Feststellung des vollständigen Wegfalls des Alg II durch Sanktionsbescheid
Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid und Antrag auf Gewährung vorläufiger
Leistungen
Erforderlichkeit der Aufhebung der ursprünglichen Bewilligungsentscheidung im Rahmen der Sanktionsentscheidung
Prüfung der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes (Vorliegen einer aktuellen Notlage)
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Eilantrag des Antragstellers im Ergebnis
zu Recht abgelehnt.
Als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid hat sein Begehren keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg, weil sich der Sanktionsbescheid vom 07.04.2014, mit dem der Antragsgegner den vollständigen Wegfall des
Arbeitslosengeldes II festgestellt hat, bei summarischer Prüfung nicht als offensichtlich rechtswidrig erweist. Der Senat
nimmt diesbezüglich zur Vermeidung von Wiederholungen nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage zunächst auf die zutreffenden
Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Beschluss Bezug (§
142 Abs.
2 Satz 3
Sozialgerichtsgesetz -
SGG).
Er geht insbesondere davon aus, dass der Eingliederungsverwaltungsakt vom 19.02.2014 rechtmäßig ist und der Antragsteller
gegen die ihm obliegenden Pflichten aus diesem Eingliederungsverwaltungsakt verstoßen hat, obwohl er hinreichend über die
Rechtsfolgen belehrt worden ist, die sich aus einem Verstoß ergeben. Die Rechtsfolgenbelehrung wiederholt nicht bloß den Gesetzeswortlaut,
sondern nimmt ausdrücklich auf einen früheren Pflichtverstoß (Bescheid vom 11.03.2013) Bezug und erläutert dem Antragsteller
konkret, dass dieser zur Folge hat, dass ein Verstoß gegen die unter Nr. 2 festgelegten Pflichten der Eingliederungsvereinbarung
den vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II zur Folge hat. Die Belehrung enthält außerdem Hinweise über die Dauer
des Sanktionszeitraumes und die Möglichkeit ergänzende Sachleistungen zu erhalten. Auch der Hinweis, die Leistungsminderung
trete nicht ein, wenn der Antragsteller einen wichtigen Grund für den Pflichtverstoß nachweisen kann, ist eindeutig. Der Antragsteller
ist aufgrund dieses Hinweises darüber informiert, dass das Vorliegen eines wichtigen Grundes dazu führt, dass er keine Sanktionen
zu erwarten hat. Das ist im Rahmen der Belehrung ausreichend. Die Warn- und Steuerungsfunktion der Rechtsfolgenbelehrung wird
dadurch hinreichend gewahrt.
Auch eine hinreichende konkrete Regelung über den Umfang der Übernahme der Kosten für Bewerbungsbemühungen liegt vor. Unter
Punkt.1 des Eingliederungsverwaltungsaktes ist diesbezüglich ausdrücklich geregelt, welche Bewerbungs- und Reisekosten bis
zu welchem Höchstbetrag übernommen werden. Der Zusatz, dass diese Kosten nur übernommen werden "soweit dies für die berufliche
Eingliederung notwendig ist" ist lediglich ein Hinweis auf die gesetzliche Regelung zur Übernahme von Bewerbungskosten (§
16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
45 Abs.
1 SGB III) und führt nicht dazu, dass diese Regelung nicht als hinreichend konkret anzusehen ist. Da dem Antragsteller in dem Eingliederungsverwaltungsakt
ausdrücklich mindestens 7 Bewerbungsbemühungen monatlich auferlegt worden sind, war für diesen hinreichend deutlich erkennbar,
dass jedenfalls diese als zur beruflichen Eingliederung notwendig angesehen werden.
Soweit der Antragsteller darauf verweist, dass der Sanktionsbescheid mangels gleichzeitiger Bewilligung von Sachleistungen
rechtswidrig ist, kann dem nicht gefolgt werden. Das Anhörungsschreiben vom 25.03.2014 und der Sanktionsbescheid enthalten
ausdrückliche Hinweise auf die Möglichkeit ergänzende Sachleistungen in Höhe von monatlich 180,- Euro zu erhalten, wenn diese
beantragt werden und der Antragsteller auf sie angewiesen ist. Ein solcher Antrag ist vom Antragsteller aber nicht gestellt
worden. Da die Bewilligung von Sachleistungen aber nach der ausdrücklichen Regelung des § 31a Abs. 3 Satz 1 SGB II einen Antrag des Leistungsberechtigten voraussetzt, war eine Entscheidung über die Sachleistungen bei Erteilung des Sanktionsbescheides
überhaupt nicht möglich.
Auch einen wichtigen Grund für sein Verhalten hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Sein Vortrag, er verfüge seit
Monaten über keine Geldmittel und werde von dritten Personen unterstützt, ist angesichts des Umstandes, dass er weder Sachleistungen
beantragt noch an der Bescheidung seines Fortzahlungsantrags ab dem 01.08.2014 hinreichend mitgewirkt hat, wenig glaubhaft.
Soweit der Antragsteller diesbezüglich darauf verweist, dass ihm das Fahrgeld fehle, um das Jobcenter aufzusuchen, ist für
den Senat nicht nachvollziehbar, weshalb ihn dritte Personen seit Monaten unterstützen können, ihm aber das einmalige Fahrgeld
für einen Besuch des Jobcenters nicht leihweise zur Verfügung stellen bzw. weshalb der Antragsteller in dieser Situation das
Jobcenter nicht zu Fuß aufsucht oder zumindest die vom Antragsgegner geforderten Angaben schriftlich vorlegt.
