Anspruch auf Elterngeld; Kürzung in Umsetzung des zum 1.1.2011 in Kraft getretenen Haushaltsbegleitgesetz 2011
Tatbestand:
Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen die vom Sozialgericht ausgesprochene Aufhebung seines Änderungsbescheides,
mit dem er eine Kürzung des der Klägerin gewährten Elterngeldes in Umsetzung des zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Haushaltsbegleitgesetz
2011 (HBeglG 2011 vom 9. Dezember 2010, BGBl. I 1885) vorgenommen hatte.
Die als Finanzbeamtin tätige Klägerin gebar am 24. September 2010 die Tochter I ... In dem folgenden Jahr hat die Klägerin
Elternzeit in Anspruch genommen und ihre berufliche Tätigkeit ausgesetzt.
Antragsgemäß bewilligte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 8. Dezember 2010 Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate ihres
Kindes, und zwar in Höhe von monatlich 1.312,48 EUR für den 3. und 4. Bezugsmonat. Der Anspruch für die folgenden acht Bezugsmonate
sollte antragsgemäß in jeweils zwei Monatsraten, d.h. in Höhe von monatlich 656,24 EUR über einen Zeitraum von insgesamt 16
Monaten, zur Auszahlung gelangen. Seinerzeit galten nach § 2 Abs. 1 und 2 BEEG insbesondere folgende Regelungen für die Bemessung des Elterngeldes:
(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich
erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Monate
gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt
(2) In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer
als 1 000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die das maßgebliche
Einkommen den Betrag von 1 000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent.
Ausgehend von einem durchschnittlichen Erwerbseinkommen der Klägerin vor der Geburt ihres Kindes in Höhe von monatlich 1.958,93
EUR und unter Heranziehung des seinerzeit nach § 2 Abs. 1 BEEG maßgeblichen Bemessungssatzes von 67 % hatte der Beklagte den genannten Betrag von 1.312,48 EUR ermittelt.
Am 14. Dezember 2010 wurde im Bundesgesetzblatt (I 1885) das Haushaltsbegleitgesetz 2011 bekannt gemacht. Dessen Art. 14 Ziff. 2b sah eine Ergänzung des § 2 Abs. 2 BEEG um folgende Vorschrift vor: "In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit
vor der Geburt höher als 1 200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die das
maßgebliche Einkommen den Betrag von 1 200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent."
Diese Neuregelung sollte nach Art. 24 Abs. 2 HBeglG 2011 zum 1. Januar 2011 in Kraft treten.
Der Beklagte hatte die Klägerin und die weiteren Elterngeldberechtigten in seinem Zuständigkeitsbereich bereits mit einem
Rundschreiben vom 2. Dezember 2010 auf diese (seinerzeit bevorstehende) Neuregelung unterrichtet.
Mit Bescheid vom 24. Januar 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2011 nahm der Beklagte gestützt auf
die Neufassung des § 2 Abs. 2 BEEG unter Heranziehung von § 48 SGB X eine Neuberechnung des der Klägerin ab dem 24. Januar 2011, d.h. ab Beginn des fünften Lebensmonates ihres Kindes, zu gewährenden
Elterngeldes vor. Ausgehend von dem gesetzlich neu vorgegebenen Bemessungssatz von 65 % setzte er die Höhe des - für die noch
ausstehenden acht Bezugsmonate antragsgemäß weiterhin in jeweils zwei Monatsraten auszuzahlenden - Elterngeldes nunmehr auf
636,65 EUR (entsprechend der Hälfte von 65 % des von der Klägerin vor der Geburt ihres Kindes in Höhe von monatlich 1.958,93
EUR erzielten Erwerbseinkommens) fest.
Mit ihrer am 11. Juli 2011 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass die nur relativ geringfügige Absenkung des
Elterngeldes keine "wesentliche" Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X beinhalte. Zudem missachte das HBeglG 2011 ihr schutzwürdiges Vertrauen und beinhalte eine unzulässige Rückwirkung. Die Neuregelung
missachte den verfassungsrechtlich verbürgten Schutz der Familie. Der Gesetzgeber habe den berechtigten Interessen der betroffenen
Familien und Eltern nur unzureichend Rechnung getragen.
