Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der Kostenerstattung für ein Widerspruchsverfahren.
Mit Schreiben an den Kläger vom 02.10.2015 (Az.:0800/4555510) mahnte die Beklagte offene Forderungen in Höhe von 63.512,35
EUR an und setzte eine Mahngebühr i.H.v. 150,00 EUR fest. Der Mahnung war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, wonach gegen
die Festsetzung der Mahngebühren Widerspruch eingelegt werden könne. Der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten,
legte mit Schreiben vom 16.10.2015 gegen die Festsetzung der Mahngebühren Widerspruch ein und gab an, die Forderung des Jobcenters
Düsseldorf existiere nicht mehr, da der Erstattungsbescheid vom 02.04.2013 mit Abhilfebescheid vom 23.08.2013 aufgehoben worden
sei. Dem Widerspruchsschreiben war eine Kopie des Abhilfebescheides beigefügt. Durch Bescheid vom 02.11.2015 hob die Beklagte
die Festsetzung der Mahngebühren auf und übernahm die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen. Die
Hinzuziehung eines Bevollmächtigten wurde als notwendig anerkannt. Daraufhin machte der Prozessbevollmächtigte mit Kostennote
vom 06.11.2015 anwaltliche Gebühren i.H. v. 1.118,60 EUR geltend. Die Gebühren setzten sich wie folgt zusammen:
Geschäftsgebühr Nr. 2302 VV RVG 460,00 EUR Einigungsgebühr Nr. 1006,1005,1000 VV RVG 460,00 EUR Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 178,60 EUR.
Durch Bescheid vom 11.11.2015 setzte die Beklagte die erstattungsfähigen Kosten des Widerspruchsverfahrens unter Zugrundelegung
einer Geschäftsgebühr von 100,00 EUR nach Nr. 2302 VV RVG auf 142,80 EUR fest.
Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Widerspruch ein, den die Beklagte durch Widerspruchsbescheid
vom 17.11.2015 zurückwies. Am 30.11.2015 hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Klage mit dem Begehren
erhoben, ihm weitere Kosten des Vorverfahrens vom 16.10.2015 zu erstatten. Er hat vorgetragen, hinsichtlich der Höhe der Erstattungsforderung
und der Höhe der Mahngebühr handele es sich um keinen Standardfall. Sein Prozessbevollmächtigter sei auch nicht für die Abwehr
der Erstattungsforderung aus dem Bescheid vom 02.04.2013 mandatiert gewesen. Deshalb habe sein Prozessbevollmächtigter mit
seinen bisherigen Bevollmächtigten Kontakt aufnehmen müssen, um den Sachverhalt zu klären. Die geltend gemachte Geschäftsgebühr
sei nicht unbillig. Die Mittelgebühr von 345,00 EUR werde mit dem streitgegenständlichen Kostenantrag bereits unterschritten.
Der wirtschaftliche Wert der Zahlungsaufforderung verbunden mit der kostenpflichtigen Zwangsvollstreckung sei nicht unterdurchschnittlich.
Selbst wenn der "Streitwert" allein auf die Höhe der Mahngebühr beschränkt werde, erweise sich die von der Beklagten vorgenommene
Herabsetzung der Geschäftsgebühr nicht als sachgerecht. Die Vorlage des gegen die ursprüngliche Forderung eingelegten Rechtsmittels
stelle eine qualifizierte Mitwirkungshandlung i.S.v. Nr. 1005 VV RVG dar. Denn es hätte der ordnungsgemäß handelnden Behörde oblegen, diese Unterlagen vom Gläubiger anzufordern. Dieser Arbeitsaufwand
sei der Beklagten erspart geblieben. Das Bundessozialgericht habe ausdrücklich festgestellt, dass die unaufgeforderte Vorlage
neuer Beweismittel eine qualifizierte Mitwirkungshandlung darstellen könne.
Durch Beschluss vom 04.02.2016 hat das Sozialgericht Düsseldorf den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Hiergegen hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Es bestehe hinreichende Erfolgsaussicht, da betreffend die Höhe der Geschäftsgebühr
sowie die Entstehung und die Höhe der Erledigungsgebühr in der Rechtsprechung, insbesondere unter den Kammern des Sozialgerichts
Düsseldorf, Uneinigkeit bestehe.
