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LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.03.2016 - 19 AS 1272/15
Streit um die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss oder als Darlehen Verwertbarkeit einer ca. 98 qm großen, lastenfreien und selbst genutzten Eigentumswohnung zur Abwendung von Hilfebedürftigkeit Fehlende Mitwirkung des Leistungsempfängers bei der Aufklärung der Wohnungsgröße und Unterlassen jeglicher Verwertungsbemühungen Bestimmung der angemessenen Größe einer Eigentumswohnung für einen Einpersonenhaushalt Ablehnung einer besonderen Härte und Ablehnung einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit einer Verwertung der Eigentumswohnung durch Verkauf Darlehensweise Weitergewährung von Leistungen nur bei Nachweis von ernsthaften und nachhaltigen Verwertungsbemühungen
1. Eigentumswohnungen, auch bei einer Belegung mit nur einer Person, können bis zu einer Wohnfläche von 88 qm noch als angemessen i.S.d. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II angesehen werden. Beläuft sich die Wohnfläche bei einem Einpersonenhaushalt auf 98,58 qm und ist eine außergewöhnliche Bedarfslage, die eine weitere Erhöhung der Wohnflächengrenze rechtfertigen würde, nicht ersichtlich, ist die Eigentumswohnung nicht angemessen und die Eigentumswohnung ist nicht als selbstgenutzte Eigentumswohnung nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II geschützt.
2. Bei einer Eigentumswohnung kommt eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit einer Verwertung i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 1. Alt. SGB II in Betracht, wenn bei einer Veräußerung nach Abzug der verkaufsbedingten Aufwendungen vom erzielten Verkaufspreis wesentlich weniger als der zum Erwerb und zur Herstellung der Immobilie aufgewendete Gesamtbetrag (sog. Substanzwert) erzielt werden könnte; gewisse Verluste - insbesondere unter dem Aspekt veränderter Marktpreise und des bisher in Anspruch genommenen Wohnwerts - können jedoch als zumutbar angesehen werden; eine absolute Grenze lässt sich nicht ziehen.
3. Wurden dem Betroffenen bereits ein halbes Jahr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wegen eines nicht sofort verwertbaren Vermögensgegenstandes - einer unangemessen großen Eigentumswohnung - gewährt und hat der Leistungsempfänger trotz mehrmaliger Hinweise des Leistungsträgers, dass eine darlehensweise Weitergewährung der Leistungen nur bei Nachweis von ernsthaften und nachhaltigen Verwertungsbemühungen in Betracht komme, jedwede Verwertungsbemühungen unterlassen, kommt eine darlehensweise Weitergewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 9 Abs. 4 i.V.m. § 24 Abs. 5 S. 1 SGB II nicht mehr in Betracht.
Normenkette:
SGB II § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
,
SGB II § 9 Abs. 1
,
SGB II § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 und Nr. 6
,
SGB II § 12 Abs. 1
,
SGB II § 24 Abs. 5 S. 1
,
SGG § 103
,
GG Art. 20 Abs. 3
,
SGB II § 9 Abs. 4
,
SGB II § 2 Abs. 2 S. 1
,
Vorinstanzen: SG Dortmund 22.05.2015 S 33 AS 572/15
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.05.2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

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