Mit Urteil vom 10. Januar 2012, dem Beklagten zugestellt am 20. Januar 2012, hat das Sozialgericht Oldenburg gestützt insbesondere
auf ein Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 26. September 2011 (S 2 EG 17/11 - nachgewiesen u.a. bei Juris) die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Mangels einer Übergangs- oder Stichtagsregelung betreffe
die Neufassung des § 2 Abs. 2 Satz 2 BEEG nur die Ansprüche solcher Eltern, deren Kinder erst nach dem 31. Dezember 2010 geboren seien. Das Sozialgericht hat die Berufung
zugelassen.
Mit seiner am 25. Januar 2012 eingelegten Berufung macht der Beklagte demgegenüber geltend, dass das HBeglG 2011 ab seinem
Inkrafttreten auch auf solche Berechtigte anzuwenden sei, deren Kinder bereits vor dem Jahreswechsel 2010/2011 geboren worden
seien. Der Gesetzgeber habe die Neuregelung auch so ausgestaltet, dass unzumutbare Belastungen vermieden worden seien.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 10. Januar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin schließt sich der Argumentation der Sozialgerichte Oldenburg und Wiesbaden an. Eine Berücksichtigung der gesetzlichen
Neuregelung vermindere ihre Elterngeldansprüche insgesamt um einen Betrag von 313,44 EUR. Dies beinhalte eine spürbare Einbuße
für die Familie, zumal ihr Mann als Bundesbeamter nur über ein Gehalt der Besoldungsgruppe A7 verfüge und aufgrund der ganz
erheblichen Wege zur Arbeit erhebliche Werbungskosten sowie die Kosten für den - anteiligen - privaten Krankenversicherungsschutz
der dreiköpfigen Familie zu tragen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Sozialgericht zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg. Die Klage ist unter Aufhebung
des angefochtenen Urteils abzuweisen, da der Neuberechnungsbescheid vom 24. Januar 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 15. Juni 2011 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.
Der angefochtene Bescheid findet seine erforderliche Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen
haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist nach dieser Vorschrift der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.
Die Beurteilung der Frage, ob eine "wesentliche Änderung" in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen eingetreten ist,
richtet sich nach dem materiellen Recht. Wesentlich sind alle Änderungen, die dazu führen, dass die Behörde unter den nunmehr
objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt (d.h. dem Grunde oder der Höhe nach) nicht hätte erlassen dürfen (vgl.
BSG, U.v. 6. November 1985 - 10 RKg 3/84 - BSGE 59, 111).
"Soweit" eine auch nur geringfügige Änderung der rechtlichen Vorgaben für einen Verwaltungsakt rechtserheblich ist, ist er
(teilweise) aufzuheben (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 71. Ergänzungslieferung 2011, § 48 SGB X, Rn. 13).
Einen solchen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (für die Dauer des Bezugszeitraumes) beinhaltete der Bewilligungsbescheid des
Beklagten vom 8. Dezember 2010. In den ihm zugrunde liegenden rechtlichen Verhältnissen ist nachfolgend mit der Neufassung
des § 2 Abs. 2 BEEG durch das HBeglG 2011 eine Änderung in der Form eingetreten, dass der Bemessungssatz des Elterngeldes bei Berechtigten mit
einem Erwerbseinkommen vor der Geburt von mehr als 1240 EUR, wie es auch die Klägerin erzielt hatte, von 67 % auf 65 % herabgesetzt
worden ist. Dies hat für die Betroffenen eine Kürzung der Elterngeldansprüche um 2/67, d.h. um 2,99 %, bewirkt. Dementsprechend
hat sich der Elterngeldanspruch der Klägerin bedingt durch diese gesetzliche Neuregelung für die nach der Änderung beginnenden
acht Bezugsmonate in diesem Umfang reduziert. Da die Elterngeldzahlungen für diese acht Bezugsmonate auf Antrag der Klägerin
nach § 6 Satz 2 BEEG in jeweils zwei halben Monatsbeträgen gewährt worden sind, hat sich der ihr für diese 16 Auszahlungsmonate zustehende Betrag,
wie der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zutreffend dargelegt hat, von dem sich nach Maßgabe der früheren bis zum
31. Dezember 2010 geltenden gesetzlichen Vorgaben ergebenden Betrag von jeweils 656,24 EUR auf 636,65 EUR unter Berücksichtigung
der zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Neufassung des § 2 Abs. 2 BEEG reduziert.
Der Senat vermag dem Sozialgericht nicht dahingehend zu folgen, dass sich die durch das HBeglG 2011 bewirkte Neufassung des
§ 2 Abs. 2 BEEG nur auf Berechtigte bezieht, deren Kinder erst nach dem 31. Dezember 2010 geboren worden sind.
