaftlichen
Nutzen aus seinem Vermögen wird ziehen können. Vielmehr liegt eine generelle Unverwertbarkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB
II vor, wenn völlig ungewiss ist, wann eine für die Verwertbarkeit notwendige Bedingung eintritt (vgl. BSG, Urteil vom 06.12.2007,
aaO.; Urteil vom 27.01.2009 - B 14 AS 42/07 R -). Maßgebend für eine Prognose, ob ein rechtliches oder tatsächliches Verwertungshindernis wegfällt, ist im Regelfall
der Zeitraum, für den Leistungen bewilligt werden, also regelmäßig der sechsmonatige Bewilligungszeitraum nach Maßgabe des
§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II. Für diesen Bewilligungszeitraum muss im Vorhinein eine Prognose getroffen werden, ob und welche
Verwertungsmöglichkeiten bestehen, die geeignet sind, Hilfebedürftigkeit abzuwenden. Wie bereits festgestellt, konnte der
Kläger innerhalb des maßgeblichen Prognosezeitraumes von sechs Monaten einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Verwertung seiner
Münzsammlung ziehen. Es war daher nicht von einer Unverwertbarkeit mit der Folge eines Anspruches auf einen Zuschuss auszugehen.
Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Maßgeblich für die Bewertung ist grundsätzlich der Zeitpunkt
der Beantragung von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende (vgl. § 12 Abs. 4 Satz 1, 2 SGB II). Der Verkehrswert ist
der im Geschäftsverkehr erzielbare Erlös (Mecke, aaO., § 12 Rdnr. 93; Hengelhaupt, aaO., Rn 292). Maßgeblich ist dabei der
auf dem Markt tatsächlich erzielbare Wert (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - Orientierungssatz 1; Rn. 17), der "wirkliche Wert". Diesen hat der Sachverständige L. in seiner Wertermittlung vom 24.
Juli 2006 mit 21.432,00 EUR festgesetzt. Zweifel an der Richtigkeit dieser Wertermittlung bestehen nicht. Insbesondere hat
der Kläger keine Anhaltspunkte - etwa eigene konkrete Wertrecherchen - mitgeteilt, die das Ergebnis in Frage stellen könnten.
Es ist vorliegend auch nicht deshalb von einem anderen Verkehrswert auszugehen, weil beim Ankauf von Sammlungen durch Münzhändler
üblicherweise mit einem Abschlag von den Anschaffungskosten in Höhe von etwa 40 % und bei einer Verwertung durch einen Auktionator
üblicherweise mit einem Abschlag in Höhe von etwa 20 % zuzüglich des Auktionsaufgelds auszugehen ist. In der vom Sachverständigen
L. durchgeführten Wertermittlung sind schon die Ankaufswerte der Münzen zugrunde gelegt.
Der Verwertung der Münzsammlung steht nicht die Schutzvorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II entgegen. Danach ist
Vermögen nicht zu berücksichtigen ist, sofern seine Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen
eine besondere Härte bedeuten würde. Von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit ist auszugehen, wenn der auf dem Markt
erzielbare Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht.
Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Verwertung ist auf das ökonomische Kalkül eines rational handelnden Marktteilnehmers
abzustellen. Es ist mithin zu ermitteln, welchen Verkehrswert der Vermögensgegenstand gegenwärtig auf dem Markt hat. Dieser
gegenwärtige Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüber zu stellen (BSG, Urteil vom 06.09.2007, aaO., BSG, Urteil vom 27.01.2009
- B 14 AS 42/07 R -). Ein solches Missverhältnis ergibt sich hier nicht deshalb, weil der durch den Sachverständigen ermittelte Verkehrswert
von 21.432,00 EUR unter den vom Kläger getätigten Anschaffungskosten in Höhe von 27.410,20 EUR beziehungsweise einem möglichen
entsprechenden Wiederbeschaffungspreis steht. Denn bei dem ermittelten Verkehrswert handelt es sich um den wirklichen Wert,
da dieser zum maßgeblichen Zeitpunkt auf dem Markt zu erzielen war. Er repräsentiert hier den Substanzwert. Nicht heranzuziehen
ist insoweit die Rechtsprechung des BSG zur Ermittlung einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit bei der Verwertung von
privaten Lebens- beziehungsweise Rentenversicherungen (vgl. insoweit z.B. BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 66706 R
-, m. w. N.). Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit für die Verwertung einer privaten Versicherung ist danach anzunehmen,
wenn der Rückkaufwert die eingezahlten Beträge mit einem bestimmten Prozentsatz unterschreitet (vgl. BSG, aaO., Rdnr. 20,
23). Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf das vorliegend zu verwertende Sachvermögen in Form einer Münzsammlung kommt
nicht in Betracht. Der Rückkaufwert einer Lebensversicherung richtet sich grundsätzlich nach im Versicherungsvertrag festgelegten
Parametern (z.B. Versicherungssumme, eingezahlte Beiträge, Zeitablauf). Er kann auf dieser Grundlage versicherungsmathematisch
ermittelt werden und ist daher grundsätzlich kalkulierbar. Demgegenüber bestimmt sich der Wert von Sammlungsgegenständen grundsätzlich
nach dem Marktgeschehen und ist nicht in diesem Sinne vorhersehbar. Bezüglich der Verwertbarkeit ist eine Münzsammlung daher
vielmehr mit risikobehafteten Formen der Kapitalanlage - z. B. Aktien - zu vergleichen. Dass im Hinblick auf sich verändernde
Marktpreise gegenüber den Ankaufspreisen Verluste eintreten, liegt bei derartigen Vermögenswerten in der Risikosphäre des
Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R - Rdnr. 40; vgl. Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, aaO., Rn. 253). Ebenso wenig spielen daher im vorliegenden Fall bei Prüfung
der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit künftige Gewinnaussichten eine Rolle (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2009, aaO.). Es
ist daher unerheblich, dass die Wertentwicklung einer Münzsammlung an den Wert des Gold- beziehungsweise Silberpreises gebunden
ist und daher bei einem späteren Verkauf möglicherweise ein wesentlich höherer Preis erzielt werden kann.