II.
A. Die Beschwerde ist zulässig. Die Statthaftigkeit der Beschwerde richtet sich nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 b). Hiernach ist die
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe gerichtete Beschwerde ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung
bedürfte. Dies ist hier nicht der Fall. Nach §
144 Abs.
1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder
Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt.
Streitgegenstand des Klageverfahrens ist der Anspruch des Klägers auf Übernahme von weiteren Kosten eines Widerspruchsverfahrens
nach § 63 SGB X. Bei einer Klage auf Gewährung einer Geldleistung bestimmt sich der Beschwerdewert i.S.v. §
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGG allein nach dem Geldbetrag, den das erstinstanzliche Gericht versagt hat und der vom Berufungsführer weiter verfolgt wird.
Maßgebend ist die Leistung, die im Streit ist. Vorliegend hat der Kläger sein Klagebegehren - Erstattung weiterer Kosten des
Vorverfahrens - nicht konkret beziffert. Bei einem unbezifferten Klageantrag hat das Beschwerdegericht den Beschwerdewert
zu ermitteln. Dabei ist eine überschlägige Berechnung unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens ausreichend (vgl.
BSG, Urteile vom 14.08.2008 - B 5 R 39/07 R und vom 02.06.2004 - B 7 AL 38/03 R; siehe auch BSG, Beschluss vom 24.02.2011 - B 14 AS 143/10 B; zur Auslegung eines unbezifferten Klageantrags BGH, Urteil vom 08.07.1993 - III ZR 153/92). Ausweislich des mit der Klageschrift gestellten Antrags ist Streitgegenstand des Verfahrens der Bescheid vom 11.11.2015
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2015, mit dem die Beklagte abweichend von dem im Kostenfestsetzungsantrag
geforderten Betrag von 1.118,60 EUR einen Betrag von 142,80 EUR festgesetzt hat. Unter Berücksichtigung des Inhalts der Verwaltungsakte
legt der Senat das vom Kläger nicht näher präzisierte Klagebegehren so aus, dass die Zahlung der Differenz zwischen dem Kostenansatz
und dem Betrag der Bewilligung, also ein Betrag von 975,80 EUR begehrt wird, auch wenn es in der Klageschrift heißt "die festgesetzte
Mittelgebühr beträgt EUR 345,-. Diese Mittelgebühr wird mit dem streitgegenständlichen Kostenantrag bereits unterschritten".
Dies gibt zwar Anlass zu Zweifeln, ob der Kläger sein Begehren auf Festsetzung einer Geschäftsgebühr und Erledigungsgebühr
i.H.v. jeweils 460,00 EUR im Klageverfahren weiterverfolgt. Allerdings ist zu Gunsten des Klägers nicht auszuschließen, dass
der Prozessbevollmächtigten zur Begründung der Klage einen Textbaustein ohne Berücksichtigung des konkreten Falles eingesetzt
hat.
B) Die Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend die hinreichende Erfolgsaussicht i.S.v. §§
73a Abs. 1 S. 1
SGG, 114
ZPO des Klagebegehrens - Erstattung höherer Kosten für ein Widerspruchsverfahren- verneint. Hinreichende Erfolgsaussicht i.S.v.
§
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
114 ZPO besteht, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer in Ansehung der einschlägigen gesetzlichen Regelung
und bereits vorliegender Rechtsprechung schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt. Gleiches gilt für den Fall,
dass eine entscheidungserhebliche Tatsache zwischen den Beteiligten im Streit steht und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen,
dass eine durchzuführende Beweisaufnahme mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Lasten des Antragstellers ausgehen würde oder wenn
abzusehen ist, dass der beweisbelastete Antragsgegner für das Vorliegen einer entscheidungserheblichen Tatsache beweisfällig
bleiben wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.01.2009 - 1 BvR 2733/06 - m.w.N.). Prozesskostenhilfe darf verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen,
die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist; die Anforderungen an die Erfolgsaussichten dürfen jedoch nicht überspannt werden
(BVerfG, Beschluss vom 03.09.2013 - 1 BvR 1419/13).