Nach der klaren Bestimmung des Art. 24 Abs. 2 des HBeglG 2011 sollte u.a. Art. 14 dieses Gesetz und damit auch die Neufassung des § 2 Abs. 2 BEEG zum 1. Januar 2011 in Kraft treten. Da der Gesetzgeber keine anderslautenden Übergangsregelungen vorgesehen hat, betraf die
Neuregelung damit alle ab Januar 2011 zu erbringenden Elterngeldansprüche, und zwar unabhängig davon, ob die zu betreuenden
Kinder vor oder erst nach der Gesetzesänderung geboren worden waren (vgl. in diesem Sinne auch Landessozialgericht für das
Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. November 2011 - L 13 EG 41/11 - Juris).
Eine von diesem klaren Wortlaut abweichende Norminterpretation kommt um so weniger in Betracht, als die Gesetzesmaterialien
ausdrücklich den Willen des Gesetzgebers belegen, auch die Ansprüche solcher Eltern zu erfassen, deren Kinder bereits vor
der Gesetzesänderung geboren waren. Von Seiten der Länder war im Rahmen der Anhörung zum Haushaltsbegleitgesetz 2011 ausdrücklich
die Anregung vorgebracht worden, eine Übergangsregelung für die Änderungen im Elterngeldbereich zu schaffen. Dieser Vorschlag
ist im weiteren Gesetzgebungsverfahren jedoch ausdrücklich abgelehnt worden, da der Vorschlag einer Stichtagsregelung nicht
im Einklang mit den Haushaltserfordernissen stünde, die sich insbesondere aus den verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Neuverschuldung
ergäben (vgl. BT-Drs. 17/3361, S. 4).
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzliche Neuregelung sind nicht ersichtlich. Insbesondere missachten diese kein
schutzwürdiges Vertrauen auf Seiten der Eltern. Der Anspruch auf Elterngeld wird ohnehin nicht bereits mit der Geburt des
Kindes begründet, sondern erst dadurch, dass der berechtigte das Elterngeld beantragende Elternteil im jeweiligen Bezugsmonat
alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Zu diesen Anspruchsvoraussetzungen gehören neben den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEEG insbesondere auch die Nichtausübung einer mehr als 30 Wochenstunden beanspruchenden Erwerbstätigkeit (§ 1 Abs. 6 BEEG).
Hiervon ausgehend beinhaltete die durch das HBeglG 2011 bewirkte Neufassung des § 2 Abs. 2 BEEG ohnehin keine Rückwirkung, da von dieser nur künftige Elterngeldansprüche, d.h. Ansprüche auf Elterngeld für die ab dem 1.
Januar 2011 beginnenden Bezugsmonate, betroffen waren. Aber auch wenn - entgegen der Auffassung des Senates - von einem Gesetz
mit unechter Rückwirkung auszugehen sein sollte, würde die Neuregelung jedenfalls demjenigen Vertrauensschutz hinreichend
Rechnung tragen, der den betroffenen Eltern gegenüber Gesetzen mit unechter Rückwirkung zuzubilligen ist.
Eine unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Sie liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige,
noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition
nachträglich entwertet. Grenzen der Zulässigkeit können sich lediglich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip
ergeben. Die sich aus diesen Verfassungsprinzipien ergebenden Anforderungen sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber
angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen
der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (BVerfG, U.v. 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 - E 101, 239, Juris-Rz 96).
Der Gesetzgeber ist grundsätzlich befugt, in das Leistungsgefüge des Sozialrechts ordnend einzugreifen (BVerfG, B.v. 14. März
2001 - 1 BvR 2402/97 - SozR 3-4100 § 242q Nr 2). Er ist mithin im Grundsatz von Verfassungs wegen nicht daran gehindert, Leistungsansprüche auch
zu reduzieren. Das Ziel der Sanierung der Staatsfinanzen durch Einsparungen auf der Ausgabenseite ist eine übergreifende und
legitime Aufgabe des Gesetzgebers zu Gunsten des Staatsganzen (BVerfG, aaO., mwN).