Ebenso wenig ist die Verwertung der Münzsammlung wegen einer "besonderen Härte" ausgeschlossen. Wann von einer solchen Härte
auszugehen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei maßgebend nur außergewöhnliche Umstände sein können,
die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen (vgl. § 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II, § 4 Abs. 1 Arbeitslosengeld
II/Sozialgeld-Verordnung - Alg-II-VO -) und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden. Für eine besondere
Härte müssen daher spezielle Umstände vorliegen, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache
Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. Es sind daher nur besondere, bei anderen
Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenhang zu prüfen (vgl. BSG, Urteil
vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R -, m. w. N.). Anerkannt ist z. B., dass Vermögen nicht verwertet werden muss, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger
kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen müsste, obwohl seine Rentenversicherung Lücken
wegen selbstständiger Tätigkeit aufweist (vgl. BSG, aaO.). Derartige Umstände sind vorliegend jedoch nicht feststellbar. Der
Kläger ist insoweit lediglich durch die mit der Verwertung der Münzsammlung einhergehenden Unbilligkeiten belastet, betroffen
ist vorrangig sein Affektionsinteresse als Sammler.
Als anzurechnendes Vermögen sind ferner zu berücksichtigen das zum Zeitpunkt der Antragstellung auf den angegebenen Sparbüchern
vorhandene Guthaben in Höhe von insgesamt 532,92 EUR sowie das vom Kläger angegebene Barvermögen in Höhe von 366,00 EUR, so
dass sich zusammen mit der Münzsammlung ein zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von insgesamt 22.330,92 EUR ergibt.
Von diesem Vermögen sind die Freibeträge gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 SGB II abzusetzen. Nach §
12 Abs.
2 Nr.
1 (in der hier anzuwendenden Fassung des 4.
SGB III-Änderungsgesetzes vom 19.11.2004, BGBl. I, S. 2902, 2904) ergibt sich ein Grundfreibetrag in Höhe von 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen, hier
also 9.000,00 EUR (45 x 200,00 EUR). Hinzu kommt gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II der Freibetrag für notwendige Anschaffungen
in Höhe von 750,00 EUR, so dass sich ein Gesamtfreibetrag in Höhe von 9750,00 EUR und mithin ein einzusetzendes Vermögen in
Höhe von 12.580,92 EUR ergibt, das den Bedarf im streitigen Zeitraum abdeckt.
Entgegen der Auffassung des Klägers war kein weiteres Schonvermögen in Höhe von 5.522,77 EUR wegen des ihm durch testamentarische
Verfügung seines Vaters für den Erwerb und die Pflege einer Grabstelle zugewandten ursprünglichen Geldbetrages in Höhe von
15.000,00 DM anzuerkennen. Insoweit ist zunächst zu beachten, dass maßgeblich für die Ermittlung des einzusetzenden Vermögens
die vorhandenen Aktiva sind. Eine Berücksichtigung von Verbindlichkeiten - hier die möglicherweise bestehende Verpflichtung
des Klägers die finanziellen Lasten der Grabstätte zu tragen - kommt grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. Mecke, aaO. Rdnr.
14; Hengelhaupt, aaO., Rn. 32, 33). Auch eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II ist nicht anzuerkennen.
Insoweit ist maßgeblich, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben im Widerspruchsverfahren einen Großteil des für die Grabbeschaffung
und -pflege zugewandten Geldes für den eigenen Lebensunterhalt verbraucht haben will. Damit kann gerade nicht von einer besonderen
Zweckbestimmung des Vermögens ausgegangen werden, die möglicherweise eine besondere Härte darstellen könnte (vgl. Hengelhaupt,
aaO., Rdnr. 270).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1 SGG.