Die vom Kläger als entscheidungserheblich angesehenen Rechtsfragen - Voraussetzungen für den Anfall einer Erledigungsgebühr
im Widerspruchsverfahren und die Kriterien für die Bemessung der Geschäftsgebühr - erscheinen im Hinblick auf die einschlägige
gesetzliche Regelung und die in bereits vorliegender Rechtsprechung gegebenen Auslegungshilfen als nicht schwierig (vgl. hierzu
BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88).
1) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann eine Erledigungsgebühr nach Nrn. 1005, 1002 VV RVG für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens durch Abhilfebescheid nur beansprucht werden, wenn der
Anwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat. Für den Anfall
der Gebühr ist eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung des Rechtsanwalts erforderlich, die über das Maß desjenigen
hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren
abgegolten wird (BSG, Urteile vom 17.12.2013 - B 11 AL 15/12 R -, vom 14.02.2013 - B 4 AS 62/12 R -, SozR 4-1300 § 63 Nr. 19, vom 09.12.2010 - B 13 R 63/09 R -, vom 05.05.2010 - B 11 AL 14/09 R - BSGE 104, 30; vom 05.05.2009 - B 13 R 137/08 R -, vom 02.10.2008 - B 9/9a SB 3/07 R -, vom 21.03.2007 - B 11a AL 53/06 R -, SozR 4-1300 § 63 Nr. 8 und vom 07.11.2006
- B 1 KR 22/06 R - und B 1 KR 13/06 R). Als Mitwirkungshandlungen reichen weder die Einlegung und die Begründung eines Widerspruchs, die Stellungnahme zu einer
behördlichen Anfrage, die Vorlage von präsenten Beweismitteln, die Mitwirkung an Ermittlungen noch die Abgabe einer verfahrensbeendenden
Erklärung aus (BSG, Urteile vom 09.12.2010 - B 13 R 63/09 R -; vom 05.05.2010 - B 11 AL 14/09 R -, vom 05.05.2009 - B 13 R 137/08 R -, vom 21.03.2007 - B 11a AL 53/06 R - und vom 07.11.2006 - B 1 KR 13/06 R -, vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 28.11.2011 - 6 B 34/11). Diese auf den Erfolg in der Sache gerichteten Verfahrenshandlungen werden durch die Tätigkeitsgebühr - der Geschäftsgebühr
nach Nr. 2302 VV RVG - abgegolten. Ein Bevollmächtigter ist gegenüber seinem Mandanten verpflichtet, das Verfahren gewissenhaft, sorgfältig und
gründlich zu betreiben. Der Umfang und die Schwierigkeit dieses anwaltlichen Handelns können bei der Festsetzung der Höhe
der Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG berücksichtigt werden. Das Einlenken einer Behörde als Folge schriftlicher oder mündlicher Ausführungen des Rechtsanwalts
im Verfahren, das darauf abzielt, eine für den Auftraggeber günstige streitige Entscheidung herbeizuführen, genügt nicht für
den Anfall der Gebühr (BSG, Urteil vom 05.05.2009 - B 13 R 137/08 R). Ein gewissenhafter, sorgfältig und gründlich das Widerspruchsverfahren betreibender Rechtsanwalt hat bei der Begründung
des Widerspruchs den Mitwirkungsobliegenheiten seines Mandanten Rechnung zu tragen und daher i.d.R. alle ihm bekannten Tatsachen
und Beweismittel anzugeben (§ 21 Abs. 2 S. 2 SGB X; §
60 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 und
3 SGB I) bzw. die Behörde auf bereits vorliegende Beweismittel hinzuweisen. Es wird von ihm auch erwartet, dass er präsente Beweismittel
nicht nur bezeichnet, sondern auch (unaufgefordert) vorlegt, wenn diese ohne größeren Aufwand nur vervielfältigt werden müssen
(BSG, Urteile vom 09.12.2010 - B 13 R 63/09 R - und vom 02.10.2008 - B 9/9a SB 5/07 R, SozR 4-1935 VV 1002 Nr. 1). Die unaufgeforderte Vorlage präsenter Beweismittel
wird mit der Geschäftsgebühr bzw. der Auslagenpauschale abgegolten. Der Ansatz einer Erledigungsgebühr ist u.a. erst dann
gerechtfertigt, wenn ein Rechtsanwalt die Beweismittel neu beschafft oder beschaffen lässt und diese dann im Vorverfahren
beibringt (BSG, Urteil vom 02.10.2008 - B 9/9a SB 3/07 R).