Die Neufassung des § 2 Abs. 2 BEEG durch das HBeglG 2011 erfolgte im Rahmen der Bemühungen der Haushaltskonsolidierung. Nach Einschätzung des Gesetzgebers konnte
dabei der Bereich der Familienleistungen nicht ausgespart werden. Bei der Auswahl der Bereiche, in denen die erforderlichen
Beiträge zur Einsparung vorgenommen wurden, ist aus Sicht des Gesetzgebers sichergestellt worden, dass Einsparungen nur dort
erfolgten, wo die notwendigen Beschränkungen des Leistungsumfangs familienpolitisch vertretbar waren (BT-Drs. 17/3030, S.
47).
Damit konnte sich der Gesetzgeber auf öffentliche Interessen von besonderer Bedeutung berufen. Die langfristige Stabilität
der Staatsfinanzen ist für alle Bürger und natürlich auch für Familien von herausragender Bedeutung.
Schon angesichts der geringen Höhe der zur Überprüfung gestellten Leistungsreduzierung um ca. 3 % lässt sich nichts dafür
objektivieren, dass diese die betroffenen Eltern bei Abwägung ihres Interesses mit den verfolgten Gemeinwohlbelangen unverhältnismäßig
belasten könnte. Dies gilt auch unter der eventuellen Annahme, dass diese bei der Entscheidung für oder gegen die Ausübung
einer Erwerbstätigkeit während der ersten Lebensmonate des Kindes die Höhe des (nach der im Zeitpunkt der Geburt maßgeblichen
Rechtslage) zu erwartenden Elterngeldes konkret ermittelt und in ihre Entscheidungen mit einbezogen haben sollten. Der Gesetzgeber
durfte jedenfalls im Rahmen der ihm zukommenden typisierenden Betrachtung davon ausgehen, dass die mit dem HBeglG 2011 vorgesehene
Kürzung (für Eltern mit einem Erwerbseinkommen vor der Geburt von mehr als 1.200 EUR) um bis zu ca. 3 % angesichts ihres begrenzten
Ausmaßes kein ausschlaggebendes Gewicht im Rahmen solcher Abwägungen gewinnen würde. Davon durfte er sich auch vor dem Hintergrund
leiten lassen, dass sich ohnehin bei solchen Entscheidungen vielfach nicht alle finanziellen Auswirkungen der in Betracht
kommenden Varianten - wie etwa die genaue Höhe von Fremdbetreuungskosten bei einer Fortsetzung der Erwerbstätigkeit beider
Eltern - im Voraus im Detail berechnen lassen.
Nur ergänzend sei angemerkt, dass mögliche Kürzungen der Elterngeldansprüche auch bereits im Zeitpunkt der Geburt der Tochter
der Klägerin Gegenstand der politischen Erörterungen waren. Bereits im Rahmen der Kabinettklausur am 6. und 7. Juni 2010 hatte
die Regierung ein Konsolidierungspaket im Umfang von rund 80 Mrd. Euro für die Jahre 2011 bis 2014 beschlossen, um die finanzielle
Handlungsfähigkeit des Bundes im Rahmen dieser Vorgaben sicherzustellen (BT-Drs. 17/3030, S. 1). Im Rahmen dieser Klausur
hatte sich die Regierung bereits für eine Absenkung der Elterngeldansprüche im Sinne der nachfolgend zum 1. Januar 2011 in
Kraft getretenen Neufassung des § 2 Abs. 2 BEEG ausgesprochen, worüber sich die Betroffenen bereits am 7. Juni 2010 in den Medien informieren konnte (vgl. nur beispielsweise
den Bericht vom 7. Juni 2010 unter http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,699255-2,00.html).
Auch im Übrigen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Neufassung des § 2 Abs. 2 BEEG. Das Elterngeld dient der Familienförderung. Der Gesetzgeber trägt damit zu dem ihm verfassungsrechtlich durch Art.
6 GG aufgetragenen Schutz der Familie bei.
Hinsichtlich der Ausgestaltung und Konkretisierung dieses Schutzauftrages ist ihm jedoch ein weitreichendes Ermessen zuzubilligen.
Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit kommt ihm grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zu; weit ist dieser Regelungs-
und Bewertungsfreiraum namentlich auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung (BVerfG, B.v. 9. November 2011
- 1 BvR 1853/11 - mwN). Die Grenzen dieses weiten Gestaltungsspielraums werden durch die vorliegend zu beurteilende geringfügige Modifizierung
der Höhe des Elterngeldes nicht tangiert.
Im Übrigen verweist der Senat auf die zutreffende Begründung des Bescheides vom 24. Januar 2011 und des Widerspruchsbescheides
vom 15. Juni 2011.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Die Revision wird nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zugelassen.