Da die vom Antragsteller vorgelegten Bewerbungsbemühungen weiterhin nicht ansatzweise nachprüfbar sind und daher nicht den
Anforderungen entsprechen, die der Eingliederungsverwaltungsakt gestellt hat und die dem Antragsteller auch aus früheren Verfahren
bekannt waren, konnte auch eine Minderung der Sanktionsdauer nicht erfolgen. Darauf, dass die Bewerbungsbemühungen erstmalig
am 15.03.2014 einzureichen sind, wird im Eingliederungsverwaltungsakt ausdrücklich hingewiesen, so dass der Vortrag des Antragstellers,
er habe nicht gewusst, wann die Frist für die Vorlage der Bewerbungsbemühungen erstmalig abläuft, nicht zutreffend ist.
Mangels konkreter Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit des zuvor erteilten bestandskräftigen Sanktionsbescheides ist auch
von einer wiederholten Pflichtverletzung des Antragstellers auszugehen.
Die Frage, ob bei bereits bewilligten Leistungen im Rahmen der Sanktionsentscheidung auch eine Aufhebung der ursprünglichen
Bewilligungsentscheidung erforderlich ist, ist zwar umstritten, kann aber keinen Anspruch des Antragstellers auf Anordnung
der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs begründen. Folgt man der Auffassung, dass eine Aufhebung des Bewilligungsbescheides
nicht erforderlich ist, weil der Wortlaut der zum 01.04.2012 in Kraft getretenen Neuregelung des § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II (Minderung des "Auszahlungsanspruchs") dafür spricht, dass die Bewilligung dem Grunde nach bestehen bleibt und lediglich
die Auszahlung betroffen ist, so dass die Minderung kraft Gesetzes eintritt (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 30.01.2014
- L 7 AS 85/13, [...] RdNr. 25 ff.; SG Trier, Beschluss vom 14.12.2011 - S 4 AS 449/11 ER - [...] RdNr. 36 ff.; Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl., § 31b RdNr. 2), ergibt sich daraus zwar, dass der Eilantrag als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zulässig ist, weil
in der Hauptsache gegen den Sanktionsbescheid allein eine isolierte Anfechtungsklage statthaft wäre. Es würde dann aber an
der Begründetheit des Antrags fehlen, weil die fehlende Aufhebung des Bewilligungsbescheides diesen gerade nicht rechtswidrig
machen würde.
Geht man demgegenüber davon aus, dass es der Aufhebung des "formalrechtlichen Anspruchs" aus dem Bewilligungsbescheid bedarf
(vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.02.2014 - L 7 AS 1058/13 B, [...] RdNr. 8; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 03.12.2013 - L 9 AS 614/13 B, [...] RdNr. 5; SG Dortmund, Beschluss vom 26.05.2014 - S 35 AS 1758/14 ER, [...] RdNr. 3; Beschluss vom 13.06.2014 - S 32 AS 1173/14 ER, [...] RdNr. 84 ff.;SG Kassel, Urteil vom 28.08.2013 - S 7 AS 439/13, [...] RdNr. 24 - 26; S.Knickrehm/Hahn in Eicher/Spellbrink SGB II, 3. Aufl., § 32b RdNr.7 ) und der Absenkungsbescheid auch nicht als konkludente Aufhebung des Bewilligungsbescheides angesehen werden kann
(verneinend Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 03.12.2013 - L 9 AS 614/13 B, [...] RdNr. 5), stünde dem Antragsteller grundsätzlich ein Anspruch aus dem dann nicht aufgehobenen Bewilligungsbescheid
zu, den er im Rahmen des Eilverfahrens als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verfolgen hätte. Fehlt es an
einer - zumindest konkludenten - Aufhebung des Bewilligungsbescheides, kann der Leistungsberechtigte unmittelbar aus diesem
Bescheid auf Leistung klagen (§
54 Abs.
5 SGG) bzw. im Rahmen des Eilrechtsschutzes einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stellen, weil der Sanktionsbescheid
der Auszahlung dann - unabhängig von seiner Rechtmäßigkeit - nicht entgegensteht, sondern "ins Leere" geht.
Einen solchen Antrag auf Gewährung vorläufiger Leistungen hat der Antragsteller in der am 25.07.2014 eingegangenen Beschwerdeschrift
auch gestellt.
Hinsichtlich dieses Antrags hat er aber keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Ein Anordnungsgrund liegt vor, wenn es dem Antragsteller unzumutbar ist, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Eine
aktuelle Notlage, die es dem Antragsteller unmöglich macht, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, ist zweifelhaft,
weil der Antragsteller während des Sanktionszeitraumes zu keinem Zeitpunkt Sachleistungen beantragt hat und die Bewilligung
der Leistungen ab dem 01.08.2014 ohne weitere Begründung dadurch blockiert, dass er die vom Antragsgegner angeforderten Angaben
verweigert. Bei dieser Sachlage mangelt es auch am Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte Gewährung vorläufiger Leistungen,
weil der Antragsteller diese auch ohne gerichtliche Hilfe erreichen kann, in dem er bei dem Antragsgegner vorspricht und die
notwendigen Angaben zur Weiterbewilligung von Leistungen macht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Da die Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg bietet, war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren
abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, §
177 SGG.