Im vorliegenden Fall ist unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Erledigungsgebühr angefallen. Entgegen
dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten in der Klageschrift handelt es sich nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage
bei der Kopie des Abhilfebescheides vom 23.08.2013, die dem Widerspruchsschreiben beigelegen hat, nicht um ein aus Anlass
des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 02.01.2015 durch die Kontaktaufnahme mit den bisherigen Bevollmächtigten des Klägers
(neu) beschafftes Beweismittel, sondern um ein präsentes Beweismittel. Ausweislich der Verwaltungsakte hat der Prozessbevollmächtigte
bzw. der Kläger schon zum Zeitpunkt der Auftragserteilung über eine Kopie des Abhilfebescheides verfügt. Der Prozessbevollmächtigte
hat sich mit Schreiben vom 15.09.2014, also ein Jahr vor der Auftragserteilung zur Widerspruchserhebung, im Namen des Klägers
gegen eine Vollstreckungsankündigung des Hauptzollamtes Düsseldorf betreffend den Erstattungsanspruch aus dem Bescheid vom
02.04.2013 gewandt und hierbei eine Kopie des Abhilfebescheides vom 23.08.2013 beigefügt. Daher müsste eine Kopie des Abhilfebescheides
Bestandteil der Handakte des Prozessbevollmächtigten betreffend die Mandatierung im Jahr 2014 sein, ausgehend von einer ordnungsgemäß
geführten und archivierten Handakte i.S.v. § 50 BRAO. Insoweit hat der Kläger bislang nicht schlüssig dargelegt, aus welchem Grund es sich bei der Kopie des Abhilfebescheides
um ein "neu beschafftes" Beweismittel bzw. bei dessen Vorlage um eine überobligatorische Mitwirkung im Widerspruchsverfahren
handeln soll.
2) Ebenso ist geklärt, nach welchen Kriterien die Höhe einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG - einer Rahmengebühr i.S.v. §14 RVG - zu bemessen ist. Nach §§ 3, 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Rahmengebühr im jeweiligen Einzelfall nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände,
z. B. des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit, der Einkommens- und Vermögensverhältnisse
des Auftragsgebers sowie eines etwaigen besonderen Haftungsrisikos, wobei eine Verbindlichkeit gegenüber den ausgleichspflichtigen
Dritten nicht eintritt, wenn die Gebühr unbillig ist. Bei der Bestimmung einer Betragsrahmengebühr ist von der Mittelgebühr
auszugehen, die bei einem Normal-/Durchschnittsfall als billige Gebühr zu Grunde zu legen ist. Unter einem "Normalfall" ist
ein Fall zu verstehen, in dem sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts unter Beachtung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt aller sozialrechtlichen Fälle abhebt (BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R - BSGE 104, 30 m.w.N, [...] Rn 24). Ob ein Durchschnittsfall vorliegt, ergibt sich aus dem Vergleich mit den sonstigen bei den Gerichten
der Sozialgerichtsbarkeit anhängigen Streitsachen. Bei Abweichungen von einem Durchschnittsfall kann der Rechtsanwalt nach
§ 14 Abs. 1 S. 1 RVG eine geringere oder höhere Gebühr bis zur Grenze des vorgegebenen Rahmens ansetzen. Hinsichtlich der Überprüfung der Billigkeit
einer Gebühr billigt die Rechtsprechung dem Rechtsanwalt einen Toleranzrahmen von bis zu 20 % zu (BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., [...] Rn.19 m.w.N.). Die in § 14 Abs. 1 RVG aufgezählten fünf Bemessungskriterien stehen selbstständig und gleichwertig nebeneinander. Sämtliche Kriterien sind geeignet,
ein Abweichen von der Mittelgebühr nach oben oder unten zu begründen. Zudem kann das Abweichen eines Bemessungskriteriums
von jedem anderen Bemessungskriterium kompensiert werden (BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., [...] Rn 38). Des Weiteren ist höchstrichterlich geklärt, welche Gesichtspunkte bei der Bewertung
der Kriterien (vgl. zum Umfang der anwaltlichen Tätigkeit BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., [...] Rn 28ff.; zur Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit BSG, Urteile vom 05.05.2010 - B 11 AL 14/09 R - [...] Rn 18 und vom 01.07.2009, a.a.O., [...] Rn 32ff; zur Bedeutung der Angelegenheit BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., [...] Rn 37; den Einkommens- und Vermögensverhältnissen BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., [...] Rn 38 und bei der Gewichtung der Kriterien BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., [...] Rn 38) zu berücksichtigen sind. Im Hinblick auf in höchstrichterlicher Rechtsprechung
und umfangreicher Kommentarliteratur zu § 14 RVG (vgl. hierzu LSG Bayern, Beschluss vom 24.07.2014 - L 8 AS 267/14 NZB) gegebenen Auslegungshilfen zur Bemessung einer Rahmengebühr ist die Rechtsfrage - Bemessung einer Geschäftsgebühr für
ein Widerspruchsverfahren gegen eine Mahngebühr - als nicht schwierig anzusehen. Dem steht nicht entgegen, dass beim Bundessozialgericht
ein Revisionsverfahren, Az. B 14 AS 5/15 R, betreffend die Höhe der Geschäftsgebühr für ein Widerspruchsverfahren gegen eine Mahngebühr anhängig ist. Denn das Bundessozialgericht
hat die Revision nicht selbst zugelassen, sondern ist an die Zulassung der Revision durch das Landessozialgericht gebunden
(vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 07.02.2012 - 1 BvR 1263/11 - [...] Rn. 19). Bei der Festsetzung der angemessenen Gebühr i.S.d. § 14 Abs. 1 RVG handelt es sich jeweils um eine Einzelfallentscheidung (LSG Bayern, Beschluss vom 24.07.2014 - L 8 AS 267/14 NZB).
Die vom Prozessbevollmächtigten geltend gemachte Geschäftsgebühr von 460,00 EUR für sein Tätigwerden im Widerspruchsverfahren
ist im Hinblick auf den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens-
und Vermögensverhältnisses seines Auftragsgebers i.S.v. § 14 RVG unbillig.
Der sich aus Nr. 2302 VV RVG ergebende Gebührenrahmen beträgt 50,00 bis 640,00 EUR; die Mittelgebühr beläuft sich auf 345,00 EUR und die Schwellengebühr
auf 300,00 EUR. Bei wertender Gesamtbetrachtung ist die vom Prozessbevollmächtigten geltend gemachte Geschäftsgebühr von 460,00
EUR bei weitem überhöht, der Ansatz der Beklagten von 100,00 EUR, dem Doppelten der Mindestgebühr, erscheint nicht als zu
niedrig. Anzumerken ist zunächst, dass sich weder aus dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten im außergerichtlichen noch im
gerichtlichen Verfahren irgendein Gesichtspunkt ergibt, der den Ansatz einer Geschäftsgebühr von 460,00 EUR, d.h. einer Gebühr
von ca. 40% über der Mittelgebühr, rechtfertigen könnte.
Es handelt sich im Gegenteil um einen weit unterdurchschnittlichen Fall. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist als weit
unterdurchschnittlich zu bewerten. Bei der Beurteilung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit sind der Arbeits- und Zeitaufwand,
den ein Rechtsanwalt in der Sache betrieben hat und den er objektiv auf die Sache verwenden musste, zu würdigen (vgl. hierzu
BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., [...] Rn 28ff.). Der durchschnittliche Umfang orientiert sich am Leitbild der zugehörigen
Verfahrensordnung am Ablauf eines Verfahrens jeweils bezogen auf das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld.
Bei der Gebühr nach Nrn. 2302 VV RVG ist von dem Leitbild auszugehen, dass ein mit der Sache bislang noch nicht befasster Rechtsanwalt mit der Durchführung des
sozialrechtlichen Widerspruchsverfahrens beauftragt wird. Dies erfordert das Betreiben des Verfahrens und eine Einarbeitung
in die Sach- und Rechtslage. Die Zahl der gefertigten Schriftsätze, einschließlich ihres Inhalts, kann ein Indiz für den zeitlichen
Aufwand der anwaltlichen Tätigkeit darstellen (BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., [...] Rn 30). Der Prozessbevollmächtigte hat ein einseitiges Widerspruchsschreiben gefertigt,
wobei die Begründung des Widerspruches vier Zeilen umfasst und sich auf die Wiedergabe des Sachverhalts - Erlöschen der Erstattungsforderung
infolge des Abhilfebescheides - beschränkt. Dem Widerspruchsschreiben ist eine Kopie des Abhilfebescheides zum Beleg des Erlöschens
der Forderung beigefügt sowie schließlich eine Kostennote verfasst worden. Weitere zeitintensive Tätigkeiten - wie etwa das
Lesen und Auswerten von medizinischen Gutachten, das Verfassen von Schriftsätzen, die sich mit komplexen tatsächlichen oder
rechtlichen Fragen auseinandersetzen, die Sichtung und Auswertung von Rechtsprechung, die Einsicht in Akten - sind nicht angefallen
bzw. nicht belegt. Soweit der Prozessbevollmächtigte geltend macht, er habe zur Klärung des Sachverhalts Kontakt mit Dritten
aufnehmen müssen, steht diese Behauptung im Widerspruch zum Inhalt der Verwaltungsakte. Aus dieser Akte ist ersichtlich, dass
er schon im Jahr 2014, d.h. vor Auftragserteilung für den hier streitgegenständlichen Widerspruch, das Bestehen der Forderung
des Jobcenters Düsseldorf aus dem Erstattungsbescheid vom 02.04.2013 im Rahmen eines diese Forderung betreffenden Vollstreckungsverfahrens
geprüft und in diesem Zusammenhang die erforderlichen Auskünfte eingeholt, insbesondere auch den Abhilfebescheid vom 23.08.2013
beschafft hatte. Danach ist nicht nur kein besonderer Aufwand im Widerspruchsverfahren (gebührenerhöhend) zu berücksichtigen.
Im Gegenteil ist der sich aus der Vorbefassung mit der Angelegenheit ergebende Synergieeffekt als arbeitserleichternder Umstand
in die Betrachtung des Gesamtaufwandes einzubeziehen (zum Synergieeffekt bei Verwertung von Erkenntnissen aus anderen Verfahren
LSG Thüringen, Beschluss vom 05.12.2013, - L 6 SF 792/13 B; Beschluss des Senats vom 28.12.2010 - L 19 AS 1954/10 B -; LSG Bayern, Beschluss vom 18.01.2007 - L 15 B 224/06 AS KO). Der in anderen Verfahren - vorliegend das Abwenden einer Vollstreckungsankündigung durch eine andere Behörde - angefallene
Zeit- und Arbeitsaufwand ist bei der Bewertung des Umfangs einer anwaltlichen Tätigkeit in einem anderen Verfahren nicht zu
berücksichtigen.
Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit kann unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundessozialgerichts im Urteil
vom 01.07.2009, a.a.O. [...] Rn 35, wonach bei einem Routinefall eine durchschnittliche Schwierigkeit angenommen wird, noch
gerade als durchschnittlich bewertet werden. Als Routinefall auf dem Gebiet des Sozialrechts wertet das Bundessozialgericht
die Darlegung eines Anspruchs auf Leistungen mittels Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsvorschriften,
aber ohne umfangreichere Beweiswürdigung und eingehende Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur. Es ist schon
fraglich, ob im Widerspruchsschreiben überhaupt eine Subsumtion unter den einschlägigen Rechtsvorschriften erfolgt ist. Es
wird in dem Widerspruchsschreiben lediglich angegeben, die Forderung des Jobcenters Düsseldorf vom 02.04.2013 sei infolge
der Aufhebung des Erstattungsbescheides vom 02.04.2013 durch den Abhilfebescheid vom 23.08.2013 nicht länger existent. Es
sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die für eine überdurchschnittliche Schwierigkeit sprechen könnten. Insbesondere hat es
sich bei der im Widerspruchsverfahren maßgeblichen Rechtsfrage - Bestehen einer fälligen Forderung - um eine überschaubare
Rechtsfrage gehandelt.
Die Bedeutung der Angelegenheit ist für den Kläger als unterdurchschnittlich zu bewerten. Bei der Beurteilung der Bedeutung
der Angelegenheit ist auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung
für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., [...] Rn 37). Mittelbare Auswirkungen oder Fernwirkungen des anwaltlichen Handelns sind nicht
zu berücksichtigen. Diese Definition knüpft an die Kriterien zur Streitwertbestimmung in § 52 GKG an. Gegenstand des Widerspruchsverfahrens ist nicht die Mahnung betreffend einer Forderung i.H.v. 63.512,35 EUR gewesen,
sondern die Festsetzung einer Mahngebühr von 150,00 EUR. Eine Mahnung ist eine Erinnerung an eine bereits bestehende Zahlungspflicht.
Sie hat wie eine Zahlungsaufforderung der Vollstreckungsbehörde (BSG, Urteil vom 25.06.2015 - B 14 AS 38/14 R - SozR 4-1300 § 63 Nr. 23) keine Verwaltungsaktqualität (BSG, Urteil vom 02.11.2012 - B 4 AS 97/11 R - m.w.N.) und kann daher nicht Gegenstand eines Widerspruchverfahrens sein. Die Kosten für eine Inanspruchnahme anwaltlicher
Hilfe beim Vorgehen gegen eine angekündigte Vollstreckung sind nicht erstattungsfähig (BSG, Urteil vom 25.06.2015, a.a.O.). Da für die Bewertung der Bedeutung der Angelegenheit ausschließlich der Gegenstand des Widerspruchsverfahrens
- Mahngebühr von 150,00 EUR - maßgebend ist (vgl. hierzu LSG Bayern, Urteil vom 29.01.2015 - L 7 AS 833/14 -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.04.2014 - L 7 AL 94/13 B -; Beschluss des Senats vom 15.05.2014 - L 19 AS 1995/13 B), ist die Höhe der der Mahnung zu Grunde liegenden Forderung unerheblich. Auch die Höhe der Mahngebühr selbst rechtfertigt
im Vergleich mit den sonstigen bei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit anhängigen Streitsachen nicht die Annahme einer
durchschnittlichen, vielmehr nur einer unterdurchschnittlichen Bedeutung. Es handelt sich nicht um eine laufende Leistung,
sondern um einen einmaligen Betrag, der auch nicht zur Deckung des Existenzminimums bestimmt ist.
Hinzu treten die erheblich unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse des Klägers, der während des Widerspruchsverfahrens
und noch gegenwärtig auf den Bezug von Leistungen nach dem SGB II zur Sicherung seines soziokulturellen Existenzminimums angewiesen ist. Ein besonderes Haftungsrisiko des Prozessbevollmächtigten
ist nicht erkennbar.
Unter Abwägung aller Kriterien des § 14 RVG, die überwiegend als (weit) unterdurchschnittlich zu bewerten sind, und der Tatsache, dass allein unterdurchschnittliche
Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Herabbemessung der Mittelgebühr rechtfertigen können (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., [...] Rn 38), kommt dem Widerspruchsverfahren eine weit unterdurchschnittliche Bedeutung
zu, so dass der Ansatz einer Gebühr von 100 EUR, dem Doppelten der Mindestgebühr, nicht zu beanstanden ist.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§§ 73a Abs. 1 S. 1
SGG, 114
ZPO).
Der Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar, §
177 SGG.